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Laufberichte

Immer rauf und runter

 

Am 2. Aprilwochenende locken in diesem Jahr einige hochkarätige Marathonveranstaltungen. Trotzdem fällt uns die Entscheidung nicht schwer: der Lichtenwalder Schurwaldmarathon soll es sein. Mit einer dreiviertel Stunde Fahrzeit ist er für Norbert und mich gut zu erreichen. Außerdem waren wir 2019 schon einmal mit unserer Tochter Laura hier. Ich erinnere mich lebhaft an viel Wald und ordentlich Höhenmeter.

Bereits zum 23. Mal wird in Lichtenwald im östlichen Schurwald in Baden Württemberg eine Laufveranstaltung ausgetragen. Mittlerweile gibt es 8 Wettbewerbe für Groß und Klein. Vermutlich der guten Wettervorhersage geschuldet, konnte man sich, trotz erfreulich hoher Voranmeldezahlen, vor Nachmeldern kaum retten. Davon bekommen wir zunächst nichts mit. Der Parkservice der Feuerwehr funktioniert reibungslos, und in der Mehrzweckhalle sind die Startnummern rasch erhältlich. Ich melde Norbert ab, denn er ist verletzt und wird mich auf dem Fahrrad begleiten. Viele Bekannte sind hier; die meisten nicht zum ersten Mal.

 

 

Der Start erfolgt im Teilort Hegenlohe, ca. 500 m entfernt. Wie lange braucht man bis zum Start? Ich verlasse mich auf Lauffreundin Kati, während Norbert das Fahrrad startklar macht. Gemütlich spazieren wir zum Start. Auch dort gibt es keinerlei Hektik. Diszipliniert stellen sich die Läufer hinter das grüne Startbanner neben dem Bürgerzentrum. Um 9Uhr 15 geht es los.

Wir laufen durch ein Spalier von applaudierenden Schlachtenbummlern. Als es ruhiger wird, versuche ich ein angenehmes Tempo zu finden. Nach Verlassen des kleinen Wohngebiets befinden wir uns auf einer Anhöhe mit weitem Rundblick. Das Läuferfeld ist schon weit auseinandergezogen. Ich genieße die grandiose Aussicht. An einem hohen, eiförmigen Kunstwerk mit dem Titel „Augenblick“ zweigen wir scharf links ab. Das Ei gehört zum 10 km langen Rundweg „Kunst und Heimatgeschichte“, der die Region noch attraktiver machen soll.

Es geht bergab in den Wald. An allen Abzweigen stehen Streckenposten. Jeder Kilometer wird von farbigen Schildern gekennzeichnet, wobei wir zunächst den gelben für den Halbmarathon folgen. Erst in der zweiten Hälfte bringen uns die blauen Marathonschilder weiter.

Ich lasse es laufen und kann dadurch das entschwundene Läuferfeld wieder erreichen. Seit einer Coronainfektion im Februar habe ich Trainingsdefizite. Eine Zielzeit von 6 Stunden scheint mir deshalb realistisch. Aber selbst dieses Minimalziel kann ich nur erreichen, wenn ich von Anfang an mit meinen Kräften haushalte. Kleinere Steigungen gehe ich konsequent hinauf.

Plötzlich wird es hinter mir laut. Zwei Fahrräder schießen an mir vorbei. Der führende Halbmarathonläufer pflügt durch das - Gott sei Dank - lockere Marathonfeld. In erstaunlich großem Abstand folgen die Nächsten. Im Ziel erfahren wir, dass Johannes Großkopf mit 1:13:07 Std einen neuen Streckenrekord aufgestellt hat.

Auch Norbert überholt mich auf dem Fahrrad, fährt aber zunächst weiter, um die immer zahlreicher werdenden Halbmarathonläufer nicht zu behindern. Hinter km 5 steht die erste VP mit Wasser und Iso. Die Helfer füllen Becher im Akkord.

Hinter km 6 kommen uns die Teilnehmer des Nordic Walking Wettbewerbs mit kraftvollem Stockeinsatz entgegen. Wir grüßen gegenseitig und feuern an. Nach ca. 300 Metern verlassen wir das Begegnungsstück. Hinter km 7 öffnet sich der Wald und Streuobstwiesen in sattem Grün, mit blühenden Obstbäumen liegen vor uns. Auf glattem Asphalt geht es bergab. Bei mir läuft es prächtig, ich kann sogar einige Marathonis überholen. In einer scharfen Linkskurve stehen Schaulustige und machen für jeden Läufer eine La-Ola-Welle. Wir haben den tiefsten Punkt erreicht, es wird flach.

 

 

Der erste Anschein trügt, der Weg steigt leicht an. Ich muss bewusst Gehpausen einlegen, denn die zahlreichen Halbmarathonläufer, die im schnellen Laufschritt überholen, ziehen schon mächtig. Ich genieße die abwechslungsreichen Gegend: der Wald ist licht und rechts mäandert der Kirnbach. Da die Sonne scheint, ist es angenehm warm.

An der nächsten VP greife ich gleich 2 Becher Wasser; einen zum Trinken, den anderen zum Kühlen, Salztabletten habe ich selbst dabei. Hoffentlich kann ich dadurch spätere Krämpfe verhindern. Ich bemerke, dass hier Apfelschnitze in einer Wanne mit Wasser angeboten werden, das verhindert das Verfärben des Obstes. Auch Bananen sind in handliche Stücke geschnitten, sind aber noch in der Schale. Da hat sich jemand wirklich Gedanken gemacht. Eine Helferin steht bereit, um bei Bedarf sofort für Nachschub zu sorgen.

Obwohl die Halbmarathonis schneller sind, genieße ich deren Gesellschaft. Norbert ist jetzt auch da und begleitet mich. Hinter einer Kurve führt der Weg plötzlich bergauf. Es ist klar, dass wir die bisher verlorenen Höhenmeter wieder hinauf müssen. Norberts Versuch, langsam neben mir herzufahren, erweist sich als mühsam. Wir vereinbaren, dass er vorausfährt und mich erst auf der zweiten, einsameren Hälfte begleiten wird.

Am Ortsausgang von Büchenbronn überqueren wir die Schorndorfer Straße, wo uns bereits die nächste VP erwartet. Ich erfrische mich wieder mit Wasser. Außerdem greife ich eine Handvoll Salzbrezeln. Bis km 14 geht es jetzt wellig durch den Wald. Nach einer kleinen Steigung wartet eine Helferin und kündigt die nächsten flachen Kilometer an. Sie weist scharf links auf einen geschotterten Radweg an der Straße entlang. Bei km 17 biegen wir unerwartet auf einen kleinen Trail ab, der sich angenehm flach in einer Baumschonung schlängelt, um dann wieder auf einen breiten Waldweg zu stoßen.

 

 

Hinter km 18 ist an der VP das Wasser aus, aber es gibt noch Tee und Iso. Weil der Waldweg mit hellen Steinen geschottert ist, kann ich seinen Verlauf vor mir zwischen den Bäumen gut erkennen. Oh je, das sieht weit aus. Ich fühle mich schlapp und mir ist heiß. Auch die Halbmarathonis sind jetzt langsam unterwegs, weshalb ich irgendwie mithalten kann. Bei km 20 steigt der Weg nochmals an. Auch die Läufer der kurzen Strecke wandern hier. Oben verlassen wir den Wald und können das Ziel auf der grünen Wiese schon erahnen.

Ein gut gelauntes Häufchen am Ende der Steigung hat Musik dabei und feuert uns an. Oben überqueren wir zunächst die Straße und laufen von hinten auf den Ortsteil Thomashardt zu, erkennbar an dem mit Mosaiken verzierten Wasserturm. Dort gibt es eine VP mit Vollverpflegung, die von den meisten Halbmarathonis aber ignoriert wird. Sie haben es ja nicht mehr weit. Ich gönne mir Cola und Salzgebäck und ein Schwätzchen mit den Helfern.

Die Streckentrennung ist vorbildlich markiert, und für Unaufmerksame steht auch noch ein Streckenposten bereit, der mir verspricht: „Es geht die nächsten 6 km bergab!“. Norbert hat sich diese Stelle ausgesucht, um auf mich zu warten. Nun geht es gemeinsam weiter, zuerst im Ort, dann zwischen blühenden Obstbäumen hindurch.

Die Perle der Erinnerung,  ein weiteres Kunstwerk, flankiert unseren Weg. Die Helferin weist uns links, auf einen gemütlichen Waldweg bergab. Wir passieren die 22, 23 und 24 km Schilder. Ich laufe konzentriert, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Norbert rollt entspannt neben mir her. In den Kurven wechseln wir die Seiten, so dass ich immer die Innenkurve habe. Wir sind ein eingespieltes Team. An einer Kreuzung zeigt der Streckenposten nach links und sagt: „Jetzt wird es flach.“

 

 

 

Wir folgen dem Reichenbach Richtung Tal. Hier ist es traumhaft schön, der Wald grünt und blüht. Es summt, und man kann viele Schmetterlinge beobachten. Hinter km 25 erkenne ich vor mir 2 Läufer. Langsam kommen wir näher. Der Waldweg ist mittlerweile zur Fahrstraße geworden. An einem Brunnen steht eine Wasserwanne. Das nutze ich spontan, um meine Mütze mit Wasser zu füllen und den Kopf zu kühlen. Es ist nun schon mächtig warm.

Bis zur nächsten VP haben wir die vor uns Laufenden eingeholt. Es sind eine Frau und ein Mann. Wir erfrischen uns mit Wasser. Es gibt Obst, etwas Süßes und Hefezopf; ganz nach meinem Geschmack. Noch ein paar nette Worte der Helfer, dann laufe ich weiter. Vor km 27 erreichen wir die Straße, dort biegen wir auf einen Radweg ab. Bald erreichen wir den Ortsrand von Reichenbach an der Fils.

Schon von weitem höre ich feine Glöckchen. Zwei Schlachtenbummler läuten den Abzweig ein. Wir bedanken uns herzlich. Scharf rechts geht es nun den Berg hinauf. Der Wanderweg ist gut ausgebaut. Norbert fährt wieder voraus, denn die Steigung so langsam mit dem Rad zu fahren, ist nicht so angenehm.

Hinter km 28 geht es über Streuobstwiesen mit schönem Blick auf die Landschaft. Das Läuferpaar von vorhin steigt jetzt zügig an mir vorbei. Mein heimliches Ziel, das lange Gefälle von vorhin ohne Krämpfe zu überstehen, habe ich geschafft. Auf dem Anstieg muss ich vorsichtig bleiben, es sind ja noch 14 km bis ins Ziel.

Vor mir sehe ich Norbert kämpfen. Am Eingang zum Wald ist es matschig und eine kurze Trailpassage für Radler schwierigeres Gelände. Ich finde das toll und folge beschwingt dem welligen Geläuf. Der Weg wird wieder breiter und steigt an. Ich falle sofort wieder ins Gehen.

An der nächsten VP gibt es Obst, Süßigkeiten, Cola, Wasser und Iso. Nach einer ausgiebigen Stärkung müssen wir weiter bergauf. Km 30 und 31, die Steigung nimmt kein Ende. Wir verlassen den Wald durch eine hohle Gasse.

Oben wartet Norbert. Unser Zielort Lichtenwald liegt auf der gegenüberliegenden Höhe des Katzenbachtals. Das ist noch weit. Wir erreichen Baltmannsweiler (km 32,5). Die ersten Krämpfe kündigen sich an. Erst als wir im Wohngebiet an einigen eifrig applaudierenden Einwohnern vorbeikommen, falle ich in einen moderaten Trab. Dann verlassen wir Baltmannsweiler auf einer schmalen Straße bergab. Diese führt in einer großen Kurve zwischen Kuhweiden bis zur nächsten VP auf einem Bauernhof. Cola und Hefezopf ist gute Läuferverpflegung. Nach kurzer Pause laufe ich weiter.

Sanfte Wellen führen zunächst durch das Gelände eines großen Reitstalls und dann auf geschottertem und später wieder asphaltiertem Weg durch Wiesen. Die Obstbäume, die hier überall blühen, sind eine Augenweide. Wir sind jetzt einmal um Baltmannsweiler herumgelaufen und verlassen das Tal. Bei km 35 geht es erneut hoch bis zur Straße. Plötzlich höre ich hinter uns Schritte. Ulli ist uns auf den Fersen. Ist er der Letzte des Rennens? Links an der Seite sehe ich einen Krankenwagen, den Norbert als den Besenwagen identifiziert. Sind wir also tatsächlich die Letzten?

Eigentlich ist mir das egal, denn einer muss ja der Letzte sein, und das Zeitlimit von 6:30 ist noch weit weg. Aber einen Krankenwagen direkt hinter mir zu wissen, finde ich unangenehm. Deshalb gebe ich vorsichtshalber Gas.

Ein Radweg führt die L1150 entlang und zweigt bald rechts über die Wiesen ab. Vor uns liegt Hohengehren. Bereits am Ortseingang feuern uns die Helfer an. Auf der leichten Steigung in der Ortsmitte werden wir mit Fanfarenklängen begrüßt. Ulli kommt mir jetzt gefährlich nahe. Grund genug, mich an der VP am Ortsausgang nicht lange aufzuhalten.

Tendenziell leicht bergab auf einer Hochebene auf asphaltiertem Weg jogge ich durch grüne Wiesen, den vor uns liegenden Wald mit imposanten Windrädern fest im Blick. Das Läuferpaar von vorhin ist ebenfalls wieder in Sichtweite. Die Straße wird  zur Schotterpiste, welche fast kerzengerade den Wald durchschneidet. Dann führt eine Rampe nach oben. Naja, es ist keine richtige Rampe, eher ein kleiner Anstieg. Das Läuferpaar und ich sind uns jedoch einig: es ist ein Berg! Oben, an der Kaiserstraße, liegt die nächste VP bei km 38,5.

 

 

Schon von weitem erkenne ich eine Bierflasche auf dem Tisch. Sofort greife ich zu und leere sie, denn es war nicht mehr viel drin. Noch ein paar nette Worte an die Helfer. Beschwingt laufe ich weiter.

Es geht nun 1,5km an der Kaiserstraße entlang. Der Weg ist uneben und mit Steinen und Löchern gespickt. Ich konzentriere mich, um nicht doch noch einen Krampf zu riskieren. Der Radweg ist stark frequentiert, viele Entgegenkommende motivieren uns. Es geht eine leichte Welle hinunter und wieder hinauf. Hier muss ich gehen. Schon wieder höre ich Ulli von hinten. Aber gleich bin ich oben und laufe sofort wieder an.

Am parkenden Rettungswagen entspannen die Helfer im Schatten. Dahinter weisen Pfeile nach rechts auf einen Radweg. Thomashardt kommt wieder in Sicht. Erstaunlich leicht komme ich auf dem Betonweg vorwärts. Besucher eines Hofladens feuern mich an. An der VP bei km 41 war ich bei Halbmarathon schon einmal. Die Streckenposten applaudieren schon von weitem. Ich bedanke mich herzlich.

Für den letzten Kilometer folge ich weiter den Pfeilen durch die Ortschaft. Wieder stehen an jeder Kreuzung Streckenposten. Oh je, noch eine Steigung! Die Helfer versprechen, dass es nun wirklich die letzte sei. „Wenn Du nach rechts schaust, siehst Du schon das Ziel“ wird mir erklärt.

Oben hilft mir noch einmal die Feuerwehr über die Straße. Ich verlasse die Ortschaft auf dem Radweg zur Mehrzweckhalle. Die entgegenkommenden Spaziergänger, einige mit Medaillen um den Hals, beglückwünschen mich vorab. Dann geht es links auf die Wiese und durch das Zieltor.

Ich werde schon erwartet. Der Moderator sagt mich an und es gibt eine schöne Medaille. Kati und Helga begrüßen mich und wir beglückwünschen uns gegenseitig. Sofort kommt eine Helferin und fragt, ob sie mir etwas bringen soll. Ich bestelle ein Bier.

 

Fazit:

Der Lichtenwalder Schurwaldmarathon ist ein schöner Landschaftsmarathon. Eigentlich sind es sogar 2 Läufe: Die erste Hälfte ist ein belebter Waldlauf, weil man sich die Strecke mit den Halbmarathonis teilt. Die zweite Hälfte ist dann ein ruhiger, abwechslungsreicher Landschaftslauf. Interessanterweise sind beide Hälften vom Profil ähnlich, denn es geht immer rauf und runter.   

Das Motto der Veranstaltung: „Klein-fein-familiär, ein LaufEvent für die ganze Familie“ trifft voll ins Schwarze. Viele, viele ambitionierte Helfer und Helferinnen, perfekte ausgeschilderte Strecken, gute Verpflegung, super Organisation. Was will man mehr?

 

 

Informationen: Schurwald-Marathon/LIWA Laufevent
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