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Laufberichte

„Langsam da vorne, wir machen keinen Wettkampf“

23.05.09

Samstag, 23.05.2009, mit den ersten Vögeln stehen wir auf und rollen auf der  A5 Richtung Süden. Sonnig wird es heute, kein Wölkchen stört den frühen Morgen. Pfohren auf der Baar ist unser Ziel. Wir sind die ersten an der Festhalle, dem Ausgangspunkt für unser heutiges Vorhaben: den Erlebnislauf von Pfohren hinauf auf den Feldberg in 54 km, veranstaltet vom Lauftreff Pfohren.

Fröstelnd steigen die nächsten Ankömmlinge aus den Autos, um 8:00 soll es losgehen und nach und nach treffen alle ein. Mit bei den ersten natürlich Thomas Schneider, der vor 5 Jahren diesen Lauf ins Leben rief.

Drei Versorgungsfahrzeuge werden uns heute begleiten und nahezu alle 5 km für Flüssiges und Festes sorgen. Und was macht die Jüngste im Versorgungsteam? Knabbert an einer großen Laugenstange, um sich für die kommenden Ereignisse zu stärken. Als alle pünktlich da sind, erklärt Thomas in einer kurzen Ansprache den Ablauf und das Wichtigste für den heutigen Tag: „Denkt daran, der Langsamste bestimmt das Tempo.“ Sogar der Bürgermeister hielt es für wichtig und stieg für uns aus den Federn. Nach einer erfreulich kurzen Rede schickt er uns auf die Strecke und wünscht uns ein schönes Erlebnis. Noch ein Gruppenfoto und dann geht es los.

Erlebnislauf, was ist das? Ganz einfach: Eine Gruppe Läufer startet irgendwo gemeinsam und läuft dann stundenlang zusammen zig Kilometer auf ein bestimmtes Ziel zu und kommt irgendwann nach Stunden gemeinsam dort an. Meistens sind die Strecken länger als ein Marathon. Und wie schon erwähnt, die Langsameren in der Gruppe bestimmen das Tempo. Wer einen 7er bis 6er Schnitt ausdauernd laufen kann ist hier richtig.

Schon auf den ersten Metern umgibt mich das ungehetzte Geräusch der Füße auf dem Boden. Sofort nach dem Start nehmen die Läufer ihre Gespräche auf. Ohne Witz, der Start hört sich wirklich nicht anders an. Ich freue mich über das Gemurmel und Getrabbel rings um mich und erhasche Gesprächsfetzen, die alle Themen abdecken: von den letzten Marathonbestzeiten über Motorrädern zu Kinderfragen oder den Sorgen um den Job.

Bei solchen Veranstaltungen kommen die Menschen ins Erzählen und die Angesprochenen hören meistens intensiv zu. Immer wieder wird auch herzhaft gelacht. Eine andere Besonderheit, man kann anhalten und Bilder machen, ohne die Gruppe zu verlieren, denn nach einem kurzen Sprint ist man wieder dabei.

Und schön ist es hier! Noch hängt der Morgennebel über den Feldern und zwischen den Bäumen, aber die Sonne zeigt schon, was sie heute vor hat. An der ersten Verpflegungsstelle fallen die Hüllen und es ist jedem klar, heute muss man viel trinken. Und was macht die Jüngste im Team? Hilft wo sie kann.

In Bräunlingen, Start und Ziel des Schwarzwald-Marathons, treffen wir, mit Tröte und Rassel ausgestattet, auf den Vater der LLG Prünster, den Ernst Prünster. Früher selbst begeisterter Läufer, hat er die traditionsreiche Szene rund um Bräunlingen entscheidend geprägt.

„Was im Wald gschwätzt wird, bleibt auch dort“ erklärt mir Thomas, sei seine große Philosophie gewesen. Eine schöne Vorstellung, dass die, bei einem gemütlichen Lauf einem Freund erzählten großen und kleinen Probleme in den Ästen des Waldes hängen bleiben, dort vom Wind zerrissen und vertrieben werden und man ein Stück erleichtert von der Tour zurück kommt und die Aufgaben mit neuer Kraft übernehmen kann. Natürlich kann keiner seinen Problemen davon laufen, aber man kann der Situation die Schärfe rauben und mit der getankten Energie manch schwere Last stemmen. Außerdem war unser lustig motivierender Laufguru wohl der Meinung: „Renne isch bled“, zumindest kann man dies so auf den Laufshirts des LLG Prünster lesen.

Weiter geht es in umgekehrter Richtung auf der Strecke des Schwarzwald-Marathons zum Kirnbergsee. In den 20er Jahren zum Zwecke der Stromerzeugung gebaut, ist der See heute ein beliebtes Ausflugsziel. Ein bisschen neidisch schauen wir auf die, die gemütlich am See liegen oder gar darin baden. Hier am See treffen wir wieder auf die nächste der zahlreichen und guten Versorgungsstationen. Wenn auch die Jüngste im Versorgungsteam nicht mehr mit der vollen Konzentration bei der Sache sind, die angebotenen Leckereien und vor allem trinken, trinken, trinken tut bei den steigenden Temperaturen enorm gut.


Vor uns liegt, wie ich gleich erfahre, das mental anstrengernste Stück des Laufes: „die lange Allee“. Das ist ein schnurgerades Stück durch den Wald, immer sachte ansteigend. Vor dir siehst du eine kleine Kuppe und denkst, danach wird es wohl flacher, aber dort angekommen musst du feststellen, vor dir siehst du eine Kuppe und denkst, danach wird es wohl flacher, aber dort angekommen musst du feststellen, vor dir.....Und so geht das 10 lange Kilometer lang.

Mit zwei hilfreichen Verpflegungsstationen und dem Trick, als kleiner Mensch ohne Überblick auf das sich wiederholende Gekuppe in der Mitte der Gruppe zu laufen, überstehe ich glücklich diese Etappe. Ausdauersportler lernen, das ist wissenschaftlich erwiesen, durch ihren Sport eine auf das allgemeine Leben übertragbare Stressbewältigung.

Raus aus dem Wald, rein in die herrliche Landschaft des Südschwarzwaldes. Vorbei an den alten Schwarzwaldhöfen mit den tiefen Dächern, die wohl schon mancher Schneelast standhaft geblieben sind. Und dann unvermittelt an einer Kurve vor uns das Ziel, zum ersten Mal nehme ich den Feldberg wahr. Die letzten Schneereste leuchten in der Sonne. Zwischen uns und dem Gipfel liegt ein Tal, ich freue mich auf die Abwechslung für die langsam spürbare Oberschenkelmuskulatur beim Bergablaufen.

Auf dem Weg hinunter nach Schwärzenbach belausche ich Hilde, die von ihren Marathonerfahrungen erzählt. Es ist so schön zu hören, dass es Menschen gibt, die genauso über das Laufen nachdenken wie ich. „Warum soll ich mich bei einem Marathon quälen, nur damit 3 Stunden 58 auf der Stoppuhr stehen, wenn ich mit 4:04 Std. viel glücklicher ins Ziel komme“ sagt sie und spricht mir damit aus der Seele. Weiter meint sie: „ Es ist doch sowieso eine Leistung, so viel zu trainieren, damit man in der Lage ist, 42 km laufen zu können und dabei all die anderen notwendigen Alltagserledigungen nicht vernachlässigt zu haben. Da sollte man sich doch auf keinen Fall wegen 6 Minuten hin oder her ärgern“. Recht hat sie! Für Leute, denen der Genuss und das Erlebnis wichtiger ist als die Endzeit, ist das so.


Die nächste Versorgungsstation ist ein Highlight für mich: ein altes Sägewerk. Fasziniert stolpere ich zwischen den Maschinen herum und entdecke hinter dem Schuppen das alte Wasserrad. Die frisch gesägten Bretter sagen mir, es ist wohl noch alles in Betrieb. Diesmal sind mir die 3 Minuten Pause fast zu knapp, denn gerne hätte ich hier noch ein wenig gestöbert. Aber Thomas trommelt unbeirrt zum Aufbruch.


Beim Weiterlaufen zeigt sich nun bald, dass in der Gruppe Leistungsunterschiede entstanden sind. Die Schnellen ziehen jetzt ein bisschen zu schnell an für die Langsameren und Thomas hat etwas Mühe, seine Schäfchen beieinander zu halten. Mehr als einmal höre ich ihn rufen: „Langsam da vorne, wir machen keinen Wettkampf“.

Eine gute Methode das Tempo zu drosseln ist es auch, ein paar von den Langsameren nach vorne zu schicken, das wirkt sofort. Auch Thomas verfährt so und ich muss schmunzeln, denn auch das ist für mich das ganz Besondere bei einem Gruppenlauf: Man läuft eben gemeinsam, die Schnelleren nehmen auf die Langsameren Rücksicht und die Langsamen strengen sich vielleicht ein bisschen mehr an. Es ist auf jeden Fall ein Miteinander.

Leistungsunterschiede haben keine Bedeutung. Man setzt sich gemeinsam mit den auftretenden Schwierigkeiten auseinander und manch einer erfährt so Unterstützung und Motivation. Und das ist bei den hohen Temperaturen heute sehr notwendig. Auch ich habe das Gefühl, so viel kann ich gar nicht trinken, wie ich verbrauche. Deshalb bin ich wirklich glücklich, dass wir so häufig auf unsere freundlichen Helfer treffen. Und was macht die jüngste im Versorgungsteam? Stärkt sich mit Leckerein.


Der Feldberg rückt immer näher und ebenso der Titisee mit seinen ganzen Ausflüglern, die uns anfeuern oder anstarren, bewundern oder beneiden oder die einfach nur den Tag auf ihre Weise genießen. Bei uns ist die Stimmung immer noch sehr gut, mancher freut sich auf den Aufstieg zum Feldberg, weil dies auch wieder eine Abwechslung für die Muskulatur bedeutet.

Nach dem Titisee am Waldparkplatz unterhalb des Feldsees, der letzte Boxenstopp, 6 km vor dem Ziel. Ab hier wird es steiler und Thomas hat an den wichtigen Stellen tags zuvor Wegmarkierungen für uns aufgehängt, denn nun kann man und muss man die Gruppe nicht mehr zusammenhalten. Walkend geht es für viele weiter. Beim Feldsee treffen sich die meisten wieder, weil die mit der überschüssigen Energie den See umrunden.

Mir genügt für heute ein Blick hinunter auf das ruhige Gewässer. Auf den letzten Kehren hinauf zum Parkplatz sind unzählige Wanderer unterwegs, die nicht schlecht staunen, wie schnell sie überholt werden. Kurz darauf bin ich froh, die Liftanlagen zu entdecken, als wir aus dem Wald herauskommen. Bald sehe ich die Versorgungsautos. Die Frage, soll ich noch hinauf zum Gipfel, ist schnell mit: „muss ich heute nicht haben“ beantwortet. Vielen geht es genauso und wir lassen uns glücklich mit reichlich Trinken und Essen auf der Wiese nieder und beobachten unsere Unkaputtbaren, wie sie vom Feldberggipfel zurückkommen. Und was macht die Jüngste aus dem Versorgungsteam? Klaut unsere Mützen, vertauscht die Schuhe und ist unermüdlich mit guter Laune dabei.

Zum Abschluss gibt es noch ein Gruppenfoto. Wer will, kann das Ergebnis " vorher - nachher" vergleichen. Ich meine, wir sind alle um ein glückliches Erlebnis reicher und hatten Dank Thomas und seinem Team einen wirklich schönen Tag. Ein Bus bringt uns zurück nach Pfohren. Dort wird in der Sporthalle das Salz vom Körper gewaschen und die meisten gehen anschließend noch gemeinsam Essen.

Reinhold und ich können leider nicht dabei sein. Weil wir noch zurück nach Karlsruhe fahren wollen und dort der 15jährige Nachwuchs vermutlich ähnlich hungrig wartet.

 

Informationen: Feldberglauf
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