Weite, unberührte Natur statt gesperrter Durchfahrtsstrassen; -atemberaubende, sonnenbeschienene Viertausender statt grauer Hochhäuser; klarste Bergluft statt Autoabgasen; Vogelgezwitscher statt Motorenlärm – und der Blick auf den imposanten, grössten Eisstrom der Alpen, den Aletschgletscher im Kanton Wallis. Wer einmal den Aletsch-Halbmarathon gelaufen ist, will vermutlich jedem Grossstadtlauf den Rücken kehren. Vollkommen autofrei und inmitten einer eindrücklichen, nahezu paradiesisch anmutenden Natur, die nicht umsonst zum UNESCO-Welterbe zählt, wird dieser Lauf zum unvergesslichen Erlebnis. Am 28. Juni jährt sich der Event zum 30. Mal.
„Es ist fast schon ein Muss für jeden Läufer, dieses wunderbare Rennen einmal mitzumachen“, sagt die Elite-Läuferin Conny Berchtold. Für die 38-Jährige war der Aletsch-Halbmarathon, der zu den schönsten Sportereignissen Europas gehört, im Jahr 2009 quasi der Startschuss für ihre Laufkarriere. Inzwischen ist sie Botschafterin des Aletsch-Halbmarathons, hat einige Siegertreppchen bestiegen und wird von einem der grossen Sportartikelhersteller gesponsert. „Ich hatte damals nach einigen Jahren Sportabstinenz mit dem Laufen angefangen – und das machte mir schnell so viel Spass, dass ich mir ein schönes Ziel setzen wollte.“ Nach etwa einem Jahr Training startete sie am Aletsch Halbmarathon und war überwältigt. „Die Strecke ist zwar anspruchsvoller, als ich damals dachte, aber die Schönheit der Natur macht alles wett – und lässt einen beinahe die Zeit vergessen…“, erzählt Berchtold.
An der Bergstation Bettmeralp versammeln sich die Läufer am frühen Morgen – mehr als 2000 Teilnehmer wollten in den vergangenen Jahren den einzigartigen Lauf miterleben. Zu Recht: Schon kurz nach dem Startschuss findet man sich in einer wunderbaren Umgebung wieder. Durch den autofreien Ort geht es vorbei an der pittoresken Kapelle „Maria zum Schnee“ und hin zu den ersten grossartigen Ausblicken: über idyllische Bergwiesen hinweg zu einigen Viertausendern wie dem Dom, dem Täschhorn, dem Weisshorn und dem Matterhorn. „Ich kann mich heute noch an die Eindrücke von damals erinnern: diese Ausblicke auf die vielen Viertausender, den imposanten Gletscher und das Rhonetal, Blumenwiesen voller Alpenrosen und flatternde Schmetterlinge, oder auch die Kuhglocken, die immer wieder zu hören sind.“
Der Aletschgletscher, der mit 23 Kilometern Länge als der grösste der Alpen gilt, wurde mit seinen angrenzenden Gebieten 2001 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Die Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch stehen damit neben weltbekannter Prominenz, wie etwa dem Great Barrier Reef in Australien und dem Yosemite Nationalpark in den USA.
Besonders wichtig ist eine gute Vorbereitung, meint die geübte Läuferin. „Die Luft hier oben ist dünner, das sollte einem bewusst sein.“ Hinzu kommen schmale Wege, Steine und Wurzeln - denen man ausweichen muss, sowie unterschiedliche Untergründe. „Das sind zwar kleine Hindernisse, aber sie helfen auch bei der Konzentration – und machen viel mehr Spass als schnöder Asphalt“, verspricht Conny Berchtold. „Das kann man trainieren, wie auch die Höhenmeter, die man hier überwinden muss.“ Die Zahlen sprechen für sich: Der Start des Aletsch-Halbmarathons liegt auf einer Höhe von 1950 Meter, das Ziel auf knapp 2650 Meter. Wer sich intensiver vorbereiten will, kann an der Trainingswoche teilnehmen und sich in der Berglandschaft des Aletschgebiets auf das Rennen einstimmen. Die bekannte Läuferin Birgit Lennartz, Comrades-Marathon-Siegerin und zehnfache Gewinnerin des Swiss Alpin Marathon, und Udo Lohrengel haben das passende Programm ausgearbeitet und begleiten die Teilnehmer durch das Training. Conny Berchtold trainiert derweil auf die Langdistanzweltmeisterschaft in Zermatt, 42 Kilometer und 2000 Höhenmeter stehen hier an. Auch bei so grossen Herausforderungen denkt sie gerne an ihren ersten Halbmarathon am Aletschgletscher zurück. „Wenn ich damals nicht mit einem so besonderen, motivierenden Lauf gestartet wäre, wäre ich vielleicht heute nicht da, wo ich jetzt bin“, sagt Conny Berchtold.
Der Aletsch-Halbmarathon umfasst eine Distanz von 21,1 Kilometern und 1050 Höhenmetern. Gestartet wird auf der Bettmeralp, einem autofreien Bergdorf auf rund 1950 Metern Höhe. Das Sportereignis ist auf 2500 Läufer beschränkt, die Startgebühr beträgt 50 CHF. Für die Trainingswoche auf der Bettmeralp mit der Schweizer Marathon-Grösse Birgit Lennartz vom 21. bis 28. Juni sollte man sich frühzeitig anmelden. Die Originalstrecke ist permanent beschildert und GPS-referenziert. Sie ist als Trainingstrecke und Wanderroute begehbar.