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Laufberichte

Angeschlagen in Apeldoorn

 

Der Höhepunkt von Karneval ist für viele Läufer ein Problem, denn es gibt am Wochenende zwischen Weiberfastnacht und Rosenmontag in Deutschland kein größeres Laufevent – klar, denn wegen der Karnevalskonkurrenz kämen deutlich weniger Läufer, und die meisten Sportvereine und Veranstalter setzen nachvollziehbarerweise auf hohe Teilnehmerzahlen.

Da passt es gut, dass der Rosenmontag in diesem Jahr früh liegt und so am vorangehenden Sonntag der traditionelle Termin des „Midwinter-Marathons“ in Apeldoorn ist. Immerhin gibt es diese Veranstaltung in diesem Jahr zum 43. Mal. Apeldoorn ist mit rund 140.000 Einwohnern eine der kleineren Großstädte in den Niederlanden und Zentrum der Veluwe in der Provinz Gelderland; es liegt etwa 25 Kilometer nördlich Arnheim, das als erste größere Stadt von Duisburg aus in Richtung Nordsee in Deutschland bekannter als Apeldoorn ist.

„Veluwe“ ist auch ein wichtiges Stichwort für den Charakter des Midwinter-Marathons. Die Veluwe ist mit 1100 Quadratkilometern das größte zusammenhängende Waldgebiet der Niederlande und erstreckt sich nördlich von Arnheim an gesamt Apeldoorn westlich vorbei bis nördlich der Stadt: Der Marathon findet in den weitläufigen Wäldern westlich der Stadt statt. Es handelt sich also nicht um einen Citylauf, sondern überwiegend um einen Landschaftslauf. Und die Laufstrecke führt nicht nur für 20 Kilometer durch Wälder – davon fast drei Kilometer durch eine ausgeprägte Heidelandschaft -, sondern es gibt ein weiteres, für die Niederlande überraschendes Kuriosum: Der Kurs ist bei weitem nicht flach, sondern weist 200 Höhenmeter hinauf und wieder hinunter auf, wobei es bei Kilometer 5/6 und 16/17 längere Anstiege – zusätzlich zum Auf und Ab der Strecke – gibt. Weniger anspruchsvoll ist dagegen der Belag: Die Strecke ist fast durchgehend asphaltiert und selbst dort, wo ein Schild mitten im Wald bei Kilometer 14 auf die schlechte Wegqualität eines Forstweges hinweist, gibt es knapp einen Meter breit eine Befestigung für Radfahrer, die sich gut belaufen lässt.

Die Vorstellung des Midwinter-Marathons wäre allerdings unvollständig, würde man nicht auf das größte Manko vor allem für Marathonsammler hinweisen: Denn es handelt sich gar nicht um einen Marathon. Wobei man sagen muss: nicht mehr. Denn 2016 war erst das zweite Jahr, in welchem der Marathon nicht mehr ausgetragen wird. Stattdessen gibt es neben drei Kinderrennen drei Laufdistanzen: Die „Acht von Apeldoorn“, einen 8-Kilometer-Lauf, der erst am Nachmittag gestartet wird, den „Mini-Marathon“ als 10-Meilen- oder 16-km-Lauf, der als erster Lauf nach den Kinderrennen um 11:15 Uhr startet, und anschließend, eine halbe Stunde später, die „Asselronde“, die sich offenkundig großen Ansehens erfreut.

Die Asselronde war bis vor wenigen Jahren 27,5 Kilometer lang, ist aber, wohl zeitgleich mit der Einstellung des Marathons, auf genau 25 Kilometer verkürzt worden, indem man einige Streckenbegradigungen am Anfang und am Ende der Strecke vorgenommen hat. Die Marathon-Runde ergab sich früher aus der Asselronde; beim Erreichen der Zielgeraden bog man dann auf eine zweite, kleinere Runde ab, welche die schon bekannten Strecken, zusätzlich eine kurze Verbindungsstrecke und zudem zum Schluss nicht mehr die Straße, sondern den breiten Radweg – mit deutlich mehr Auf und Ab –  benutzte. Vermutlich hat einerseits die nachlassende Teilnehmerzahl – 2004 bis 2011 aber immer deutlich über 400 Teilnehmer! – zur Einstellung geführt, andererseits aber auch das Problem, mit der verkürzten Asselronde und der damit auch verkürzten Zweitrunde noch eine Strecke über die Marathondistanz anbieten zu können. Vor diesem Hintergrund ist wohl auch nicht mit einem Wiederaufleben des Marathons zu rechnen. Umso mehr hat es mich trotz meiner fehlenden Niederländisch-Kenntnisse erstaunt, wie oft ich vor Ort die Bezeichnung des Laufevents als „Midwinter-Marathon“ gehört habe: Auch die Medaille trägt, allerdings mit dem größeren Zusatz „Asselronde“, die Aufschrift „Marathon“. Ein Marathon also, der gar keiner mehr ist!

Trotz dieser Einschränkungen zeigt schon meine Ankunft in Apeldoorn: Es handelt sich offenkundig um ein großes Laufevent, das Jahr für Jahr mehrere Tausend Läufer anzieht. Das fängt schon damit an, dass eigentlich schlechtes Wetter, abziehender Regen mit heftigem Wind, angesagt ist, was aber wohl niemanden vom Kommen abgehalten hat. Ich war am Morgen, rund 100 Kilometer entfernt an meinem Zweitwohnsitz östlich Wesel, überrascht, dass es am Morgen noch trocken war. Kaum losgefahren, gab es aber ein heftiges Unwetter. Auf der Fahrt auf der Autobahn war die Schauerstaffel rasch durchquert, ja es schien aufzuklaren. Und in der Tat – abgesehen vom zeitweise etwas heftigen und ein wenig winterlichen Wind wurde es ein Tag mit hervorragendem Laufwetter.

Der Veranstalter empfiehlt auswärtigen Besuchern, nicht bis in die Stadt anzureisen, sondern zwei Park-and-Ride-Plätze im Norden oder Südwesten der Stadt anzusteuern und von dort mit Pendelbussen zum Veranstaltungsort zu fahren: Das klappt auch problemlos, wobei ich beim Parken im Gewerbegebiet am Oost Veluweweg, nahe der Autobahn, erstaunt bin, dass man sich relativ fernab der Pendelbus-Haltestelle einen Parkplatz auf einem der vielen Besucherparkplätze im Gewerbegebiet suchen muss, während ein großer, viel näherer Parkplatz unbenutzt bleibt. Nun gut, einige Hundert Meter Gehen schaden nach der einstündigen Anfahrt nicht, und im Pendelbus bekomme ich einen Sitzplatz.

Zeit genug habe ich trotzdem, ja fast zu viel: Aber der Veranstalter, der den inländischen Teilnehmern die Startnummer zuschickt, bittet ausländische Teilnehmer, sich spätestens eine Stunde vor dem Start ihre Startnummer abzuholen. Und da ich bereits zum dritten Mal, nach 2011 und 2012, in Apeldoorn bin, weiß ich nach der Busankunft auch gleich zum Theater- und Kongresszentrum „Orpheus“ zu finden: Dort gibt es ohne Stress sofort die Startnummer und – mittlerweile ebenfalls nötig – zahlreiche Toiletten. Ein Blick auf die Uhr: Ich habe noch weit über eine Stunde Zeit bis zu meinem Start.

Trotzdem sieht man auf dem Platz um die „Grote Kerk“, die den Platz beherrscht, schon viele Läufer, mehr noch Zuschauer und später Hunderte abgestellter Fahrräder, denn natürlich ist auch Apeldoorn wie die gesamte Niederlande ein Radlerparadies. Drei übergewichtige, ältere Herren in den Landesfarben machen im Teich vor dem „Orpheus“ bereits ihre gymnastischen Aufwärmübungen – ein hübsches Kunstwerk mit Humor. Ich beschließe aber zunächst einmal, die Umkleideräume im „Helicon Opleidingen“ zu suchen, die speziell für die männlichen Teilnehmer der „Asselronde“ ausgewiesen sind: Da ich mich nach vier Jahren nicht mehr an den Weg dorthin erinnern kann, frage ich einen jungen Helfer am Start auf Englisch, der gleich in seinem Smartphone nachschaut, dort aber nicht klug wird: Auf Deutsch nach „Umkleide Asselronde“ gefragt, klappt dann doch besser!

Die Örtlichkeit dort (Loolaan 69, „Konings School“, am Start links vorbei) scheint eine Art landwirtschaftliche Schule zu sein, denn auf dem Platz zwischen den Gebäuden tummeln sich drei Schweine und mehrere Hühner, und es gibt einen großen Kompost. Im Moment ist mir aber der schon gut besuchte Aufenthaltsraum wichtiger, denn dort gibt es heißen Kaffee und Kleinigkeiten zum Essen. In einem Nebengebäude gibt es auch genug Platz zum Umziehen und zum Taschedeponieren.

Pünktlich zum Start des „Mini-Marathon“ über 16 Kilometer bin ich wieder draußen: Auf der breiten „Loolaan“ herrscht inzwischen viel Trubel. Der Startschuss fällt und ich staune, weil es trotz der breiten Straße genau fünf Minuten dauert, bis mich alle Läufer passiert haben. Offenkundig ist dieser 10-Meilen-Lauf sehr beliebt, und es ist interessant, die vielen Teilnehmer – es sind fast 3.500 – vorbeilaufen zu sehen: erst die sportlichen, eher dunkelhäutigen Spitzenläufer, dann die ambitionierten Freizeitläufer und schließlich die gelegentlich noch mit ihrem Kopfhörer beschäftigten Jogger. Dazu spielt eine Kapelle Dixiemusik.

Damit rückt jetzt auch für mich der Startschuss näher: Ich bin sehr unsicher, ob ich heute überhaupt laufen soll. Vor drei Wochen hatte ich beim Halbmarathon in Pulheim ziemliche Schmerzen in der Hüfte, die sich anschließend bei Trainingsläufen sogar noch verschlimmert haben: Teilweise konnte ich nicht einmal mehr sechs Kilometer am Stück laufen. Der junge Arzt (selbst Läufer) meinte, das Problem in einer altersbedingten Überlastung zu erkennen: Ich solle mir auch mal absolute Ruhephasen gönnen. Fünf Läufe in der Woche könnten wohl zu viel sein. Andererseits bin ich kein Sportler, der sich zu Kraft- und Koordinationstraining gern in Sporthallen begibt. Und alternativ Rad zu fahren, ist in der „dunklen Jahreszeit“ für einen Berufstätigen keine gute Alternative. Schließlich habe ich vor gut zehn Jahren mit dem Laufen angefangen, weil das immer überall geht. Ruhetage scheinen mir derzeit zwar zu helfen, aber der letzte Test vor vier Tagen war nicht sehr aufbauend: Obwohl ich im Wechsel mit „Run & Go“ unterwegs war – eine für mich bewährte Form des Ausdauertrainings mit einem geringen Intensitätsniveau –, habe ich kaum die noch nicht einmal zehn Kilometer einer verkürzten Standardroute geschafft. Auch für heute in Apeldoorn habe ich meinem Laufcomputer Intervalle eingegeben: 600 Meter Laufen, dann 150 Meter Gehen – so sollte ich wohl trotzdem die 25 Kilometer schaffen. Und außerdem wird der Fotoapparat für kurze Pausen sorgen.

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Informationen: Midwinter Marathon
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