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Laufberichte

Marathon im Backofen

22.06.08

Elsass, Weinberge und Marathon – da kann ja nur was Gutes herauskommen. und in der Tat, wer den Laufbericht von Klaus vom Vorjahr über den Marathon du Vignobles d’Asace gelesen hat, wurde von seiner Begeisterung angesteckt. Für Angelika und mich war klar, dass wir hier laufen würden. Renate hatte sich ebenfalls von Klaus anstecken lassen und sich angemeldet, und Friedbert entschloss sich ganz kurzfristig, ebenfalls mit zu laufen. Auch in der Nachbetrachtung bereute es keiner von uns, diesen außergewöhnlichen Lauf mitgemacht zu haben.

Gestartet wird der Marathon in Dorlisheim, keine zwei Kilometer vom Ziel in Molsheim entfernt. Da wir die Spätzles-Party am Samstagabend ausließen, und erst am Sonntagmorgen anreisten, mussten wir unsere Startunterlagen im Einkaufcenter „Cora“ in Dorlisheim abholen, fuhren dann nach Molsheim auf einen Parkplatz, nur ein paar Schritte vom Zieleinlauf entfernt. Dort parkte neben uns ein Auto aus Luxemburg. Patrick wollte heute seinen ersten Marathon machen. Überredet dazu wurde er erst vor ein paar Tagen von einem Freund, der richtigerweise sagte, dass man wegen eines Halbmarathons nicht von Luxemburg ins Elsaß fahren sollte. Patrick stimmte zu, der Freund konnte dann doch nicht mit und jetzt stand er alleine auf dem Parkplatz und war ein wenig nervös.

Gemeinsam fuhren wir mit einem der Pendelbusse zurück nach Dorlisheim zum Start. Dort trieben sich alle möglichen Gestalten herum, die ein Normalbürger auf einem Faschingsball, nicht aber bei einem Marathon vermuten würde. Ganz offensichtlich machen sich viele einen Spaß mit ihren Verkleidungen, wenngleich so ein Kostüm leicht zur Schwerstarbeit verurteilen kann, wenn man es 42 Kilometer lang tragen muss. Bei uns in Deutschland hat man beim Trollinger Marathon in Heilbronn auch Mal versucht, die Teilnehmer zu animieren, in einer Verkleidung zu laufen. Aber dazu gehört eine bestimmte Art Lockerheit und Lebenslust und die ist offensichtlich hier im Elsaß reichlich vorhanden. Beim Trollinger damals ist man mit diesem Konzept recht kläglich gescheitert.
Ich aber war froh, dass ich „kurz“ laufen konnte, denn bereits vor dem Start war es recht warm und es sollte noch deutlich wärmer werden; zwischen 27 und 32 Grad wurde vorhergesagt.


Mit fünf Minuten Verspätung ging es um 8.35 Uhr los. Schnell waren wir über der Startlinie, liefen etwa zwei Kilometer durch den Ort und waren dann auf der Straße nach Hermolsheim. Einen weiteren Kilometer später erreichte man die erste Verpflegungsstelle. Bereits hier wurde Wein angeboten, der auch regen Zuspruch fand. Wasser! Wo gab es Wasser? Vor lauter Fotografieren übersah ich die Wasserflaschen und lief ohne Trinken weiter. Am Wegesrand aber lagen viele weggeworfene, nahezu volle Flaschen, von denen ich eine nahm und damit versorgt war. Bei dieser Wärme war trinken angesagt, viel trinken.

Über einen asphaltierten Feldweg ging es über Hermolsheim nach Mutzig, wo wir mit Gugelhupf, Wein Wasser, Orangen, Bananen und Trockenfrüchten versorgt wurden. Ich hielt mich an den Gugelhupf und das Wasser, viele um mich herum aber sprachen auch hier dem Wein zu. Wenn die das mal nicht bereuen mussten!


Wir waren einen großen Bogen gelaufen, als wir acht Kilometer später Molsheim erreichten. Zwei Kilometer ging es durch den malerischen Ort, bis wir bei Kilometer 10 an der Voliere mit den Störchen und kurz danach am Ziel vorbei liefen. Noch aber lag die 32 km Schleife über Marlenheim und zurück vor uns. Ach ja, die Verpflegungsstation zuvor habe ich unterschlagen. Für die Genießer wurde Sauerkraut und der passende Wein angeboten, für uns Normalläufer aber auch Wasser, Trockenfrüchte, Orangen und Bananen.

Bei der genauen Beschreibung der Weine und Spezialitäten die während des Laufes angeboten wurden, muss ich leider passen. Die Zeit, das alles genau zu dokumentieren habe ich mir nicht genommen. Da kann ich aber guten Gewissens auf den Bericht von Klaus vom Vorjahr verweisen. Der hat dort jede Station so ausführlich und kenntnisreich dargestellt, dass ich das nur schlechter machen könnte.

Übrigens, in Molsheim lag die Wiege der berühmtesten französischen Automarke Bugatti. Die Autos erwarben ihr Renommee um und nach dem Ersten Weltkrieg vor allem durch ihre Rennwagen, die viele Siege herausfuhren. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es dann mit der Firma bergab und 1998 kaufte VW die Rechte an dem Markennamen. Ein wenig Größenwahn führte dann zur Entwicklung einer Limousine und eines Sportwagens mit mehr als 1.000 PS.

Das alles aber kümmerte mich nicht, ich lief auf dem Radweg neben der Straße nach Dachstein und weiter nach Ergersheim, wo tatsächlich der von Klaus erwähnte Ofen an der Verpflegungsstelle stand. Einen Flammkuchen hätte ich schon gerne gegessen, er kam auch nach nicht Mal einer Minute aus dem Ofen. Viele Hände griffen aber sofort danach, Angelika und Friedbert drängten zum Weiterlaufen und so musste ich ohne weiter laufen.

Der nächste Ort war Wolxheim, das, wie auch bereits die Orte zuvor, durch schöne Fachwerkhäuser, beeindruckte, aber auch durch die Steigung, die wir auf unserem „Rundgang“ bewältigen mussten. Bei Kilometer 17 verließen wir den Ort und machten uns auf den Weg über Dahlenheim nach Scharrachbergheim. War bisher die Strecke, bis auf kurze Abschnitte, noch recht eben und gut zu laufen, kamen wir jetzt durch Weinberge und Maisfelder, es ging ordentlich auf und ab und vor allem wurden die Wege anspruchsvoller, Wiesenwege mit teilweise tiefen Fahrspuren.

Auch wurde es immer wärmer, die versprochenen 27 bis 32 Grad hatten wir längst überschritten, die Sonne stand bereits um diese Zeit (10.45 Uhr) recht hoch und ich schwitzte aus allen Poren. Das konnte ja heiter werden! Etwa fünf Stunden hatte ich mir für den Lauf vorgenommen und bisher hatten wir die Zeit auch recht gut eingehalten. Wenn es aber noch wärmer wurde, konnte ich für nichts garantieren.


Bei Kilometer 19 erreichten wir Dahlenheim und bald auch die dortige Verpflegungsstelle. Ich trank viel, gönnte mir ein Stückchen der dort angebotenen Wurst, aber meine beiden Mitstreiter waren unbarmherzig und vor allem noch voller Energie und daher immer wieder schnell auf der Strecke, so dass ich keine Gefahr lief, mich den Genüssen hinzugeben.

Auf einer Autostraße, auf der ein Streifen für uns Läufer reserviert war, ging es nun ordentlich hoch. Alle um mich herum waren in den Energie sparenden Gehschritt übergegangen und auch ich schloss mich an. Nach ca. einem Kilometer waren wir oben, die Sonne brannte, es war heiß, aber wir konnten es locker abwärts laufen lassen, bis hinein nach Scharrachbergheim. Hier fand gerade ein Kinderlauf statt und manche der Kleinen hatten mehr Geschwindigkeit als ich.

Waren bereits bisher die Dörfer mit ihren liebevoll restaurierten, farbenfrohen Fachwerkhäusern schön anzusehen, steigert sich das ab hier noch. Scharrachbergheim ist ein Dorf wie aus dem Bilderbuch, überall hingen Blumenampeln mit farbenfrohen Geranien, aber auch Odratzheim (km 23) und alle folgenden Dörfer standen dem in nichts nach. Auf Schritt und Tritt sah man, wie sich die Bewohner Mühe gaben, ihren Ort herauszuputzen.

Alleine diese Anblicke waren es Wert, hier zu laufen. Dazu aber kam noch die Herzlichkeit, mit der man überall empfangen wurde. An jeder Verpflegungsstelle gaben sich die Helfer Mühe, uns zufrieden zu stellen. Aber auch die vielen Streckenposten beeindruckten mich. Nie lief man auf geradem Weg durch einen Ort. Stets wurde man auf verschlungenen Wegen durch das Dorf geführt, und an jedem Richtungswechsel stand tatsächlich ein Ordner, der jeweils die Abzweigung zeigte. Man spürte auf Schritt und Tritt das Engagement, sich und die Region von der besten Seite zu präsentieren, was dann auch aufs Eindruckvollste gelang.

Informationen: Marathon du Vignoble d'Alsace
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Nur die Hitze dämpfte ein wenig meine Begeisterung. Längst war ich dazu übergegangen, an jedem Wasserfass, das an der Strecke stand, meine Mütze einzutauchen und mit einem Schwall Wasser wieder auf den Kopf zu setzen. Leider aber hielt diese Art Kühlung nur wenige Minuten, bis das Wasser verdunstet war. Es war eindeutig das heißeste Wochenende des ganzen Jahres und die 32 Grad waren weit überschritten und Schatten war kaum anzutreffen.
Bei etwa Kilometer 24,5 sahen wir links in der Ferne eine große Voliere mit Störchen. Bereits in Molsheim waren mir diese Zugvögel aufgefallen. Ganz offensichtlich hegte man hier diese Tiere, die als offizielles Wappentier der Region gelten. In ganz Frankreich kommt der Storch nur als Zugtier vor, lediglich im Elsaß brütet er von je her auch.

Bis zur Halbmarathonmarke waren wir mit 2:30 h noch gut in der geplanten Zeit. Auf den letzten Kilometern aber mussten wir immer wieder gehen, und auch der Aufenthalt an den Wasser- und Verpflegungsstellen dauerte länger, so dass unser Schnitt auf 8 Minuten pro Kilometer sank. Ganz offensichtlich aber ging es anderen genauso. An der Verpflegungsstelle bei Km 25 auf der Höhe von Marlenheim hatten wir die Gruppe Kostümierter eingeholt, die ich eigentlich weit vor mir vermutete. Sie gaben gerade wieder ein Musikstück zum Besten, der Mexikaner spielte mit seiner Gitarre die Melodie, die anderen begleiteten ihn auf ihren Tröten. Wie immer hatten sie auch hier viel Erfolg und Beifall.

Aber ich musste diese Läufer bewundern. Nicht nur, dass sie ganz offensichtlich dem Wein ganz gerne zusprachen, nein, sie hatten auch noch diese Kostüme an. Besonders der römische Söldner musste doch unmenschlich schwitzen, unter seinem Helm und seinem Panzer. So etwas können nur schnelle Läufer durchstehen, die sich bei so einem Lauf sehr zurückhalten.

Mit dieser Verpflegungsstelle hatten wir den nördlichsten Punkt der Strecke erreicht, liefen dann einen Kilometer nach Westen, erreichten Wangen (km 27) , wo eine Verpflegungsstelle, bzw. deren Weinangebot, die Sängergruppe wieder bremste. Wie zuvor verschmähte ich den Wein, trank lediglich Wasser, aß eine Kleinigkeit und erfrischte mich vor allem an dem Wasserfass, in das ich meinen Kopf zur Gänze eintauchte.


Kurz nach Wangen dann lief man wieder zwischen großflächigen Rebflächen auf zunehmend schlechteren Feldwegen nach Traenheim (km 31), wo ich das erste Mal einen Becher Cola trank. Das würde mir Schub für die nächsten Kilometer geben. Es ging weiter durch den Ort und wieder hinaus auf die Felder. Die nächsten fünf Kilometer lief man im Zickzack durch ein herrliches Weingebiet, Mal ging es hoch, dann wieder abwärts und da wir jetzt 12.30 Uhr hatten, stand die Sonne hoch und heizte unglaublich. Tatsächlich war dann oben am Berg eine Wasserstelle, an der man sich wieder abkühlen konnte. Wie sich die Organisatoren auf diese Hitze an diesem Tag eingestellt hatten, war aller Ehren wert. Auf den hier, mitten in den Weinbergen, angebotenen Münsterkäse freute ich mich bereits von Anfang an. Den musste ich probieren, war sogar kurz in Versuchung, ein Gläschen Wein dazu zu trinken, ließ es dann aber doch bleiben. Wer weiß, was aus mir geworden wäre! Den Käse aber kann ich uneingeschränkt empfehlen, zum Wein kann ich, aus besagtem Grund, nichts sagen, er war aber sicher auch sehr gut.

Mit neuem Schwung ging es jetzt abwärts bis zur nächsten Verpflegungsstelle in Dangolsheim (km 36). Nach dem üblichen Programm wie Cola, Riegel und abkühlen, liefen wir weiter nach Soultz les Bains. Auch dort war ich vor allem an der Abkühlung und dem Cola interessiert und schlurfte dann weiter.
Zwischendurch hatte ich meine Zielzeit von fünf Stunden längst abgeschrieben, hoffte aber noch auf eine Zeit um die 5:20 h. Hier musste jedoch erkennen, dass auch daraus nichts würde. Zu viele Gehpausen und Aufenthalte reduzierten unseren Kilometerschnitt. Aber warum sollte ich mir Sorgen machen, dann würde ich eben noch länger brauchen. An diesem Tag war mir die Zeit vollkommen unwichtig, ich genoss die Landschaft, die Dörfer, die herzlichen Leute und das Laufen.

Kurz vor Kilometer 39 ging das Gerücht um, dass der Lauf abgebrochen sei und man mit dem Bus zurück gefahren würde. Alle um mich herum waren sich aber einig, dass wir da nicht mitmachen würden, die restlichen drei Kilometer würden wir notfalls auch ohne Getränke und ohne Erlaubnis zu Ende laufen. Tatsächlich stand da auch bald eine Frau und fragte nach unseren Startnummern. Keiner blieb stehen, alle joggten wir weiter und ganz offensichtlich war die Frau auch damit zufrieden. Aha, die wollten sich nur absichern und uns signalisieren, dass wir ab jetzt auf eigenes Risiko laufen würden. Später hörte ich, dass es doch einige Läufer mit Kreislaufproblemen gegeben hatte. Ein Läufer, der gestürzt und unglücklich den Kopf angeschlagen hatte, musste sogar ins Krankenhaus gebracht werden.

In der Tat gab es ab hier nichts mehr zu trinken. In Avolsheim war die Verpflegungsstelle bereits abgebaut. Bis kurz vor Molsheim liefen wir auf einem flachen Radweg und wurden an dessen Ende angenehm überrascht: die Verpflegungsstelle dort bei km 41 war noch besetzt. So kurz vor dem Ziel verschmähte ich das Wasser und trank stattdessen ein Gläschen Schaumwein.
Der letzte Kilometer war dann auch kein Problem mehr, so dass wir vollends problemlos das Ziel erreichten. Mit 5:41 h hatte ich zwar mein ursprüngliches Ziel weit verfehlt, aber angesichts der Temperaturen von über 35 Grad war ich zufrieden. Auch Patrick trafen wir noch. Mit 5:12 h hatte er seinen ersten Marathon souverän überstanden. Zwar musste auch er auf der zweiten Hälfte viel marschieren, war aber zu Recht zufrieden über sein Abschneiden.


Dies war ein außergewöhnlich schöner Lauf, geprägt von bunt geschmückten Bilderbuchdörfern mit herrlichen Häusern, einer schönen, vom Weinbau dominierten Landschaft, teilweise anspruchsvollen Wegen, sowohl vom Untergrund her, als auch dem vielen Auf und Ab, einer unvergleichlichen Verpflegung und Zuschauern und Helfern, die einem jederzeit das Gefühl gaben, willkommen zu sein.

Renate murrte zwar unmittelbar nach dem Zieleinlauf über die fehlende Versorgung auf ihren letzten fünf Kilometern. Sie beruhigte sich dann aber angesichts des üppigen Marathontellers wieder. Als sie dann noch einen Flammkuchen und einen Becher Bier bekam, hatte sie sich wieder mit den Umständen versöhnt und schloss weitere Teilnahmen nicht aus.

Wer Landschaftsläufe liebt, für den ist dieser Lauf unbedingt empfehlenswert.

Streckenbeschreibung

Der Kurs ist hügelig mit vielleicht insgesamt 15 km holpriger Wirtschafts- und Wiesenwegen, landschaftlich aber sehr schön und abwechslungsreich, bildhübsche Dörfer, herrlich geschmückt vorwiegend mit bunten Geranien

Kosten

Marathon 42 Euro, Nachmeldungen 50 Euro
Halbmarathon 21, bzw. 25 Euro, 10 km 10 Euro
Spätzle-Party: 10 Euro.

Zeitnahme

Kostenloser Leihchip

Auszeichnung

Medaille, Funktionsshirt, Flasche Wein, Marathonteller mit Wein/Bier und Flammkuchen

Verpflegung

Wohl um die 12 Verpflegungsstationen mit Wasser, Cola, Trockenfrüchten, Orangen, Bananen, Riegel, Spezialitäten der Region und den passenden Wein dazu. Zusätzlich noch viele Wasserstellen, teilweise auch private.

Zuschauer

Beim Start und im Ziel, unterwegs in den Ortschaften bei den Verpflegungsstellen

Logistik

Am Samstag gibt es die Startunterlagen in Molsheim, am Sonntagmorgen beim Startgelände in Dorlisheim (Cora). Dort ist auch ein großer Parkplatz. Man kann aber auch in Molsheim parken und dann mit dem Pendelbus zum Start nach Dorlisheim fahren. Teilnehmer am Halbmarathon werden per Pendelbus nach Scharrachbergheim gebracht. Ziel für alle Disziplinen ist Molsheim. Kleiderbeutel-Transport und Shuttle zurück zu den Parkplätzen (ca. 2 km).

 

Informationen: Marathon du Vignoble d'Alsace
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