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Laufberichte

Posa´t guapa, Barcelona! - Mach dich schön, Barcelona!

07.03.10
Autor: Joe Kelbel

Barcelona hat  diese sympathische  Art der Gigantomanie. Das Temperament der Stadt pendelt hier zwischen den Extremen „seny“ (gesunder Menschenverstand) und „rauxa“ (kreatives Chaos). Mag so mancher an meinem gesunden Menschenverstand zweifeln, so gehe ich gerne  im kreativen Chaos auf. Barcelona, mit seiner urbanen Dichte und Vielfalt,  ist die Stadt, die das Leben schön macht und sogar das richtige Wetter hat.

Natürlich ist das kreative Chaos auf „La Rambla“, dem Herz der Stadt für mich absolute Pflicht. Die Prachteinkaufsmeile beginnt am Placa de Catalunya und verläuft in gerader Linie bis zum Kolumbusdenkmal am Hafen. Anfangs dominieren Stände mit Kleintieren und Hausgeflügel, dann folgen prachtvolle Blumenstände  und schließlich Maler und Zeichner. Dazwischen und mittendrin tobt das Leben. Performancekünstler produzieren ein Gedränge durch neugierige Zuschauer, Musik, Geschrei, Geräusche, Gerüche, Gewimmel, ein chreatives Chaos eben.

Auf der rechten Seite die alte Markthalle „La Bouqueria“. Dies ist eine andere, eine schöne, eine sagenhaft reiche Welt. Frische Fische, lebende Schalentiere, fremdartige Muscheln, Früchte aus aller Welt, Gewürze und vor allem dieser herrliche Schinken, Schinken, überall hängen diese prachtvollen Hinterteile. Das Kilo gibt es von 30 bis 200 Euro. Mal handgestreichelt, mal besonders gefüttert oder gelagert und bearbeitet. Auf Barhockern sitzt man und genießt Seeigel-Kanapees, Kümmel-Kräcker, ein Bissen Meeresfrüchte-Tatar auf einem Silberlöffel, Gaspacho im Eierbecher und Süßkartoffelchips, mit der scharf-säuerlichen katalanischen Nationalsauce Romanesco. Ein zünftiges Cervecas ist beim tapering  natürlich auch dabei.

Als 1992  die Oympiade stattfand, investierte die Stadt nicht, wie man hätte erwarten können, in gigantische Sportstätten, sondern in eine nützliche Infrastruktur. Unter dem Motto „Cara al mar“, „Gesicht zum Meer“ verschwanden Industriebrachen und Gewerbeflächen, Straßen wurden verlegt, und ein 8 Km langer Sandstrand geschaffen, der so sauber ist , dass die Kinder getrost im feinen Sand spielen können. Metro-und Strassenbahnlinien wurden gebaut und ein wunderbarer Freizeithafen geschaffen. Über dem ganzen thront der Olympiaberg (Montjuic), zu dem die sagenhafte Seilbahn zum Stadion führt, dem Ziel des Frühstückslaufes am Samstag vor dem Marathon. 

Gern möchte ich auf meinen Bericht vom letzten Jahr verweisen, als ich mit Roland, dem Teilnehmer des olympischen Marathon 1992 zum Stadion hochgelaufen bin, und er mir in seinem Lichtensteiner Dialekt seine Gefühle beim Einlauf ins Stadion beschrieb.

Es war das erste Mal seit der Olympiade, dass er wieder auf dem Berg hinaufgelaufen ist, und es wird wohl auch das letzte Mal gewesen sein. Zu emotional sind seine Erinnerungen. Da hat er heute gerne die Ausrede, dass er jetzt für seine Kunden an seinem Messestand anwesend sein muss.  Roland nennt mich „Springschleicher“. Laufen wird in Lichtenstein „Springen“ genannt, und Schleichen, weil ich irgendwie eine andere Sportart als er betreibe, denn er läuft den Halben immer noch in 1:12 Std.

Die Marathonmesse hat sich in diesem Jahr stark gemausert. Waren letztes Jahr nur eine Handvoll Aussteller anwesend, so werden dieses Jahr schon 2500 Euro Standgebühr in der gefüllte Halle aufgerufen. 12000 Läufer sind auch schon ein großer Kundenstamm, 25 % mehr als letztes Jahr.

Der Frühstücklauf, hier wird er neuspanisch „breakfastrun“ genannt, beginnt um 9:30 Uhr und geht über die letzten 4,2 Kilometer der olympischen Strecke, die damals auf den Berg hinaufführte. Dies will man aber niemanden mehr zumuten, deswegen wird dieser Teil am Tag vor dem eigentlichen Marathon gelaufen.

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