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Laufberichte

Darüber kommt nur noch der Himmel

 

Mit diesem Eindruck läufst du durch den Zielbogen am höchsten Punkt in Sachsen, auf dem Gipfel des Fichtelberges. Harte Arbeit und ein langer Weg (55 km und 1600 HM) liegen hinter dir. Vor dir liegen ein Holzkunstwerk, ein blaues Finisherhemd, leckere Nudeln und viele nette Mitläufer, jetzt ganz entspannt.

Dieser Aufstieg ist was Besonderes. Ordentlich Anlauf, so ungefähr 40 km, und dann aber hoch. Guck nur mal das Höhenprofil an. Sowas findest du höchstens noch in den Alpen. Zum 5. Mal veranstaltet Roland diesen Lauf, immer wieder zur Begeisterung aller Teilnehmer. Und immer wieder perfekt schön. Nun pass mal auf!

Der Start ist an einem schönen Wasserschloss. Stilecht. Und für uns tobt ein wildes Publikum, der MDR ist auch da. Könntest du glauben, aber die wollen morgen den Florian S. singen hören. Schlager des Sommers, da üben die für. Wir futtern Nudeln und Salat, richtig lecker, und kriegen die Startnummern sowie letzte Streckenbesonderheiten beim Briefing im Schlosshotel. Das hat schon mal richtig was.

 

 

Parken umsonst, klar, aber ganz hinten. Am Start direktemang. Früh ab 5:30 versammeln sie sich, die Ultras. Letzte Nummern werden ausgegeben, Gepäck fürs Ziel eingesammelt. Du kannst hier auch Stöcke abgeben, dann brauchst du die Dinger nicht beim langen Anlauf mitschlören. Man bringt sie dir dort hin, wo du sie brauchst. Gute Idee, soweit. Um 7:00 pünktlich fällt der Startschuss. Alles tobt los.

Hin zum Schloss, außenrum, und dann- aufwärts. Du läufst stetig und fast steil in die Hügel, auf Straße und Feldweg. Noch zweimal an Häusern vorüber, dann in weiten Serpentinen weiter hoch. Wenn du dann die Fotografen triffst, hast du den ersten Berg geschafft. Ist ja klar - die lauern da, wo du nicht entkommen kannst. Es ist heiß und so mancher japst deswegen, hat schon zu viele Körnchen verbraucht... Also, lieber Ultra, sei sparsam damit. Nachher fehlt dir sonst was.
All die schönen Höhenmeter vernichtest du ganz flott beim Abstieg nach Burkhardtsdorf. So schräg und quer nach links durch den Ort, dann schnell wieder in die Natur zurück.  

Sehr schöne Ausblicke entschädigen dich für die Strapazen. Blick ruhig mal zurück - Chemnitz liegt dir zu Füßen. Auch nach vorne ist es schön, ruhiger Wald, Wiesen, viel Schatten jetzt. Aber- berghoch musst du schon. Mit einer gleichmäßigen Steigung geht es aber ganz gut. Klar, ab und an mal ein Stückchen gehen- machen ja alle. Aber bergrunter nach Auerbach - lass es laufen! Weiches Gras dämpft gut, Stolperfallen gibts keine. Unten durch die Häuser, wieder hoch, dann auf einer alten Bahntrasse längs. Die  ist lange schon vergessen, die Anwohner wissen auch nicht mehr genaueres. Heute ist hier ein Radweg mit weiten Bögen und mäßiger Steigung, dafür ohne Flachstück. Also - da läufst du dauernd hoch. Das zieht dir ganz schön die Körnchen weg, glaub man.

 

 

Nach 17 km kommt im Wald dann VP1. Alles da, was du brauchst. Ab hier kümmert sich auch die Bergwacht um dich,  auf Quad mit Anhänger. Also- mach dir mal keine Sorgen. Die nächsten 12 km bleibst du im Wald,  im Geyerschen auf der I-Schneise. Nur geradeaus aber aufwärts, klar. Diese endlose Strecke macht manche mürbe. Wenn du dann rechts ab darfst, hast du es fast geschafft- der höchste Punkt kommt am Fernsehturm. Ein Stück Trail am Zaun längs und schön gleichmäßig wieder runter. Naja, ein paar Wellen hat‘s schon noch und zwei Straßen auch. Und Zupfkuchen bei VP2. Köstlich...

Solltest du doch weiter wollen, trabst du auf Grobschotter auf ein paar Bauernhöfe zu, dann wieder auf die alte Bahntrasse. Die ist heute zur Straße mutiert, nur der aufmerksame Beobachter merkt an kleinen Details, was da mal war. Noch eine Straße und dann  in den Wald. Der Himmel bewölkt sich, in der Ferne grummelt es leise. Es bleibt warm, aber erträglich. Am Ende der Bahntrasse, wo mal das Gleis abzweigte, querst du die Hauptstrecke und arbeitest dich in Serpentinen durch die offenen Felder hoch.

Fantastisch, was du dann erblickst: ringsum eine Landschaft, wie sie früher einmal überall war. Ohne Windquirle. So richtig schön. Mannmann, hoffentlich bleibt das noch lange so. Auf Grobschotter ins Tal, im Dorf (es heißt Oberscheibe) nach rechts und steil, steil im Gras wieder hoch. Ein richtig schöner, abwechslungsreicher Weg. Macht Spaß. Vor allem, wenns ins nächste Tal runter geht. Natur pur. Stille. Du kannst abschalten, aber richtig, und in Trance zum VP3 bei 42 km zum Finalanstieg traben.

Hast du Stöcke nötig, und das kann ich nur empfehlen, hol sie hier ab. Am Berg sind sie nützlich, glaub mir. Letzte Chance für eine Stärkung. Es sieht vielleicht ganz einfach aus, auf Asphalt die Straße hoch. Aber du steigst jetzt erstmal 300 HM auf  bis der Asphalt an einer großen Kreuzung in einen Waldweg mündet. Ab hier vernichtest du wieder 100 HM im flotten Lauf bergab. Zum allerletzten Mal. Von nun an - nur noch hoch.

Der Willi-Brunnen ist eine Labsal. Klar und kalt, genau richtig. Kühl dich ab, denn du wirst jetzt heiß laufen auf Schotter, gut planiert und mit zunehmender Steigung. Am Buchenweg wirst du erstmal schimpfen. Der Weg ist völlig zerfahren und verdammt steil. Oben ein sehr kurzes Stück Schotter, dann rechts über eine sumpfige Schonung in den letzten, finalen Anstieg. Was du da siehst, ist ein flaches Stück.  Im Wald und dahinter geht es dann richtig rund, nee, hoch. Aber bleib nicht stehen, die Fliegen aus dem Sumpf fressen dich sonst auf. Sie sind groß und laut, lästig und überall: in den Augen, den Ohren, ach überall. Der zarte Fahrtwind irritiert sie ein wenig, also - laufen, so schnell du noch kannst!

Monsterroller werden dir begegnen, irre Teile mit dicken Reifen. Ich bin sicher, die können auch bremsen, aber ob die auch wollen? Lauf links am Rand, das ist sicherer. Es wird noch steiler und kein Ziel in Sicht. Und dann geht alles ganz schnell. Ein schmaler Pfad teilt sich nach links ab und führt dich direkt auf die Himmelstreppe zu. Da warten aber keine Engel, sondern die Fotografen auf dich! Ergo- freundlich oder verwegen grinsen!

 

 

Dahinter dann der Zielbogen, das Finish mit allem, was du die ganze Zeit vermisst hast. Ruhe, Frieden, deine Fans, Nudeln und Hopfentee, dein Gepäck, ein Gartenschlauch zum Duschen und ein Bus zum Heimfahren. Das dauert eine gute Stunde und du kriegst das Erzgebirge von einer ganz anderen Seite zu sehen.

 

Fazit

Der Fichtelberg Ultra ist ein echter Geheimtipp. Von Ultras für Ultras, sorgfältig geplant und aufmerksam durchgeführt. Da bleiben keine Wünsche offen. Einfach total klasse. Und am Tag danach, naja, das Erzgebirge hat so einiges zu bieten...

 

 

 

Informationen: Fichtelberg Ultra
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