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Laufberichte

So schnell kann's gehen!

 

Fotos: Bernd Neumann und Anton Lautner

 

Alle zwei Jahre werden bei den Feuerwehren Deutsche Meistertitel im Marathon und Halbmarathon herausgelaufen. 2013 legte ich mich in Mannheim für den Titel der Altersklasse ins Zeug, wurde Deutscher Meister und versprach, bei den nächsten Titelkämpfen wieder dabei zu sein. Nur, damals wusste keiner, wohin die Reise denn gehen sollte. Und wurde der Wettbewerb nach Lübeck vergeben, ganz oben in Schleswig-Holstein.

Genau diese Veranstaltung habe ich in meiner diesjährigen Laufplanung vorgesehen. Und nebenbei kann ich wieder einen neuen Kurs erlaufen und neue Sportler kennenlernen. Meine Planung im Oktober ist dicht gedrängt. Mit dem Medical Park Marathon und Schwarzwald Marathon sind innerhalb 14 Tagen gleich drei lange Läufe auf der Agenda. Schaun mer mal, ob mir hier eine Steigerung zum Ende hin gelingen wird.

Selbst zu fahren, das kommt nicht in Frage. Ich bin überrascht, dass die Eisenbahner ab Ingolstadt eine Reise in 5,5 Stunden nach Lübeck anbieten können. Und wenn man frühzeitig buchen kann, kostet der Trip deutlich weniger als der dafür notwendige Sprit. Für die vier Tage quartiere ich mich in der Jugendherberge am Burgtor ein, von der ist man in 20 Minuten in der Innenstadt und in 25 Minuten am Hauptbahnhof.

Klaus ermutigt mich, im Rennen „die Sau“ rauszulassen und die Fotoarbeit auf der Strecke dem Kollegen Bernd Neumann zu überlassen. Perfekt.

Für die ganze Familie ist gesorgt bei den Strecken: Marathon, der Halbe, ein Zehner, eine Staffel für 10 Läufer und ein Schülerlauf: Alle Bewerbe starten am Kohlmarkt, direkt in der Altstadt neben Marktplatz und Rathaus. Die Zeiten werden einem Einweg-Transponder am Schuh gemessen, Pfand ist daher keines zu berappen.

Am Vortag des Rennens besichtige ich die Altstadt. Lübeck nennt man die Stadt der Sieben Türme, die sich auf fünf Hauptkirchen aufteilen: Dies sind neben dem Dom die 125 Meter hohe St. Marienkirche, die St. Jakobi-, St. Aegidien- und Petri-Kirche. Zu den über 1000 besonders sehenswerten Gebäuden gehören das Rathaus, Burgkloster, Koberg, das Holsten- und Kaisertor und der Salzspeicher. Die ganze Altstadt steht in der Liste des UNESCO Weltkulturerbes.

Bei meiner Erkundung spielt leider Petrus nicht mit. Immerhin hat sich das Wetter ein wenig gebessert. Statt Dauerregen am Vortag bei meiner Ankunft nieselt es die meiste Zeit und Sicht haben wir nur sehr eingeschränkt. Die Wolkendecke liegt fast am Boden, die höchsten Türme stecken im Grau. Ein wenig Übersicht verschaffe ich mir vom 50 Meter hohen Turm der St. Petri-Kirche. Viele Gänge führen in der Altstadt in Höfe und zu Hinterhäusern. Besichtigen könnte man das Buddenbrookhaus. Thomas Mann beschreibt in seinem Roman „Die Buddenbrooks“ den Verfall einer Lübecker Kaufmannsfamilie, dafür erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

215000 Einwohner zählt heute Lübeck. „Lübsch“ wird die Großstadt im Bundesland Schleswig-Holstein auch gerne genannt, es ist auch das „Tor zum Norden“. Sie liegt an der unteren Trave und gehört zum Ostholsteiner Hügelland. Die Altstadt liegt zwischen Trave und Wakenitz und ist vollständig von Wasser umgeben.

Gegründet wurde Lübeck zur Zeit Karls des Großen im neunten Jahrhundert. 1134 privilegierte Heinrich der Löwe die Händler. 1163 wurde der Dom geweiht, drei Jahre vorher wurde das Soester Stadtrecht verliehen. Lübeck kristallisierte sich im 15. Jahrhundert als Hauptort des Hansebundes heraus. 1669 fand der letzte Hansetag in Lübeck statt, der Hansebund löste sich dann auf.

Beim Wieder Kongress im Jahr 1815 wurde die Stadt souveränes Mitglied des Deutschen Bundes als Freie und Hansestadt. Der Zweite Weltkrieg brachte massive Zerstörungen der Altstadt. Vieles wurde wieder aufgebaut.

Wie bei allen Hansestädten beinhaltet die städtische Flagge die Farben rot und weiß. Viele Stiftungen haben sich hier als Aufgabe gesetzt, das Kulturerbe zu erhalten und das Kulturleben zu bereichern. Bekannt ist uns das jährliche Schleswig Holstein Musik Festival, welches im Juli/August stattfindet. Bei einem Spaziergang empfehle ich eine Einkehr im Cafe Niederegger, welches direkt gegenüber vom Rathaus liegt. Niederegger stellt, wie auch das Lübecker Marzipanspeicher und Erasmi & Carstens das weltbekannte Lübecker Marzipan her.

Ein paar Meter weiter werden im Haerder Center die Startnummern ausgeteilt. Für uns Floriansjünger werden die Nummern an einem eigenen Schalter abgegeben. Und die erhalten gleich noch einen Flyer für die Siegerehrung, die nach dem Rennen in der Handwerkskammer stattfinden soll.

 

Der Marathon in der Altstadt

 

Am Sonntag früh ist die Sicht zum Fenster von der Jugendherberge hinaus nicht viel besser wie am Vortag. Zumindest ist es trocken, aber es ist mit acht Grad sehr kühl. Was also anziehen? Außerdem soll es im Laufe des Tages wieder regnen, gute Aussichten. Dick eingepackt begebe ich mich in Richtung Altstadt, wo sich im Haerder Center umgezogen werden kann. Eine Kleiderabgabe ist auch eingerichtet. Sehr positiv ist, dass man sich bis wenige Minuten vor dem Start dort im Warmen aufhalten kann. Das Gedränge hält sich in Grenzen, denn Punkt 10.00 Uhr starten die Marathonis, die anderen Läufer gehen später an den Start.

Noch vor dem Startschuss läuft mir Bernd Neumann und Georg Brunner, Feuerwehrkamerad aus Offenbau, über den Weg. Nach kurzer Unterhaltung sucht sich jeder seinen Platz im Starterfeld auf dem Kohlmarkt. Über 400 Meldungen sind für den Marathon eingegangen. Ich vermute, dass da der eine oder andere wegen des „Schietwetters“ gekniffen hat. Es reicht dennoch für eine neue Rekordbeteiligung, denn rund 4000 Läufer stehen insgesamt in den Listen.

Nach einigen Informationen und motivierenden Sprüchen des Moderators zählen wir die letzten Sekunden herunter und wir werden auf die Strecke geschossen. Sofort können wir es die Holstenstraße hinunter zur Holstentorbrücke laufen lassen, aber überpacen sollte man es jetzt noch nicht. Ein überaus guter Start: wir laufen sogleich auf das Holstentor zu, das Teil der Stadtbefestigung war.

In den Jahren 1464 bis 1478 wurde auf einem eigens dafür aufgeschütteten, sieben Meter hohen Hügel erbaut. Noch während des Baues sackte der Südturm ab. Ursprünglich waren an dieser Stelle zur Stadt vier äußere und innere Tore erbaut worden, die bis auf das uns bekannte alle wieder abgerissen wurden. Und 1863 blühte ein Abriss dem heutigen Holstentor auch, denn ein Beschluss der Bürgerschaft hatte nur eine Stimme Mehrheit gegen die Schleifung. 1871 wurde eine umfassende Restaurierung gegen das Absacken beschlossen, die tiefsten Schießscharten befanden sich schon einen halben Meter im Boden. Wenn man das Tor seitlich betrachtet, kann man die Schieflage gut erkennen.

Wir wenden am Holstentorplatz und laufen auf der anderen Seite des Tores wieder über die Stadttrave. An der Untertrave, wo viele Hafenrundfahrten beginnen, kann man im Lübecker Marzipanspeicher, ein alter Backsteinbau, einkaufen, Cafe-Gelüsten kann man da auch nachgehen. Eine Rechtsschwenk bringt uns auf der Beckergrube in das Herz der Altstadt, wo wir  links und die Schüler rechts geleitet werden. Der erste Kilometer liegt hinter mir.

Die Breite Straße führt uns an der Jakobikirche vorbei, eine der fünf evangelisch-lutherischen Hauptpfarrkirchen in der Altstadt. Das Gotteshaus wurde 1334 als Kirche der Seefahrer und Fischer geweiht. Beim Bombenangriff im Jahr 1942 wurde sie als eine der wenigen Kirchen nicht beschädigt. Die 150 Meter grobes Pflaster auf dem Koberg sind alles andere als läuferfreundlich, der Untergrund ist wegen der Nässe glatt wie Schmierseife. Wer schlampig läuft, kann leicht ausrutschen und sich verletzen.

Der Koberg ist ein markanter Platz der Altstadt. Nach dem Markt am Rathaus ist er der zweite große Lübecker Marktplatz. Der Name Koberg stammt vom hochdeutschen Kaufberg oder Kuhberg. An der Ostseite des Kobergs liegt das Heiligen-Geist-Hospital, das 1286 erbaut wurde und das eine der ältesten Sozialeinrichtungen der Welt ist. Es wurde nach dem Vorbild der Santo Spirito in Sassia in Rom errichtet. Heute wird das Hospital in Teilen als Alten- und Pflegeheim genutzt. Einige Räume wurden der Gastronomie zugeführt. Das Hospital kann auch besichtigt werden.

Die Große Burgstraße bringt uns dann zum Burgtor, das 1444 von Stadtbaumeister Nicolas Peck im spätgotischen Stil erbaut wurde. Neben dem Holstentor ist es das zweite noch erhaltene Stadttor der früheren Stadtbefestigung. Den Namen hat das Tor von der nebenan gelegenen Burg, die 1227 zum Burgkloster umgebaut wurde. Wir überlaufen die Stadttrave, rechterhand ist der Klughafen, links der Hansahafen zu sehen. Am folgenden Kreisverkehr am Gustav-Radbruch-Platz biegen wir in die Travemünder Allee ein, eine später vierspurige Straße.

Einige Kilometer laufen wir auf der für uns abgesperrten Autostraße. Mir fällt auf, dass alle 200 bis 300 Meter ein Helfer am Rand steht. Die beobachten uns, feuern uns beim Vorbeilaufen an und sind jederzeit in der Lage, im Bedarfsfalle Hilfe anzubieten oder herbeizurufen. So eine Streckenüberwachung, ich meine das überhaupt nicht negativ, habe ich noch nie erlebt. Es passt ins Bild, dass jeder Kilometer markiert ist, und dass jede Verpflegungsstelle vorangekündigt ist. Alle drei Kilometer können wir auftanken: Wasser, Iso, Obst, Riegel und warmer Tee steht im Angebot. Und die Tanken sind personell gut aufgestellt, selbst kleine „Pimpfe“ mit vier, fünf Jahren halten dir den Becher hin und wollen auf der anderen Hand abgeklatscht werden.

 

Highlight Herrentunnel

 

Ich komme gut ins Rennen, die kühle Witterung kommt mir entgegen. Ein langärmeliges Shirt war die richtige Wahl am Start, denn mir ist es jetzt weder zu warm noch zu kühl. So muss ich nicht bei jedem Getränkeangebot  zugreifen und kann durchlaufen. Auf der Allee sind bereits zwei Stellen, wo wir mit Musik und Moderation unterhalten werden.

Dann sehe ich auf den Straßenschildern bereits den mautpflichtigen Herrentunnel angekündigt. Über eine Ausfahrt der Autostraße werden wir über eine Brücke auf die Richtungsfahrbahn Travemünde geleitet. Da warten natürlich einige Höhenmeter. Ein gutes Stichwort, denn bis jetzt hatte unser Kurs durchaus einige Höhenmeter parat. Ganz flach, wie man das von dem platten Land annehmen könnte, ist der Kurs nicht. Und der schwierigste Teil wartet ja noch. Ja, er liegt vor mir, der Herrentunnel.

Der 866 Meter lange Tunnel verbindet Lübeck mit Travemünde auf kurzem Weg. Er ist Ersatz für die im Jahr 2006 abgebrochene Herrenbrücke. Der Tunnel ist mautpflichtig. Heute ist eine der zwei Röhren für uns gesperrt. Einschließlich der Rampe laufen wir rund 500 Meter an Gefälle nach unten. Mit einem 6prozentigen Gefälle brettern einige schnelle Hirsche hinunter. Und was die Lübecker hier unten an der Sohle bieten ist super: Laute Musik, viele Lichter, Blitze, tolle Stimmung. Einfach geil.

Ab der Sohle geht es natürlich entsprechend steil wieder hinauf. Einschließlich des Rampenniveaus schätze ich, dass es rund 50 Höhenmeter sind. Bei meiner Passage durch den Tunnel laufe ich ein wenig defensiv, ich brauche ja noch Kraft für den Rückweg. Und wer weiß, wie ich diese Passage nach rund 20 weiteren Kilometern noch laufen kann.

 

Kücknitz

 

Gleich hinter dem Tunnel führt auf dem Kieselgrund, eine Ortsstraße parallel zur B 75 in den Ort Kücknitz, dem neunten Stadtteil von Lübeck mit rund 18000 Einwohnern. Einige der Anwohner stehen am Rand der Strecke und feuern uns an. Ich mache mir den Spaß und grüße landesüblich mit „moin, moin“, es wird artig geantwortet. So habe ich es gern.

Auf der Solmitzstraße erreiche ich den Wendepunkt der Halbmarathonläufer. Eine Uhr läuft am Rand mit, ich erkenne eine Zeit von 52 oder 53 Minuten und höre von dem Moderator noch sagen: „Das sind Läufer, die drei Stunden laufen können“. Ich rechne kurz, ganz stimmen kann das nicht. Aber weiter.

Auf der Travemünder Landstraße verlassen wir Kücknitz auf einem Radweg. Nur wenig später sehe ich eine Alleereihe auf einem vielleicht 15 bis 20 Meter hohen Damm. Bei genauerem Hinsehen entdecke ich darauf Menschen. „Wir müssen doch nicht?“ frage ich mich insgeheim. Und dann verläuft die Strecke scharf links herum, über eine Bahnlinie und dann steil aufwärts auf einem Splittweg nach oben. Gut, dass ich mir heute früh die Trailschuhe angezogen habe. Die haben mir bisher auf dem nassen und teilweise rutschigen Geläuf einen guten Dienst erwiesen. Auf der anderen Seite des Dammes geht es genauso steil hinunter. Und wer unkonzentriert hinunter läuft, kann sich an einer der wenigen Wasserlachen feuchte Füße holen.

 

Travemünde

 

Auf der Ivendorfer Landstraße erreichen wir Travemünde, das heute 14000 Einwohner zählt. Gerade im Sommer muss hier an der See der Teufel los sein. Seit 1329 gehört der Ort zu Lübeck. Seebad ist Travemünde seit 1802. Der Skandinavienkai ist der größte Ostseefährhafen in Deutschland. Viele Güter werden auf der Verbindung nach Trelleburg und Helsinki abgefertigt.

In Travemünde bleiben wir hart am Ufer, ein Abstecher in den Ortskern bleibt uns verwehrt. An der Priwall-Fähre stehen einige Zuschauer und feuern uns an. Wer mittels der Fähre auf die Halbinsel Priwall übersetzt, könnte das Segelschiff Pamir anschauen. Wenn es mit ausgeht, möchte ich das am nächsten Tag nachholen. Im Bereich des Schiffes hat vor wenigen Tagen eine große Baumaßnahme begonnen. Ein dänischer Investor wird das Gelände mit Wohnungen, Geschäften und dergleichen bebauen. Die Grundsteinlegung fand vor wenigen Tagen statt.

Auf Höhe der Pamir biegt unser Kurs von der Trelleborgallee ab, wir laufen zum 31 Meter hohen Alten Leuchtturm, der 1539 von holländischen Maurern erbaut wurde. Für die Seefahrt hat er längst keinen Zweck mehr, denn schon seit 1922 ist der Turm ein technisches Kulturdenkmal. Ein maritimes Museum für Leuchtfeuertechnik befindet sich heute darin.

Gleich daneben befindet sich das höchste Gebäude in Schleswig-Holstein, das 119 Meter hohe Maritim-Hotel, das in den 70er Jahren errichtet wurde. Die Spitze des Hotels steckt im Hochnebel. Oder sind es die Wolken?

Ich biege nach links auf die Strandpromenade ab. Feinstes Pflaster, überhaupt nicht uneben und gut zu belaufen, da freuen sich die Beine. Die Wende ist nah. Dann sehe ich das Führungsfahrzeug auf mich zukommen. Und damit ich mir die Zeit vertreiben kann, beschließe ich, zu zählen, an welcher Stelle ich nun liege. Hoffe, dass ich unter den ersten Hundert bin.

Am Sandstrand sind nur wenige Spaziergänger und Hunde unterwegs, der Spielplatz ist verwaist. Zuerst kommen nur einzelne Marathonis entgegen, dann sind es kleine Grüppchen. Der eine oder andere hebt sogar die Hand zum Gruß. Kilometerschild 21, rund 500 Meter danach befindet sich die Wende. Und bis dahin habe ich 38 Läufer gezählt. Mein Platz ist 39. Kann ich das bis zum Schluss halten? Die Uhr an der Wende zeigt eine 1.35 Stunden an. Da kann ich für Zwischenzeit des Halben vielleicht zwei Minuten abziehen. Es geht zurück.

Rückweg

 

Mehr als die Hälfte liegt hinter uns. Ich fühle mich sauwohl, denn kaum einer kommt von hinten und schwächeln tut auch keiner. Klaus Jakob aus Gelsenkirchen und Georg Brunner aus Offenbau, beide kenne ich noch von Mannheim her, sind mir auf den Fersen, vielleicht eine, zwei Minuten hinter mir. Und ich glaube, die sind in meiner Klasse. Ich muss also auf Zug bleiben.

Im Bereich der Priwall-Fähre wird die Kurve geschnitten. Warum die Entgegenkommenden im Kurvenäußern und auf dem nach außen hängenden Untergrund laufen, ist mir ein Rätsel. Vielleicht dass man nicht auf dem groben Pflaster laufen muss. Ich halte mein Tempo und verlasse Travemünde. Das erste Gel wird verdrückt.

Einer kommt von hinten und arbeitet sich langsam nach vorne. Im Gegensatz kann ich einen einsammeln. Vor dem Damm sehe ich auf der anderen Seite ein bekanntes Gesicht: Bernd Neumann, mein Freund. Er hebt die Kamera und wünscht mir noch alles Gute. Ich habe noch etwa 17 Kilometer vor mir. Beim Hochlaufen auf dem Damm nehme ich meine Geschwindigkeit leicht zurück, um nicht zu überpacen. Dafür geht es auf der anderen Seite im Karacho hinunter. Die Sanis sind aufmerksam und klatschen, als ich meine Hand hebe.

Kilometer 31, Kücknitz. Kurz darauf kommt die Wendestelle der Halbmarathonis. Ich bin überrascht, dass noch viele Halbmarathonis auf ihrem Hinweg sind. Es dauert nicht lange, dann folgt der Besenwagen. Gleichzeitig werden es immer mehr Läufer, die ich einsammeln kann. Mit tut das gut und es baut auch auf. Kurz danach kann ich die zweite Frau einholen. Es dauert eine ganze Weile, bis ich sie abschütteln kann.

Im Herrentunnel löse ich meine Bremsen und brettere hinunter, was geht. Weiterhin wird hier laute Musik gespielt. Beim Anstieg muss ich jetzt zwar deutliche das Tempo zurücknehmen, aber ich kann im Gegensatz zu den meisten Halbmarathonis durchlaufen. Noch sechs Kilometer. Ich werfe mein letztes Gel in die Waagschale, sprich in den Rachen. Ein wenig mühselig wird die lange Travemünder Allee. Den vor mir laufenden Marathoni verliere ich nicht aus den Augen, auch der wird jetzt auf der letzten Rille laufen, genau wie ich.

Endlich kommt Lübeck in Sicht, zuerst die Sportplätze des Lübecker Sportvereins „Gut Heil“, dann der Park am Jerusalemberg. Burgtor, Kilometer 40 und 41 sehe ich nicht, es geht in die Innenstadt. Leider fängt es etwas zu tröpfeln an, aber wurscht, ich bin gleich im Ziel. Was wird es für eine Zeit? Im Altstadtbereich lese ich eine Uhrzeit ab und rechne. Das dauert länger, als mit klarem Verstand. Es geht vielleicht unter 3.15 aus. Das wäre die beste Zeit der letzten zwei, drei Jahre.

Vom Koberg, das brutale grobe Pflaster überwinde ich im Nu, geht es in die Breite Straße. Ein, zwei Mal muss ich mir mit meiner Stimme Platz unter den Halbmarathonis verschaffen. Der nun stattfindende Staffelmarathon auf einer rund zwei Kilometer langen Pendelstrecke ist im vollem Gang. Nur, die Staffelläufer sind mir eindeutig zu schnell. Dann sehe ich das Rathaus, das seit dem 12. Jahrhundert immer wieder ergänzt wurde. Am Vortag hatte ich mir das im Rahmen einer Besichtigung zeigen lassen. Das Cafe Niederegger liegt auf der anderen Seite. Dann schwenkt der Kurs nach rechts auf den Kohlmarkt. Ziellinie, Schluss, aus. Geschafft. Ich sehe eine 3.13 Stunden auf der Uhr. Perfekt, so schnell habe ich mir das nicht ausgerechnet.

Ich verbleibe nur kurz zum Verpflegen im Zielbereich, dann verschwinde ich im Einkaufszentrum, nur nicht einen Infekt riskieren. Trocken gelegt gehe ich nach 20 Minuten wieder in den Verpflegungsbereich und beobachte die Szenerie. Es dauert nicht lange, dann hängt bereits die erste Ergebnisliste aus. Ich finde mich auf Platz 33 der Gesamtwertung bei den Männern und auf Rang 2 in der Klasse M55. Als ich vor mir platzierten Feuerwehrkameraden zähle, bringe ich vier zusammen. Ich müsste also der fünftschnellste Floriansjünger Deutschlands sein. Und in der Klasse könnte es sogar zum Sieg gereicht haben. Für eine Massage ist im Zielbereich gesorgt, das Zentralbad zum Duschen und Umziehen ist nur fünf Gehminuten entfernt.

 

 

Siegerehrung bei den Floriansjüngern

 

Die Siegerehrung findet in der Handwerkskammer statt. Die Lübecker haben den Saal gut hergerichtet. Ein Buffet, Getränke und gute Gespräche verkürzen die Zeit bis zur Siegerehrung. Nicht auf Rang drei, nicht auf zwei, sondern auf eins der Klasse M55 werde ich auf die Bühne gerufen. Eine Top-Platzierung war mein Ziel heute und dass der Sieg in der Altersklasse herausgesprungen ist, war nicht unbedingt erwartet. Und von meiner Zeit bin ich total überrascht. Wo in zwei Jahren die nächste Feuerwehrmeisterschaft stattfindet, ist noch nicht geklärt. Aber sicher ist es, dass ich als Titelverteidiger an den Start gehen werde.


Deutsche Meisterschaft der Feuerwehren:

1. Robert Kubisch, Cottbus, 2.48.34
2. Robert Judis, Cottbus, 2.56.57
3. Uli Lorenzen, Feuerwehr Marbach, 2.59.06
5. Anton Lautner, Freiwillige Feuerwehr Joshofen, 3.13.39 (1. in M55)
12. Silja Rohlfing, Feuerwehr Hamburg, 3.33.13 (1. Frau)
21. Reinhilde Renner, FW Thalmässing, 4.03.46 (2. Frau).

 

Impressionen

 

 

Informationen: Lübeck Marathon
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