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Laufberichte

Nebliges Trailvergnügen

 

Sie kommen aus Japan, aus Amerika und aus vielen anderen Ländern der Welt. Heidelberg zählt zu den Zielen, die man bei ihrer Europareise besucht haben muss.  München oder Berlin, Schloss Neuschwanstein, die Loreley und dazu dann noch als romantisches Schmankerl die Schlossruine und Altstadt von Heidelberg, das wollen auch die Chinesen und die Russen sehen. Im Sommer hört man in der Fußgängerzone ein babylonisches Sprachengewirr. 

Daher war es längst überfällig, dass hier auch ein Marathon organisiert wird. Da Heidelberg flankiert von steilen Berghängen am Eingang des Neckartales liegt, passt es perfekt, statt einem Stadtmarathon einen Trail-Lauf mit 1500 Höhenmetern auf 42,2 km zu veranstalten. 

Nachdem die Strecke bei der Premiere zwar als landschaftlich schöne Kombination aus Trails und normalem Landschaftslauf gefiel, aber für routinierte Trailrunner zu wenig richtige Trails aufwies, stimmt die Mischung inzwischen. Sowohl Freunde rasanter Trails als auch Waldweg-Sprinter finden hier ihre idealen Streckenabschnitte. So kann es bleiben!

Eine weitere, wirklich großartige Neuheit ist es, dass diese Veranstaltung nun erstmals eines der schönsten Start- und Zielgelände aller deutscher Marathons hat - direkt im schönen Schlossgarten! Sogar noch besser: auch der Schlosshof, für den  Touristen Eintritt zahlen müssen, ist für uns geöffnet, denn die Startnummernausgabe findet erstmals im  wunderschönen Königssaal im Schloss statt. Wo bekommt man sonst ein so grandioses Ambiente bereits vor dem Start geboten? 

Wem 42,2 anstrengende Kilometer zu viel sind, kann auch in einer Zweier- oder Fünfer-Staffel starten oder den sehr anspruchsvollen 10 km Himmelsleiter-Trail laufen. Neu hinzu kommt in diesem Jahr der 1,37 km lange Kids-Fun Trail.

Ich erreiche das Schloss schon zwei Stunden vor Start und habe daher viel Zeit, die tolle Atmosphäre zu genießen. Ich freue mich, dass ich mal wieder meine Redaktions-Kollegen Daniel und Wolfram sowie einige andere Lauffreunde treffe. 

Die malerische Schlossruine trug wesentlich dazu bei, dass Heidelberg einst zum Zentrum der deutschen Romantik wurde. Auf Basis einer befestigten Burg lies Kurfürst Friedrich V. Anfang des 17. JH das Ensemble zu einem prächtigen Lustschloss umwandeln. Nach den Zerstörungen im 17. JH  wurde das Schloss nur teilweise restauriert. Als dann 1764 nach einem Blitzschlag ein Brand das gerade renovierte Schloss beschädigte, ließ man die Ruine endgültig so stehen. Kaiser Wilhelm II forderte vergeblich einen teilweisen Aufbau, auch Ende des 20. JH gab es einzelne Stimmen, die eine teilweise Renovierung wollten. Nun finden in dieser prächtigen Kulisse Theaterfestspiele und Konzerte statt.

Gemeinsam mit überwiegend asiatischen Touristen genieße ich den Blick von der Aussichtsplattform hinab nach Heidelberg und fotografiere das mehr als 220.000 Liter fassende Große Fass, das so undicht ist, dass es nur drei Mal gefüllt wurde. 

Beim Briefing werden wir ausdrücklich darauf hingewiesen, dass manche Streckenabschnitte bei Nässe gefährlich sind und wir daher unbedingt vorsichtig laufen sollen. 

Dann schlendere ich durch den Regen hinüber zum Schlossgarten, wo das Start- und Zielgelände sowie die Gepäckaufbewahrung sind.  Sehr günstig für Läufer, die eine weite Anreise haben, ist die Startzeit um 11 Uhr. Da die Blocks in drei Gruppen mit je 7 Minuten Abstand starten, kann ich die schnellen Läufer im Schlosspark fotografieren, bevor es auch für mich los geht, natürlich wie so oft beim Sound von AC/DC. 

Eine kleine, traumhaft schöne Runde durch den Schlossgarten - wobei Runde bei rechtwinkligen Wegen nicht ganz der passende Begriff ist - dann warnt uns ein Streckenposten davor, dass der Abstieg hinab nach Heidelberg rutschig ist. In mehreren Serpentinen geht es zügig hinab, aber vor allem auf dem Pflaster unten sollte man nicht allzu sorglos rennen. 

Wegen dem kühlen Regen stehen nur wenige Zuschauer in der Fußgängerzone. Wir laufen durch die Altstadt und gleich hinter der Heiliggeistkirche in Richtung Neckar. Die Heiliggeistkirche wurde 1398 bis 1515 errichtet, das Kirchenschiff ist gotisch, Dach und Turmhaube sind barock. Der schlimmste Tag dieser Kirchengeschichte war der 22.5.1693, als im Pfälzischen Erbfolgekrieg französische Truppen eine große Menschenmenge hier einsperrten und die Kirche danach anzündete.

Entlang der Kirche sind Läden angebaut, in denen früher Bäcker und andere Händler arbeiteten, heute dagegen Bücher und Andenken verkauft werden. Im Mauerwerk geben Brezel-Darstellungen aus dem 15. JH die ordnungsgemäße Größe der Brezeln vor, die hier verkauft werden durften. Gegenüber der Kirche steht das 1592 erbaute Hotel Zum Ritter, ein prachtvoller Bau.

Etwa bei km 3 überqueren wir die in ihrer heutigen Form 1788 erbaute Alte Brücke, neben dem Schloss das beliebteste Motiv der Stadt. Vorgänger dieser Brücke wurden schon 1248 urkundlich erwähnt. Die Altstadt überstand den zweiten Weltkrieg ohne große Schäden, doch die Alte Brücke wurde 1945 beim Rückzug der Wehrmacht gesprengt, schon zwei Jahre danach aber unterstützt durch eine Spendenaktion der Bürger wieder neu eröffnet.  

Einst standen die Türme des Brückentores im Wasser, erst nach dem Bau der B37 haben sie den Kontakt zum Neckar verloren. Auf der Brücke steht eine große Statue der römischen Göttin Minerva, auch als griechische Pallas Athene, die Göttin der Weisheit bekannt und das Denkmal des Kurfürst Karl Theodor. An dessen Sockel werden Rhein, Mosel, Donau und Isar dargestellt, die Flüsse in Karl Theodors Herrschaftsgebiet. Natürlich darf auch eine Nepomuk-Büste nicht fehlen.

Schon zur Zeit der Kelten und der Römer war die Gegend besiedelt,  aber auch einer der ältesten europäischen Knochenfunde von Urmenschen wurde in der Nähe gefunden, passend homo heidelbergensis genannt. Die Stadt Heidelberg wurde aber erst im 12. Jahrhundert gegründet. Vom 13. JH bis 1720 war Heidelberg die Hauptstadt der Kurpfalz. Als hier 1386 die Universität gegründet wurde, war sie nach Prag und Wien erst die dritte Hochschule im Heiligen Römischen Reich und ist daher heute die älteste Universität Deutschlands. Im 17. JH wurde Heidelberg zwei Mal komplett zerstört, danach im Stil des Barock wieder aufgebaut. Anfang des 19. JH wurde Heidelberg bedingt durch die in eine hübsche Landschaft eingebettete Schlossruine zu einem der Zentren der deutschen Romantik. In den Jahren 2004 und 2007 bewarb sich Heidelberg jeweils vergeblich um eine Anerkennung der Altstadt als UNESCO Weltkulturerbe. Die 1,6 km lange Fußgängerzone ist eine der längsten Europas.

 

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Informationen: Trail Marathon Heidelberg
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