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Laufberichte

Als die Römer frech geworden

25.04.10

Auf den Spuren von Arminius, dem Cherusker

Irgendwann erzählte der Papa dem kleinen Wolfgang, daß die bösen Römer Germanien lange Zeit besetzt gehalten hatten. Dann aber kam Hermann, der Germane, fügte ihnen eine fürchterliche Schlappe zu und hielt sie fortan in Schranken. Doch heute, so mein Papa, kämen die Römer schon wieder und verwies beispielhaft auf den italienischen Straßenkehrer im Frankfurt der Sechziger Jahre als Vertreter der damaligen klassischen Gastarbeiter. Und dem kleinen Wolfgang ging die Düse.

Mittlerweile ist mein Geschichtsbild geringfügig differenzierter. Was war also an der Historie dran? Tatsächlich waren die Römer seinerzeit bemüht, auch die rechtsrheinischen Gebiete Germaniens zu einem Teil des Römischen Reichs zu machen. Dies stieß nicht unbedingt auf ungeteilte Begeisterung bei den zu Unterjochenden. Ausgedehnte Erkundungszüge, Teileroberungen und Verbündetensuchen ab dem Jahr 12 v. Chr. erregten bei ihnen nachhaltiges Mißfallen. In Viktor von Scheffels „Hermannslied“ von 1847 heißt es dazu:

Als die Römer frech geworden
 Zogen sie nach Deutschlands Norden
vorne mit Trompetenschall
 ritt der Generalfeldmarschall,
 Herr Quintilius Varus

Damals wie auch heute noch brachte ein besonders perfider Umstand das Faß zum Überlaufen: Ein neues Steuerrecht wurde eingeführt, schon weiland mit wenig Fingerspitzengefühl. Arminius, Fürstensohn des germanischen Cheruskerstammes, der seine Kindheit und Jugend in Rom verbracht hatte und sogar in den römischen Ritterstand erhoben wurde, wandte sich, nach Germanien zurückgekehrt, gegen die römische Oberherrschaft.

Er bewegte mehrere Stämme zur Bildung eines Bündnisses und konnte ihnen kraft seiner Ausbildung die Schwächen römischer Kriegsführung vermitteln. Parallel blieb er aber weiter Tischgenosse des römischen Statthalters, Quintilius Varus, und betrieb ein klassisches Doppelspiel. Auf der Rückkehr in deren Winterquartier am Rhein veranlasste er Varus mit dreien seiner Legionen aufgrund eines fingierten Berichtes über einen kleinen regionalen Aufstand zu einem Umweg über ihnen unbekanntes Terrain.

In unübersichtlichem und schwierigem Gelände gingen Arminius und seine Verschwörer voraus, angeblich um Verbündete heranzuführen. Der weitermarschierende Varus geriet dabei in einen von Arminius sorgfältig geplanten Hinterhalt. Von allen Seiten fielen die Germanen über die bis zu 20.000 Soldaten mit ihren 5.000 Zugtieren her und töteten fast alle, wobei ihnen die lange Zugordnung der Römer (15 – 20 km!) gemeinsam mit dem unwegsamen Gelände entscheidend zu Hilfe kamen.

Plötzlich aus des Waldes Duster
Brachen kampfhaft die Cherusker,
Mit Gott für Fürst und Vaterland
Stürzten sie sich wutentbrannt
Auf die Legionen.
Weh, das ward ein großes Morden,
Sie schlugen die Kohorten,
Nur die röm'sche Reiterei
Rettete sich noch ins Frei',
Denn sie war zu Pferde.

Kaiser Augustus soll angesichts des Verlusts eines Achtels seiner gesamten Streitmacht in Rom gerufen haben: „Quintilius Varus, gib mir meine Legionen wieder!“ Aber genutzt hat dem alten Hermann sein Sieg letztlich nicht nachhaltig, denn nach internen Zwistigkeiten haben ihn eigene Verwandte kurzerhand abgemurkst. Über den genauen Ort der Schlacht wird heftig diskutiert, Kalkriese bei Bramsche ist derzeit Favorit. Wie dem letztlich auch sei, für uns ist das heute völlig wurscht. Unsere Huldigung an Arminius führt durch den Teutoburger Wald und ihm zu Ehren wird nicht Blut, sondern jede Menge Schweiß vergossen.

Elke und ich reisen bereits am Vortrag an, besuchen die von der Erosion freigelegten, sehenswerten Externsteine in der Nähe, übernachten im nahe gelegenen Bad Driburg und verbringen mit unseren Freunden Silke und Markus einen angenehmen Samstag. Markus ist den Hermann schon ein paar Mal gelaufen, hat aber diesmal keinen Startplatz mehr bekommen. So frönt er der Regeneration nach dem Obermain-Marathon und  übernimmt in diesem Jahr die Führung meines persönlichen Fanblocks, bei zwei Frauen Herausforderung genug.

„Nur“ 31,1 km bei +515/-710 Höhenmetern lautet die heutige Aufgabe. Gegen langweilige 30 km-Trainingsläufe habe ich eine ausgeprägte Allergie, das heute gefällt mir dagegen sehr. Ich stehe auf derartige „Unterdistanzläufe“. Rheinsteig-Extrem-, Nürburgring-, Rotweinwanderweg- und Drachenlauf in meiner Ecke, Monte-Sophia- in Niederzier und Fünf-Seen-Lauf in Schwerin, Rund um den Wolfgangsee und etliche andere genießen ebenfalls mittlerweile Kultstatus und locken teils beträchtliche Teilnehmerzahlen an, die so manchen auch nicht ganz kleinen Marathonveranstalter neidisch werden lassen. Rund 7.100 haben heute gemeldet.

Die Startnummernausgabe erfolgt im Gymnasium Waldhof in Bielefeld (Achtung: Die per E-Mail versandte Anmeldebestätigung nicht vergessen!). Dann geht es per Bus zum Startpunkt Hermannsdenkmal. Die Busse starten in unmittelbarer Nähe zum Gymnasium am Waldhof - unübersehbar - ab 7.00 Uhr. Die Nervosität und Stimmung in den Bussen sei das erste Glanzlicht des Hermannslaufes, wie die Veranstalter auf ihrer Homepage verkünden. Ich aber lasse mich von Elke, Markus und Silke per Auto bringen. Später haben sie den Auftrag, ihrem Helden an markanten Streckenpunkten zu huldigen.

 
 

Informationen: Hermannslauf
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