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Laufberichte

Durchs Lausitzer Seenland

13.07.13

Die Lausitz (sumpfige feuchte Wiese) liegt ganz im östlichen Zipfel von Brandenburg und Sachsen und zieht sich bis ins polnische Niederschlesien. Genau genommen unterteilt sich dieses Gebiet in die Niederlausitz und in die Oberlausitz.

Das heutige Start- und Zielzentrum für das sportliche Wochenende ist der Ort Senftenberg. Bei manchen geht jetzt ein Licht auf, denn hier findet im Januar der Hallenmarathon und Ultra statt. Und dann gibt es nicht weit weg auch noch den Spreewald-Marathon. Ich bin heute hier, weil ich diesen Teil von Deutschland noch nicht kenne und natürlich, weil es beim Seenland 100 erstmals auch einen Marathon gibt.

Bis nach Senftenberg sind es von Kassel rund 400km. Also rauf auf die Autobahn 38 nach Osten und nach gemütlichen 5 Stunden komme ich in das Städtchen Senftenberg am Senftenberger See. Eine Landschaft, die mich stark an die ehemaligen Tagebaulöcher von Bitterfeld erinnert. Auch hier hat man eine herrliche Seenlandschaft angelegt.

Der Lausitzer Seenland 100 ist nicht nur eine Laufveranstaltung, sondern auf zwei Tage verteilt gibt es ein großes Sportangebot mit Laufen, Biken, Schwimmen, Walken, Skaten und Tretrollerfahren. Insgesamt gibt es 30 Disziplinen und Strecken für die Freizeitsportler.

Ab diesem Jahr gibt es NEU den Marathonlauf über die klassische Distanz von 42,195 km sowie einen Run & Bike Wettbewerb. Dazu haben sich auch Sportler aus Schweden, Dänemark, Großbritannien und Polen angemeldet.

Die verschiedenen Wettbewerbe werden in den drei Orten Senftenberg, Großräschen und Kleinkoschen ausgetragen. Der Start und das Ziel für den Marathon ist der neue Hafen in Senftenberg am Senftenberger See. Das Startgeld für den Marathon liegt zwischen 19€ und 29€ bei Voranmeldung. Für die elektr. Zeitmessung muss ein Chip vom Veranstalter gemietet werden (20€ Pfand, 5€ Mietgebühr).

Der Lauf- und Radverein Hohenbocka (liegt südl. vom Senftenberger See) in Verbindung mit der Stadt Senftenberg und der Stadt Großräschen bilden eine Organisationsgemeinschaft.

Ab 16 Uhr kann man seine Startunterlagen im Meldebüro am Hafenanleger abholen. Das geht alles routiniert und flott. Dann heißt es passende Laufkleidung und Startnummer anlegen. In den Voranmeldelisten hatten sich rund 100 Marathonläufer und rund 50 Run&Biker-Paare angemeldet.

Ich schaue mich um, sehe aber nicht einen einzigen Bekannten. Das war noch nie da. Aber unser Portal kennt man und der Aufdruck auf meinem Shirt weist mich als einen der Autoren aus. Deshalb dauert es nicht lange und ich werde darauf angesprochen und mit Lob für unsere Arbeit überschüttet. Auf meinen Bericht freut man sich, wird mir versichert. 

Erst kurz  vor dem Start verlassen die Teilnehmer ihren schattigen Platz und kommen zum Startbogen, der in der prallen Sonne steht.

17:00 Uhr, Startschuss und das Feld setzt sich am Hafenanleger über die Strandstraße in Richtung Großkoschen in Bewegung. Der neue Stadthafen (Baukosten 13 Mill. €) wurde erst am 23. April nach fast 2jähriger Bauzeit eröffnet und hat über 100 Boots-Liegeplätze sowie eine 80m lange schwimmende Seebrücke.

Rechts von uns liegt der große Senftenberger See, der einer der vielen künstlich angelegten Seen im Lausitzer Seenland ist. Zwischen Nov. 67 und Nov. 72 wurde das ehemalige Braunkohle-Tagebaubecken Niemtsch über eine Fläche von 1300 Hektar geflutet. Der bis zu 25m tiefe See ist einer der größten künstlich angelegten Seen Deutschlands.

Beim Blick über den See sieht man die große, ebenfalls künstlich angelegte und bewaldete Insel. Sie ist Naturschutzgebiet seit 1981 und darf nicht betreten werden. Wollen wir auch nicht, denn für uns geht es weiter über die Uferstraße.

Wir sind gerade 500m gelaufen, da kommen die etwas später gestarteten Radfahrer an uns vorbei bzw. zickzack durch die Läufer, total undiszipliniert, um nicht zu sagen rücksichtslos. Und völlig unnötig, denn nach 1-2km ist das Feld so weit auseinander gezogen, dass die Biker ganz entspannt ihre Run-Partner finden können. Da sollte man beim nächsten Mal was ändern.

Nach ca. 1,5km kommt erst der Textilbadestrand und 500m weiter der FKK-Badestrand. Natürlich sind bei dem herrlichen Sommerwetter beide gut besucht. Für beide, Badegäste und Läufer, gibt es viel zu sehen. Und  schon bin ich weitletzter Läufer.

Wir kommen an die  Wende bei 5km und folgen weiter dem Fuß- und Radweg nach Kleinkoschen. Dieser Rundweg führt um den ganzen Senftenberger See und ist über 18km lang. Vor mir laufen Gunter der Extreme und Ralph der Verrückte, beide aus Niedersachsen. Warum sie diese Titel fragen, bleibt heute ihr Geheimnis.

Dafür erzählt mir Manfred Völker von seinem Problem. Ihm gefällt nicht, dass er sein gutes Laufhemd mit Nadeln durchstechen muss, da laut Ausschreibung die Startnummer auf der Brust zu tragen ist. Jetzt kennt er aber die magnetischen „fixpoints“ zur Startnummernbefestigung, von denen er bisher nichts wusste.

Den Ort Kleinkoschen umlaufen wir und werden bei km 6 mit reichlich Flüssigkeit versorgt. Das ist heute auch notwendig, denn es ist doch ganz schön warm und es gibt wenig Schatten. Das alte Örtchen war bis Anfang des 20. Jh. sorbisch. Der Name bedeutet Weidekorb oder Fischreuse, also waren die Leute hier früher vermutlich Fischer und Korbflechter.

Die nächsten 2-3 Kilometer geht es über den Radweg entlang dem Flugplatz, links fließt die Sornoer Elster, die nördlich von Kleinkoschen in die Schwarze Elster mündet. Am Ende des Flughafengeländes kommen wir ganz kurz an das Ufer des Greifswalder Sees.

Jetzt bin ich Letzter, denn Anja nutzt meinen Fotostopp, um mich zu überholen.  Bei km 9,5 neben dem „Rostigen Nagel“ gibt es eine weitere Verpflegungsstation und einen freien Blick auf den 30m hohen Stahlkoloss. Der für fast 1 Mill. € errichtete und 2010 mit dem Sonderpreis des Deutschen Stahlbaus ausgezeichnete Aussichtsturm kann über 162 Stufen erklommen werden. Keine Zeit,  wir überqueren den Sonoer Kanal. Kurz danach kommt das 10km Schild. Nach gut einer Stunde Laufzeit verabschieden sich auch die letzten Läufer aus meinem Blickfeld.

Ich versuche mein Tempo zu halten. Vielleicht werde ich sogar etwas schneller, denn auf dem Weg zum Rosendorfer Kanal sind plötzlich wieder zwei Läufer vor mir. Der Rad- und Fußweg verläuft hier zwischen dem Sedlitzer See und dem Partwitzer See.

Zwischen dem km 13 und 14 überqueren wir den Rosendorfer Kanal, der die zwei Seen verbindet. Noch bevor wir Lieske erreichen, heißt es für die Marathonis rechts ab in eine Extrawendeschleife. Am Abzweig gibt es eine weitere Versorgungsstation. Jetzt kommen mir schon viele Run & Bike Teams und Marathonläufer entgegen und so habe ich die Gelegenheit, wieder ein paar Läuferbilder zu schießen. Und jetzt entdecke ich auch ein bekanntes Gesicht. Es ist Klaus Egedesø vom 100 MC Dänemark, den ich  Wilhelmshaven Marathon her kenne.

Zu Dänemark und Marathonlaufen fällt mir ein, das am Sonntag den 14. Juli Annette Fredskov nach 365 Tagen ihren 366. Marathon finisht.

Und dann kommt mir „Der Bayer“ entgegen, er ist der Vorletzte und hat schon 1km Vorsprung. Es geht leicht wellig am Ufer des Partwitzer Sees entlang. An der Schutzhütte überqueren wir die Landesgrenze nach Sachsen. Kurz dahinter ist der Wendepunkt. Zur Kontrolle werden die Startnummern notiert. Dann geht es zurück am Versorgungspunkt vorbei nach Lieske.

Wir erreichen Lieske, sehen aber leider nichts vom Ort, denn die Laufstrecke führt über den Uferradweg. Auch hier lebten früher überwiegend Sorben. Als Bauern mussten sie den Mist aus ihren Schafställen  in die Weinberge der sogenannten Hörlitzer karren.

Dann erreiche ich die Halbmarathonmarke. Hier sind um 19 Uhr ca. 180 Halbmarathonläufer und ca. 20 Halbmarathonwalker gestartet. Auf dem Weg zur Spitze des Sedlitzer Sees kommen mir die ersten von ihnen entgegen, dann bin auch ich bei km 23,3 an einem weiteren Wendepunkt.  Nun geht es auf direktem Weg zurück zum Senftenberger Hafen.

Meine Idee, vielleicht von den langsamen Halbmarathonis den einen oder anderen einzuholen, muss ich aufgeben, denn jetzt sind hin und wieder Gehpausen angesagt. Bei km 28 gibt es nochmal Versorgung und weiter geht’s Richtung Rosendorfer Kanal. Es folgt Km 30 und beim Blick über den Sedlitzer See beginnt so langsam der Sonnenuntergang. Hier kommt mir ein Kontrollradler entgegen. Auf Nachfrage kann ich ihm bestätigen, dass ich der Letzte bin. So schließt er sich mir an und wir haben eine nette Unterhaltung.

Am Rostigen Nagel werde ich gefragt, ob ich nicht lieber aufgeben will. „Aufgeben, was ist das?“ frage ich zurück. Es sind doch nur noch knapp 10km.

Kurz hinter km 35 wird es nun dunkel und ohne den Schlussfahrer hätte ich mich hier verlaufen. Wir kommen im Dämmerlicht zum Versorgungsposten bei km 36 und die Posten werden plötzlich unruhig. Der Bayer fehlt, der war doch vor mir. Sofort fährt ein Motorrad los, um nach ihm zu suchen. Ich werde „gewarnt“, dass es mit dem Zielschluss um 22.30 Uhr wohl knapp werden würde. Ich lasse mich nicht beirren - und weiter geht’s.

Zusammen mit dem Schlussfahrer umrunde ich den Ort und kurz vor km38 erreichen wir im Dunkeln den  vorletzten Versorgungspunkt, wo mich die Helfer erwarten. Dann kommt auch noch der Motorradfahrer, er hat den Bayer gefunden. Er hat versehentlich eine Runde ausgelassen, was mir ohne den Biker auch passiert wäre.

Nun ist es richtig dunkel auf dem unbeleuchteten Radweg. Gut, dass „mein“ Biker  eine ordentliche Beleuchtung hat. Die Radfahrer, die uns entgegenkommen, haben sowas zumeist nicht. 

km 40. Letzter Versorgungspunkt. Zwei junge Leute mit Taschenlampe stehen am gedeckten Tisch.  Klasse, wie selbstverständlich sie auf den letzten Läufer warten.

Ich erzähle dem Schlussradler von meinen Marathons in Marrakesch und Mumbai, vom Toten Meer und von den Seychellen -  so vergeht die Zeit schnell. Plötzlich, aber etwas zu früh, denn ich bin noch nicht ganz im Ziel, wird das Feuerwerk gezündet. Es ist 22:30 Uhr.

Ein Handy klingelt. Der Schlussradler gibt unsere Position und unseren Ankunftszeit durch. Dann sehen wir auch schon die ersten Lichter vom Hafen und dann den beleuchteten Zieleinlauf ins Ziel. Der Empfang ist herzlich. Nur der Biersponsor hat schon Feierabend. 

Ich bekomme meine Medaille und einen Rucksack, voll mit Nudeln und Rosinenbrot, und auch noch meine Urkunde.

Ins Ziel kamen heute: 93 Marathonläufer, 44 Run & Bike Marathon-Teams, 177 Halbmarathon-Läufer, 13 Halbmarathon-Walker, 142 10-km Läufer 91 5-km Läufer sowie noch viele weitere Teilnehmer auf den anderen 24 Disziplinen.

Marathonsieger:
Männer
1. Pawel Kaszyca  SBD Energetyk Rybnik/Polen 2:53:30
2. Wim Becker  Kunduz Running Team/Belgien 3:01:27
3. André Goldbach Laufgruppe Dresden  3:06:43

Frauen
1. Franziska Kranich LSV Niesky   3:27:54
2. Patricia Kusatz  Berlin    3:30:48
3. Anne-Marie Oneill Schweiz   3:46:38

 

Informationen: Lausitzer Seenland Marathon
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