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Laufberichte

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Wenn man an Heidelberg denkt, kommt einem nicht unbedingt Traillaufen in den Sinn. Wer jedoch schon einmal die Großstadt am Neckar besucht hat, findet das gar nicht abwegig, liegt sie doch eingeklemmt zwischen den bewaldeten Höhen vom Heiligenberg mit 439 m und Königstuhl mit 562 m. Das Naherholungsgebiet ist durchzogen von relativ breiten Wegen, von denen immer wieder kleine Pfade abzweigen. Das vorgegebene Profil formt daraus ein wahres Trailmekka, wobei sich Läufer und Radler das Terrain kameradschaftlich teilen.

Heidelberg ist, neben München und Berlin, die im Ausland wohl bekannteste Stadt Deutschlands. Alljährlich kommen fast 12 Millionen Touristen, um das mittelalterliche Flair der Altstadt  zu genießen. Heidelberg nennt die älteste Universität Deutschlands ihr Eigen, bietet mit der Weißen Flotte Neckarschifffahrten an, und hat mit seinem malerisch über dem Stadtkern thronenden, romantischen Schloss das Alleinstellungsmerkmal schlechthin.

2013 wurde erstmals unter dem Motto „herrlich, höher, härter“ zum härtesten  „Stadtmarathon“ Deutschlands mit 1500 Hm eingeladen. Damals noch in der Altstadt gestartet, kamen fast 800 Marathonfinisher ins Ziel. Inzwischen ist der Event zum Schloss hinauf gezogen. Am besten parkt man daher sein Auto in einem der Parkhäuser und geht zu Fuß nach oben. Ungeschickt, wenn man etwas im Auto vergessen hat. Mit der Standseilbahn dürfen Läufer am Lauftag vergünstigt fahren, ganz umsonst sind alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt. Leider kommt es in diesem Jahr zu einer Terminkollision im Schloss, so dass die Startunterlagenausgabe des Laufereignisses in die urigen Räumlichkeiten des Restaurants Burgfreiheit ausweichen muss  und alles andere unter freiem Himmel stattfindet. Die Veranstalter haben Glück mit dem Wetter: es ist zwar frisch, aber trocken.

 

 

Im Bereich der Schlossmauer befindet sich die Startaufstellung und später dann der Zieleinlauf. Eine Treppe tiefer gibt es Zelte zum Umziehen, eine kleine Marathonmesse und die Kleiderabgabe. Wieder eine Treppe tiefer stehen Dixis. Das ganze Gelände ist mit Läufern bevölkert. Bei über 1300 Startern in den verschiedenen Wettbewerben ist das auch kein Wunder.

Um 11 Uhr erfolgt der Start für die erste Startgruppe. Es wird zeitlich versetzt in Wellen gestartet und man ist angehalten, sich seiner Zielzeit gemäß einzuordnen.  Als die Schnellen gestartet sind, wird die 2. Startgruppe nach vorne gerufen. Der Moderator animiert zu einer La-Ola-Welle, was vor allem bei den Zuschauern gut ankommt. Der Startschuss von Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner schickt auch diese Gruppe auf die Strecke. Das geht noch zweimal so. Dann sind Marathon, Team-Marathon, Duo Marathon, und Half-Trail gestartet. Der Himmelsleiter-Trail kommt um 11 Uhr 30 dran.

Für uns geht es nun zunächst hinunter, an der übergroßen Sandsteinfigur des „Vater Rheins“ vorbei. Er liegt hier auf der eigens dafür gestalteten Terrasse mit Blick auf die Ostfront des Schlosses und die Rheinebene. Die Terrasse ist Teil des „Hortus Palatinus“ oder auch Pfälzischem Garten, einer nach französischem Vorbild geplanten Schlossgartenanlage mit Wasserspielen, aufwendigen Blumenrabatten und Baumensembles. Obwohl er nie fertig gestellt wurde, hielten Zeitgenossen den Garten für das 8. Weltwunder. Heute ist davon nichts mehr viel erhalten, es laden vielmehr weitläufige Rasenflächen zum Verweilen ein. Von jeder der Terrassen bietet sich eine andere Aussicht auf Schloss und Stadt.

 

 

Man könnte meinen, die Daten eines so imposanten Gebäudes wie dem Schloss Heidelberg sind allseits bekannt. Scheinbar gibt es aber keine verlässlichen Angaben darüber, wann das Schloss gebaut wurde. Möglicherweise wurden die ersten Teile im 13. Jahrhundert errichtet. Fest steht wohl, dass als Kurfürst Rupprecht III. 1401 König von Deutschland wurde, das Schloss zu klein war und umfangreiche, repräsentative Anbauten entstanden. Der Ausbau endete erst mit dem Beginn des dreißigjährigen Kriegs 1618. Während des Krieges wurden Teile davon gleich wieder zerstört. Die totale Verwüstung folgte dann, als während des pfälzischen Erbfolgekrieges die Franzosen Heidelberg besetzten und bei ihrem Abzug 1689 das Schloss in Schutt und Asche legten.

In den folgenden Jahrhunderten wurde immer wieder darüber gestritten, ob das Schloss abgerissen oder wiederhergestellt werden sollte. 1890 beschloss man, das Schloss so zu erhalten, wie es eben war. Nur der Friedrichsbau, ehemals prächtiger Wohnpalast mit Kapelle, wurde restauriert. Die riesige Ruine oberhalb der Stadt entpuppte sich bald als Anziehungspunkt für Besucher. Hier stationierte US-Amerikaner mit ihrem Hang zur „alten Welt“ machten das Ruinenschloß weltbekannt. So zählt für Japaner der Fotostopp beim Heidelberger Schloss zu den „Must Haves“ bei ihren Europatouren.

Wir laufen am Fuße des Schlosses entlang. Treppen bringen uns kurzerhand einige Höhenmeter nach unten. Serpentinen folgen und so erreichen wir schnell die Stadt. Auf Kopfsteinpflaster geht es in den alten Ortskern. Wie damals üblich, stehen die top gepflegten Häuser dicht an dicht. Die Häuserreihe öffnet sich schließlich zu einem großen Platz, wo sich die 1909 gegründete ehrwürdige Akademie der Wissenschaften befindet. Direkt oberhalb liegt fotogen das Schloss.

Etwas weiter erreichen wir den Marktplatz. Als erstes sticht die aus rotem Neckartäler Sandstein gebaute, gotische Heiliggeistkirche ins Auge. Der Herkulesbrunnen, der an die Aufbauleistungen des Volkes nach Beendigung des 30 jährigen Krieges erinnern soll, seht in der Platzmitte vor dem historischen Rathaus. Hier ist ganz schön was los. Beim „Ritter“, einem der ältesten und schönsten Heidelberger Renaissancebauten, macht die Strecke ein Kurve und führt nun direkt zum Neckar hinunter. Wir halten uns rechts Richtung frisch renoviertem Brückentor. Es besteht aus einem Mittelbau und zwei flankierenden Türmen und dient als Eingang zur sogenannten „alten Brücke“, die die Altstadt mit dem gegenüberliegenden Neckarufer verbindet.

Weil die Originalbrücke 1945 von deutschen Soldaten gesprengt wurde, handelt es sich um einen Nachbau aus dem Jahr 1947, ebenfalls aus rotem Neckartäler Sandstein. Am anderen Ufer geht es rechts ein Stück am Kai entlang, dann geht es erstmals den Berg hinauf. Zeit für die erste Gehpause. Obwohl eigentlich alle noch frisch sein müssten, läuft hier keiner. Zunächst stehen noch Häuser links und rechts, aber dann lassen wir die Bebauung hinter uns.

 

 

Ein Helfer klatscht jeden ab und weist uns links auf den Philosophenweg. Der Südhang des Heiligenberges gehört zu den wärmsten Stellen Deutschlands, deshalb gedeihen hier auch Pflanzen, die es andernorts schwer haben würden, wie spanischer Ginster, portugiesische Kirsche, Zitrone und diverse Palmen. Der exponierte Weg ist benannt nach den Gelehrten, die hier neue Eingebungen suchten, aber vermutlich genauso gerne die phantastische Aussicht genossen. Es geht rechts weg, steil den Berg hinauf. Nach gefühlt einigen Kilometern steht ein Helferin und weist uns auf ein rundes Bauwerk mitten im Wald. Wir laufen durch ein großes Tor und befinden uns in einer riesigen Arena. Es handelt sich um eine von ca. 40 Thingplätzen, die Hitler in Deutschland errichten ließ. Das Wort Thing oder Ding kommt aus dem altnordischen und bezeichnet Versammlungs- oder Gerichtsorte. Die NSDAP missbrauchte den Begriff für ihre monströsen Aufmarschorte zur Zelebration ihres Führerkults.

56 Zuschauerreihen sind mit Treppenstufen verbunden. Diese gilt es nun hinaufzueilen. Das klappt eigentlich ganz gut. Noch eine letzte Treppe und ich bin oben. Hier haben es sich drei Damen zur Aufgabe gemacht, die Läufer nicht nur anzufeuern, sondern auch mit Nüssen, Schokolade, Bananen und Wasser zu versorgen. Danke für diese schöne Geste. Es geht nun auf diversen Singeltrails auf und ab - einfach schön. Bei allen ist der Untergrund für mich gut zu bewältigen und so erreiche ich bergab ein ganz schönes Tempo. Bergauf ist es wie immer: die anderen stapfen munter an mir vorbei.

 

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Informationen: Trail Marathon Heidelberg
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