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Laufberichte

Unvergleichbar, einmalig - be part of it

27.02.16

Es ist schon etwas ganz Besonderes, hier in Kitzbühel an der Startlinie zu stehen. Ich stehe nicht in dem  Starthäuschen, umringt von der Weltelite des Ski-Abfahrtszirkus. Nein, gespannt warte ich in dem legendären Ski-Zielbereich der Streif auf den Donnerschlag für den Startschuss zum Vertical Up 2016. 3312 mtr Laufstrecke mit 860 positiven Höhenmeter sind zu absolvieren.

Die Luft vibriert vor Anspannung. Die Teilnehmer stehen in einer riesigen Breite mit Blickrichtung Zielhang im Schnee und scharren mit den Hufen. Mittlerweile ist auch beim 6.Vertical Up die Elite aus den Alpenländern am Start. Ausgebucht vermeldete voller Stolz die VUP-Organisation letzte Woche. Über 1000 Teilnehmer in den beiden Wertungen Speed- und Rucksackklasse stehen mit verschiedenstem  Schuhwerk bereit. Ob die Wahl eine gute ist, weiß man sicherlich erst ganz oben, nach dem Sahnestückchen Mausefalle – die Härteprobe mit 85%-Neigung. Die Erfahrungen  werden sicherlich bei einem eventuellen erneuten Start im nächsten Jahr einfließen.

 

 

Der Countdown von zehn abwärts läuft, der Start erfolgt durch einige Ungeduldige etwas verfrüht, alle preschen wie verrückt los. Doch für die meisten ist der Speed nach ca. 100 Meter schon wieder vorbei. Der tiefe, sulzige Schnee und der Zielhang fordern ihren Tribut. Die Ski-Abfahrer donnern hier mit über 120km/h die Piste hinunter, die VUP-Teilnehmer haben hier nun nur noch Powerwalking-Tempo drauf. Aber der Puls ist schon am Anschlag.

Die Hausbergkante. Von weitem mit einem Lächeln begutachtet, aus der Nähe ein wahres Monster. Steil, schräg, und nochmals schräg, knüppelhart und eisglatt. Der Kampf mit sich und den unbekannten, querfliegenden Gegner beginnt. Welche Bahn wähle ich, um nicht durch einen ausgerutschten, Standfestigkeit verlierenden, umherfliegenden Teilnehmer mit in die Tiefe gerissen zu werden? Beachtlich viele Teilnehmer rutschen mit hohem Tempo auf dem Rücken oder bäuchlings die Hausbergkante runter.

Die rechte Bahn minimiert die Wahrscheinlichkeit des Absturzes, bietet aber tieferen und sulzigeren Boden und potentielle Staugefahr. Die Seidlalm lädt ein wenig zum Verschnaufen ein. Die kleine Getränke-Verpflegung liegt ein wenig weit links von der Ideallinie, aber der warme Tee bringt den Puls sicherlich kurz unter die 150er Marke.

Das Erlebnis geht weiter. Ein Lichtkegel nach dem anderen kämpft sich die Abfahrtspiste hoch. Die Speedclass-Teilnehmer sollen die Originalstrecke hochmarschieren, die Rucksackkandidaten dürfen die moderatere Familienabfahrtsstrecke wählen. Aber die meisten Läufer/innen wollen als Helden der Nacht hier die Finisher-Medaille auf der Originalstrecke voller Stolz erhalten. Ruhm und Ehre sind im Freundeskreis sicher.

 

 

Die Mausefalle. Ein Mythos, genau wie die Streif selbst. Ein Angstgespenst. Hier schlackern die Knie wenn man an der Kante steht und nach unten schaut, aber genau so, wenn man vor ihr steht und nach oben schaut. Doch für mich ist der sogenannte Steilhang das Highlight der Strecke. Von weitem sieht man die Silhouetten der Läufer/innen in den Lichtkegeln, die sich den Hang hochkämpfen. Kommt man der Sache selber erst näher und schwenkt nach links ein, ist das 2.Monster der Strecke, nach der Hausbergkante, furchteinflößend. Sowas von steil und glatt. Und vor allem Kräfte raubend. Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug. Die Kante wird erreicht, der Zielsprecher ist zu hören, der Zielkanal sichtbar. Der heldenhafte Zieleinlauf, er wird aber noch getrennt von dem 3.Monster. Der berühmt berüchtigten Mausefalle.

Man hat sie erreicht – man darf sie erklimmen. Was geben die Beine noch her? Was lässt die Eispiste noch zu? Noch über 2000 Pulsschläge entfernt ist das Starthäuschen der Ski-Legenden. Eispiste mit den Steigeisen/Spikes oder die seitliche und tiefe Bahn mit Schneeketten. Die Mausefalle bestimmt. Einige schmieren wieder ab. Aber der eiserne Wille lässt alle weiterkämpfen. Be a hero, ist das Motto, man kämpft weiter. Der Zielsprecher heizt die Teilnehmer an, die allerletzten Körner werden verbraten.

Noch eine Hürde – die vereisten 2 Höhenmeter zum Zieleinlauf. Wer den Weitblick noch hat, sieht die seitlichen Treppenstufen, alle anderen kämpfen sich auf allen Vieren in der Mitte hoch. Ziel. Zusammenbruch? Weit gefehlt. Ein Held oder eine Heldin der Nacht lässt sich aufrecht die Finisher-Medaille umhängen. Und die Erholung ist eigentlich auch recht schnell wieder da.

Die Streif ist erklommen – die Schlacht ist geschlagen. Was für ein Mega-Event. Ein Event, was sicherlich so nicht mehr auf der Welt spürbar ist. Man ist ein Held geworden, man hat die Streif besiegt. Die wochenlange Anspannung weicht dem Glücksgefühl. Man hat kein Kreuzband verloren, oder sich die Knochen gebrochen, wie die Abfahrer. Es ist genial, hier zu finishen. Egal mit welcher Zeit, egal mit welcher Ausrüstung. Be part of it – unvergleichbar, einmalig.
 

 

SPEEDKLASSE - WEIBLICH:

1. MAIR Susanne - Dynafit Austria/Union Raika Lienz - 37:20,1 (neuer Streckenrekord!!!)
2. KREHNSLEHNER-SCHMID Verena - Mountain Rider Inov-8 - 39:58,4
3. HAUSER Alexandra - Team Intersport Patrick - 41:13,4

SPEEDKLASSE - MÄNNLICH:

1. HOFFMANN Christian - Fischer Sports - 30:29,1 (neuer Streckenrekord!!!)
2. ZEMMER Urban - TEAM LA SPORTIVA - 30:59,0
3. SALCHER Dominik - Team Vertical Up - 31:06,3

RUCKSACKKLASSE (Durchschnittszeit - 1:13:59,9)

1. DATLINGER Franz - 1:13:59,6 - Abweichung 0:00,3
2. POCHLATKO Jakob - 1:13:58,0 - Abweichung 0:01,8
3. GRUBER Markus - 1:14:04,5 - Abweichung 0:04,6

 

Informationen: Streif Vertical Up
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