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Laufberichte

Flucht in den Frühling

 

Der strenge Januar-Frost in bayerischen Gefilden macht mir Lust auf einen Ausflug ins Warme. Der Funchal-Marathon auf Madeira wäre beispielsweise eine gute Gelegenheit, eine Woche Urlaub mit einem Marathon zu verbinden. Und wie das Leben so spielt, bekommen wir ein sehr verlockendes Last-Minute-Angebot. Als beste Reisezeit für Madeira werden meist die Monate von März bis Oktober genannt, wenn zuverlässig die Sonne scheint. Aber auch im tiefsten „Winter“ bewegen sich dort die Temperaturen noch zwischen 15 und über 20 Grad. Lediglich häufigere Regenschauer sind möglich. Nicht umsonst wird die Insel auch Blumeninsel oder „Insel des ewigen Frühlings“ genannt.

Madeira, eine aus vier Inseln bestehende autonome Region Portugals, liegt vor der Nordwestküste Afrikas und hat 2023 ein Tourismus-Rekordjahr hingelegt, was weniger den Fans von Strandurlauben, sondern eher den Natur- und Wanderfreunden zu verdanken ist. Die Hauptinsel Madeira ist vulkanischen Ursprungs mit einer grünen, zerklüfteten Landschaft und hohen Steilfelsen. Das subtropische Klima schafft perfekte Wachstumsbedingungen für über 2500 verschiedene Pflanzenarten.

Es gibt über 140 Tunnel auf der kleinen Insel, welche die kurvigen Straßen durch die zerklüfteten Täler abschneiden. Von den ca. 160 Kilometern Inselumrundungsstraße liegen gefühlt die Hälfte im Tunnel. Dadurch werden kleine Weiler mit wenigen hundert Einwohnern bequem an die Hauptstadt angebunden.

In unserem großen, komfortablen Hotel sind vor allem britische Rentner gemäß dem Angebot „drei Wochen zahlen, vier Wochen Urlaub“ abgestiegen sowie einige polnische Familien, die eine Schulferienwoche hier verbringen. Die deutschen Touristen haben sich offenbar andere Unterkünfte ausgesucht oder nutzen nur den Landgang von einem der zahlreichen Kreuzfahrtschiffe für einen kurzen Inselbesuch, sodass ich mich über die Urlaubsatmosphäre in einer anderen Kultur freue.

Nach einem idyllischen Trainingslauf in den schon vom britischen Premier Winston Churchill sehr geschätzten Fischerort Câmara de Lobos - samt Fußgängertunnel an der Steilküste - machen Judith und ich uns am Freitag auf zur Startnummernausgabe im Rathaus von Funchal. Die Inselhauptstadt liegt in einem Tal in Form eines Amphitheaters an den steilen Hängen der Küste. 112.000 Einwohner leben hier, ihr heute wohl bekanntester „Sohn“ ist der Fußballer Cristiano Ronaldo, nach dem auch der Flughafen benannt wurde. Die Besiedelung durch die Portugiesen fand ab 1420 statt, bekannt war die Inselgruppe aber schon in klassischer Zeit, wie man Berichten von Plinius dem Älteren und Plutarch entnehmen kann. Wir entscheiden uns, zum Botanischen Garten zu gehen, erkennen aber schnell, dass wir 300 Höhenmeter nach oben müssen. Eine anstrengende Sache, da viele Straßen auf direktem Weg bergauf verlaufen, sodass man oft auf über 20 Prozent Steigung kommt.

In einem kleinen Innenhof des Rathauses bekommt man seine Startnummer, einen Taschenaufkleber, eine Papiertüte mit einem kleinen Fläschchen Madeirawein und dem inseltypischen Honigkuchen „bolo de mel“. Auch ein Gutschein für die Pasta-Party am Samstagnachmittag ist vorhanden. Und nicht zuletzt ein Veranstaltungslaufhemd in unterschiedlichem Design für Marathonis, Halbmarathonis und 8 km Laufende.

Wir verbringen noch etwas Zeit mit Sightseeing in der Innenstadt, wo es neben historischen Gebäuden wie Kirchen, Palästen und Klöstern diverse Museen, Parks und Flaniermeilen gibt.

 

Marathontag

 

Der Start des Marathons ist auf sieben Uhr angesetzt. Als Spätmelder bemerken wir gar nicht, dass die ursprüngliche Startzeit um eine Stunde vorverlegt wurde. Es gab leider Teilnehmer, die das übersehen hatten und zu spät zum Start kamen.

Der Streckenverlauf ist einfach erklärt: In der Hotelzone, die westlich der Innenstadt liegt, sind zunächst viereinviertel Runden zu laufen. Ab km 31 folgt ein Verbindungsstück durch die Innenstadt zum Hafen und zur Promenade. Dort sind es dann noch drei kurze Runden..

 

 

Der Marathonstart liegt zwei Kilometer vor der ersten Wendestelle („Return Point“ genannt) in einer Seitenstraße etwas tiefer, um die Regeln für den Höhenunterschied von Start und Ziel einzuhalten. Es werden heute auch Portugiesische Meisterschaften ausgetragen. Ansonsten ist das Teilnehmerfeld sehr international. Der Zielschluss nach 6,5 Stunden lockt Marathonsammler an.

Am Startbogen gibt es ausreichend Toilettenhäuschen und kurz vor dem Start dann auch einige Worte aus dem Lautsprecher. Anscheinend versucht man den Schlaf der Gäste in den angrenzenden Hotels nicht allzu sehr zu stören. Da unser Hotel nur fünf Minuten entfernt liegt, haben wir uns entschieden, keinen Kleiderbeutel abzugeben. Bei 14 Grad kann man auf eine wärmende Kleidung verzichten

Pünktlich um sieben der Start und mühsam werden die ersten Höhenmeter zurückgelegt. Dann wird es flach. Oder, wenn man es negativ sehen will, leicht wellig, aber immer laufbar. Die zweispurige Straße ist komplett gesperrt und gut ausgeleuchtet. Der Straßenbelag meist sehr gut, nur an einigen Stellen etwas uneben. Im Moment ist es noch dunkle Nacht und es macht Spaß, die vielen Lichter der Häuser und Straßen an den steilen Hängen zu betrachten. Und schon kommen uns die führenden Läufer entgegen.

Auf dem Rückweg dann der Blick auf die hohen Felswände weiter westlich. Eine wunderschöne Palmenallee führt hinunter zum westlichen Wendepunkt, dem Kreisverkehr mit der riesigen Skulptur eines in den Seilen hängenden „gefallenen Engels“. Das 2004 eingeweihte Monument hat die Vereinigung AssICom all jenen gewidmet, die im örtlichen Bausektor tätig sind oder waren.

Die zweite Runde erfolgt dann in der Dämmerung und um 8:09 Uhr ist der Sonnenaufgang angesagt. Aktuell liegen da aber noch ein paar Wolken über dem Meer. Kein malerischer Anblick, aber dafür bleibt es noch angenehm kühl.

Der Start des Mini-Marathons um 8:30 und des Halbarathons um 9:00 liegt direkt an der Strecke am Largo da Paz-Platz. Dorthin hat man flink den Startbogen versetzt. Und natürlich werden wir bald von den flotten 8-km-LäuferInnen überholt. Platz ist auf der Straße genug, wobei im Mittelteil ein kurzes Stück einer Einbahnstraße zu laufen ist. Zurück auf einem Radweg nebenan ist es etwas beengter.

Natürlich gibt es einiges an Anfeuerung am Startplatz, von den Wartenden. Auch ein Musikant wird aufgeboten, der neben Latino-Hits anscheinend lokale Balladen zum Besten gibt. Viele Zuschauer singen mit. Ansonsten stehen vor den Hotels oft Gäste, die uns zusehen, aber so richtig viel Stimmung gibt es nicht.

 

 

Einigen Läufern mit Hemden von deutschen Laufveranstaltungen rufe ich ein „Auf geht´s“ zu. Oder ich freue mich über ein Shirt von einer Veranstaltung, bei der ich auch gewesen bin. Überrascht bin ich, als eine Läuferin in grün-rotem portugiesischem Trikot mir auf Deutsch antwortet. Es stellt sich heraus, dass sie Deutsche ist, hier lebt und in einem lokalen Sportverein eingeschrieben ist.

Ein junger österreischer Läufer im Hemd des 100 MC Österreich freut sich ebenso über meine Anfeuerung. Ein Barfußläufer trägt ein Laufhemd des Palästina Marathons.

Am westlichen Wendepunkt gibt es große Wohnanlagen, zum Teil noch im Entstehen. Eine Appartementanlage bezieht sich im Namen auf Dubai, wird aber nur wenige Stockwerke besitzen, anders als das nagelneue Savoy-Hotel an der Avenida do Infante mit seinen 15 Stockwerken, im Hang gelegen und von der Meeresseite noch imposanter anzusehen. Dort wurden auch kleine alte Häuser integriert, in denen sich jetzt Restaurants und Bars befinden.

Gegenüber liegen noch einige schöne Gründerzeitvillen, die sich heute oft im Besitz von Firmen befinden.. Hier gibt es auch eine Musikschule, aus der abends oft Trommelrhythmen zu hören sind. Meine Vermutung, dass die Gruppe heute auch an der Strecke steht, hat sich leider nicht bewahrheitet.

An der östlichen Wendestelle zum Verbindungsstück stehen mehrere Kampfrichter, die fleißig unserer Laufnummern aufschreiben. Auch gibt es an allen wichtigen Stellen Zeitmessmatten. Anhand der Kilometerschilder kann man gut sehen, wie oft man noch kreisen muss.

 

 

Die vier Runden vergehen doch recht abwechslungsreich. Einerseits wegen der immer heller strahlenden Sonne, aber auch wegen den vielen Teilnehmenden der drei Wettbewerbe. Auch für uns eher langsame Läufer wird es nie einsam,  da sich ab 9:00 Uhr die Halbmarathonis für zwei Runden unter uns mischen. VPs gibt es zwei, dort Becher mit Wasser und wohlschmeckende Bananen aus einheimischer Produktion. Auch Toilettenhäuschen sind dort vorhanden.

Bei Kilometer 31 dann keine Kehre mehr, sondern schnurgerade den Berg hinunter. Das macht richtig Spaß. Unten erwartet uns hinter dem ausgeschalteten Brunnen bei der Rotunda do Infante die Altstadt. Links von uns ein schöner kleiner Park, quasi ein botanischer Garten mit vielen interessanten Bäumen und Pflanzen. Rechts die Burg, die Staatsbank, die Kathedrale aus dem frühen 16. Jahrhundert, einst Sitz des Erzbistums. Dann die Einkaufsstraße, wobei auch in Madeira die Shoppingcenter in den Vorstätten Einzug gehalten haben.

Überall stehen Helferinnen und Helfer und weisen uns ein. Rechts Richtung Meer, das nächste Kilometerschild zeigt 36, aber so weit sind wir leider noch nicht. Drei Runden warten auf uns und die Laufstrecke ist wieder viel voller. Wir sehen auf der Begegnungsstelle am Meer einige Marathonis, die schon bei Kilometer 40 sind und fast 45 Minuten vor uns ins Ziel kommen werden.

Die tiefen Betonkanäle, die wir hier queren, enthalten kleine Flüsse, die wohl bei Regen bedrohlich anschwellen können. An einigen alten Gebäuden laufen wir westwärts Richtung Kreuzfahrthafen, wo jeden Tag zwei oder drei Ozeanriesen ankommen. Und wer das per Schiffstracker verfolgt, erkennt schnell, dass es hier wöchentlich wiederkehrende Routen gibt, die vor allem Madeira und die Kanarischen Inseln ansteuern. Tagsüber sind dann über 10.000 Touristen in der Altstadt. Und abends wird es wieder ruhiger, wenn die Schiffe weiterfahren.

Die Marathonis müssen zur hinteren Wendestelle laufen, Halbmarathonis dürfen etwas früher wenden. Hier gibt es einen Verpflegungspunkt, diesmal auch mit Iso-Getränken. Dann zurück und nahe der Seilbahn-Talstation am Ziel vorbei. Dort ist natürlich die Hölle los, da schon viele TeilnehmerInnen ihren Lauf beendet haben.

Für uns geht es weiter, hinter der Seilbahnstation über ein ungleichmäßiges Kieselpflaster, das man auch gut für eine Fußmassage verwenden könnte. Die Seilbahn führt in den Stadtteil Monte, wo es ein Highlight der Insel zu bewundern gibt: Mit Korbschlitten kann man sich zügig Richtung Hafen hinunterfahren lassen. Besonders die Kreuzfahrer bescheren den Korblenkern ein gutes Geschäft.

 

 

Zurück  laufen wir dann an den kleinen alten Häusern vorbei, die nun einen Teil der Restaurantzone von Funchal bilden. Der Zuspruch ist auch hier eher mau. Naja, wir sind auch schon lange unterwegs. Irgendwie wird es in der sengenden Sonne am Meer schon etwas anstrengender. Der Kampfrichter am Zieleinlauf zeigt mir noch eine Runde an. Ich behaupte, dass es doch noch zwei wären und schon ist er dabei, die Aufzeichnung zu korrigieren. Gerade noch rechtzeitig kann ich ihn davon überzeugen, dass ich nur einen Witz gemacht habe.

Auf der letzten Runde nehme ich mir die Zeit, ein Selfie mit der Cristiano-Ronaldo-Skulptur vor dem nach ihm benannten Hotel samt Museum zu machen. Dann weiter Richtung Ziel. Judith und ich werden noch richtig groß gefeiert. Es gibt eine schöne Medaille.

Wenn man besser vorbereitet gewesen wäre, hätte man am Start einen Kleidersack samt Badesachen abgegeben. Nebenan lockt nämlich eine Badestelle und das Meer ist immerhin 20 Grad warm. Ansonsten gibt es Massagen und als Zielverpflegung Orangen, Bananen, Iso und Wasser.

Die Siegerehrung ist ein großes Happening. Man sieht hier nur glückliche Gesichter. Für uns geht es dann wieder zum Hotel. Und dank des frühen Starts können Judith und ich noch einen ganzen Nachmittag am Pool verbringen.

 

Fazit

 

Der Funchal Marathon hat sich in seiner achten Auflage als internationaler Marathon etabliert. Die Strecke ist aufgrund der Topographie in vier Runden à 7,5 km, eine ca. drei Kilometer lange Verbindung und drei Runden von je etwa 3 km aufgeteilt. Die obere Runde ist recht wellig, aber gut laufbar. Insgesamt kommen um die 300 Höhenmeter zusammen.

Man sollte sich die Streckeninformationen gut einprägen, um nicht doch zu früh abzubiegen. Obwohl die Helfer einen bei der Wahl des richtigen Weges unterstützen. Zeitnahme gab es sehr oft, ein unabsichtliches oder absichtliches Abkürzen führt zur Disqualifikation.

Generell ist Madeira ein schönes, abwechslungsreiches grünes Urlaubsziel, besonders im für unsere Verhältnisse frühlingshaften Winter, wenn weniger Gäste da sind. Die Preise für Hotels und Mietwagen sind dann recht günstig. Und auf den beliebten Wanderwegen entlang der „levadas“ genannten künstlichen Wasserläufe tritt man sich nicht auf die Füße.


Hauptwertung Marathon Frauen

1 Fanni Gyurko     HUN    3:05:41
2 Julie Mortensen     DEN    3:20:11
3 Raluca Apostol     ROU    3:21:02

Hauptwertung Marathon Männer

1 José Sousa         POR    2:21:14
2 André Costa         POR    2:25:51
3 Carlos Papacinza     POR    2:26:34

Teilnehmende

Marathon    278
Halbmarathon    466
8 km        440

Deutschland    112
Österreich    12            
Schweiz    5            

 

 

Informationen: Maratona do Funchal (Madeira)
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