marathon4you.de

 

Laufberichte

Das wird mal ein ein ganz Großer

20.06.10
Autor: Klaus Duwe

Wer in Zeiten wie diesen seine Teilnehmerzahl alleine beim Marathon um über 50 % steigert,  ist entweder im unteren zweistelligen Bereich, kann zaubern, oder hat einfach etwas ganz Besonderes zu bieten, was sich jetzt langsam herumspricht. Beim Elsässer Weinmarathon (Marathon du Vignoble d’Alsace) in Molsheim ist eindeutig das Dritte der Fall und das in mehrfacher Hinsicht.

Mit 600 Marathon-Anmeldungen (562 Finisher) ist das Interesse an dem 42km-Fun-Run in diesem Jahr so groß wie nie zuvor. Mit Halbmarathon, 10km-Lauf und den Kinderläufen sind es weit über 2000. Getreu dem Lebensmotto unserer liebenswerten Nachbarn („schaffen und gut leben“)geht es bei der Veranstaltung nicht ums Laufen alleine. Es geht um Spaß, Genuss, Erlebnis, bei dem einige vorne weg rennen und auch ganz respektable Zeiten erzielen. Die meisten aber kramen ihre verrücktesten Klamotten hervor oder basteln sich lustige Kostüme, um zu signalisieren: Gebt ihr Gas, ich will Spaß.

Köstlich verpflegt und so bei Laune gehalten werden die Aktiven unterwegs auf 12 Verpflegungsstationen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Neben dem üblichen Run-Food (Wasser, Iso, verschiedene Riegel, Trockenobst, Bananen und Orangen) gibt es nämlich  ausgesuchte regionale Spezialitäten und immer dazu passend einen Wein.

Wer jetzt abwinkt, weil er kostümierte Läufer, Alkohol und Marathon nicht unter einen Hut bringt,  dem wird eine Laufstrecke geboten, die es an Attraktivität und Abwechslung mit jedem Landschaftslauf hierzulande aufnehmen kann.

Die kulinarische Reise durch’s Elsass beginnt am Samstag mit einer Pasta-Party in der Münze, wie man sie noch nie erlebt hat. Es gibt Spätzle, deren Erfindung die Elsässer den Schwaben streitig machen, Musik,  Wein und Sekt. Und von allem so reichlich, dass ein Außenstehender niemals auf den Gedanken kommt, die Hauptakteure dieses Abends würden am nächsten Tag 42 Kilometer laufen.

Das dreigängige Menü inklusive einem Getränk nach Wahl ist übrigens im Startgeld enthalten, das sich von 32 bis 50 Euro staffelt. Ebenso sind darin enthalten: Transfer von Molsheim zum Start in Dorlisheim, Funktionsshirt, Medaille, 1 Flasche Wein und ein Spezialitätenteller mit Nachtisch und Getränk nach dem Lauf.  Und die sagenhafte Verpflegung unterwegs sowieso.

Die meisten übernachten auf dem nahe gelegenen Campingplatz, der an diesem Wochenende fest in Läuferhand ist. Statt dem beißenden Geruch erlaubter und verbotener Cremes und Salben steigt einem der Duft von Pulverkaffee und abgestandenem Bier und Wein in die Nase. Das Gedränge vor den Spiegeln, wo sich Männlein und Weiblein dick die Schminke ins Gesicht schmieren, ist größer als vor den Toiletten.  Gefrühstückt wird sparsam. Wer hier gesättigt auf die Strecke geht, macht seinen ersten Fehler.

Per Busshuttle geht es von Molsheim nach Dorlisheim (das sind nur 2 km), wo das Gelände des Supermarktes CORA als Startplatz dient. Im Foyer gibt es für die, die erst heute anreisen, die Startunterlagen. Spätestens jetzt muss ein Gesundheitszeugnis vorgelegt werden. Die Zeit wird mit einem kostenlosen Leihchip ermittelt.

Ein Satz zu CORA. Den Samstag sollte man unbedingt zu einem Einkauf nutzen. Die Fisch-, Fleisch- und Käsetheke ist legendär, die Weinauswahl unschlagbar. Ein simpler Tipp: Baguette und eine dicke Scheibe gekochter Schinken, frisch vom Knochen geschnitten. Phantastisch.

Die Stimmung ist sagenhaft. Es wird gescherzt und gelacht. Die Frage lautet nicht:  „Welche Zeit hast Du Dir vorgenommen?“ Sondern: „Wie lange willst Du unterwegs sein!“ Und: „Hast Du den gesehen?“ Und: „Schau Dir die mal an!“ Laufen wird zur Nebensache und Eberhard, Bernd und ich fallen mit unseren Laufklamotten auf wie sonst nur der Pumuckl in Frankfurt. Joe rennt als Höhlenmensch Keule schwingend durch die Gegend und Bernie hätte ich als Bayerischen Löwen fast nicht erkannt.

Um 7.30 Uhr ist Start. Das ist gut, denn bisher wurde es immer heiß. Heute ist es ausgesprochen kühl und auch für den Mittag werden noch keine 20 Grad erwartet. Aber die Sonne scheint. Ideale Bedingungen also für die Teilnehmer -  egal, ob Speedy oder Fun-Runner. 

Viele Zuschauer sind zunächst nicht an der Strecke, was aber überhaupt nicht stört. Die Läuferinnen und Läufer feiern sich selbst und das Starterfeld gleicht eher einem bunten Faschingszug. Schon nach 2,5 Kilometern kann auf der grünen Wiese das Frühstück nachgeholt oder ein Frühschoppen eingenommen werden. Während der Winzer schon früh am Morgen ins Schwitzen kommt, haben die Kollegen an der Wasserstelle leichtes Spiel. Nicht anders ist es in Mutzig, wo es zu Gugelhupf stilecht einen Pinot Blanc gibt. Nichts deutet mehr darauf hin, dass Mutzig einmal eine weit über die Region hinaus bekannte Bierbrauerstadt war.

123
 
 

Informationen: Marathon du Vignoble d'Alsace
Veranstalter-WebsiteErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner
 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024