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Laufberichte

Winterkampf tief im Westen

10.01.10

Honigkuchen zur Belohnung

Starke Schneefälle sind zum Wochenende gemeldet. Vernünftige Leute freuen sich auf zwei warme Tage, an denen sie nicht mehr als nur unbedingt notwendig die Nase aus der Haustür stecken müssen und ansonsten vor dem Kamin die Füße hochlegen. Ehefrauen weniger vernünftiger Leute hätten an diesen Tagen ihre Gatten am liebsten daheim zum Kuscheln. Die Bescheuerten selber haben seit Monaten ein Autorentreffen von marathon4you.de im Kalender stehen, setzen sich ins Auto und zockeln durch die verschneite Landschaft nach Kevelaer nahe der holländischen Grenze.

Es gibt völlig Bekloppte, die es sich nicht nehmen lassen, das neue Jahr ab der ersten Sekunde an laufend zu verbringen und sich die Neujahrsnacht in Zürich um die Ohren schlagen. Ob es allerdings wesentlich intelligenter ist, gleich das zweite Marathon-Angebot des Jahres anzunehmen, mag der geneigte Leser für sich entscheiden. Zugegeben, auch der Autor stellt sich diese Frage angesichts der Affenkälte und des heimischen lockenden Kamins, will aber nicht kneifen und macht sich mit Sesam (Achim) auf den Weg.

Und daß diese Entscheidung in jeder Hinsicht goldrichtig war, sei hier schon klar zum Ausdruck gebracht. In der warmen Jahreszeit rennen kann jeder, wahre Helden beweisen sich in unkomfortablen Situationen (und träumen heimlich von Gattin und Kamin). Obwohl – unkomfortabel? Das kann man eigentlich nicht sagen. Unsere Freunde von der LLG Kevelaer haben Start und Ziel an die Jugendherberge gelegt, so daß der Aufenthalt im Freien auf das Notwendige beschränkt werden kann. Länger frieren als unbedingt notwendig muß also keiner.

Noch während ich so darüber nachdenke, ob das ein 42 km–auf-Eis-Lauf wird, kommt frohe Kunde vom Veranstalter: Vor dem Lauf wird ein Streufahrzeug über die Strecke (7 Runden über 6 km) gejagt. Man tut also, was man kann, damit der Frost- nicht zum Frustlauf wird.

Achim und ich kommen ganz gut durch, erreichen die Jugendherberge Kevelaer und erhalten zwei Schlüssel. „Oh, Einzelzimmer?“ bin ich ganz überrascht und ernte verständnislose Gesichter. „Nö, Achtbettzimmer, aber Ihr müsst nicht zu acht darauf liegen.“ Na super, das hatte ich zuletzt in den siebziger Jahren. Offensichtlich steht diese JH unter Denkmalschutz: Etagenklos und Dusche im Keller. Aber so schlecht war’s jetzt auch wieder nicht. Superfreundliche Herbergseltern , ein ordentliches Salat-/Nudel-Buffet für 6 €, ausreichendes Frühstück, da kann man nicht meckern.

Der Veranstalter ist klasse: Für die Übernachter gibt’s die Startnummer und ein schönes Funktionshemd bereits am Vorabend. Wir, die 12 marathon4you.de-Autoren, über die andere schon lästern, wir hätten heute wohl Jahreshauptversammlung, nutzen den Abend ausgiebig, uns auch mal persönlich kennenzulernen und mittels geeigneter isotonischer Getränke den Flüssigkeitshaushalt für den nächsten Tag zu regulieren. In der Nacht lerne ich eine der drei wichtigsten Erfindungen der Neuzeit neben dem Internet und der Spülmaschine lieben: Ohropax. Alle Nebengeräusche sind nur sehr undeutlich zu vernehmen und ich schlafe im Gegensatz zu manchem anderen prima.

Bekleidungsmäßig habe ich die Wahl zwischen Winter- und Arktisausrüstung und entscheide mich richtigerweise gegen die Arktis. Mein geliebtes Odlo-Langarmshirt und eine leicht gefütterte Jacke genügen vollkommen, erst recht nach den paar ersten hundert Metern zum Warmwerden. Von der JH zum Start sind es schlappe 300 m, daher stelle ich mich erst unmittelbar vor dem Start auf und muß überhaupt nicht frieren. Erstmals erfolgt die Zeitmessung per ChampionChip, offensichtlich haben in der Vergangenheit einige Läufer phantastische Zeiten erreicht und dabei leichte Probleme mit dem (unüberwachten) Rundenzählen gehabt. Dinge gibt’s...

Die 400 Startplätze waren bereits am 16. Oktober vergeben. Vermutlich vor allem witterungsbedingt treten aber nur 272 tatsächlich an, von denen 245 das Ziel erreichen.

Auf den ersten anderthalb km empfinde ich den Untergrund als sehr schwer. Die Veranstalter haben zwar Split gestreut, was etwas hilft, aber dennoch rutsche ich, trotz grob profilierten Trailschuhen, bei fast jedem Schritt weg. Das wird also heute eine harte Sache geben und ich bin höchst gespannt, wie ich das kräftemäßig wegstecken werde. Bei leichtem Frost verlaufen diese ersten knapp anderthalb km am Waldrand und damit windgeschützt. Die nächsten 3 km führen fast ausschließlich über freies Feld. Hier ist der Untergrund zwar besser, das Abstreuen zeigt auch erste Erfolge, dafür wird dieser kleine Vorteil durch unangenehmen Gegenwind sofort wieder wettgemacht. Die letzten anderthalb km sind als Begegnungsstrecke identisch mit den ersten.

Da die Wetterverhältnisse heute also eine echte Herausforderung darstellen, zumindest für mich, mache ich mir gar keine Pläne über eine Zielzeit und will nur ankommen, auch km werden heute nicht abgestoppt. Nach dem ersten schiele ich trotzdem mal auf die Uhr: Runde 6 min. Mal schauen, was noch kommt. Die ersten sechs km sind dann nach 33:56 min schneller als erwartet geschafft. Moment mal, noch kann ich rechnen: 34 min mal sieben Runden macht 3:58 Std. plus 195 letzte m – nicht schlecht, falls ich das durchhalte.

Die Begegnungsstrecke ist eine gute Idee. Fast alle Mitläufer sieht man irgendwann einmal auch von vorne und kann die bekannten davon abklatschen, das ist schön und lenkt etwas von der Anstrengung ab. Eine von zwei Fangruppen (zusätzlich zum Start-/Zielbereich) – großes Lob, die haben vom Anfang bis zum Ende durchgehalten – steht nach dem ersten km mit witzigem LKW und dröhnenden Boxen und feuern unermüdlich an. Die doppelseitige Verpflegungsstelle bietet viel: Tee, Wasser, Cola, Honigkuchen und Bananen. Ich versuche zuerst den Tee. Hervorragend! Frisch aus der Thermoskanne ausgeschenkt ist er optimal temperiert und schmeckt klasse. Ich bleibe dabei. Keine Experimente, so hat’s auch schon Konrad Adenauer gehalten.

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Informationen: Kevelaer-Marathon
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