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Laufberichte

Urlaub am Patteriol

07.07.12
Autor: Joe Kelbel

Silberne Wolken hängen tief über dem Silbertal, etwa 70 Kilometer südöstlich von Bregenz, am Arlberg. Egal, wo du deine Startnummer abholen willst, ob am Startort Silbertal oder am Zielort St. Anton am Arlberg, alles ok.  Shuttlebusse  oder generelle Freifahrten beim Arlbergverbund ab den Schweizer oder Deutschen Grenzstädten, alles ok. Zuschauer laden sich das Freifahrtticket einfach von der Homepage des Veranstalters runter. Pasta Party  mit Nudeln  und der Spezialität, dem  sauren Käse, After-Run-Party, Schwimmbad -  alles o.k. Bei einem Punkt-Zu-Punkt-Marathon für Läufer und Mitreisende sorgenfreie Urlaubstage - mehr habe ich nie gewollt.

Eine halbe Tonne Silber pro Jahr förderte man im Silbertal. Dazu Eisen und Kupfer. Doch im 16.Jahrhundert wurde aus der neuen Welt so viel Silber eingeführt, dass der Marktpreis fiel. Und so fiel auch dieses Tal. In einen langen Schlaf nämlich.

Die Uni Frankfurt untersuchte die Abraumhalden. Einzigartig sind die gefundenen Werkzeuge, Lederteile, Essensreste und Feuerspuren. Das Museumsbergwerk zeigt nun die interessantesten Fundstücke. Nebenbei fand man eine bronzezeitliche Burg (18.Jahr v. Chr). 

Wen das nicht interessiert, der kann mit dem Flyin´ Fox über den Stausee sausen oder mit dem kilometerlangen Alpincoaster hinab brettern (ist voll cool, beim 5ten Mal brauchst du keine Bremse mehr, du kommst dann tränenüberströmt im Tal an), Kletterpark gibt´s auch, und mein Geheimtip: Sonntags 10:30 Uhr Frühschoppen mit Krachledernen und Folklore in Schruns.

Aber zunächst mal Marathonlaufen. Samstag 9 Uhr ist Start.

2 km zum Warmlaufen die Strasse hinab, da bin ich schon ganz hinten im Feld.  Etwa 10 Minuten dauert die Sperre der Strasse, lediglich vier Autos müssen warten.  Nur 5 km sind es bis Schruns. 1925/26 schrieb Ernest Hemmingway dort  im Hotel Taube „Schnee am Kilimandscharo“. Wir biegen links ab, den Wanderweg hinauf, wieder zurück nach Silbertal.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Litz wetzen die schnellen Läufer wieder  hinauf.  Heute werden die Österreichischen Meisterschaften ausgetragen. Irgendwie bin ich traurig, dass ich kein Ösi bin, sonst wäre ich jetzt auch dort vorne. So bin ich eben Urlauber, lasse es langsam angehen.

Also laufen wir jetzt von unten nach oben durch den Ort Silbertal, vorbei am Kristberg, von dem gestern der  Bergführer erzählte: Im 18 Jahrhundert  legte man totgeborene Kinder auf den Altar und betete. Und siehe da, für kurze Zeit kehrte Farbe zurück in die Gesichter der Kleinen, sodaß der Pfarrer  eine  Nottaufe durchführen konnte. Aus Lichtenstein, Tirol und dem Allgäu brachte man kleine Bündel hier zum Wunderort Schruns. Eines Tages bat ein unglücklicher Vater seinen Knecht, er möge doch die kleine Leiche nach Schruns bringen. Der Knecht war jedoch zu faul, vergrub das Kind im  Wald.

Im nächsten Jahr passierte wieder so ein Unglück, diesmal brachte der Vater die kleine Hülle selbst nach Schruns. Als er zu der Stelle kam, wo das letztjährige Kind verscharrt war, da rief eine wimmernde, klägliche Stimme:  "Ätti, nimm mi o met!" (Vater nimm mich auch mit!). Da lief es mir gestern schon verdammt über den Rücken, deswegen muss ich das jetzt erzählen. Der Vater grub nun die unversehrte Leiche des letztjährigen Kindes aus, trug beide Kinder zum Altar. Dort ging sein heißer Wunsch in Erfüllung. Beide Kinder gaben während der Gebete deutliche Lebenszeichen und konnten getauft werden. Zur ewig dankbaren Erinnerung erbaute der Vater das Bruderhüsle, die einsame Waldkapelle auf dem Weg am Kristberg.

Jetzt, als wir wieder am Feuerwehrhaus vorbeilaufen, stehen hier  die Kleinen des Kinderlaufes, wollen  abklatschen. Ist schon lieb, wie  die alle aufgereiht stehen. Günter, der Rennleiter, der jetzt die Kleinen betreut, begrüßt mich lauter, als all die vielen Kinder und Eltern. Den Forellenanglern brülle ich entgegen, ob sie auch Sport machen würden, will dieses Gefühlsgedöns loswerden. Dann umgibt uns die Stille der Berge.

Der Weg durch das hintere Silbertal ist nun permanent ansteigend. Mal laufe ich, mal gehe ich. Von der brausenden Litz, die ihren Ursprung dort oben in den Gletschern hat, wehen mir angenehm kühle Fahnen ins Gesicht. Es fühlt sich an, wie die nassen Haare der Loreley beim Rheinsteig. Erlebnislauf in meinem verschwitzen Gesicht. Gut, dass sich das Brausen des Flusses nun mit dem Prasseln der schwülen Regentropfen vermischt.

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