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Laufberichte

Mon sentier Vosgien préféré

15.04.12

Mein liebster Vogesenpfad


Zu Anfang meiner Laufbegeisterung war ich bei meinen Marathon-Einsätzen immer auf der Jagd nach Flyern und Ausschreibungen von Läufen, die ich noch nicht kannte, um immer mal zu was Neuem inspiriert zu werden. In den letzten Jahren ist das doch deutlich ruhiger geworden. Ist kaum mehr interessant, man kennt ja schon fast alles. Da wo man unbedingt hin wollte, war man schon. Man überfliegt praktisch nur noch die Belegungstische und Stände.

Frischen Wind hat da meine neue Leidenschaft Trailrunning rein gebracht. Beim Einsatz vor vier Wochen am Ballon sind mir einige läuferische Leckerbissen auf Elsässer Boden in die Hände gefallen. Von den wenigsten hat der normal interessierte Läufer in Deutschland schon mal was gehört, sind halt nur Insidern so richtig bekannt. Nach studieren der Unterlagen hat man beinahe das Gefühl, dort wird so ziemlich auf jeden Berg gelaufen. Als echte Alternative schon früh im Jahr Höhenmeter zu sammeln sind die Trails im Elsass geradezu prädestiniert, da die Bergsaison auf die Alpengipfel erst so richtig im Mai beginnt.

Ins Auge gestochen ist mir sofort der „Défi des Voges“, auch weil er sich für mich entfernungsmäßig in einem akzeptablen Bereich befindet. Der Start- und Zielort Niederbronn-les-Bains liegt in den Nordvogesen und ist gut und einfach zu erreichen. Über die A5, Abfahrt Baden-Baden, sind es noch 50 km auf französischen Boden und schon ist man da. Auch ohne Navi kann man problemlos den Weg finden.

12 Jahre war der Hauptlauf der Veranstaltung, der „Grand Défi des Voges“ mit 53 km und 1800 Hm. „Der großen Herausforderung in den Vogesen“ hat man aber heuer alternativ noch eine deutlich verschärfte Version zur Seite gestellt. Angeboten wird am Vortag des 53ers der „Défi des Seigneurs“ mit 73 km und 2300 Hm. Da ja Punkte sammeln bei Trailern mittlerweile groß angesagt ist, gibt es auch in Niederbronn diverse Möglichkeiten, solche einzuheimsen. Gemeint sind natürlich nicht etwa Paybackpunkte, sondern die begehrten UTMB-Punkte.
Deren zwei kann man beim „Defi des Seigneurs“ zur Qualifikation für den „Ultra-Trail du Mont-Blanc“ erringen. Wem das immer noch nicht reicht, für den besteht sogar noch die Möglichkeit auf mehr, indem er an der „Challenge des Seigneurs“ teilnimmt.

Wer am Sonntag noch den „MAC VI“ mit 25 km und 850 Hm drauflegt, dem werden gar „3 Points pour l’ UTMB“ gut geschrieben. Die Challenge ist somit eine Kombination der beiden Rennen, zusammen addieren sie sich auf 98 km und 3150 Hm. Immerhin ein Pünktchen fällt noch für den traditionellen „Grand Défi des Voges“ ab.

Kürzere Strecken haben die „Vogirunners“ auch im Angebot, den gerade erwähnten „MAC VI“ und die „Vosgigazelle“ mit 10,6 km und 200 Hm. Zwischen 2000 und 2010 durften daran nur die weiblichen Gazellen teilnehmen. 2004 wurde es auch den Männern erlaubt mit zu laufen, allerdings nur als Partner in einem gemischten Team.  Seit dem Vorjahr dient die „Vosgigazelle“ als Schnupperer für Trail-Einsteiger für alle Geschlechter. So ist für jeden an diesem Wochenende was dabei.

Ich bin einer Übernachtungs-Einladung von Günter Kromer gefolgt, so müssen wir die einstündige Anfahrt vom 90 km entfernten Karlsruhe, erst am Samstagmorgen vornehmen. Startzeit ist bereits um 7 Uhr, damit wird für uns morgendliche Anreiser die Nacht reichlich kurz. Vor der Sporthalle von Niederbronn gibt es ausreichend Parkplätze, so stehen wir noch stressfreie 40 Minuten um unsere Startunterlagen zu empfangen und alle nötigen Vorbereitungen zu treffen.

Die Sporthalle ist der komplette Dreh- und Angelpunkt der Veranstaltung. Von Startnummernausgabe, Messe, Toiletten, Duschen, Verpflegungsbereich bis zu den Podesten für die Siegerehrung ist hier alles ganz zentral untergebracht. Das Stadion, von wo gestartet wird, ist unmittelbar daneben. Praktisch, so braucht auch niemand lange im Freien auf den Start zu warten.

Um die Startnummer ausgehändigt zu bekommen, muss das für Frankreich obligatorische Gesundheitszeugnis abgeben werden. Im Gegenzug bekommt jeder Teilnehmer noch dazu ein Funktionsshirt, eine Flasche Elsässer Bier und einen Gutschein für die Pasta Party nach dem Lauf.

Erst 10 Minuten vor Startbeginn machen wir uns auf den Weg ins Stadion. Auf der Stadiontribüne hält Président Didier Amet gerade die Begrüßung und Einweisung ab. Danach wird alles noch ins Deutsche übersetzt. Leider sind unsere Landsmänner- und -frauen heute bei weitem nicht so zahlreich vorhanden, wie ich eigentlich gedacht hätte und die Grenznähe vermuten ließe. Etwa 10% macht der Anteil aus. Ungewöhnlich dürftig ist auch die Frauenquote. Nach Studium der ca. 200 Namen führenden Starterliste, kann ich gerade mal 11 Mädels abzählen. Vielleicht kommt noch die eine oder andere hinzu, wegen falscher Namensinterpretation, aber viel mehr sind auch nicht zu erspähen, wenn ich mich so umsehe.

Besonders beachten sollen wir heute unterschiedliche Wegweiser. Parallel zur Laufveranstaltung ist auch noch ein Mountainbike-Rennen ausgeschildert. Für uns Läufer zählen die orangen und später gelben Tafeln, für Radler sind grüne angebracht. Einen Rucksack hat ein jeder Trailer am Mann/Frau, es gilt nämlich einiges Vorgeschriebene mitzuführen. Da wären Handy, Lampe, Überlebensdecke, Trillerpfeife, Nahrung und mindestens 1 Liter Getränk. Bei nur vier Versorgungsstationen ist die Vorschrift auch nicht unbegründet.

Ja, es gibt wirklich nur die vier auf der kompletten 73,2 km langen Runde. Jede VP muss zu einer vorgeschriebenen Zeit erreicht werden, sonst ist man raus. Die Zeiten sollten langsamere Läufer auch im Hinterkopf behalten. Ich hab sie mir notiert, aber prompt im Auto vergessen. Mal sehen was bei mir im Kopf hängen geblieben ist.


Bis Lembach, KM 25, Limite 11h25


Nach einer Stadionrunde verlassen wir die Zivilisation, unmittelbar danach geht es rein in den angrenzenden Wald und der „Parc naturel régional des Vosges du Nord“ hat uns verschlungen. Bergauf, bergab ziehen wir von Anbeginn über schmale Pfade,  Laub und Waldwege durch den Forst. Die Temperaturen sind noch etwas frisch, die meisten haben noch Jacken übergezogen. Aber dank Rucksack können wir ja ablegen und das wird bald nötig sein. Wir haben einen wolkenlosen Himmel und werden heute angenehme 15 Grad bekommen. Viele Trailer sind mit Stöcken unterwegs. Mich behindern sie beim fotografieren und so hab ich sie zu Hause gelassen. Außerdem ist es hier nicht so sehr steil.

Nach knapp 10 km landen wir am Schwarzbach. Der Fluss führt uns bis an den Ortsrand von Jaegerthal und war Auslöser einer starken Industrialisierung. 1684 erwarb Johann Dietrich den von Adam Jäger gegründeten Eisenhammer in Jaegerthal und startete damit den grandiosen Aufstieg der De Dietrich Industriellen-Dynastie. 1719 wurde er dafür zum Freiherrn des Heiligen Römischen Reichs geadelt. Wir laufen direkt auf die Ruinen seiner ersten Eisenschmiede zu, die noch an die industrielle Entwicklung erinnert.

Nach einer längeren Abwärts-Passage durch den Soulzthaler Forst müssen wir vor Mattstall drei Kilometer auf einer Teerstraße zurück legen. Gegenverkehr inbegriffen. Einer musste schon die Segel streichen, am Straßenrand passieren wir eine abgenagte Wirbelsäule. Ob das wohl einer der Trailer war, dem die Straße zu hart war? Mir behagt die Härte auch nicht so recht, deutlich spüre ich meine Fußsohlen auf dem für heute ungewohnten Bodenbelag. Die typischen Elsässer Fachwerkhäuser gibt es beim Ortsdurchlauf von Mattstall zu bewundern.

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Informationen: Grand Défi des Vosges
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