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Laufberichte

Schmuddelwetter – na und?

26.09.10

Zugleich hat man von hier einen besonders schönen, wenn auch weiterhin wettermäßig getrübten Blick auf den sich auf der jenseitigen Flussseite in Buda erhebenden Burghügel. Auf einer Länge von etwa 1,5 km überragt er 50 bis 60 m hoch das Umland. Aus der mauerumschlossenen historischen Bürgerstadt auf dem Hügelrücken ragen vor allem der trutzige Burgpalast sowie die prunkvolle, gotische Matthiaskirche heraus. Deren Anfänge reichen bis ins 13. bzw. 14. Jh. zurück, doch hat sich ihr Erscheinungsbild durch Umbauten und Erweiterungen im Laufe der Jahrhunderte immer wieder geändert. Touristenmagnet ist aber vor allem die der Matthiaskirche vorgelagerte, gerade einmal hundert Jahre alte Fischerbastei. Schon durch den hellen Sandstein sticht das Gemäuer aus der Umgebung hervor. Mit ihren sechs runden Türmen und Brüstungsmauern kommt die Bastei dem Klischee einer Ritterburg ziemlich nahe. Benannt wurde sie nach der Zunft der Fischer, die im Mittelalter diesen Abschnitt des Burghügels verteidigten. Seine Hauptanziehungskraft verdankt die Fischerbastei aber dem Umstand, dass man von hier einen der schönsten Ausblicke auf und über die Stadt genießt, vor allem auch auf das Parlamentsgebäude, das wir gerade passieren. Ich bin froh, diese Perspektiven gestern schon bei schönem Wetter erlebt zu haben.

Bei km 12,2 wird es plötzlich ungewohnt laut und trubelig, sowohl auf, wie neben der Strecke. Das liegt aber weniger an den das Marathonspektakel eher zurückhaltend aufnehmenden Budapestern, sondern daran, dass hier der Startplatz der 30 km-Läufer ist. Diese haben den Marathonkurs in einer verkürzten Variante zu bewältigen. Da dieser Lauf erst kurz vorher gestartet wurde, vermischen sich die beiden Gruppen kurzfristig zu einem dichteren Pulk. Wirkliches Gedränge entsteht aber dennoch nicht – Platz ist stets und überall genug. Des Rätsels Lösung für das aufgekratzte Menschenspalier am Straßenrand ist, dass auch der erste Wechselpunkt der Staffelläufer erreicht ist. 

Kurz darauf, bei km 12,5, laufen wir erneut am Roosevelt-Platz ein und erklimmen nach einer kleinen Schleife – eine der wenigen Steigungen des ansonsten äußerst flachen Kurses – den Aufgang zur Kettenbrücke.

 

Über die Kettenbrücke nach Buda

 

Die Überquerung der Kettenbrücke ist zweifelsohne einer der optischen Höhepunkte des Laufs. Die 1849 eröffnete, aufgrund ihrer Kettenkonstruktion benannte Brücke gilt als Meisterleistung der Ingenieurkunst des 19. Jahrhunderts. Gewaltige Trossen spannen sich zwischen den die Hängebrücke triumphbogenartig überragenden, wuchtigen Stützpfeilern. 2000 Tonnen Stahl wurden hier verbaut.

Nicht minder beeindruckend ist der Blick von der Brücke auf den sich gleich dahinter auftürmenden Burgberg. Vorbei an riesigen steinernen Löwen als Brückenwächtern gelangen wir auf das nach dem Brückenerbauer benannte Rondell des Clark Adam-Platzes. Eine Seilbahn führt von hier direttissma zur Burg hinauf. Während die Straße weiter geradeaus jäh im Schlund des Burgbergs verschwindet, biegen wir nach rechts ab. Wir folgen der Donau auf dem zwischen Berg und Fluss verbleibenden Landstreifen, aufgrund der früher häufigen Überschwemmungen Viziváros (Wasserstadt) genannt, in Richtung in Norden.
Nur kurz währt der Ausflug durch die Budaer Häuserschluchten, schon werden wir wieder auf die tiefer gelegene Uferstraße gelotst. Und dort bleiben wir erst einmal viele, viele Kilometer lang. Von Buda bekommen wir so nur am Rande etwas mit. Aber das sind eben die Kompromisse, so Arpad Kocsis, die man als Marathonplaner in einer verkehrsintensiven Großstadt eingehen muss, um dennoch eine verkehrsfreie Marathonstrecke bieten zu können. Der Vorteil der Streckenführung ist anderseits: Entspannung. Selten habe ich einen so relaxten Großstadtmarathon erlebt wie in Budapest. 

Sehr schön ist der Blick von hier auf das Parlamentsgebäude in seiner ganzen imposanten Größe am anderen Donauufer. Wir unterqueren erneut die Margarethen-Brücke, nur eben jetzt auf der anderen Flussseite. Im weiteren Verlauf unseres Exkurses in den Norden haben wir stets die Parklandschaft der Margaretheninsel im Blick. Leider hat sich der Regen wieder verstärkt, was meinen auf Lauftemperatur aufgeheizten Körper aber letztlich nur noch marginal stört. Für Abwechslung sorgen insbesondere die entgegen kommenden Läufer. Im Verlauf der nächsten Kilometer habe ich die seltene Gelegenheit, den ersten bis zum letzten Läufer an mir vorbei ziehen zu sehen. Ein großes Hallo gibt es jedes Mal, wenn ich meinen schnellen italienischen Autorenkollegen Maurizio treffe. Immerhin vier Mal ergibt sich unterwegs dazu die Möglichkeit.  

Die verkehrsumtoste Arpád-Brücke bei km 18 markiert das Ende unseres Abstechers in den Norden Budas. Über die Brücke könnte man auf die Margarethen-Insel an ihrem nördlichen Ende gelangen. Für uns heißt es direkt unter der Brücke jedoch wieder einmal: Wendepunkt. 

 

Unter sieben Brücken musst du geh`n ....

 

Es steht uns die längste Gerade des Marathonkurses bevor. Sie führt uns von der Arpád-Brücke fast 9 km weit bis zur Lágymányosi-Brücke im Süden der Stadt, immer unweit des Wasserspiegels am Westufer der Donau entlang. Sieben Brücken, angefangen mit der Arpad-Brücke liegen an unserem Weg. Und jede hat ihren ganz eigenen Charakter. Allesamt müssen wir sie auf unserem Weg unterqueren – und nur eine später auch noch überqueren.

Brücke Nummer zwei nach der Arpad-Brücke ist die uns schon hinlänglich bekannte Margarethenbrücke. Die Besonderheit dieser bereits Ende des 19. Jh. errichteten, eigentlich sehr schön gestalteten, aber im Moment großteils eingeschalten Brücke ist ihr Zwischenpfeiler vor der Margaretheninsel, von dem wiederum eine Flügelbrücke auf die Insel führt. Für den, der Panoramaausblicke liebt, ist der Besuch des Zwischenpfeilers fast schon ein Muss.

Weiter führt uns die Brückentour zur Kettenbrücke. Der Weg dorthin wird einmal mehr beherrscht vom immer wieder beeindruckenden Ausblick auf das Parlament und den Burgberg. Ein herzlicher Empfang wird uns unter der Brücke bereitet, wo sich regengeschützt zahlreiche Zuschauer eingefunden haben und uns anfeuern. 

Läuferisches Neuland erwartet uns jenseits der Kettenbrücke. Zu unserer Rechten erhebt sich der von dichtem Grün überwucherte steile Gellérthügel mit der Zitadelle. Letztere bleibt uns aus unserer Perspektive zwar verborgen, doch das turmhohe Freiheitsdenkmal auf der Spitze des Hügels, ein pathostriefendes Relikt aus der sozialistischen Vergangenheit des Landes, ist unübersehbar. Als weiterer Top-Viewpoint der Stadt ist das Denkmal aber ein sehr beliebter Ausflugsziel.

 
 

Informationen: Budapest Marathon
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