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Laufberichte

Ne superjeile Zick - 42,195 Kölsche Kilometer

04.10.09
Autor: Joe Kelbel

… und Bolle hat sich köstlich amüsiert

Es war verdammt dunkel zwischen den Stahlbetondecken. Wir sind da rein, weil wir dachten, dort liegen Skelette herum. Dabei wurde der Luftschutzbunker am Dom gerade zum Museum umgebaut. Damals wieselten wir oft  dort unten zwischen  dem  Dionysos-Mosaik und der römischen Hafenstrasse herum, in der Hoffnung, alte Knochen zu finden.

Heute ist dort das Römisch-Germanische Museum, doch immer noch bin ich gerne in den Kellern rund um den Dom, wenn der Köbes (rheinische Form von Jakob, bezeichnet den Kellner) oder der Zappes (das ist der Zapf-Kellner, der mit dem Traumjob) mir ungefragt das nächste Kölschglas hinstellt.

Seit 1997 sagen die Marathonläufer: „ Ich laufe in Köln, weil hier  Karnevalstimmung  ist“, und begreifen nicht, daß doch in dieser Stadt alle Masken fallen. Köln ist so natürlich  unkomliziert und lebensfroh, wie keine andere Stadt, ein kleines Wunsch-Deutschland eben.

Dat möht wie don. Ja, Köln  tut auch machmal  weh. Den meisten Köln-Besuchern nur der Kopf, mir meine zwei verletzungsbedingten Marathon-Absagen. Köln ist Schmerz und Freude, schwarz und weiss. Äwer et hätt noch immer jot jegange. Ja, wir leben noch - und das schmerzende Kopfsteinpflaster bei km 41 vor dem Gürzenich gehört zum Kölner Marathon, wie die vielen Läuferparties in der Altstadt. Seit 2004 liegt der Zielbereich in Köln Deutz, zuvor direkt am Kölner Dom. Die Strecke führt auf einem flachen Rundkurs sternförmig durch die Innenstadt.

Der sternförmige Rundkurs hat einen  Hintergrund: Die römische Garnisionsstadt mit Brückenkopf im feindlichen Germanien (Deutzer Seite) war der Verwaltungssitz der römischen Provinz Niedergermanien. Das antike Straßennetz hat  bis heute Bestand: Aus dem römischen decumanus maximus (der West-Ost-Achse) wurde die Schildergasse (bei km 39 der Marathonstrecke), aus dem  cardo maximus (Nord-Süd-Achse) wurde die Hohe Straße (Kilometer 40 ).

Ab dem Jahre 1180  wurde die damals größte Stadtmauer Europas mit 12 Toren und 52 Mauertürmen gebaut. Die 12 Tore sollten an das himmlische Jerusalem erinnern, denn schließlich sollte hier ein unereicht großes, beeindruckendes Gotteshaus errichtet werden, um den Reliquien der heiligen Drei Könige einen angemessenen Rahmen zu geben. Die Grundsteinlegung des Kölner Domes erfolgte 1248.

Wer freitags schon seine Startunterlagen abholt, der merkt vielleicht erst  am Sonntagmorgen, dass irgendetwas im Trubel der letzten 48 Stunden  abhanden gekommen ist. Egal, es war ne superjeile Zick, manchmal gibt´s halt Verluste. Und während ich den starken Kaffee trinke, singe ich leise:  „ ..und dabei hat sich Bolle ganz köstlich amüsiert...“

Mein Platz an der Theke ist noch warm, als ich in Laufshorts wieder vorm Zappes stehe.  Die Kneipe tobt und alles gröhlt. Meine Startnummer klebt an der Kneipendecke und jeder hat das große „Joe“ gelesen und kringelt sich jetzt auf dem Boden. Eine Runde Kölsch an die zwanzig, dreißig  Finder und an die ersten Halbmarathonis, die um 8:30 Uhr  gestartet waren, aber hier nicht einfach vorbei laufen können. Wenige Minuten später schon hechte über die Hohenzollernbrücke Richtung  Start. Kölle is jeil!

11:30 Uhr. Dichtgedrängt stehen wir in den Startblöcken. Musik peitscht uns an, es ist nur jeil hier! Und dann nach „...und ich flieg, flieg zu dir rüber“ kommt das jeilste Lied von Kölle: „Nä, wat wor dat dann fröher en superjeile Zick.“

Diesmal werden die Startblöcke im Reißverschlußverfahren auf die Strecke geschickt, das klappt super. Direkt hinter der Startlinie ist das Feld frei und ich kann mir meinen Kopf wunderbar frei laufen. Ein rotes Banner über der Brücke: „Ne superjeile Zick, 42,195 kölsche Kilometer“, na das passt ja.

Irgendwann nach dem janzen Startjedöns bin ich schon auf der Deutzer Brücke, der erste Kilometer. Wie jedes Jahr, wenn ich den Kölner Dom auf der rechten Seite sehe, lobe ich ein hohes Preisgeld für den Fotografen aus, der mich mit dem Kölner Dom im Hintergrund  fotografiert. Wieder nix, macht nix, ich bin ja in 4 Stunden wieder hier, gegenüber watscheln die letzten Halbmarathonläufer ins Ziel.

Kilometer 3: Rudolfplatz, noch zweimal werde ich hier vorbeikommen. Jetzt geht es rääts eröm auf den Hohenstaufenring, an der Hardrockkneipe Bönsch vorbei, wo sie damals alle in Deckung gingen und noch heute von meiner  legendären Windmühle schwärmen.

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Informationen: Generali Köln Marathon
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