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Laufberichte

Rock und Barock

13.05.12

Wie steht es mit eurer Bereitschaft zu lesen? Werden unsere Texte nur überflogen? Die Wissenschaft bescheinigt uns allen eine schwindende Bereitschaft, gedruckten Gedankengängen zu folgen. Dagegen hilft nach Meinung von Experten eine Kombination von Körper und Gehirnjogging. Es reicht nicht das routinemäßige Abfragen von Wissen. Man muss seinen Geist schon quälen. Na denn, viel Spaß beim Lesen.

Finster soll es gewesen sein, barbarisch, man fror und hungerte, und mit Gegnern ging man nicht besonders zimperlich um. Könnten die Pflastersteine in den Straßen und Gassen sprechen, könnten sie aus der Zeit der Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Rokoko, Klassizismus, Kubismus erzählen. 1000 Jahre Stadtgeschichte. Viele Reiseführer sind über Prag geschrieben worden; durch einige habe ich mich im Vorfeld dieses Marathons, der auf geschichtsträchtiger Boden stattfindet, gewühlt. Dabei habe ich unzählige Informationen gesammelt über die Kirchen, Brücken und natürlich von der größten Burg der Welt. Hinzu kommt der 1. 2. und 3. Fenstersturz, der „Prager Frühling“.

Zuviel Kultur und zu viel Geschichte für einen Laufbericht?  Wo soll ich anfangen? Vielleicht mit dem, was wir über die Stadt schon wissen?  Prag war für mich zunächst ein eleganter Herr im Stresemann, im Revers eine weiße Nelke, in der Hand ein schwarzer Regenschirm und auf dem Kopf eine schwarze Melone. Pan Tau klopft einfach mit den Fingerspitzen auf seinen Hut, streicht einmal an der Krempe entlang - und schon passieren ziemlich seltsame Dinge. Er kann zaubern und sich auf Puppengröße schrumpfen lassen. Karel Gott wollte mit den Taschen voller Geld einmal um die ganze Welt. Wir jedenfalls sind mit den Taschen voller Kronen unterwegs zum Prager Messegelände, um dort unsere Berechtigung zum Start, einen Rucksack zur morgigen Kleiderabgabe und das Event-Funktionsshirt zum Marathon, abzuholen.

 

„Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft“


Jeder Läufer weiß, von wem dieser Spruch stammt. Der wackelnde Kopf und die herausgestreckte Zunge sind zu seinem Markenzeichen geworden. Emil Zátopek. Er war einer der großen Leichtathleten des 20. Jahrhunderts: Zwischen 1949 und 1954 stellte er 18 Weltrekorde auf und bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki feierte er, nach einer Goldmedaille 1948 in London, weitere drei Olympiasiege – sowohl über 5000 und 10000 Meter als auch im Marathon!

 Ein überdimensionales schwarz-weißes Poster, welches Zátopek in Aktion zeigt, prangt über der Eingangshalle der Marathon Sport Expo. In einer der Hallen wird anlässlich des 60. Jubiläums mit einer kleinen Ausstellung an seine Siege erinnert. Auf einer Bühne präsentieren sich Mitglieder der Association of International Marathons and Distance Races (AIMS). AIMS ist ein Zusammenschluss von mehr als 300 Rennorganisatoren in über 90 Ländern auf sieben Kontinenten. Jedes Jahr kommen neue hinzu. In diesem Jahr sind 122 Veranstalter von Marathonläufen aus 55 Nationen Teilnehmer dieses Kongresses. Natürlich haben die Renndirektoren auch ihre Marathonflyer mitgebracht. Schon mal über den Nordpol-Marathon nachgedacht? Es mangelt nicht an neuen Marathonläufen oder Ideen, eher an der Zahl der Urlaubstage, die uns allen nicht unzählig zur Verfügung stehen. Der nächste Kongress findet 2014 in Südafrika statt.

 

Hundeschau


Eine Schau der ganz anderen Art erleben wir ebenfalls auf dem Messegelände. Hier findet gleich der „Walk with Dog“ statt. Ein bekannter Hundefutterhersteller ist Sponsor dieser außergewöhnlichen Idee. Gemeinsam mit dem Hund wird durch den Stromovka-Park gelaufen. Die Idee kommt an und das nicht nur bei den stolzen Hundebesitzern. Aus den Lautsprechern ertönt: „Who let the dogs out?“ und so manch eine Doge fällt bellend in den Kanon ein. Man sieht Hunde so klein wie ein Hamster oder so groß wie ein Pferd.

Einer guckt, als ginge ihn das hier alles nichts an und ein anderer kneift den Schwanz ein und schaut verzweifelt aus seinem Fell. Auch dem Spruch, dass der Besitzer eines Hundes diesem meistens ähnelt, kann ich zustimmen. Im Startblock stehen sie dann alle dicht beisammen. Herrchen, Frauchen, Hund und jeder hat eine Startnummer. Mit dem Startschuss legen sie los. Die einen schnell, andere wiederum gemütlich. Im Ziel des Rundkurses sind 4,2 Kilometer gelaufen und der liebste Freund des Menschen erhält eine Medaille und Hundefutter vom Sponsor. Aber auch alle Finisher des Mini-Marathon über 4,2 Kilometer und die Finisher der Inliner Strecke über 6,5 Kilometer bekommen ihre Medaille. Nach diesen vielen Eindrücken geht es in die Altstadt.

Noch ist nicht viel zu sehen von dem, was ab Morgen die Kulisse des Marathons werden soll.  In der Mitte der Altstadt, dem Altstädter Ring, bilden sich Trauben von Touristen um das Denkmal des Reformators Jan Hus, Tschechiens Nationalheiligen. Im Sommer 1415 legte ein Scharfrichter eine rostige Kette um seinen Hals, band ihn an einen Pfahl und schichtete Holz und Stroh von seinen Füßen bis zum Kinn. Dies ist nicht in Prag passiert, sondern in Konstanz. Als jedoch die Prager Bürger von der Hinrichtung erfuhren, wurden die Reform zur Revolte und zur Revolution.

Bislang sieht man zwischen den vielen Touristen nur vereinzelt einen Sportler im Laufdress. Das wird sich in den nächsten Stunden ändern. Dann, wenn die ersten Requisiteure eintreffen und den Marktplatz in eine Sportarena umgestalten und sich Touristen in Läufer verwandeln. Auf ca. 150 Metern wird ein blauer Teppich verlegt. Farbige Poster an Hauswänden künden von dem, was hier demnächst passiert. Nur noch wenige Stunden bis zum Beginn des 18. Prag Marathon.

 
 

Informationen: Prague Marathon
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