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Laufberichte

Rock und Barock

13.05.12

 

„Bringt Eier nach Prag“

 

Diesem Aufruf des Königs folgten die Untertanen aller Landesteile. Mörtel und rohe Eier, das ist die Mischung, die zur Festigkeit des 1357 begonnenen Brückenbaus verwendet wurde. 300 Jahre war die Karlův most (Karlsbrücke) ein schlichtes, aber wuchtiges Bauwerk und bis 1842 die einzige Prager Brücke über die Moldau. Erst 1683 begann Nepomuk den Reigen der steinernen Heiligen. Nepomuk, von der Mitte der Brücke stürzte sein König ihn hinunter in die Moldau, weil er das Beichtgeheimnis der Königin nicht preisgeben wollte. Dieser Umgang mit unerwünschten Mitmenschen ist wohl auch eine Prager Spezialität: Sie werden von Brücken geworfen, aus den Fenster gestürzt oder erdrosselt.

Heute schauen insgesamt 31 steinerne Statuen und 10 Überwachungskameras uns beim Überqueren der 516 Meter langen Brücke zu. Wagenräder rumpelten einst über das Kopfsteinpflaster. Ich sehe Läufer von weitem als bunte Farbtupfer die einen dumpfen Geräuschteppich hinterlassen. Nur einmal laufen wir über diese Brücke, denn in ein paar Stunden wird sie wieder für alle Touristen geöffnet sein. Musik dröhnt von der anderen Brücke herüber. Am Ende der Brücke erreichen wir die Altstadt, was für ein überwältigendes Bild. 

 

Über 6 Brücken sollst du gehen, dabei 42 Kilometer überstehn…

 

Fast zwanzig Brücken (mosty) verbinden heute die beiden Moldau-Ufer in der Hauptstadt. Einen Marathon mit mehr Brücken hat nur Venedig. Fast ein Brückentag. Tatsächlich gelangen wir nach einem kurzen Uferstück schon auf die nächste Brücke der Mánesův most (Manes-Brücke). Von hier aus sehen wir links die Karlsbrücke und rechts die Moldaubrücke.  Auf beiden Brücken sieht man von weitem Läufer. Einzigartig.

Nach knapp 200 Metern über die Moldau erreichen wir auf Kopfsteinpflaster erneut den Stadtteil Malá Strana. Hier in diesem Stadtteil befindet sich der Lobkovický palác (Palais Lobkowitz) -allerdings von der Strecke aus nicht zu sehen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstand der hochbarocke Palastbau. Das Adelswappen der Familie Lobkowitz krönt das mächtige Eingangsportal. Ein vergleichsweise unauffälliges Schild darüber klärt über die heutigen Hausherren auf: Es ist der Sitz der Deutschen Botschaft. Den Balkon hat jeder noch vor Augen. Von ihm aus informierte Außenminister Hans-Dietrich Genscher am 30. September 1989 die rund 4.000 DDR-Flüchtlinge darüber, dass ihre Ausreise ... Auch diese Worte sind in die Geschichte eingegangen.

Das Zentrum der Kleinseite ist der pittoreske Malostranské náměstí, einst der Marktplatz des Viertels. Hier ist auch das Kaffeehaus, in dem sich in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts Kafka, Brod, Werfel und weitere Literaten trafen.

Bei Kilometer 5 erreichen wir den ersten Verpflegungsstand in der Nábř. kapitána Jaroše. Bekannt ist der Stadtteil als Standort des Prager Zoos, sowie für das Stadion des Fußballclubs AC Sparta.

Schon liegt der nächste Brückenanstieg vor uns, 400 Meter geht es über die Libeňský most (Lieben-Brücke). Links Tennis, rechts Golf. Schilder zeigen die Möglichkeiten, wir jedoch laufen geradeaus zum Bubenské nábřeží (Prager Markt). Es ist ein Industrie- und Gewerbegebiet auf einem ehemaligen Schlachthofgelände. Hier verlässt mich meine Fantasie, mir Prag als Motiv in einem Ölbild umgesetzt vorzustellen. Schon gar nicht vorstellbar ist der Gedanke, hier nochmal bei Kilometer 38 laufen zu müssen. Wenn die Strecke schon nichts bietet, freut man sich umso mehr wenn man jemanden trifft den man kennt.

RLT Rodgau ist mit einem ganzen Bus angereist und Marita feiert heute auf der Strecke ihren Geburtstag; Herzlichen Glückwunsch! Schon wieder eine Band, an solchen Stellen wichtiger denn je.  In ein paar Stunden werden wir sehen, wer den längeren Atem hat.

 

Smetana, Dvorak und auch Mozart hatten eine Bühne


Prag, am Abend des 29. Oktober 1787: Im Nationaltheater erwartet das Publikum mit Spannung die Premiere von Mozarts Oper „Don Giovanni“. Die Prager liebten schon immer die Musik und sie liebten und verehrten Mozart.

Mehr noch, vielleicht liegt es an dem Tschechischen Sprichwort: „Musikanten kommen in den Himmel“. Jetzt wird klar, warum sich entlang der Strecke eine Band an die andere reiht. Dreißig Rockbands entlang der Strecke und Prag rockt!

Wir laufen durch gewundene Gassen und auf gepflasterten Wegen auf die Altstadt zu. Etwa ein Viertel der Strecke besteht aus Kopfsteinpflaster. Die nächste Band heizt uns am Eingang des Tesnovsky Tunnel (KM 11) ein. 360 Meter laufen wir durch eine Röhre. Aufgrund seiner Position vor dem ehemaligen Hauptquartier der Kommunistischen Partei und zum Zeitpunkt des Baus wird er auch als Husak (Schweigeminute) bezeichnet. Draußen schaukelt eine schwimmende Diskothek und das Hotelschiff Albatros ist am Ufer der Moldau vertaut. Wir laufen erneut auf den Luxus-Boulevard, der Pařížská, in die Altstadt. Hier befindet sich auch das  bekannte avantgardistische Theater „Laterna Magika“, welches dem Nationaltheater angeschlossenen ist.

 
 

Informationen: Prague Marathon
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