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Laufberichte

Rote Apfelbäckchen

16.09.06

Servus vom Bodensee, heute hat’s mich nach Kressbronn  verschlagen.

 

Die Anreise kann wegen des Starts um 14.00 Uhr am gleichen Tag erfolgen. Nur muss ich aufpassen, dass nicht ein Stau auf der Autobahn 96 Richtung Lindau etwas mehr Zeit erfordert als veranschlagt. Am Vormittag packe ich meine Siebensachen und mache mich auf die Socken. Kressbronn liegt am Bodensee, sonst hätte wohl der Marathon einen anderen Namen, und der Ort ist wohl die Nachbargemeinde der Stadt Lindau.

 

Nun, die Anreise geht problemlos vonstatten. Im Radio wird der Anstich des ersten Fasses auf dem Münchener Oktoberfest übertragen. Oberbürgermeister Christian Ude wird zuvor noch interviewt, ob nicht er noch einen Rekord beim Anzapfen aufstellen will. Er wählt die sichere Variante mit drei Schläge, denn „wenn’s den Wechsel raushaut, dann stehst da wie ein Depp.“

 

Ein anderes Erlebnis ist der Überholvorgang eines Gespannes. Da hängt nämlich ein beladener Anhänger aus einer oberbayerischen Brauerei dran. Und das Kennzeichen ist ED. Das wäre was, wenn der nach Kressbronn fahren würde, so denke ich auf Anhieb und merke mir das Kennzeichen.

 

Kurz nach 13.00 Uhr bin ich dann am Strandbad Kressbronn, wo die ausgeschilderten Parkplätze liegen. Da wimmelt es schon von Sportlern. Ich mache mich auf die Socken zur Festhalle. Wie ich später erkenne, ist die Anmeldung 1,2 Kilometer entfernt. Nach knapp 15 Minuten habe ich die Festhalle erreicht und erhalte dort die Startunterlagen in Sekundenschnelle. Ich laufe dann zum Auto zurück und mache mich fertig. Den Weg zum Startgelände vor dem Rathaus nutze ich gleich noch zum Einlaufen.

 

Dort bin ich dann rund 10 Minuten vor dem Start. Aufgrund der Wärme, wohl knapp über 20 Grad, hauts’s mir fast den Schwitz naus. Im Startgelände fällen mir dann drei Gestalten auf: Zwei Osterhasen und ein Bunny, alle mit Mohrrüben ausgestattet und diese knabbernd. „Ja, is denn scho wieda Ostern?“ frage ich mich in Gedanken.

 

Ich schaue mich noch um, sehe das Rathaus und die Kirche daneben. Ja, und eine Wirtschaft namens „Zum Rebstock“ erluge ich auch noch. Kressbronn selbst hat gut 8000 Einwohner. Durch Ausgrabungen wurden römische Thermengebäude nachgewiesen. Im Mittelalter gehörte die Ansiedlung zum Bereich der Grafen von Montfort. Im 18. Jahrhundert wurde der Ort an die Österreicher abgetreten. Mit dem Frieden von Pressburg waren die Bayern am Sagen und Napoleon sorgte für die jetzige Zugehörigkeit nach Württemberg. Wichtige Wirtschaftsfaktoren sind natürlich der Tourismus, der Obst-, Wein- und Hopfenanbau. So, dann hamma des auch wieder abgehandelt.

 

Punkt 14.00 Uhr werden wir auf die Strecke geschossen. Das große Läuferfeld  setzt sich in Bewegung. Im Vorfeld musste die Anmeldung zum Halbmarathon ausgesetzt werden, da hier nur 1000 Anmeldungen akzeptiert werden. Im Marathon sind wohl so rund 150 Läufer am Start.

 

Nach gut einem Kilometer verlassen wir Kressbronn, gerade an der Stelle, wo ich den Wendepunkt des Minimarathons erkenne. Wir laufen noch ein Stückchen auf der Landesstraße, bevor wir in die Fluren abbiegen. An den zahlreichen Apfelbäumen lachen uns die roten Äpfel an, zum Teil sind die Landwirte bereits bei der Ernte.

 

In Betznau, einem Ortsteil von Kressbronn, können wir die erste Verpflegungsstelle nach 2,5 Kilometern nutzen. Ein Schluck Wasser und weiter geht’s. Nach weiteren gut zwei Kilometer erreichen wir den Bodenseezufluss Argen. Da finden wir eine weitere V-Stelle. Und jetzt ist der Hinweg zur Argenrunde beendet.

 

Nun, die Argen ist der drittgrößte Zufluss in den Bodensee. Sie kommt aus dem Allgäu und ist zweigeteilt in die Obere und Untere Argen. Letztere entspringt östlich von Missen-Wilhams im Allgäu bei Isny, während erstere in der Nähe von Oberstaufen entspringt. Wer die A 96 befährt, dem sind sicherlich die Brücken über beide Gewässer schon aufgefallen. Im Gemeindegebiet fließt dann das Gewässer in den Bodensee. In der Nähe der Mündung wird  Kies in größeren Mengen abgebaut.

 

An der Argen laufen wir in nördlicher Richtung weiter, jedoch nach wenigen Metern überqueren wir den Fluß bei der Ortschaft Giessenbrücke. Am Ende der Brücke biegen wir links ab und befinden uns sogleich wieder in der parkähnlichen und naturgeschützten Landschaft. Der zahlreiche Baumbewuchs spendet uns viel Schatten. Ein älterer Laufkollege befindet sich dann in meinem Gefolge und spricht mich an, als ich ohne Grund die Spur wechsele. Wir kommen dann ins Reden und ich sage ihm eine Endzeit wohl in Richtung 1.40 Stunden beim Halbmarathon vorher. Wir laufen zusammen den Kilometer momentan in knapp fünf Minuten.

 

An einer Stelle verlassen wir den Uferweg nach links über Gras und sonstige Unebenheiten, auch ein Holzprügel liegt noch auf der Laufstrecke, worauf ein Läufer tritt und sich gerade noch vor dem Vertreten des Fußes retten kann. Bei Kilometer 10 führt unser Weg unter einer Eisenbahnlinie durch. Hier heißt es Birne einziehen, denn schätzungsweise mit zwei Meter Körpergröße rennt man sich den Schädel ein. Ich ziehe den Kopf ein. Ein Schaumstoffteil in Kopfhöhe ist allerdings montiert.

 

Bei Kilometer 11 überqueren wir abermals die Argen auf einer Fußgängerhängebrücke. Die schwankt aber gehörig durch die zahlreichen Läufer. Nun, von Giessenbrücke bis hier zur Mündung in den Bodensee haben wir knapp 30 Höhenmeter verloren. Aber jetzt geht’ wieder bergan, aber keine Angst, wir merken es fast nicht. Lediglich im Bereich der kleinen Beton-Staustufen ist der Höhenunterschied zu sehen. Bei Kilometer 15 motiviere ich noch meine Begleitung von vorhin: „Zieh das noch durch die letzten Kilometer, dann kommst Du auf 1.40 Stunden.“ Dann mache ich mich nach vorne aus dem Staub, zumal ich mich gut fühle.

 

An der Streckentrennung (Kilometer 16,5) fallen mir zwei Frauen auf, die uns mit zwei Rasseln weiterhelfen. Für ihr Engagement banne ich sie auf den Chip. Die Halbmarathonis biegen hier rechts ab. Ja, und unser Feld ist auf einen Schlag sehr übersichtlich. Vor mir sehe ich in gehörigen Abstand vier weitere Sportler.

 

Nach der abermaligen Überquerung der Argen biegen wir kurz darauf nach rechts ab. Es folgt die knapp 10 Kilometer lange Runde durch den Tettnanger Wald. Der Hin- und Rückweg ist wieder größtenteils durch die Felder und Apfelplantagen. Da wir momentan leichten Rückenwind haben, fließt nicht nur bei mir der Schweiß in Strömen. Wir überqueren eine abgesperrte Straße und laufen dann in das Waldstück. Es dauert nicht lange, dann kommt mir der Führende entgegen. Während ich etwa die Hälfte hinter mir habe, hat er schon rund vier Kilometer Vorsprung.

 

Bei Kilometer 21 finden wir wieder Verpflegung. Hier belaufen wir ein Karree und sammeln somit die notwendigen Meter für unseren Marathon. In diesem Bereich (etwa bis Kilometer 25) scheinen mir die Kilometer etwas zu kurz zu sein. Oder ich habe mich mit der Zeitrechnung vertan. Die Waldrunde ist jedenfalls schnell zu Ende. Eine Kontrolle ist hier ebenfalls eingerichtet.

 

Mittlerweile habe ich mein Tempo etwas gesteigert und kann immer wieder Gegner einsammeln. Bei Kilometer 28 sind wir wieder an der Argen und laufen Richtung Bodensee. Sein Name leitet sich ab vom Dorf Bodman am westlichen Ende des Überlinger Sees. Früher hieß er auch Bodman- und Bodansee. In der Römerzeit hieß er Lacus Brignatia (nach Bregenz genannt). In anderen Staaten kennt man ihn nach der Stadt Konstanz als Lac de Constance oder Lago di Constanza. Bei uns heißt er auch noch Schwäbisches Meer. Ja, und einen Ausspruch kenne ich auch noch: „Ja, tut mir das Herz so weh, wenn ich im Glas den Boden seh.“ Aber das ist eine andere Geschichte…

 

Kilometer 31 bringt dann die Wende an der Hängebrücke. Für uns beginnt dann das letzte Viertel. Mittlerweile grummelt mir der Ranzen. Das lässt dann nicht mehr nach, so dass ich nach weiteren vier Kilometern für einen Schnellschuss ins Gebüsch muss. Danach fühl ich bedeutend wohler.

 

Bei Kilometer 38, die vorletzte V-Stelle, kann ich das ganze Isozeug nicht mehr sehen und verlange kurzerhand ein Bier. Zwei Helfer fangen hektisch zu Rödeln an, haben ein Bier in der Hand und schenken mir einen Becher ein. Nun, das ist schon ein anderer Geschmack. „Danke, dass Du einen armen Wanderer vor dem Verdursten gerettet hast“, gebe ich von mir. Der Alk geht zwar relativ schnell in die Birne, aber er hilft mir noch, auf dem Weg nach Beznau einen Gegner an einer Straßenüberführung zu schnappen. In Beznau schütte ich mir noch Wasser über die Birne und beobachte auf den letzten zwei Kilometern noch meine Verfolger.

 

Bei Kilometer 41 sind wir bereits in Kressbronn angekommen. Einen Läufer vor mir, der sich noch mehrmals umdreht, veranlasse ich noch zum Endspurt, da ich noch fast an ihn ranlaufen kann. „Das ist ja gemein“, vernehme ich von ihm. Nun, verschenkt wird hier nichts, denke ich.

 

An der Festhalle ist die Begeisterung der Zuschauer sehr hoch, zumal diese sehr kundig von einem Moderator informiert werden. Mit Gas gehe ich durchs Ziel.

 

Ja, und meine Beobachtung vom Überholvorgang auf der Autobahn und meine Gedanken hierzu haben sich bewahrheitet, denn der Anhänger steht vor der Festhalle und es wird fleißig ausgeschenkt. Zwei bleifreie Halbe müssen’s schon sein, wobei ich mir eine selbst einschenke. „Der Mann kennt sich aus beim Einschenken“, sagt einer der Helfer. Ja, glernt is glernt.

 

Was gibt es noch Erwähnenswertes: Die Siegerehrungen beginnen pünktlich. In der Addition hat die Marathonstrecke an die 100 Höhenmeter, die allerdings gut zu überwinden sind. Als Sollzeit ist für den Halbmarathon drei Stunden, für den Marathon 4,5 Stunden veranschlagt, es wird jedoch noch weiter gestoppt. Ja, und mit meiner Zeit von 3.22.33 Stunden finde ich mich auf dem 14. Gasamtrang und dem sechsten Klassenplatz der M45.

 

Das Lauferlebnis ist sehr preisgünstig: Für den langen Kanten sich 17 EUR zu verauslagen. Eine Nachmeldung kostet drei Silberlinge mehr. Der Halbe ist minimal günstiger, hier muss man sich allerdings vorab anmelden, denn das Teilnahmelimit ist schnell erreicht. Mit der 34. Austragung des Bodenseemarathon haben sich die Organisatoren TV Kressbronn schon Tradition erarbeitet.

 

Am morgigen Sonntag dann kommt der zweite Streich. Denn für einen Doppeldecker brauch ich zwei Marathonläufe. Schaun mer mal, wie’s am Brombachsee geht.

 

Teilnehmer:

Halbmarathon 859, Marathon 119 Finisher.

 

Streckenbeschreibung:

Hinweg zur Argenrunde durch Apfelplantagen und Felder, Argenrunde schattig, Marathonschleife durch den Tettnanger Wald.

 

Wettbewerbe:

Marathon, Halbmarathon, Minimarathon.

 

Zeitnahme:

Transponderchip (am Handgelenk).

 

Auszeichnung:

Urkunde am Veranstaltungstag oder Online. Marathonteilnehmer Stoffaufnäher. Siegerpokale. Frische Äpfel für die Klassenplatzierten..

 

Drumherum:

Duschen in Parkschule oder Strandbad eingerichtet. Umfangreiche Parkmöglichkeiten, z. T. mit 15 Minuten Fußweg entfernt.

 

Verpflegung:

11 Verpflegungsstellen mit Wasser, Tee, Iso, Bananen, Cola. Am Ziel zudem bayerisches Manna (alkoholfreies Weizen).

 

Zuschauer:

Viele Zuschauer im Start- und Zielbereich. Auf der Strecke weniger Zuschauer, hauptsächlich Spaziergänger und Urlauber.

 

Fazit:

Eine schöne Veranstaltung mit Tradition, die auch bei Hitze aufgrund der größtenteils schattigen Strecke Spaß macht.

 

Informationen: Bodensee-Marathon
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