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Laufberichte

Ihr Kinderlein….

01.12.12
Autor: Joe Kelbel

Sie kommen wieder, die Kinder der Läuferfamilie. Sogar so ein verrücktes Laufkind aus Kambodscha.

Letztes Jahr kam die Ausschreibung für den Adventsmarathon am Twistesee in Bad Arolsen auf den letzten Drücker ins Internet, weswegen nur wenige Läufer den Weg hierher fanden. Grund war eine blitzschnelle Rettungsaktion des traditionellen Marathons durch die Familie Wierschula, nachdem Heinrich nach 29 Jahren verärgert über Ereignisse, über die nicht gesprochen wird, die Organisation aufgegeben hat.

Tochter Lisa Wierschula ist die Macherin, sie gründete in einer Nacht-und Nebelaktion die “kleine GmbH” namens sport-event-team. Was kommerziell klingt ist und bleibt aber ein uneigennütziges Familienunternehmen (5 Mitglieder).
“Überparteiliche Gemeindearbeit“, so möchte ich die Ambitionen der Familie umschreiben, die sich an die  Gemeindesatzung hält, aber keine Klüngeleien  mitmachen will. Erfahrungen hat man beim alljährlichen Trithlon am Twistesee gesammelt, immerhin über 500 Teilnehmer treten dort alljährlich an.

Gewinnorientiert denkt man nicht, weswegen es in den nächsten 40 Jahren auch keinen Halbmarathon geben wird. Immerhin fast doppelt so viele Läufer wie letztes Jahr versammeln sich wie seit 30 Jahren zum ersten Advent in der Twisteseehalle, aus dessen Kellern, wo sich die Klos befinden, wie eh und je der absorbierte Läuferduft von Zimt und Zitrone hochwabert.

Jochen Wierschula, das Familienoberhaupt, hält die Adventsrede. Es wird seine letzte sein, bei der er uns Läufer sietzt. Es gilt ab sofort die 3000 Meter-Regel: Oberhalb davon ist in den Bergen ausnahmslos das DU angesagt.  Und die Berge um den Twistessee sind hoch, hart und winterlich, die Strecke mit 900 Hm und schlammigen Wegen nicht einfach und mit der perfekten Organisation des Triathlons und des Marathons erhält das sport-event-team die Wertschätzung und Sympathie für eine Brüderschaft, die mit Zielglühwein besiegelt wird.

Die 24 “Knusperkugeln aus Vollmilchschokolade” aus dem “Twistesee-Adventsmarathon-Adventskalender” vertilge ich schon vor dem Start, dazu ein “Waldecker Dunkel”, schließlich wird es heute nicht so sehr hell und ich richte mich nach Indochinazeit.

Ich bekomme viele Fragen gestellt. Ich muss gestehen, der Dorn ging natürlich nicht durch den gesamten Fuß, aber saugefährlich und unheimlich schmerzhaft war er schon. Sophie geht es besser, sie ist zurück in London, kann sich an die zwei Tage und die Rettungsaktion aus dem Urwald per Helikopter nicht mehr erinnern, vor allem der spektakuläre Helikopterflug für viel Geld, den sie nicht miterleben konnte, fuchst sie. Die Ärzte sagen, dass die Hyperhydration wohl keine bleibenden Schäden hinterlassen wird.

Heute gibt es an den Verpflegungsstationen warmen, süßen Tee, kalte Cola, Wasser, Kekse, Bananen, Hanuta, Tuk, Adventskram und Glühwein im Ziel. Dass gewisse Damen an der Verpflegungsstation das Angebot durch wohlschmeckende, wärmende Beerenerzeugnisse aufhübschen, werde ich in diesem Bericht nicht erwähnen.

Ich bin hier, weil ich unbedingt die vorweihnachtliche Stimmung brauche. Ich mag diese halbdunklen Tage, diese grauen, matschigen Waldwege unter hohen Tannen, die graugrünen Felder, den kalten Wind und die durchdringende Nässe. Nicht immer, aber gerade jetzt. Die Abwechslung macht es, das Leben mit den Jahreszeiten, der ständige Wechsel der Temperaturen und der Laufkleidung hält fit.  Habe ich letzte Woche noch Insekten, Spinnen, Schlangen und Hundefleisch gefuttert, so freue ich mich jetzt auf ne fette, knusprige Ente mit Rotkohl und Klößen im Residenzhotel von Arolsen. Natürlich hatte ich das schon am Abend vor dem Lauf, nach dem Lauf schenkt mir Dieter einen Topf Griebenschmalz, der dann alsbald leer war.

Eigentlich will ich nicht viel über den Lauf und die Laufstrecke erzählen, das ist wie all die Jahre und letztes Jahr habe ich schon jeden Stein beschrieben. Nach meinem Tropenlauf kann ich hier jetzt wunderbar atmen, das macht sich in der gefühlten Geschwindigkeit deutlich merkbar. In der gefühlten…denn Ultralaufen macht langsam.

Wer sich zu langsam fühlt, der startet schon um 10 Uhr. 10 Läufer nehmen diese Gelegenheit wahr, so dass wir alle deutlich vor 16 Uhr im Ziel ankommen. Viele nehmen auch den “Notausstieg” bei km 13, sie kommen dann auf die Originalstrecke bei km 33 und haben so einen längeren Halbmarathon absolviert.

Bemerkenswert ist die Unterstützung der freiwilligen Feuerwehr, dessen zahlreiche Helfer, meistens weiblich und leider unterhalb der gesetzlichen Grenze, sich an den Verpflegungsstationen für uns abfrieren. Polizei sichert die wenigen Überquerungen der Landstraßen.

Bei km 16 bin ich doch tatsächlich der letzte im Läuferfeld, beschließe darum mehr Disziplin. Mein 49ter Marathon oder Ultra in diesem Jahr wird ab da durchgängig gelaufen. Eigentlich geht es ja wie immer bergab, man muss halt zwischendurch ein  bisschen bergauf. Rettungshubschrauber können nicht landen, Walker werden gelyncht, Sponsoren nicht gebraucht und Mütter, die erzählen, ihre Söhne wären den Marathon in 1:58 gelaufen, gibt es hier auch nicht.

Dies ist das Schöne am Adventsmarathon in Bad Arolsen: Tradition, alles wie immer. ´Keine nervige Marathonmesse, Startzeit 11 Uhr und der erste Schnee. Kalte Duschen? Diesmal nicht, wie ich mir sagen lassen habe, denn ich sitze traditionell postmarathonär im Residenzhotel in der Salzsauna. Da ich prinzipiell keine Startnummer in der Sauna trage, gibt es auch dieses Jahr keine Fotos. Und vom fetten Buffet gibt es auch keine Bilder, denn der Berg Waldpilze, den ich mir auf die Klöße packe, ist schon sehr unweihnachtlich.

Freuen können sich alle Läufer statt dessen bei der Siegerehrung. Freistart bei Triathlon oder Marathon, Lebkuchentannenbäume und jetzt der Hit: es gibt eine Mannschaftswertung. Ob du nun Nikolausitruppe oder Christoph-Prior-Truppe heißt, die Sieger erhalten fette Schokoläuse. Waschechte Medaillen bekommt jetzt auch jeder, und die Urkunden heute. Oder vielleicht doch, wie es immer war, erst im nächsten Jahr beim großen  Treffen der Läuferfamilie in Bad Arolsen am Twistesee.

Dieser Lauf gehört zu Weihnachten wie die knusprige Gans und der Kasten Bier. Fröhliche Adventszeit!

 

Informationen: Twistesee-Adventsmarathon
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