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Laufberichte

Alle Wetter - und die im Schnelldurchlauf

16.12.07
Autor: Klaus Duwe

Strahlender Sonnenschein und 16 Grad, dann dunkle Wolken, heftiger Wind und Regen – der 24. Calvià Marathon auf Mallorca am 16. Dezember hat alles.

 
Moment mal: Marathon, Mallorca? Da war doch was. Aber ist der nicht in Palma? Genau, das ist der TUI Marathon, den kennt mittlerweile fast jeder (nächster Termin: 19. Oktober 2008). Hier berichte ich jetzt aber aus Calvià. Kein Mensch bei der TUI hat an einen Marathon gedacht, als hier 1984 zum ersten Mal über die klassische Distanz von 42,195 Kilometer gelaufen wurde. Was als regionale Veranstaltung begann, entwickelte sich schnell zum nationalen Ereignis und schließlich wurden sogar Weltmeisterschaften (die der Polizei) ausgetragen. Auch die gelaufenen Zeiten können sich sehen lassen. Radames González aus Cuba lief den Kurs in 2:13:08 Stunden und Lynbok Klohko (UDSSR) benötigte 2:34:46 Stunden. Das war allerdings schon 1988, seither kommt man als Mann auch schon mit 2 ½ Stunden auf’s Treppchen und bei den Frauen dürfen es auch mehr als 3 Stunden sein.

Aber Achtung, die Aussage des Veranstalters, es handele sich um flachen Kurs, ist mit Vorsicht zu genießen. Ich kann ihn zwar nicht in die Kategorie „anspruchsvoller Landschaftslauf“ einordnen und damit mit einem Advent Waldmarathon oder Siebengebirgsmarathon gleichsetzen, aber flach ist die Strecke nur stellenweise. Astrid Benöhr, als Ultraläuferin einiges gewohnt, gewinnt zum dritten Mal und meinte nach dem Rennen: „Das war wieder ganz schön schwer.“

Damit trifft sie den Nagel auf den Kopf: Schön und schwer ist die Strecke im Südwesten der Ferieninsel. Calvià ist eine der größten und zugleich reichsten Gemeinden in ganz Spanien. Der Ort selbst hat nur etwa 2000 Einwohner und liegt etwas im Landesinneren. Zum Gemeindegebiet, das sich bis zur Südküste westlich von Palma erstreckt, gehören unter anderem die Ferienorte Magaluf, Palmanova, El Toro und Santa Ponca.

 


Das Hotel „Sol Antillas“ (über 700 Zimmer) in Magaluf dient als Veranstaltungszentrum und empfiehlt sich gleichzeitig als Domizil für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Von dort kommt man bequem zu Fuß zum Sportzentrum, wo am Sonntag um 9.00 Uhr der Start ist. Schon ab Freitag kann man sich in den großzügigen Räumlichkeiten des 4-Sterne-Hotels die Startunterlagen holen, auch einige Informations- und Verkaufsstände sind aufgebaut.

 


Am Samstag steigt dann die Pasta-Party (im Startgeld enthalten), der ich uneingeschränkt die Attribute „einmalig“ und „de luxe“ zuordne. Im Hotelrestaurant sind große Buffets aufgebaut. Verschiedene Nudeln und Soßen stehen zur Auswahl, dazu Salate und Obst. Wasser steht auf jedem Tisch, andere Getränke zapft man sich selbst an der dafür vorgesehenen Theke. Sagenhaft.

 

Genauso fantastisch ist auch das Buffet für die Pensionsgäste. Verschiedene Fleisch- und Fischgerichte werden vor den Augen der Gäste frisch zubereitet, andere gibt es, appetitlich präsentiert, vom Buffet. Die Auswahl ist so reichlich, dass man unmöglich alles probieren kann. Etwas Appetit muss man sich unbedingt für das Dessertbuffet aufheben.


Der Ort Magaluf selbst ist nicht so prickelnd. Ich möchte ihn mal so beschreiben: was der Ballermann mit seinen Bier-, Bratwurst- und Schnitzelbuden für die Deutschen, ist Magaluf (und die Nachbarorte) mit seinen Pub’s und Bar’s für die Englänger. Nur den Linksverkehr hat man noch nicht eingeführt. Hier wie dort zeugen hässliche Hochhäuser und Hoteltürme von der Bauwut vergangener Jahre. Ich möchte hier nicht sein, wenn jedes Bett belegt ist. Am Ballermann allerdings auch nicht …

Im Dezember ist es natürlich ruhig, nur wenige Hotels haben geöffnet und die Gäste sind alle in dem Alter, wo wilde Partys schlimmstenfalls zur Erinnerung gehören. Der ungefähr 1 Kilometer lange Sandstrand direkt vor dem Hotel ist verwaist, nur ein paar einsame Spaziergänger, Jogger und Angler sind zu sehen. Auch die meisten „Bewirtungsbetriebe“ (knallbunte Restaurants, Imbiss- Eis- und Getränkebuden) sind geschlossen, an einigen wird gearbeitet, andere bieten eine reduzierte Speisekarte. Fish und Chips sind Pflicht, statt Essig und Öl stehen Ketchup und Senf auf den Tischen. Nur der strahlende Sonnenschein ist landestypisch.


Ein Ausflug nach Palma ist da eine willkommene Abwechslung. Bis Abends verkehren in kurzen Abständen Busse und in 30 Minuten (Fahrpreis 2,60 Euro) ist man in der Inselmetropole. Die Altstadt ist jetzt besonders schön, denn fast jede Straße hat einen anderen Weihnachtsschmuck. An der Prachtstraße am Hafen blühen derweil die Rosen.

Der Marathontag beginnt mit einem extra früh angerichteten Frühstück, das sowohl bei den Sportlern als auch bei den Begleitpersonen keine Wünsche offen lässt. Dann geht’s zum Start. Vom nächtlichen Sturm ist ein zeitweise starker Wind übrig geblieben, der sich weiter beruhigt. Ein fast wolkenloser Himmel verspricht einen schönen Tag.

 


Etwas mehr als 500 Läuferinnen und Läufer nehmen beim Sportzentrum Aufstellung, davon wollen 2/3 die Halbdistanz laufen. Die Strecke ist ein 21 km langer Rundkurs, den die Marathonis zweimal laufen. Skeptikern halte ich meinen Lieblingsspruch entgegen: „Lieber eine schöne Strecke zweimal laufen, als mich auf einer großen Schleife langweilen“.

Und die Strecke ist wirklich schön, ich habe es schon angedeutet. Um 9.00 Uhr wird gestartet. 

 


Wir überqueren einen felsigen Landzipfel, der südlich von Magaluf ins Meer ragt. Nach dem  wir die Kartbahn und den großen Freizeitpark „Aqualand“ passiert haben, laufen wir auf der ruhigen Verkehrsstraße (sie ist einseitig gesperrt) entlang von Feldern und Wiesen zum kleinen Ort Son Ferrer (km 4,5), wo auch die erste Getränkestelle ist. Es gibt Wasser in kleinen Flaschen, später gibt es auch Orangen, das ist die ganze Verpflegung. In der Ausschreibung wird darauf hingewiesen. Jeder weiß also bescheid und wer mehr braucht, hat es dabei.

Gut zwei Kilometer weiter erreichen wir El Toro. Außer dem großen 5-Sterne-Hotel „Port Adriano“ gleich am Ortseingang sind hier nur schmucke Bungalows und Villen mit sehr schönen Grünanlagen und vielen blühenden Sträuchern zu sehen. Dann werden wir von einem wunderbaren Ausblick auf die Küste mit den Felsen Es Malgrat überrascht.

 


Ganz anders präsentiert sich Santa Ponca (km 10), kaum ein Quadratmeter Fläche scheint hier entlang der Bucht und des Strandes unbebaut zu sein. Ähnlichkeiten mit Magaluf und El Arenal sind nicht zu übersehen und nachts nicht zu überhören.

Ein großes Kreuz erinnert an den 31.12.1229. Dieses Datum kennt jeder Mallorquiner und auch die Geschichte, die damit verbunden ist. Im September bricht der 21jährige König Jaume I. mit 155 Schiffen, 1500 Rittern und 15.000 Soldaten zur Befreiung Mallorcas von der maurischen Herrschaft auf. Hier in Santa Ponca geht er mit einem Teil der Armee an Land. Der letzte Tag des Jahres 1229, als der Emir in seinem Palast gefangengenommen wird, gilt als der Tag der Rückeroberung Mallorcas und wird bis heute gefeiert - und König Jaume I. nennt man den Eroberer. Übrigens, die Kathedrale La Seu in Palma wurde genau an der Stelle errichtet, an der einstmals die größte Moschee der Insel stand.

Heute ist es ruhig in Santa Ponca. Es sind nur wenig Menschen unterwegs und für den Marathon interessiert man sich kaum. Wie anderswo auch gibt es nur ganz vereinzelt mal Applaus und einen aufmunternden Zuruf. Wir verlassen den Ort in Richtung Calvià, folgen dann aber der Beschilderung „Palma“ ostwärts.

Ich will es kaum glauben, laufen wir tatsächlich auf die Autobahn? Ja, das ist aber kein Problem, eine Fahrbahn ist gesperrt und Verkehr ist sowieso ganz wenig. Gut zwei Kilometer werden es sein, immer leicht ansteigend. Links schauen wir auf die Berge, rechts auf Wiesen und kleine Pinienwäldchen, dann verlassen wir die Schnellstraße bei der Ausfahrt Magaluf (km 15). Schon von weitem sind die Trillerpfeifen der Polizisten zu hören. Ich vermute ein größeres Verkehrschaos. Dem ist aber nicht so. Immer wenn sich ein Auto dem Kreisverkehr nähert, fangen gleich alle drei Polizisten gestenreich mit dem Trillern an, bringen so das Fahrzeug zum Stehen und halten gleichzeitig die Marathonis am Laufen. Ich glaube, denen ist die Pfeife an den Mund gewachsen. Einer telefoniert, ohne das Ding aus dem Mund zu nehmen.

Ganz leicht steigt die Straße an, die fast einen Kilometer parallel zur Autobahn verläuft. Dann sind wir in Palmanova (km 18,5) und es geht abwärts hinunter zum Meer. Der Ort ist mit Torre Nova und Magaluf so eng zusammengewachsen, dass man sich als Fremder kaum noch auskennt. Auch das Erscheinungsbild ist fast gleich, vielleicht sind in Palmanova die Restaurants und Hotels etwas chicer.

 


Wir laufen durch die schmale Straße parallel zum schönen Sandstrand vorbei an den vielen geschlossenen Geschäften und Kneipen. Rechts liegt das im Sommer eröffnete Themenhaus „Katmandu“, ein auf den Kopf gestellter tibetanischer Tempel. Naheliegend, dass ein Engländer die „verrückte“ Idee hatte. Stimmt aber nicht, die Amis sind schuld. In dem 1600 qm große Gebäude kann man eine Reise durch die Sagen und Mythen des Himalaya machen. 300.000 Besucher sollen im ersten Jahr kommen. Wird es ein Erfolg, will man auch in anderen Ländern den Freizeitmarkt auf den Kopf stellen.

 


Mein Hobby bleibt der Marathon, davon bringt mich auch der Streckenposten nicht ab, der mir den Weg ins (Halbmarathon-)Ziel zeigt, falls ich genug vom Laufen habe.  Ich laufe geradeaus in die zweite Runde. Vor mir sehe ich nur Haether, eine zähe Engländerin, die schon die ganze Zeit immer in Sichtweite entweder hinter oder vor mir läuft. Ihr Mann läuft lieber etwas schneller, dafür aber nicht so lange Strecken. Er ist längst im Ziel des Halbmarathons.

Wie erwartet ist es jetzt einsam auf der Strecke, aber nicht langweilig. Dafür ist die Gegend viel zu schön und abwechselungsreich. Das Wetter hält sich prächtig, und jetzt in der Sonne bereue ich, dass ich meine Jacke noch dabei habe. Allerdings ist es im Schatten ziemlich frisch und den dunklen Wolken am Horizont traue ich auch keine Stunde mehr.

In El Toro (km27) weicht die Strecke vom ersten Durchgang etwas ab, denn vor dem Hotel „Port Adriano“ geht es links auf einen kurzen Wendekurs, um auf die genaue Streckenlänge zu kommen.

Um die Mittagszeit wird der Wind dann immer stärker, im Nu hat sich der Himmel zugezogen und aus den dunklen Wolken beginnt es zu regnen. Gleich ist es kalt und meine Jacke macht mir richtig Freude. Der Wind ist so stark, er zieht mir sogar die iPod-Stöpsel aus den Ohren. Das Sauwetter vertreibt die letzten Menschen aus den Straßen. Außer den Helfern und den Polizisten ist niemand mehr zu sehen.


Der Wind hat auch sein Gutes. Er bläst die Wolken hinaus auf’s Meer und bereits nach 15 Minuten ist der Spuk vorbei. Die Sonne scheint aus immer größeren Wolkenlücken. Als wir in Palmanova und Magaluf einlaufen, sind in den Straßenkneipen und am Strand schon wieder ein paar Passanten zu sehen.

 


Im Ziel werden die Läuferinnen und Läufer auf spanisch, englisch und deutsch von der quirligen Vicky begrüßt. Junge Mädels geben die Medaillen aus und übergeben jedem Finisher noch einen Beutel mit Getränk, Apfel und Gebäck.  Links holt man sich seinen Kleiderbeutel, rechts in der Sporthalle sind die Duschen. Alles ist auf kleinstem Raum.

Ab 17.00 Uhr ist in der großen Halle im Hotel „Sol Antillas“ die Siegerehrung. Auch hier hat Vicky das Sagen. Ungefähr 200 Läuferinnen und Läufer sorgen für eine super Atmosphäre. Anschließend wird noch einmal das große Abendbuffet geplündert. Alle sind sich einig: der Calvià Marathon ist eine runde Sache und nächstes Jahr am 14. Dezember sind bestimmt mehr als 40 Deutsche am Start.


Veranstaltungszentrum
Hotel „Sol Antillas“, Magaluf

Streckenbeschreibung

Rundkurs 21 km, ziemlich „uneben“, durch kleine Orte, schöne Landschaften und entlang der Küste.

Zeitnahme
Manuell

Markierung

(fast) durchgängig blaue Linie, jeder Kilometer ist angschrieben,
Streckenposten und motorisierte Polizei

Verpflegung

Wasser und Orangen, Schwämme

Auszeichnung

Urkunde, Medaille

Die Erstplatzierten beim Marathon:

Männer

1 REQUEJO SANTOS, JOSÉ ANTONIO ESPAÑA 02:26:14
2 BLEACH, PAUL ENGLAND 02:39:56
3 MENDOZA PONS, JORGE JUAN ESPAÑA 02:41:41

Frauen

1 BENHÖR, ASTRID DEUSTCHLAND 03:34:35
2 SAMSE, ANJA DEUTSCHLAND 03:41:08
3 MUIR , LUZ DARY ENGLAND 04:13:33

 

Informationen: Maratón de Calvià/Mallorca
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