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Laufberichte

Ein Ferientag im Schwarzwald

20.07.08
Autor: Klaus Duwe

Schon die Anreise ist ein Genuß

Bei kaum einem Marathon in Deutschland ist es angebracht, die Anreisemöglichkeiten so ausführlich zu schildern, wie beim Hornisgrinde Marathon. Das hat zwei Gründe: zum einen wird der Startplatz „Hundseck“ noch lange nicht von jedem Routenplaner gefunden, und zum anderen ist die Fahrt dort hin schon ein Genuss für sich.

Ich empfehle zur Anreise folgende Route: A 5, Ausfahrt Bühl (52) und dann auf der L 83 über Bühlertal Richtung Schwarzwaldhochstraße. Dabei kommt man durch malerische Orte mit herrlichen Fachwerk- und Bauernhäusern, später in dunkle Tannenwälder, die dem Schwarzwald seinen Namen geben. Beim Kurhaus Sand stößt man auf die B 500, die Schwarzwaldhochstraße, der man  rechts abbiegend folgt. Noch knapp 2 Kilometer, dann ist man am Startplatz auf 886 Metern Höhe. Für die 18 Kilometer ab der Autobahn muss man knapp eine halbe Stunde einrechnen. Wer ein Navi hat, gibt „77815 Bühlertal-Hundseck“ ein.

Hat man seinen Lauf beendet und sich nicht verausgabt, kann man herrliche Ausflüge und Spaziergänge machen. Natürlich ist da an erster Stelle die Hornisgrinde zu nennen. So heißt der höchste Berg (1164 m) im Nordschwarzwald. Man sieht ihn zu Beginn des Marathons einmal, aber nur wer’s weiß, erkennt den Bergrücken am markanten Sendeturm. Das Beste ist, man geht direkt vom Startplatz auf den Mehliskopf und schaut sich die Schwarzwaldhöhen und die Hornisgrinde aus der Entfernung an. Der Weg ist ausgeschildert.


Ganz in der Nähe ist auch die Marienkirche, die auf einen Felsen gebaut ist und von der aus man einen  herrlichen Blick ins Rheintal hat. Berühmt ist die Kirche, weil Konrad Adenauer hier oft verweilte. Wer sich für sein Finish mit etwas Außergewöhnlichem belohnen will, trinkt seinen Sonntagnachmittag-Kaffee im „Schlosshotel Bühlerhöhe“. Aber auch ohne Einkehr lohnt sich ein Besuch des Luxus-Schuppens, der zu den besten Hotels weltweit gezählt wird. 1912 wurde „die Bühlerhöhe“, wie die Einheimischen sagen, als Offiziersgenesungsheim erbaut, seit 1920 ist es ein Hotel. 1986 erwarb Max Grundig das Anwesen und ließ es zum Luxushotel ausbauen. Seither geben sich hier Promis aus Politik, Wirtschaft, Sport und Showbiz die Klinke in die Hand.

Normalerweise ist auch der Mummelsee ein lohnendes Ausflugsziel in unmittelbarer Nähe. Aber zurzeit wird gerade das nach einem Brand schwer beschädigte alte Hotel abgerissen und der sagenumwobene See, Überbleibsel aus der Eiszeit, bietet keinen so schönen Anblick.

Abstecher nach Baden-Baden

Für die Heimfahrt lohnt sich ein kleiner Umweg nach Baden-Baden, wohin uns die  Schwarzwaldhochstraße führt, die erste deutsche Ferienstraße, mit deren Bau 1930 begonnen wurde. Die Ausblicke ins Rheintal, auf die Vogesen und bei ganz klarer Sicht bis in die Alpen, sind sagenhaft. Nach kurvenreicher Fahrt (ca. 20 km) erreicht man Baden-Baden und es empfiehlt sich, statt in den Michaelstunnel links abzubiegen, geradeaus in die Stadt zu fahren, wo man gleich beim Augustaplatz ein geräumiges Parkhaus findet.

Von hier aus ist man in wenigen Schritten beim Kurhaus mit dem weltbekannten Casino, in der nicht weniger berühmten Lichtentaler Allee, im Kurpark und in der Innenstadt mit den vielen Cafés, Bistros, Restaurants und Eisdielen.

Die Römer bauten hier an der Oos um 70 n. Chr.  eine Stadt, die sie "Aquae" nannten, was soviel wie "die Wasser" oder "die Bäder" bedeutet. Am Florentiner Berg entstanden um die Heißen Quellen die soganannten Kaiser- und Soldatenbäder, deren Ruinen heute wieder zu besichtigen sind.


Den Beinamen „Sommerhauptstadt Europas“ bekam Baden-Baden im 19. Jahrhundert, als sich Kaiser und Könige, Fürsten, Politiker und Dichter, Maler und Musiker in der Stadt aufhielten und teilweise auch für längere Zeit nieder ließen. Badekuren, Glücksspiele, Pferderennen, kulturelle Ereignisse, die schöne Landschaft, das milde Klima und exklusiven Sport schätzten sie dabei besonders.

Das Glückspiel hat in Baden-Baden eine lange Tradition. Bereits 1748 wurde dazu eine Lizenz erteilt. Im Roman "Der Spieler" setzte  Dostojewski der Kurstadt ein Denkmal. Die Spielbank im Kurhaus von Baden-Baden ist für Kenner  die schönste der Welt.

Die Caracalla-Therme setzt die Tradition Baden-Badens als Bäderstadt fort, im Festspielhaus finden viel beachtete Aufführungen statt und die Pferderennen in Iffezheim gehören zu den internationalen Höhenpunkten. Vor ein paar Jahren wurde in dem von dem bekannten Architekten Richard Meier entworfenen Museumsgebäude  in der Lichtentaler Allee die „Sammlung Frieder Burda“ eingeweiht, eine Kunstsammlung von internationalem Rang.

Die Gegend um Baden-Baden mit dem Rebland, der Rheinebene und den umliegenden Bergen (Fremersberg, Ybug, Merkur und Battert), ist ein Paradies für Läufer, Walker, Wanderer und Kletterer. Es gibt viele ausgezeichnete Rund- und Weitwanderwege, unter anderem führt der Westweg von Pforzheim nach Basel über die Badener Höhe, Hundseck zur Hornisgrinde – womit sich der Kreis schließt.

Man sieht, ein Marathon kann mehr sein als ein Lauf um Minuten und Sekunden. Richtig geplant und umgesetzt wird ein unvergesslicher, ereignisreicher Ferientag daraus. 

Aber jetzt  zum Lauf


Das Wetter ist ideal an diesem Sonntagmorgen, es ist zwar ziemlich bedeckt, aber die Sonne wird sich im Laufe des Tages schon noch blicken lassen. 13 Grad zeigt das Thermometer. Das hatten wir hier schon anders. Um 8.15 Uhr wird gestartet. Es geht zunächst parallel zur Schwarzwaldhochstraße abwärts zum Kurhaus Sand. Zuerst ist es etwas eng auf dem Waldweg, aber als es kurz vor Sand auf die hier gesperrte Schwarzwaldhochstraße geht, hat sich das Läuferfeld deutlich in die Länge gezogen.


Nach einem kurzen Stück geht es rechts in den Wald  bis zum Hotel Plättig. Dort läuft man rechts aufwärts Richtung Badener Höhe. Nicht weit, dann geht’s links weiter ziemlich eben auf breitem Weg Nr. 13 Richtung Scherrhof. Der Weg liegt meist noch im Schatten und es ist es sehr gut zu laufen. Nach 6 Kilometern wird die erste Verpflegungsstelle erreicht. Es gibt Tee, Iso, Wasser, Bananen und Brot. So sind auch alle anderen Verpflegungsstellen bestückt und auch für die Letzten des Feldes ist ausreichend gesorgt.

Die Bernsteinhütte, eine kleine Schutzhütte, wird bei km 8 passiert, dann kommt bereits der Scherrhof (676 m – 11,5 km), eines der beliebtesten Ausflugslokale der Badener. Von einigen flachen Passagen abgesehen, ist der Weg bis hier her meist abschüssig. Jetzt kommt ein schmaler Pfad, den man offensichtlich erst kürzlich wieder freigemäht hat. „Badischer Ho Tschi-Minh-Pfad“ habe ich ihn mal getauft, da war er aber rechts und links von mind. 1 Meter hohem Farnkraut  gesäumt. Einen Kilometer ungefähr folgt man diesem Pfad, dann geht es kurz auf eine Teerstraße. Gleich ist man aber wieder auf einem schmalen Wanderweg, der direkt auf die Rote Lache führt. So heißt die Passhöhe zwischen Baden-Baden und dem Murgtal (690 m, km 15).  

Jetzt geht es auf gutem Fahrweg (dem sogenannten Harzweg) meist flach oder in leichten, fast nicht spürbaren Wellen weiter. Die Sonne kann sich gegen die dichte Bewölkung kaum durchsetzen. Das ist auf diesem Streckenabschnitt für die Läufer ein Vorteil, denn Schatten gibt es hier, obwohl mitten im Wald, kaum. Schuld ist Orkan „Lothar“, der hier am 2. Weihnachtstag 1999 binnen weniger Stunden ganze Berghänge kahl geschlagen hat.

Knapp die Hälfte der Strecke ist bewältigt, da sieht man links unten schon die Schwarzbach-Talsperre. Mit 2 Kilometer Länge ist der Stausee der größte See im Nord- und Mittelschwarzwald. Erbaut wurde die Talsperre 1922 bis 1926 und gilt noch heute als Pionierleistung.


Die Strecke führt noch in entgegen gesetzter Richtung und ist leicht ansteigend, dann geht es aber abwärts und plötzlich scharf links ab Richtung Stausee (668 m). Jetzt hat man einen herrlichen Blick auf den See und die umliegenden Berge. Normalerweise tummeln sich am Wochenende viele Menschen an den Ufern, es wird gegrillt, gespielt und geschwommen.

Auf einer kurzen Pendelstrecke am Seeufer entlang wird die genaue Distanz austariert. Die Wende ist ziemlich genau bei km 25. Die nächsten 2 km steigt der Weg leicht an, dann wird die Verkehrsstraße (km 28) nach Herrenwies überquert. Hier feuern etliche Zuschauer die Marathonis an.

Auf der Birkenaustraße, einer breiten Forststraße, geht es dann fast nur noch aufwärts. Das erste Stück ist etwas steil, dann wird es flacher. Man spürt es, aber man sieht es kaum, man gewinnt permanent an Höhe. Dabei ist die Steigung immer gerade so, dass sich eine Gehpause verbietet. Für mich (ich bin wegen meiner Dauerverletzung mit dem Fahrrad unterwegs) heißt es, im Sattel bleiben.

Nach wie vor sind die Temperaturen sehr angenehm und die vielen Wasserkübel, die der Veranstalter fürsorglich am Wegrand aufgestellt hat, werden kaum genutzt.


Wenn man die Birkenauhütte erreicht, ist es nicht mehr weit. Allerdings steht den Läufern jetzt der steilste Steckenabschnitt bevor. Erst langsam, dann aber ziemlich beschwerlich steigt die Verkehrsstraße Richtung Hundseck an. Beim alten Kurhaus Hundseck geht es einen steilen Wiesenweg hoch - dann sind es nur noch 200 Meter ins Ziel. Jeder wird namentlich begrüßt und von den Zuschauern gibt es freundlichen Applaus.

Familiär wie der Lauf ist auch der Ausklang. Man sitzt zusammen, trinkt und ißt (Maultaschen!) und erzählt sich von Erlebtem und Geplantem. Die Läuferschar ist nicht allzu groß, 260 werden am heutigen Sonntag gezählt, aber treu. 10, 20 und mehr Teilnahmen sind keine Seltenheit.

Der Hornisgrinde-Marathon gehört zu den Läufen, ohne die die Szene arm dran wäre. Hoffentlich finden sich auch in Zukunft ausreichend Idealisten, die den Fortbestand sichern.


Marathonsieger

Männer

1. Christian Dörr, laufundsportshop.de -  2:49:44
2. Michael Täge, Pforzheim - 2:58:48
3. Joachim Kempf, ELT Großheubach - 2:59:46


Frauen

1. Constanze Wagner,  TV-Rheinau-Mannheim - 3:29:14
2. Agnes Mussler, memler.de - 3:33:30
3. Irene Hofmann, LSG Karlsruhe - 3:39:23

Bildgalerie von Eberhard Ostertag:


Streckenbeschreibung:

Wunderschöner Rundkurs durch den Nordschwarzald, immer auf einer Höhe um die 800. Der Veranstalter wirbt mit "100 % Wald". Das ist weder übertrieben noch langweilig.

Zeitnahme:

Manuell

Weitere Veranstaltungen:

Halbmarathon am Samstag
10 km und Schülerläufe

Auszeichnung:

T-Shirt oder Handtuch, Urkunde

Logistik:

Kein Problem, alles ist im Auto. Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu Start und Ziel.
Umkleide- und Duschmöglichkeit im Haus des Skiclubs.

Verpflegung:

Ich konnte sie nicht mehr zählen, die Verpflegungs- und Getränkestände waren überall, im Wald, an Unterständen und Hütten. Es gab Wasser, Iso, Tee, Brot,  Bananen und Äpfel.

Zuschauer:

Zuschauer sind bei Landschaftsläufen eher rar. So ist es auch Hornisgrinde-Marathon.

 

Informationen: Hornisgrinde Marathon
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