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Laufberichte

(K)Urlaub zum Jubiläum

 

Früher, zu Zeiten des Kalten Krieges – böse Zungen behaupten heute: Als man noch wußte, wo der Feind steht – gab es mal eine stolze Panzertruppe. Diese ist infolge der Neuausrichtung der Bundeswehr auf ganze vier Bataillone geschrumpft und nur noch ein Schatten ihrer selbst. Darüber kann man mehr oder auch weniger begeistert sein, für beide Haltungen gibt es gute Argumente.

Wie dem auch sei: Dem Autoren als altem Kommißkopf wird es warm ums Herz, wenn er beim Studium der ostbayrischen Landkarte in unmittelbarer Nähe seiner aktuellen Wirkungsstätte die Gemeinde Pocking entdeckt und sich an das Gebirgspanzerbataillon 8 – Gott habe es selig! - erinnert.

Doch fort mit den nostalgischen Gedanken! Getreu dem Motto „Gelobt sei, was hart macht“ (im letzten Jahr war es, gelinde gesagt, stark unterkühlt) nutze ich das 20. Jubiläum des Thermen-Marathons in Bad Füssing unter der Leitung von Thomas Richter und der Pockinger Kampfrichtergemeinschaft zum Start in meine Marathonsaison. In dieser Ecke der Republik, von unserem Alpen-Ableger nur durch den Inn getrennt, war ich noch nie, daher wurde es höchste Zeit, mal herzukommen. Die Anreise ist mit knapp 600 km zwar elend lang– was tut man nicht alles völlig selbstlos, um Euch aktuell informiert zu halten! -, aber der Aussicht auf eine gelungene Kombination von Sport, schöner Gegend, Kuren im Thermalbad und dem Genuß einheimischer Küche (Motto der Veranstalter: "Laufen, thermalbaden und erholen") kann auch mein Weib nicht widerstehen. So wird die Reise zugleich auch unser Start in die diesjährige Urlaubssaison, denn vier Tage werden wir hier mit unseren Münchner Freunden Barbara und Klaus verbringen.

Mehrere örtliche Hotels haben ein nettes Angebot aufgelegt, preislich und vor allem auch in Verbindung mit kostenlosem Eintritt in die Therme am Samstag und Sonntag, da ist die Vor- und Nachbereitung des Laufs schon gesichert. 4.500 m² Wasserfläche in 13 Becken mit Wassertemperaturen zwischen 27 und 39° stehen zur Verfügung, ebenso diverse Fachkliniken bis hin zur Behandlung psychosomatischer Störungen. Da sind wir, die meinen, im tiefen Winter einen Marathon laufen zu müssen, genau richtig aufgehoben. Und ruinieren wir dabei unseren Astralkörper, kann der in Physiotherapie & Co. wieder gerichtet werden. Paßt also alles. Als Gäste im Veranstaltungshotel genießen wir den netten Service, sowohl die Startunterlagen als auch das für uns im Startgeld inbegriffene Funktionsshirt auf den Betten vorzufinden.

Am Samstagnachmittag lauschen wir dem zweistündigen Multivisionsvortrag des Südtiroler Bergsteigers Hans Kammerlander „Am seidenen Faden“, in dem er ausdrucksstark über seine Leistungen, u.a. die Besteigung von 13 der 14 Achttausender, berichtet. Innerhalb von 24 Stunden bestieg der passionierte Bergläufer viermal (4) hintereinander das Matterhorn, selbstverständlich inklusive der Abstiege. Ein Wahnsinniger, das andächtig lauschende Volk ist begeistert. Danach Pastaparty (mit zwei Getränken nach Wahl inklusive, sehr lecker), ab in die Therme zum Chillen und anschließend in den Haslinger Hof zur Entfaltung gewisser Party-, Tanz- und Nachtaktivitäten. Da muß man mal gewesen sein, meint unser Freund Klaus. Na, dann wollen wir uns mal vorsichtig hineinwagen. Aber ganz vorsichtig, schließlich ist hier schon so mancher schreibende Kollege heftigst versumpft und brauchte anderntags 42 km zum Ausnüchtern. Ich sage nur: Selbst schuld, wenn man leichtfertig in die Kneipe geht und leicht fertig wieder herauskommt.

Am leicht verschneiten Start angekommen, trifft mich erst einmal der Schlag („Herzilein, Du musst nicht traurig sein,…“), aber wir flüchten ganz schnell ins gut geheizte Foyer des Johannesbads, in dem eine kleine, gut angenommene Marathonmesse aufgebaut ist. Ich genieße den Luxus, nicht in der Kälte schlottern zu müssen und kann sogar einen bequemen Ledersessel ergattern, aber das steht einem ab der M 50 eigentlich auch zu. Der Pumuckl hat den gestrigen Einsatz im Haslinger Hof erfreulicherweise überlebt, allerdings sollte man ihm nicht zu nahe kommen, denn nimmst Du in seiner Nähe einen tiefen Atemzug, bist Du high für den Rest des Tages. Um Punkt 10 Uhr, die 10er sind bereits eine Viertelstunde auf der Piste, schießt uns eine bayrische, mit Vorderladern bewaffnete Trachtengruppe los, nachdem ich vergeblich nach Joey Kelly Ausschau gehalten habe, denn der hatte im letzten Jahr noch getönt, hier heute antreten zu wollen. Vermutlich erinnerte er sich noch rechtzeitig daran, wie ich ihn seinerzeit beim Rheinhöhenlauf gnadenlos versägt habe und hat Muffensausen bekommen. Wäre ja verständlich.

Der zweimal zu durchlaufende, brettebene Kurs verläuft – dem auf Föhr vergleichbar – in Form einer liegenden „8“. Zunächst starten wir in Richtung Westen durch den Süden von Bad Füssing, laufen links und rechts um den großen Kreisel - Berlin mit seiner Goldelse am Anfang läßt grüßen – und überqueren die B12. „Wir“ sind unter anderem fünf m4y-Schreiberlinge, die sich heute hier für Euch versammelt haben, die Saure-Gurken-Zeit führt zu dieser Verdichtung: Klaus, Bernie, Herbert, meine Wenigkeit und den fünften erwähne ich nicht namentlich, Ihr wisst es sowieso.

Die Strecke, ausschließlich asphaltiert, ist schneefrei und daher gut zu belaufen. An einem Wäldchen biegen wir nach Nordwesten ab. Teilweise pfeift der Wind schon ordentlich, die Körpertemperatur ist noch nicht hoch genug, das zu kompensieren. Ich lerne den netten René aus der Nähe von Prag kennen, der mit Frau und kleinem Kind zum wiederholten Male hier ist. Er hatte als Beifahrer einen schweren Verkehrsunfall zu erleiden, bei dem er sich einen Wirbel brach und dem Rollstuhl nur um Haaresbreite entging. Zum Dank umrundete er als Spendenlauf in 30 Tagen Island, in denen er jeden Tag mindestens einen Marathon abspulte. Nächste Woche wird einem Prager Rollstuhlverein das vom erlaufenen Geld beschaffte Handbike feierlich übergeben. Ganz großer Respekt, lieber René!

Im 777 erstmals urkundlich erwähnten Kirchham – der einzige heute durchquerte Ort, der nicht zu Bad Füssing gehört – gibt’s zum ersten Mal Verpflegung (warmes Iso!), wir haben den nördlichsten Punkt erreicht und drehen nach Südwesten ab. Eine ganze Weile laufe ich mit dem Bernie zusammen, der nach meinen ausbaufähigen Ortskenntnissen als schwäbischer Bajuware oder bajuwarischer Schwabe aus Augschburg eigentlich ein Heimspiel haben sollte. Ich lerne, daß zwischen seinem Zuhause und hier locker zwei Autostunden liegen.

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Informationen: Johannesbad Thermen-Marathon
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