marathon4you.de

 

Laufberichte

Over the Rainbow

13.06.11
Autor: Klaus Duwe

''Hesse ist, wer Hesse sein will'' - Das war das Motto von Georg August Zinn, 1950 – 1969 Hessischer Ministerpräsident. Er musste die Bewohner des 1945 gebildeten Landes Hessen (Alteingesessene, Flüchtlinge, Zuwanderer und Heimatvertriebene) zusammen bringen und ihnen eine neue Heimat schaffen.  Da kam ihm die Idee, dass sich einmal im Jahr die Hessen treffen sollen, um ihre unterschiedlichen Brauchtümer und Trachten zu präsentieren. 1961 fand in Alsfeld der erste Hessentag statt und in diesem Jahr ist Oberursel Schauplatz des mehrtätigen Spektakels, das mittlerweile über eine Million Menschen mobilisiert.

Oberursel ist dabei neue Maßstäbe für den Hessentag zu setzen. Die ganze Stadt ist vom 10. bis 19. Juni im Ausnahmezustand. Messen, Sonderschauen, Unterhaltungs- und Bewirtungszelte sind über die gesamte Innen- und Altstadt verteilt.  Roxette treten auf, Bryan Adams und die Scorpions, um nur einige zu nennen.

Last but not least wird erstmals ein Marathonlauf in die Veranstaltung integriert. Auf 400 Marathonis,  1000 Halbmarathonläufer  und 80 Staffeln ist das Starterfeld limitiert.  Die Staffeln und der „Halbe“ sind relativ schnell ausgebucht, der Marathon bleibt knapp unter dem Limit.

Auf die Läufer, sonst überall im Mittelpunkt des Geschehens, jetzt einmal nur im Beiprogramm, kommen ungewohnte Erschwernisse zu. Schon zur Abholung der Startunterlagen am Sonntag benutzt man am besten öffentliche Verkehrsmittel  oder steuert die außerhalb der Stadt eingerichteten Parkplätze an und steigt in einen Shuttle-Bus. Auf dem Hessentagsgelände kämpft man sich dann durch Menschenmassen und fragt sich zur Grundschule durch.  Hat man erst mal seine Startnummer  empfangen, gibt man sich dem Rummel hin und genießt den Hessentag, mit allem was er zu bieten hat.

Der Marathon wird um 8.00 Uhr auf dem malerischen Marktplatz vor dem historischen Rathaus und vielen, herrlich hergerichteten Fachwerkhäusern gestartet.  Kaffee und Kuchen gibt es in der Schule. Das ist gut, denn die Bewirtungsstände und Geschäfte sind noch geschlossen. Es ist leicht am Regnen, was Ortskundige aber nicht beunruhigt. Die Hänge des Taunus halten die aus Nordwesten kommenden Regenwolken zurück und so hat man in Oberursel meist schöneres Wetter, als in der übrigen Region.  Auch heute gibt es dank des „Orscheler Sonnenlochs“ einen sonnigen Tag.

 

Joey Kelly sollte ursprünglich den blinden m4y-Hero Jeffrey Norris über die Strecke führen. Wegen Krankheit kann Jeffrey leider  nicht starten. Spontan hat sich Joe als Ersatz angeboten, aber der ist doch nicht blind genug. 

Als Favoriten stehen Marco Diehl, Tobias Hegmann und Rene Strosny in der ersten Startreihe. Für Marco Diehl ist es ein besonderes Rennen. Es ist sein 100. Marathon. Na und, werden einige fleißige Sammler sagen. Es gibt da einen feinen Unterschied.  Der Butzbacher Banker  versteht sich zwar auch als Genussläufer und läuft bevorzugt dort, wo es schön ist, aber er läuft schnell. 74 seiner Läufe beendete er in einer Zeit unter 2:40, seine Bestzeit liegt bei 2:28. Seinen ersten Marathon lief er 2003 auf dem Weiltalweg gleich unter 3 Stunden.  Kann gut sein, dass der 42(!)jährige Marco Diehl heute einen Weltrekord aufstellt. Zumindest in Europa ist kein Läufer bekannt, der auf eine solche Leistungsstatistik verweisen kann.

Übrigens, es war  Marco Diehl, der 2007 in Frankfurt für Dieter Baumann die Pace machte und dem Olympiasieger zu seinem bisher einzigen Marathon-Finish (2:30) verhalf.

Der Marathon wird in zwei Runden gelaufen. Ich will nur eine laufen und entscheide mich aus strategischen Gründen für die zweite, starte also erst 75 Minuten später. Das gibt mir die Gelegenheit, stimmungsvolle Bilder vom Start und von der Altstadt einzufangen.

Gleich zu  Beginn läuft man eine Runde über einen Teil des Hessentagsgeländes und sieht dabei Bilder, die man als Marathonläufer sonst nicht kennt: Bunte Marktbuden, Getränkestände und Karussells, dazu steigt einem mancherorts der Duft von abgestandenem Bier, Frittierfett und Gegrilltem in die Nase. Weil der Rummel erst um 10.00 Uhr los geht, ist es aber ruhig. Erst kurz bevor wir in Richtung Stadtwald laufen, beklatschen uns zahlreiche Zuschauer.

Bei den letzten Häusern steht Sebastian, zupft seine pinkfarbene Ukulele und singt Israel Kamakawiwo’s „Over the Rainbow.“ Er wartet auf Martin, der mit dem gleichen Instrument  ausgerüstet ist. Zusammen mit Anne-Claire setzen sie den Lauf fort, warnen aber alle, die ihnen folgen, dass sie nur dieses eine Lied einstudiert hätten. Na ja, da gibt es schlimmeres.

„ Somewhere over the rainbow
blue birds fly
and the dreams that you dreamed
of dreams really do come true… “

Sogar bergauf verstummen die Musiker nicht.

12
 
 

Informationen: Hessentag-Marathon
Veranstalter-WebsiteErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner
 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024