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Laufberichte

Antons Kyffhäuser Biermarathon

 

An diesem Wochenende gebe ich einem rustikal-familiären Laufevent den Vorzug: Es geht nicht zu einem an diesem Wochenende zahlreichen Citymarathons, sondern ins thüringische Bad, wo die Franken hausen, so der Name. Ja, der Kyffhäuser Bergmarathon steht bei mir schon zum vierten Mal in der Agenda. Schnelle und vergleichbare Zeiten kannst du hier vergessen und die Bedingungen auf den Höhen des Kyffhäuser Mittelgebirges können stark schwanken. Von trockenem Untergrund bis hin zu wahren Schlammschlachten, wo man die Farbe der Laufschuhe nur noch raten kann, ist hier alles möglich. Bei meinen drei bisherigen Teilnahmen überwog die Schönwettervariante im Verhältnis zwei zu eins. Und heuer schaut es ebenfalls gut aus.

Wer als Auswärtiger zu lange mit der Quartiersuche wartet, kann sich für ein paar EUR in der Turnhalle einquartieren. Mit den üblichen Nebengeräuschen natürlich. Letztes Mal lag Joe lag mit seinem Schlafsack neben mir! „Selbst schuld,“ meinte er nur. In diesem Jahr habe ich Glück. Meine „Madame“ Henny wird bei der Alten Hämmelei, einer traditionsreichen Wirtschaft in der Bornstraße unterhalb der Oberkirche, fündig.

Dort wurden schon vor über 150 Jahren Gäste aufgenommen. Zu dieser Zeit schrieben die Zünfte in Innungen den Gesellen vor, für eine gewisse Zeit „auf die Walz“ zu gehen. Damit sollten die Handwerker Erfahrungen außerhalb ihrer Heimat zu sammeln. Sie durften sich in dieser Zeit der Heimat auf eine bestimmte Entfernung nicht nähern. Heute kann man in der Hämmelei nicht nur gut essen, sondern auch günstig übernachten.

Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück um 06.30 Uhr, hole ich die Startunterlagen. Am Startgelände ist um diese Zeit noch tote Hose. Die Helfer stehen umher, sprechen die letzten Einzelheiten ab, die Hilfsdienste wie Feuerwehr und Rotes Kreuz bauen ihre Stände auf. Die Helfer bei der Startnummernausgabe stehen „Gewehr bei Fuß“ und legen los, als ich mit ein paar anderen Sportlern den abgetrennten Teil des Zeltes betrete. In Sekundenschnelle haben wir unseren Umschlag mit Startnummer, Nadeln und ein wenig Werbung in den Händen. Weitere Zugaben wie Schwamm, Kleiderbeutel und ähnliches gibt es hier nicht und braucht es auch nicht. Beim Rückweg zur 200 Meter entfernten Unterkunft fällt mir auf, dass die Autodächer angereift sind. Es hat wohl um die 0 Grad, aber am Himmel ist keine Wolke zu sehen.

 

Startvorbereitungen 

 

 

 

Nach dem Frühstück mache ich mich gegen 08.00 Uhr auf den Weg zum Startgelände am Schlossplatz, gelegen zwischen Kyffhäusertherme und Stadtschloss. Ein Läufer klettert gerade mit seinen Kindern aus seiner Rennpappe, den so liebevoll genannten Trabbi. Nur mehr ein paar Jahre, dann dürfen diese Fahrzeuge mit einem H-Kennzeichen unterwegs sein. Über 30.000 dieser „Pappen“ sind heute noch zugelassen.  Am Schlossplatz tummeln sich jetzt viele Sportler bei der Startnummernausgabe, bei den verschiedenen Ständen oder ganz einfach beim Ratschen herum. In einem Zelt können wir unsere Kleiderbehältnisse abgeben.

Was kann ich denn alles hier unternehmen? Für den Marathonfreund ist gesorgt. Es gibt aber auch noch Gelegenheit für Läufchen über 22 km, 14,9 km und 6 km. Über diese Strecken können auch Walker mit und ohne Stecken und Wanderer ihrer Lust nachgehen. Und für den Nachwuchs gibt es einen Bambini- und Schülerlauf. Geführte Wanderungen werden auch angeboten. Die Biker dürfen sich zudem über 21,5, 42 und 59 km austoben. Bis 17.00 Uhr sollten alle wieder am Zielgelände eingetroffen sein, denn da ist Zielschluss.

Die Kinderläufe und die geführten Wanderungen werden von Firmen gesponsert und sind daher kostenlos. Die halbe Renndistanz kostet 21 EUR, der volle 33 EUR, zuzüglich der im letzten Jahr kritisierten Laufmaut von nunmehr 0,50 EUR je Läufer. Zwischen 20 und 30 EUR müssen die Mountainbiker hinlegen. Mit einem Rennrad mit schmalen Reifen braucht man erst gar nicht daherkommen, der Weguntergrund ist beim Langen zu 75 Prozent nicht asphaltiert und auch teilweise cross- und trailartig. Nachmelder löhnen zusätzlich 5 EUR. Dafür erhält der Sportler die übliche Versorgung auf der Strecke und im Ziel, Urkunde aus dem Internet, Medaille und Duschmöglichkeit. Wer seine Muskulatur durch einen Saunagang schneller regenerieren will, erhält einen Nachlass auf den Eintritt in die Therme. Bewegungssüchtige können sich am Abend beim Sportlerball nochmal austoben und das Tanzbein schwingen.

Nur wenige Minuten vor unserem Startschuss werden wir an die Startlinie gebeten. Wo anders drängelt man sich um Plätze an der ersten Reihe. Hier ist es ganz anders. Warum? Vielleicht weil die Läufer die Schwierigkeiten der Strecke kennen und weil das Rennen nicht auf den ersten Kilometern entschieden wird. Zu DDR-Zeiten war die Regelung noch diese, dass man für den Rennsteiglauf durch einen Sportclub nominiert werden musste und sich dafür bei Vorbereitungsläufen platzieren musste. „Ohne einen solchen Lauf wie am Kyffhäuser hättest du eine Meldekarte nie bekommen“, lasse  ich mir von einigen Teilnehmern erzählen. Auch heute bereiten sich hier viele für den Kultlauf auf den Höhen des Thüringer Waldes vor. Vertreter der Politik und der Sponsoren werden vom Moderatorenduo begrüßt und dann ist es soweit.

 

Erste Kilometer

 

Der Startschuss reißt die letzten Träumer aus ihren Schlummer, los geht es auf die 42,195 Kilometer lange Reise, die mit 668 Höhenmetern gespickt ist. Eine weite Schleife wird uns durch  das Kyffhäusergebirge führen. Der Höhepunkt ist zweifelsohne das Kyffhäuserdenkmal, das wir etwa bei Kilometer 23 anlaufen werden. Die etwa 300 Marathonis verteilen sich noch im Stadtgebiet von Bad Frankenhausen, Gedränge kommt höchstens auf den ersten Metern und den ersten Kurven auf.

 

 

Knapp 9000 Einwohner zählt die Kur- und Erholungsstadt im thüringischen Kyffhäuserkreis. Macht euch einmal den Spaß und fragt bei Bekannten, wer denn den Kyffhäuser oder das Autokennzeichen KYF kennt. Wahrscheinlich keiner. Im 9. Jahrhundert wurde der Ort noch Frankconhus genannt, heute sorgen die Bundeswehr und das Tourismusgewerbe für das wirtschaftliche Auskommen der Stadt.

Wir laufen am Schloss (beherbergt das Regionalmuseum) und an der Unterkirche St. Marien vorbei. 1215 wurde das Gotteshaus aus Kloster für Zisterzienserinnen erbaut. Die evangelische Kirche ist hier der Hausherr. Der Taufstein und die Orgel sind es wert, besichtigt zu werden.

Der Platz „Am Anger“ scheint eine zentrale Stätte in Bad Frankenhausen zu sein. Nur, dass das Pflaster von einem bis zum anderen Ende dominiert. Im 19. Jahrhundert wurde der Bereich zwischen Kurpark und Schloss begrünt. Zuvor wurde hier das Salz aus den zahlreichen Salinen verladen. Erst im 20. Jahrhundert wurde aus Fördergründen der Platz gepflastert und dient heute als große Abstellfläche für Autos. Nicht gerade eine Zier für eine moderne Stadt.

Wir sind gut zwei Kilometer unterwegs und verlassen nun die Stadt auf der Landstraße in Richtung Rottleben. Verkehrsgesperrt, so können wir die volle Breite der Straße in Beschlag nehmen. Die Sonne spürt man schon ein wenig, dennoch ist die Luft noch eiskalt und an geschützten Stellen sehen wir den Reif im Gras. Für Gelächter sorgt dann ein kleiner Hund, als er mitten auf die Straße bieselt und dann im Schweinsgalopp seinem Herrchen hinter herspringt. Der zweite Hund gehört Frank Aust und Daniela Rudel. „Der ist ein Hütehund und will alle zusammenhalten“, so das Herrchen, „und wenn der Startschuss gefallen ist, kann den nichts mehr halten.“

Wir lassen Rottleben mit der dominierenden St. Johannes-Kirche links liegen, das Asphaltband führt in diese Ortschaft und wir springen jetzt auf einem rustikalen Feldweg weiter. Erste Geschmacksprobe, was uns später noch unter die Füße kommt. Konzentration ist jetzt auf alle Fälle schon erforderlich.

Kurz nach der Falkenmühle zeigen Hinweisschilder zur Barbarossahöhle. Diese wurde 1865 beim Vortrieb eines Stollens beim Bergbau entdeckt. Die 1100 Meter lange Höhle wird jährlich von rund 65.000 Besuchern besichtigt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Falkenburger Höhle in Barbarossahöhle umbenannt. Darin soll Kaiser Friedrich I Barbarossa solange noch schlafen, bis sich alle Menschen auf der Welt wieder vertragen, so eine Version. Dann soll er wieder kommen und herrschen.

Wieder auf Asphaltband erreichen wir Steinthaleben mit der ersten Verpflegungsstelle. Ein paar Kinder wollen abgeklatscht werden und einige Leute stehen auch herum. Das wird die letzte Ansammlung von Zuschauern sein, denn ab jetzt werden uns nur noch vereinzelte Spaziergänger und Radfahrer begegnen. Ich hole mir einen Becher mit warmen Tee und einen mit Cola. Die schwarze Brause ist eiskalt und geht nur schwer runter.

Frank hilft seinen Hund beim Trinken aus einem Plastikbecher, zuvor wollte der noch aus einer Wasserlache saufen. Reporterkollege Dirk Liedke knipst mich noch und macht sich von dannen nach vorne. Ich werde ihn erst im Ziel wiedersehen. Wir verlassen den Ort auf einer schmalen Ortsverbindungsstraße.

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Informationen: Kyffhäuser Bergmarathon
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