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Laufberichte

700 Meter Untertage

10.12.05

Nur die schönen Erlebnisse bleiben in Erinnerung - die weniger guten vergißt man leicht

 

Einen Marathon bei 27°C im Sommer zu laufen, ist kein herausragendes Ereignis, Mitte Dezember in Deutschland schon! Möglich ist dies nur in geschlossenen Räumen. Einen solchen geschlossenen Raum bietet der Brügman-Schacht in Sondershausen. Die 4. Auflage des Untertage Marathons im Kali-Erlebnisbergwerk Sondershausen fand am Samstag des 3. Adventswochenende statt und bot durch sein Ambiente in 700 Meter unter Tage bzw. 500 Meter unter dem Meeresspiegel einen Marathon der Superlative in Deutschland. Bei Temperaturen von 27°C, 30% Luftfeuchtigkeit, 1.350 Höhenmeter und Helmtragepflicht wurden die klassischen 42,195 Kilometer zur besonderen Herausforderung.

 

Das Kalibergwerk Sondershausen ist die älteste befahrbare Kaligrube der Welt und hat eine Geschichte, die auf das Jahr 1891 zurückzuführen ist. 1989 war das letzte Jahr der vollen Produktion, bevor das Bergwerk schrittweise die Produktionskapazitäten senkte und die Kaligrube zu einem Erlebnisbergwerk umfunktionierte. Bis dato wurden 2.299.400 Tonnen Rohsalz gefördert. Sondershausen liegt zwischen dem Thüringer Wald und dem Harz im Kyffhäuser Kreis und beherbergt 20.000 Einwohner.

 

Dank meiner Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr reiste ich diesmal mit einem entspannten Gefühl nach Sondershausen. Die Anfahrt erfolgt aufgrund der guten Ausschilderung ohne Probleme, war jedoch durch einen fehlenden Autobahnanschluss sehr mühselig. Die Startnummernausgabe erfolgte in den Tagesanlagen. Die Startnummer berechtigt die Läufer zur kostenfreien Nutzung des Schachtliftes – Besucher bzw. Angehörige zahlen 10 Euro. Vor dem Aufzug Übertage sammelte sich eine große Menschenmenge an, die alle in den Kalischacht wollten und für Wartezeiten von bis zu 45 Minuten sorgten. Als ich dies sah, verblieb mir nur die Hoffnung, Bekannt zu trefen. Zum Glück warteten auch Klaus Neuman und Eberhard Ostertag, die schon in der Schlange recht weit vorn standen, sodass sich meine Wartezeit um einige Minuten verkürzte.

 

Nach 90 Sekunden Fahrtzeit kamen wir 700 Meter Untertage bei einer Temperatur von 20 °C an. Zur Begrüßung gab es Blasmusik von der Bergmannskapelle und einige bekannte Gesichter waren auch schon im Schacht eingetroffen. Wie im letzten Jahr dachte ich, dass die Luft gar nicht so stickig und warm sei. Aber der erste Eindruck trügt, denn nur in der Nähe des Aufzugsschachtes ist durch die Luftzirkulation des Schachtes die Luft in einem guten Zustand – je weiter man sich von dem Eingang wegbewegt, desto wärmer, stickiger und trockener wird die Luft. Eine Erkenntnis, die Läufer, die zum ersten Mal im Brügman-Schacht Sondershausen starteten, auch machen mussten.  Nicht auszudenken, wie sich Arbeiter beim Kaliabbau Anfang des 19. Jahrhunderts gefühlt haben mussten, wo der Luftaustausch noch nicht auf einem technisch hohen Niveau realisiert werden konnte, wie es heutzutage der Fall ist.

 

Nach 10 Minuten Verspätung  erfolgte der Startschuss zum 4. Untertage-Sparkassen-Marathon und der „Spaß“ konnte beginnen. Gleich auf den ersten Kilometern kamen meine Erinnerungen von der anspruchsvollen Strecke und den schlechten Bedingungen des vergangenen Jahres wieder, die ich verdrängt hatte und mit dessen Wissen ich mich nicht angemeldet hätte. Aber so ist es nun mal – man behält sich immer nur die guten und nie die schlechten Erinnerungen!!! Was die guten Erinnerungen betrifft, kann ich zwar auch keine konkrete Aussage machen, aber der Lauf ist so hammerhart und pervers, das er einfach in jede Marathonsammlung reingehört. Wie viel Mal man den Lauf jedoch laufen muss, dass bleibt jedem selbst überlassen. Christian Hottas jedenfalls lief nicht nur seinen 4. Untertage Sparkassen Marathon, sondern auch die zwei Marathons, die davor im Brügman-Schacht  stattfanden und ist damit der alleinige Rekordhalter, der zu allen sechs Läufen angetreten war und alle gefinisht hat.

 

Nach der ersten Runde hatte sich das Teilnehmerfeld der 350 Läufer bereits so weit auseinander gezogen, dass man fast allein in den Gängen des Kali-Schachtes herumirrte. Da der Lauf über vier Runden führt, die je 320 Höhenmeter aufzuweisen hatten, konnte ich meinen Erschöpfungsgrad von Runde zu Runde immer besser feststellten. Die Luftverhältnisse sind zwischen dem zweiten Verpflegungspunkt bei Kilometer 5 und dem dritten Verpflegungspunkt bei Kilometer 7,5 am schlechtesten, da die Luftförderaggregate die Luft nur bedingt verbessern können. Es ist dort sehr warm und stickig. In den meisten Streckenabschnitten der Runde ist die Luftqualität aber ausreichend. Aufgrund der niedrigen Luftfeuchtigkeit von 30% hat man das Gefühl nicht zu schwitzen, das ist aber ein großer Irrtum, da die trockene Luft den Schweiß sofort aufnimmt. Da man seinen Flüssigkeitsverlust kaum bemerkt, ist es sehr wichtig, dass man an jedem Verpflegungspunkt zwei bis drei Becher Flüssigkeit zu sich nimmt, um Dehydrierungserscheinungen vorzubeugen. Fü alle Fälle patrouilliert ein medizinisches Team per Fahrrad um die Strecke.

 

Vor allem die Anstiege kamen mir immer steiler vor. Da der Untergrund, auf dem gelaufen wird, sehr glatt und rutschig ist, besteht immer wieder die Gefahr, dass man bei  Sand- und Salzablagerungen an den An- und Abstiegen wegrutscht. Die Lichtverhältnisse lassen den Lauf ohne eigene Lichtquelle nur für risikofreudige Läufer zu – alle anderen sollte eine Taschen- oder Stirnlampe mitnehmen.

 

Trotz des anspruchsvollen Kurses vergingen meine Kilometer deutlich schneller als letztes Jahr. Zum einen liegt es daran, das ich fast eine halbe Stunde schneller war als letztes Jahr und zum anderen daran, dass ich mir die Zeit immer wieder mit Unterhaltungen vertrieb. Nachdem ich dreimal am Ziel vorbeilaufen musste, war es bei mir nach der vierten Runde und 4:50 h auch soweit und ich durfte meinen Lauf beenden. Nach 5 Stunden ist man bei den meisten Marathons im letzten Viertel der Ergebnisliste, im Brügman-Schacht dagegen im guten Mittelfeld. Nach dem Lauf erhielt ich sofort meine Urkunde, holte mir für einen Euro meine Medaille mit meiner Zeit, dem Datum und meinem Namen und mein Finisher-Shirt ab. Danach ging es mit dem Lift wieder Übertage.

 

Fazit:

Ultratiefer Bergwerksmarathon, ultrahart und ultrageil! Der Lauf ist zweifelsohne etwas ganz Besonderes – unter diesen Bedingungen einen Marathon zu laufen ist sehr anspruchsvoll und ist nur sehr gut trainierten Läufern zu raten. Das Zeitlimit liegt bei 2:45 h für den Halbmarathon und das hört sich sehr großzügig an, ist aber nicht ohne.

 

Teilnehmer:

Marathon: 350

 

Streckenbeschreibung:

Vier Rundenkurs, sehr steil und rutschig, die meiste Zeit des Laufes wird in einem ca. 5m breiten und 5m hohem Gang gelaufen.

 

Gratifikation:

Urkunde, Medaille, Finisher-Shirt

 

Drumherum:

Elektronische Zeitmessung; Duschen und Umkleidemöglichkeiten in den Tagesanlagen; Parkmöglichkeiten ausreichend vorhanden; durch den Schachtaufzug entstehen Wartezeiten – bitte bei der Anreise miteinplanen

 

Verpflegung:

alle 2,5 Kilometer: Wasser, Tee, Cola, Bananen, Apfelsinen und getrocknete Früchte 

 

 

Informationen: Untertage-Marathon
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