Lautstark donnern die Wellen gegen den Strand, in der Brandung aufgewühlt zu Bergen weißer Gischt. Würzige Meeresluft dringt in meine Nase. Kilometerweit beherrscht Strand den Horizont. Sand und nichts als Sand. Wie Im Flow gleite ich dahin. Wow - was für ein Lauferlebnis!
Online sind bereits auch die Marathon-Bilder von Anton Lautner
und die Impressionen von Klaus Duwe
Einmal pro Jahr in die Türkei, das hat bei uns und unseren Freunden Tradition. Tradition hat auch der Termin: die bayerischen Faschingsferien. Für so manchen mögen diese Ferien überflüssig „wie ein Kropf“ sein, für uns sind sie nicht wegzudenken. Denn wenn daheim die Karnevalsjünger zum Finale jecken, ziehen wir mit Kind und Kegel in eines jener Super-Duper-Fünfstern-All-Inclusive-Hotels im Großraum Antalya, die auch in der tiefsten Nebensaison mit ihren gigantischen Buffets von früh bis spät ein kulinarisches Erlebnis der besonderen Art verheißen. Dekadente Völlerei könnte man das auch nennen. Für uns ist es aber einfach nur Gaumenfreude pur. Nur gut, dass auch das Sport- und Wellnessangebot dieser Hotels reiche Abwechslung (oder zumindest Alibis) bietet. Und als Langstreckenläufer darf man sich kulinarisch ohnehin praktisch alles erlauben.
Alle paar Jahre fügt es sich, dass sich die Ferienzeit mit einem besonderen Sportereignis der Region kreuzt: Dem Antalya Marathon, wortmalerisch kurz „Runtalya“ genannt. 2014 ist es wieder so. Und wie 2011 lasse ich mir auch 2014 die Chance nicht entgehen, den Urlaub mit einem Laufhighlight zu eröffnen.
Bereits das Vorprogramm hält ein Schmankerl bereit, das man hier nicht unbedingt erwarten würde. Ein „High Heels“-Rennen. Bei diesem kämpfen am Samstagvormittag vor dem Shopping-Center Terra City im Westen der Stadt um die hundert ranke Damen stöckelschuhbewaffnet auf einem 100 m-Kurs um Ruhm, Ehre und die besondere Aufmerksamkeit der Medien. Da ich am Samstag leider erst im Laufe des Nachmittags anreise, verpasse ich allerdings dieses Spektakel. Die M4Y-Autorenschaft ist aber dennoch vor Ort: Klaus Duwe testet einmal mehr eindrucksvoll die Leistungsstärke seines Kamerazooms und lässt Euch so zielsicher an den sehenswertesten Momenten des Events teilhaben.
Für mich beginnt das Runtalya-Happening erst am Sonntag morgens. Eine optimale organisierte Anbindung zum Start hat leider nur der, der in einem der offiziellen Marathon-Hotels von Veranstalter ÖGER untergebracht ist. Nur die sind eben ganz wo anders. Gab es 2011 noch einen Shuttlebus aus der bis zu 25 km vom Start entfernten Hotelzone in Lara Beach, so bin ich 2014 ganz auf mich gestellt. Dabei habe ich am Sonntagmorgen die Wahl zwischen sehr günstig und sehr teuer, oder mit anderen Worten: zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln (2 TL) und Taxi (70 TL). Erstere Option mag mehr Charme haben, ist aber zeitaufwändig und umständlich. So entscheide ich mich beim Früh-Frühstück für die sichere Variante und sitze kurz darauf um für hiesige Verhältnisse nachtschlafende Zeit (7 Uhr) im Taxi und brause durch die zumeist noch verwaisten Straßen.
Der Start für alle Läufe ist beim Atatürk Kulturpark, einer weitläufigen Parkanlage oberhalb des Konyaalti Strandes, sozusagen dem Hausstrand Antalyas westlich des Stadtzentrums. Der große Startbogen befindet sich auf dem breiten einseitig gesperrten Yıl Bulvarı bei der „Piramit“. Dieses als Glaspyramide gestaltete Kultur- und Kongresszentrum ist Antalyas Wahrzeichen der Moderne. Für den Marathon ist es allerdings komplett ausgeräumt und bietet damit reichlich Auslauf und Platz für die Gepäckaufbewahrung. Im lauschigen Parkgrün der Umgebung mit herrlichem Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Taurusgebirges treiben mächtig wummernde Technobeats auch die letzte Morgenmüdigkeit aus dem Hirn. Stimmung und Action sind geboten, sei es beim kollektiven Warming Up oder durch eine kenianische Akrobatikgruppe. Man darf aber auch ganz faul in der Wiese liegen.
Beträchtlich ist das Gewusel, als es gen Start geht. Kein Wunder: Die Teilnehmer des Halben starten gemeinsam mit den Marathonis. Und die 10 km-Läufer, die sich 15 Minuten länger gedulden müssen, sind natürlich auch schon in Lauerstellung.
Kurz vor 9 Uhr wird es voll auf der Startgeraden. Die türkische Nationalhymne setzt einen Kontrapunkt zum rhythmischen Gewummere aus den riesigen Lautsprecherboxen, dann werden die letzten Sekunden herunter gezählt …. dört, beş, üḉ, bir, iki ...und los geht es.
Knapp einen halben Kilometer folgen wir dem Yıl Bulvarı schnurgeradeaus, ideal, damit sich der dichte Pulk ein wenig entzerren kann. Ein Schwenk nach rechts bringt uns, vorbei an Antalyas hochrangigstem Museum, dem Antalya Arkeoloji Müzesi, auf die Konyaaltı Caddesi. Auf dieser hoch über dem Meer verlaufenden breiten Küstenpromenade geht es für uns geradewegs gen Osten, der Innenstadt entgegen.
Gepflegte Parkanlagen säumen die Straße und zwischen Palmen und vielerlei anderem südländischen Gewächs eröffnen sich immer wieder herrliche Weitblicke über das Meer. Mit dem Cumhuriyet Meydani (Platz der Republik) erreichen wir nach 3 km den zentralen Hauptplatz Antalyas. Beherrscht wird dieser vom Bronzeungetüm des Atatürk Monuments. Atatürk – kein Name ist in der Türkei so omnipräsent wie dieser. Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938), Gründer der türkischen Republik, war und ist so etwas wie der Übervater der Nation. Letztlich ihm zu verdanken ist der Sprung der Türkei in die Moderne, vor allem auch die strikte Trennung von Staat und Religion, ein Erbe, das aber trotz allem ökonomischen Fortschritt mehr und mehr zu bröckeln scheint.
Der Platz der Republik ist gleichzeitig eine der Pforten zur angrenzenden Altstadt. Der weitere Zugang zum Herzen und ohne Zweifel optisch attraktivsten Teil Antalyas bleibt uns allerdings verwehrt. Im Gefolge des Wirtschaftsbooms der letzten Jahre wurden viele der verfallenen historischen Gemäuer authentisch restauriert und den gepflasterten, winkeligen Gassen viel Flair eingehaucht. Für Marathonis ist dort jedoch kein Platz. Einen Bummel durch die Gassen, vor allem auch zum amphitheaterartig in die Steilküste eingeschnittenen alten Hafen, sollte man sich aber auf keinen Fall entgehen lassen.
Nur für Momente eröffnet sich uns ein Blick zumindest auf ein paar der kulturhistorischen Highlights der Altstadt, etwa das Yivli Minare, das wohl beliebteste Postkartenmotiv Antalyas. Das runde, markant gefurchte Minarett aus dem 13. Jh. ist ein Überbleibsel aus der Seldschukenzeit. Dekorativ wird der monolithische Turm von hohen Zypressen umringt – vor allem in der Dämmerung ein tolles Fotomotiv.
Auch das Kale Kapısı (“Burgtor”), der wuchtige, zinnengekrönte Uhrturm, einst Bestandteil der aus der Römerzeit stammenden Stadtbefestigung, blinkt nur einmal kurz durch eine Häuserschlucht auf unserem winkelig durch die Geschäftsstraßen der Innenstadt führenden Kurs durch.