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Laufberichte

Interview mit Elke Streicher und Rainer Koch

02.07.09
Autor: Klaus Duwe

Der Alltag hat sie wieder, die Heldinnen und Helden des Transeuropa-Laufes. 4485 km in 64 Etappen, von Bari, dem Südzipfel Italiens bis zum Nordkap - das war kein Lauf, das war ein Riesen-Abenteuer, eine Expedition. 68 Läuferinnen und Läufer sind gestartet, 39 Männer und 6 Frauen sind am 21. Juni im Ziel angekommen. „Eine Wahnsinnsquote“, meint Organisator Ingo Schulze.

Die unglaubliche Leistung verbindet – Sieger sind sie alle. Es gibt aber auch eine tägliche Rangliste und die Abrechnung am Schluss. Und da fallen zwei besonders auf:

Rainer Koch, 29jähriger Elektroingenieur aus dem fränkischen Dettelbach, gewinnt mit gewaltigem Vorsprung die Gesamtwertung. Zweite bei den Frauen wird die Bauingenieurin Elke Streicher aus Gerlingen bei Stuttgart. Mit beiden habe ich gesprochen.

Herzlichen Glückwunsch zunächst zum überaus erfolgreichen Finish beim TE-FR 09. Rainer, Du hast das Nordkap als Erster erreicht. Elke, du bist als zweite Frau angekommen und bist meines Wissens die erste Deutsche überhaupt, die bei einem so extremen Lauf das Ziel erreicht hat. Habt Ihr  im Vorfeld mit einem solchen Erfolg gerechnet, kanntet Ihr Eure Konkurrenten?

Rainer:
Rechnen kann man mit so etwas sicher nicht. Auch wenn es Leute gibt, die mich mit zu den Favoriten gezählt haben ist es dennoch eine sehr lange Strecke auf der sehr viel passieren kann. Alle meine Mitläufer kannte ich nicht. Allerdings wäre es heutzutage auch kein Problem, etwas über die anderen zu erfahren, dazu ist das Internet geradezu optimal.

Elke:
Soweit mir bekannt ist, bin ich sogar die erste Europäerin überhaupt, die je einen Kontinentallauf gefinisht hat. Nein, gerechnet habe ich nicht damit, ich war mir nicht sicher, ob ich solch einen Wahnsinn überhaupt durchstehen kann! Die Chancen, dass ich das Nordkap erreiche, waren für mich 50:50. Bei solchen Etappenläufen kann unheimlich viel passieren. Es muss nicht unbedingt die Kondition sein oder die Beine, die nicht mehr mitmachen, hier können aufgrund der Extrembelastung plötzlich Probleme auftauchen, mit denen man vorher nie gerechnet hätte. Das Immunsystem wird so geschwächt, dass man keine Abwehrkräfte mehr hat und man sich so alles Mögliche einfangen kann. Das sind alles Nebenschauplätze: Bronchitis, Schnupfen, schlechte Wundheilung, Wassereinlagerungen, Entzündungen usw. Mir war allerdings klar, dass, wenn ich das Ziel erreiche, ich mich aufgrund meiner Grundschnelligkeit auch unter den ersten drei Frauen platzieren kann.

War das Euer bisher längster Lauf und auch wichtigster Erfolg?

Elke:
Ja das war mein längster Lauf. Ich glaube auch nicht, dass ich diese Streckenlänge noch toppen werde. Wichtigster Erfolg? Ich weiß es nicht, ich kann es noch nicht richtig glauben und begreifen. Es gibt jedoch auch andere Erfolge, die mir sehr wichtig sind, z.B. mein zweiter Platz beim Spartathlon, mein Sieg in Nemea-Olympia, mein Sieg beim Double Ironman usw.

Rainer:
Ja, es war der längste Lauf, den ich bis jetzt bestritten habe. Viele von dieser Sorte gibt es leider nicht. Und was heißt wichtigster Erfolg? Es ist sicher was ganz Besonders und wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ich denke aber nicht, dass man einen Mehrtageslauf in solcher Dimension mit einem Marathon oder 100km-Lauf vergleichen kann.

Habt Ihr Euch auf den Lauf speziell vorbereitet und wie lange?

Elke:
Ich habe mich praktisch auf den Lauf vorbereitet, seit ich dort angemeldet war, das waren ca. 2 ½ Jahre. Alles was ich getan habe, war im Hinblick auf mein großes Ziel, auf meinen Traum „Transeuropalauf“ ausgerichtet. Ich habe kontinuierlich sehr viele Wochenkilometer, bestimmt so 175, gemacht, um mich an die Belastung zu gewöhnen und meistens oder immer lange Trainingsläufe am Wochenende. Da konnte es schon mal vorkommen, dass ich samstags 90 km gelaufen bin.

Rainer:
Speziell vorbereiten kann man sich auf einen solchen Lauf wohl nicht. Es ist kein Marathon auf dem man ein halbes Jahr trainiert und dann weiß, dass man durchkommt. Ich denke das ganze zurückliegende Läuferleben ist eine Art Vorbereitung und Training.

Hat es unterwegs Situationen gegeben, wo Ihr Euch die Sinnfrage gestellt habt? Wie seid ihr damit umgegangen?

Elke:
Das kommt unweigerlich. Irgendwann habe selbst ich zeitweise den Spaß am laufen verloren. Das war aber erst in Schweden. Diese nicht enden wollende Monotonie, da fragt man sich schon, ob das nicht eine absolute Zeitverschwendung ist, 64 Tage lang langsam vor sich hinzueiern und auf eine Straße zu starren. Dennoch war für mich klar, dass ich nicht wegen mangelnder Motivation oder irgendwelchen kleinen Wehwehchen aufhören werde. Von daher lohnte es sich auch nicht, diesen Gedanken weiter nachzuhängen. Die ganze Vorbereitung für diesen Event war so anstrengend, zeitintensiv, sozial belastend, finanziell grenzwertig, etc., dass ich alles dafür getan habe - und damit meine ich wirklich alles - um am Nordkap anzukommen. Ich wüsste nicht, was ich sonst noch zusätzlich hätte unternehmen können.

Rainer:
Nun, was ist der Sinn einen Marathon, ein 100km-Lauf oder einen Mehrtageslauf zu machen? Für mich ist der Sinn, etwas von der Landschaft zu sehen, andere Länder und neue Leute kennen zu lernen. Von daher konnte diese Frage gar nicht auftauchen, denn ich hatte die Möglichkeit, in drei neuen Länder laufen: Schweden, Finnland, Norwegen. Und nachdem die Stimmung unter den Läufern recht gut war, machte das Zusammensein auch Spaß. So konnte ich also einen „Urlaub“ genießen.

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Informationen: TransEurope-FootRace (TE-FR 09)
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