Eibenstock – schon mal gehört? Pilskennern ist vielleicht das Wernesgrüner Pilsener ein Begriff. Von Wernesgrün nach Eibenstock sind es gut 10 Kilometer. Fußballfreunde kennen Erzgebirge Aue, das ist 30 Kilometer entfernt.
In dem heute 6.600 Einwohner zählenden Städtchen wurde bis ins 19. Jahrhundert Bergbau betrieben. Danach war Eibenstock bekannt für seine Stickereien. Noch heute findet man solche Betriebe, dazu Filzverarbeiter (die unter anderem die guten alten Pantoffeln machen!) und die überall im Erzgebirge anzutreffenden Holzwaren- und Spielzeugherstellung.
Während des 1. und 2. Weltkrieges wurde der Bergbau im Erzgebirge noch einmal wiederbelebt. In den Jahren vor 1945 galten die Bergwerke in Joachimsthal als einzige Uranerzgruben der Welt.
Nach der Entdeckung der Kernspaltung wurde Ende der 1930er Jahre schließlich das Uranerz auch für militärische Zwecke interessant. Als sich die Sowjetunion nach dem Abwurf der Atombomben auf Japan fieberhaft an die Entwicklung einer eigenen Atombombe macht, beginnt unter dem Tarnnamen Wismut A.G. die Förderung von Uranerz im gesamten Erzgebirge. Zum dritten Mal in der Geschichte dieser Region strömten Tausende von Menschen ins Erzgebirge, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Schwerpunkt des Abbaues war bis zur Wende unter anderem auch Aue.
Vielen ehemaligen DDR-Bürgern ist Eibenstock durch das große Ferienheim des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) bekannt. Südlich der Stadt befindet sich der 778 m hoch gelegene Adlerfels mit einer Allwetterbobbahn und einem Skilift.
Hört sich alles nicht so sehr berauschend an. Aber Landschaftsläufe finden nun mal nicht in den Metropolen statt, sondern sind in der Provinz am Schönsten. Die, die viel unterwegs sind in Sachen Laufen, wissen das. Deshalb wundert es mich gar nicht so sehr, dass ich etliche Bekannte treffe.
Als prominent kann unter diesen Werner Selch eingestuft werden. Schließlich hat er gerade den Trans-Gaulle gewonnen, den Lauf durch Frankreich vom Atlantik zum Mittelmeer; sozusagen das Gegenstück zum gegenwärtig stattfindenden Deutschlandlauf. HaJo Mayer, Vorstand des 100 Marathon-Club, zählt in diesem Jahr auch zu den Finishern der Frankreich-Tour. Ganz nebenbei hat er auf einer der letzten Etappen seinen 1.000sten Marathon (und mehr) absolviert.
Hektik findet hier nicht statt. Beim Bretschneider-Sportplatz sind ein paar Verkaufsstände aufgebaut, im Vereinsheim gibt es die Startunterlagen. Kaffee gibt es für einen Euro und auch bei den anderen Preisen muss man eher zweimal schauen und fragt sich: haben die sich verrechnet?
Verwundert beobachte ich, dass die meisten mit Mountain Bikes im Gepäck anreisen. Ursprünglich war ein Radrennen als Rahmenprogramm aufgenommen worden. Heute werden 3 Strecken angeboten (30, 50 und 100 Kilometer) und die Teilnehmerzahl (457) übersteigt die der Läuferinnen und Läufer (321, davon 63 Marathon) deutlich.
„Auf geht’s Leute, an die Startlinie, in 2 Minuten geht’s los,“ mahnt der Sprecher. Bis dahin ist kein Mensch unter dem Startbanner zu sehen. Auch jetzt bewegen sich die 61 Läufer und 2 Läuferinnen eher gemächlich in Richtung der zwei mit Filzstoffen bekleideten Symbolfiguren.
Um 10.20 Uhr geht’s dann los.
Wir laufen abwärts durch das Städtchen, sehen links die Kirche und rechts das Königliche Amtsgericht. Nach einem kurzen Stück folgt dann der erste Anstieg, der sich ungefähr 6 Kilometer durch den Dönitzgrund hinzieht. Dabei laufen wir auf einer guten Forststraße durch herrlichen Fichtenwald. Die Sonne scheint und die Temperaturen sind ideal. Hier im Erzgebirge ist es ja auch im Sommer nicht so warm wie anderswo in Deutschland, dafür im Winter immer etwas kälter. Der Schnee liegt in Kammlagen oft bis in den April hinein.
Dirk Schwonburg aus Leipzig treffe ich wieder. Ich bin beim Hornisgrinde Marathon ein Stück mit ihm gelaufen. Er war als Jugendlicher in dem schon erwähnten Ferienheim und kann sich noch erinnern, dass hier viele Bürger der ehemaligen DDR Urlaub machten. Heute treffen sie sich mit den Wessies auf Mallorca.
Nach zwei Kilometer abwärts erreichen wir Carlsfeld, überqueren bei der Trinitatiskirche (als Zentralbau von1684-88 einer der Vorfahren der Dresdner Frauenkirche) die Hauptstraße, um auf der anderen Ortsseite steil aufwärts in Richtung des Skihanges zu laufen. „Glück auf“ wünschen uns die Passanten an der Straße, die sich wundern, dass wir uns bei der Anstrengung auch noch unterhalten.
Nach einem weiteren ziemlich steilen Stück erreichen wir bei ungefähr km 11 eine Verpflegungsstelle. Neben Iso, Wasser, Riegeln und Obst gibt es den berühmten Schleim, den viele vom Rennsteig her kennen. Ein kurzes Stück weiter erreichen wir mit 913 Metern den höchsten Punkt der Strecke und gleich darauf die 1930 eingeweihte Carlsfelder Talsperre, die nach dem Schluchsee im Schwarzwald die höchstgelegene Talsperre Deutschlands ist.
Wir laufen über die Staumauer und kommen auf eine karge Hochfläche, laufen ein Stück dem See entlang und dann links auf dem Kammweg zunächst noch eben, später abwärts, bis wir bei km 16 Wildenthal und eine weitere, gut bestücke Verpflegungsstelle erreichen.
Die nächsten zwei Kilometer folgen wir einer Verkehrsstraße aufwärts, bis zum „Großen Stern“, wo sich viele Wege treffen. Wir nehmen den bequemen linken Weg, laufen ein paar Kilometer abwärts, dann auf welligem Kurs in Richtung der Talsperre Sosa. Schon bald erkennen wir links durch den dichten Fichtenwald den in der Sonne glitzernden See. Bei ungefähr km 25 sind wir dann an der Staumauer, überqueren sie und studieren die Erinnerungstafel auf der anderen Seeseite. Walter Ulbricht höchstpersönlich hat 1950 den Grundstein gelegt. Lest den Text auf dem Foto, vielleicht findet ihr ihn auch zum Schmunzeln.
Ein kurzes Stück geht es sehr steil nach oben, dann folgen fünf bequeme Kilometer mit leichtem Gefälle durch meist schattigen Mischwald. Die Strecke ist sehr gut mit roten Pfeilen auf den Wegen markiert, jeder Kilometer ist markiert und zusätzlich gibt es an kritischen Stellen Absperrungen mit Flatterbändern. Außerdem sind etliche Helfer an Kreuzungen postiert.
Das einzig Störende sind die Biker, die teilweise die gleichen Wege nutzen. Statt zu bremsen machen sie mit lauten Rufen auf sich aufmerksam, bevor sie dann in einem Höllentempo an uns vorbei rasen. Ich will mich hier gar nicht weiter darüber auslassen. Die Biker werden sich ihrerseits beklagen und haben damit auch Recht. Man muss das von der Organisation her entweder zeitlich entzerren, oder die Strecken trennen. Es kann nämlich auch ganz schnell mal was passieren.
An der Waldgaststätte Zimmersacher werden wir noch einmal gut verpflegt, kommen dann zum Wasserfall und verlassen gleich darauf den Wald, um oberhalb von Blauenthal (km 31) an einem Wiesenhang entlang zu laufen. Wir spüren die Kraft der Spätsommersonne, gleichzeitig sorgt aber ein leichter Wind für angenehme Kühlung. Der Hang ist mit zahlreichen Datschen bebaut, die liebevoll hergerichtet sind und sich in nichts von den in den Alten Bundesländern üblichen Schrebergärten unterscheiden. Wir sind doch ein Volk.
Beim Schlösschen in Wolfgrün überqueren wir die B 283 und laufen auf einer Verkehrsstraße in nördlicher Richtung nach Neidhardtsthal. Zum Glück gehen die Autofahrer mit den Läufern behutsamer um, als vorhin die Radfahrer. Vor dem Ort wird noch bei km 34 mit 477 Metern der tiefste Punkt angezeigt. Rund 200 Höhenmeter fallen demnach auf den letzten 8 Kilometern an.
Folgerichtig steigt die Straße jetzt Richtung Hundsübel deutlich spürbar an. Ich denke an Morgen und an den zweiten Teil meines Wochenendausfluges (Brombachsee Marathon) und schalte von Laufschritt auf flottes Marschtempo herunter.
Nach zwei Kilometern verlassen wir die Verkehrsstraße nach links und laufen in Richtung der Talsperre Eibenstock. Zuvor erreichen wir aber noch einem einen Verpflegungsposten, betreut von vier fürsorglichen Damen, die sich über jeden ankommenden Läufer fast mehr freuen, als die Läufer auf die Erfrischung.
Die Talsperre Eibenstock wird dann wenig später bei km 37 erreicht. Sowohl vom Inhalt als auch von der Höhe der Staumauer her ist sie die größte Talsperre im Freistaat Sachsen. Auch sie dient der Trinkwasserversorgung und dem Hochwasserschutz, in geringem Maße auch der Stromerzeugung.
Gleich nach dem Überqueren der Staumauer geht es eine Betonpiste erst kurz steil bergauf und dann auf einem bequemen Weg mit Blick auf den See und die Berge des Erzgebirges weiter in Richtung Eibenstock. Bei km 40 gibt es noch einmal eine Erfrischung und als wir dann aus dem Wald kommen, sind wir nach 100 Metern auch schon bei den Bretschneider-Sportanlagen. Die letzten 200 Meter werden dann auf der komfortablen Kunststoffbahn ins Ziel gelaufen.
Schöner Rundkurs zu den drei Talsperren der Region, mit 800 Höhenmetern recht anspruchsvoll, aber auf ausnahmslos guten Wegen problemlos zu laufen
Halbmarathon und 8 km-Lauf, Mountainbike-Rennen über 30, 50 und 100 km
Urkunde
Manuell
Jeder Kilometer wird angezeigt
Ausreichend Getränke- und Verpflegungsstellen unterwegs mit Iso, Wasser, Tee, Schleim, Riegel, Obst
Kein Problem, Parkplätze in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes
Laufberichte | ||||||
20.09.20 | „Glück auf“ zum Jubiläum |
Anton Lautner | ||||
20.09.08 | Wurzelrudi, 3 Talsperren und ich |
Tilo Kramer |