marathon4you.de

 

Laufberichte

Mission accomplished! (Ultra-Trail)

23.08.09

An den verschiedenen Marathons, denen ich in diesem Jahr die Aufwartung gemacht habe, traf ich immer wieder auf Gesichter, die ich schon beim letztjährigen Allgäu Panorama Marathon gesehen hatte. Ihnen gemeinsam war, dass sie alle mit Begeisterung  auf jenen Anlass zurückblickten, um nicht zu sagen in Erinnerungen daran schwelgten. Ich nehme mich davon nicht aus und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass ich Feuer und Flamme war, als Anton mich im Frühjahr darauf hinwies, dass in Sonthofen in diesem Jahr auch ein Ultra Trail angeboten werde.

Umgehend fuhr ich die Ellbogen aus und drängte mich in die erste Reihe der Freiwilligen in Klaus‘ schreibendem Söldnerheer. Meine Bemühungen waren von Erfolg gekrönt und ich nahm meine Nominierung für diese besondere Mission mit Frohlocken zur Kenntnis.

Nach fast dreihundert Wettkampf-Kilometern mit über 8000 Höhenmetern innerhalb eines Monats, kamen mir die läuferisch ruhigen, dafür sonst umso strengeren Wochen nach dem Gondo Event entgegen. Je mehr sich mein Körper regenerierte, umso heißer wurde ich auf meinen nächsten Einsatz. Die Affenbullenhitze der vergangenen Wochen war dagegen eine frostige Angelegenheit.

Dass die Wettervorhersage für die Mission Ultra Trail beste Bedingungen ankündet, lässt meine Vorfreude auf der Anreise weiter ansteigen und daran können auch die paar Regentropfen nichts ändern. Heute ist heute und morgen ist ein anderer Tag. Für den Ultra Trail müssen die Startnummern spätestens am Vortag abgeholt werden. Für mich als Spätanreisender ist die Startnummernausgabe, wie auch das Nudelessen und die Wettkampfbesprechung, in der Markthalle.

Vorabend

Stichwort Wettkampfbesprechung: Schon in der Ausschreibung ist zu erkennen, dass sich der Ultra Trail deutlich von einem touristischen Sonntagspaziergang  unterscheidet. Auch wenn die Strecke nicht ins Hochgebirge führt, werden Marathon- und Berglauferfahrung für die Anmeldung vorausgesetzt. Dazu müssen zwei Resultate aus der jüngeren Vergangenheit angegeben werden. Im Gegenzug können die Veranstalter den erfolgreichen Teilnehmern zwei Qualifikationspunkte für den UTMB gutschreiben.

Der Ultra Trail ist als semi-aided klassifiziert, es werden Gurt mit Trinkflasche oder Trinkrucksack verlangt, welchen Handy, Signalpfeife und Rettungsdecke beigepackt werden müssen, wobei die beiden Letzteren vom Veranstalter gestellt werden.

Meine Reservationsanfrage für eine Übernachtung auf dem Campingplatz an der Iller blieb unbeantwortet, weshalb ich – mit Startnummer und Ausrüstung versehen, für den Wettkampf gebrieft und kohlehydriert – meine Missionsbasis auf den Parkplatz beim Wonnemar verschiebe. Statt an die Beach Party gehen wir zu dritt auf einen Spaziergang, hoch zu einem auffälligen Bauwerk über der Stadt, der Generaloberst Beck-Kaserne, mit seiner martialischen Architektur und ursprünglichen Bestimmung auch ein eindrückliches Mahnmal.

Wir lassen den Blick über das Tal und die Bergzüge schweifen, über welche wir morgen streifen werden. Das durch die Wolkenformationen dringende Abendlicht lässt gutes Wetter erwarten. Jetzt noch ein gemeinsames Bier und ich bin bereit für die große Aufgabe.

Kurz nach vier Uhr holt mich der Wecker aus einem eigentlich ruhigen Schlaf, der allerdings von kurzen Krämpfen in den Waden unterbrochen war, was mich einigermaßen verunsichert. Nach einem Ultra ja, aber vorher?

Eine letzte Ausrüstungskontrolle noch, dann mache ich mich auf den knapp ein Kilometer langen Weg zum Startgelände beim Allgäu Outlet. Man merkt, dass sich der Sommer in seiner zweiten Hälfte befindet. Es ist noch Nacht, zudem ist es kurz nach Neumond, eigentlich kein günstiger Zeitpunkt für ein in der Nacht startendes Kommandounternehmen. Dies merke ich besonders, als ich eines der Kabinchen aufsuche, deren Hersteller sich des Slogans „Bei uns geht’s um die Wurst“ bedient. Im fahlen Licht der umliegenden Straßenlaternen sind sie von außen kaum zu sehen und drinnen ist es zappenduster. „Schei…“, entfährt es – zunächst meinem Mund. Die mit Kurbel aufzuladende Akku-Taschenlampe gehört zwar zu meiner Ausrüstung für dieses Unternehmen, bloß würde sie mir hier mehr nützen als im Auto, wo sie geblieben ist. Aber wer sich für den Einsatz am Ultra geeignet hält, der kennt die Koordinaten und schafft es auch in völliger Dunkelheit, mit Blick nach vorne, diese Startvorbereitung zu erledigen.

Zwei Lieferwagen stehen bereit, in denen können Kleiderbeutel zum Ziel geschickt werden, der andere bedient gewissermaßen einen toten Briefkasten. Langsam beginnt sich die Dunkelheit über dem Startbogen zu lichten. Höchste Zeit, uns aus dem Staub zu machen! Was neben dem Dämmerlicht die Sicht einschränkt, ist nicht Staub, sondern Nebel. Dieser hängt zäh über dem Tal, ein Grund mehr, in die Höhe zu gehen.

Start/Grasgehren

Weil ich noch die erste Garnitur zu fotografieren versuche, bin ich zum Zeitpunkt des Starts weiter vorne als ich mir das üblicherweise zugestehe, allerdings merke ich, dass die Leute um mich herum auch kein höheres Tempo anschlagen. Dafür bin ich dankbar, denn mein Körper will nicht ganz so wie mein Kopf. Heute trifft es zu: Morgenstunde hat Blei – nein, nicht dort, wo es immer wieder hingeredet wird – im Fahrgestell. Meine Beine fühlen sich unheimlich schwer an, zudem beginnt mit dem Loslaufen ein stechendes Pochen im Kopf. Was soll jetzt das? Es bietet sich im Moment nicht viel Ablenkung an, da es in der Dämmerung entlang der Iller nicht viel zu sehen gibt. Die vereinzelten Zuschauer, die sich an die Strecke verirrt haben, nehme ich wahr, aber sie können mich nicht von dem Fakt ablenken, dass ich nur schwer vom Fleck komme.

Bald schon beginnt die Steigung, zuerst auf Asphalt, dann auf einem kurzen Naturpfad, nach Hüttenberg dann wieder auf Asphalt. Jetzt wechsle ich erstmals vom Laufen ins Gehen, kann aber auch so keinen lockeren Schritt finden. 

 
 

Informationen: Allgäu Panorama Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner
 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024