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Laufberichte

Daumen hoch!

 

Wir laufen, fotografieren und schreiben gern. Die häufigen Ortswechsel, die permanente Einsatzbereitschaft und zig-tausende Lauf-Kilometer gehen jedoch  ganz schön in die Knochen: Von der Achillessehne bis zur Schreibblockade. Zeit bei einer Wochenendkur mit Reizklima Körper und Geist zu entspannen! So tauschen wir unsere unübersehbaren, orangefarbenen Laufklamotten gegen weiße Bademäntel und Badelatschen.

Könnt ihr euch vorstellen, diesen oder andere Laufberichte eines Marathon4you-Autors würde es nicht geben? Genau da, wo ihr Woche für Woche mindestens ein liebenswertes Lauf-Geschichtchen eines ebensolchen Menschen erwartet, stünde, sagen wir, die Geschichte über einen Sonntagsausflug vom Angelverein. „Was ist denn bloß mit den laufenden Reportern los?", würdet ihr euch vielleicht fragen. „War da ein Missgeschick? Ein Läuferburnout oder  am Ende gar eine Lauf-Affäre?“.

Verwundert würdet ihr auf eurem iPad oder PC blicken und der Kaffee würde euch so gar nicht mehr schmecken. Und damit die Angst um uns Marathonflaneure euch nicht dann auch noch den ganzen Vormittag versemmelt, würdet ihr vielleicht in der Marathon4you-Redaktion anrufen. Dort würdet ihr erfahren: Ach was, denen fehlt gar nichts, die müssen nur einmal zur Kur.

Da sind wir also. In Bad Füssing. Europas beliebtester Kurort. Es ist nicht besonders mondän, aber sein Heilwasser gilt als „Altersbremse“. Rund 4.500 Quadratmeter Wasserfläche und 13 Becken sollten uns wohl genügen. Seit wir Ultraläufer und Ultraschreiberlinge in diesem verflucht geliebten Knochenjob unterwegs sind, hören wir oft: Ihr seid ja verrückt. Das kommt mal anerkennend, mal abschätzig rüber. Diejenigen, die letztes von sich geben, haben eine Sportschuh-Allergie und laufen noch nicht mal zu Fuß in den zweiten Stock. Diese Klientel ist etwa zehnmal so kontraproduktiv wie wir. Und? Machen wir sie runter, weil sie von einer anderen Art der Freizeitgestaltung wohlig erschöpft sind? Nein, wir haben einen Riesenrespekt vor solchen Typen.

Meine Erstbegegnung mit Marathon4you fand auf der Laufstrecke statt. Es war 2005 beim Rothaarsteig Marathon, als ich Klaus zum ersten Mal begegnete. Als „Miss Squeezy“ bezeichnet, wurde ich von ihm fotografiert und tauchte kurz darauf in seinem Laufbericht auf. Mittlerweile hat Klaus die Laufschuhe, nicht ganz freiwillig, mit einer fetten Kamera ergänzt. Ohne viel Brimborium agiert er meist aus dem Hintergrund und hält sein Team dabei nicht nur sprichwörtlich auf Trab: So geht es für uns auf Langstrecken-, Etappen-, Kreis- und Bergläufe. Über Forststraßen, Feldwege, Premiumwege und Top-Trails. Über die Alpen, durchs Mittelgebirge und Supersteige in die nahe und in die ferne Welt hinaus. Wir laufen durch Eis- und Sandwüsten. Mal unter der Erde, durch Hochhausschluchten, auf Nadelfilz im Büro- und Betonpisten im Parkhaus. Auch mal auf einem schaukelnden Schiff oder in einem Gefängnis. Die Stories erzählen von Triumpf und Niederlage; sie lassen nichts aus. Der Server biegt sich vor Erfahrungsberichten ohne Ablaufdatum. Das war nicht immer so.


Marathon-Ödland im Internet


Klaus 42KM-Debüt war der Berlin Marathon. Von da an war er infiziert und wusste, den Leihchip werde er nicht mehr zurückgeben. Als „Hobbyläufer“ ist ihm schnell das mangelnde Angebot an Informationen über die zahlreichen Veranstaltungen und die Beschreibung ihrer Strecke aufgefallen. Die geschwätzige Welt von Facebook/Twitter und Co. gab es in dieser Form noch nicht. Die Meldungen konzentrierten sich auf Ergebnislisten und Siegerbilder. Hinweise wo, wann, wer und wie man unterwegs ist, boten selten Treffer. „Wenn es so etwas nicht gibt, dann mache ich es“. Gesagt getan.

Aus diesem Internet-Marathon-Ödland erblühte Marathon4you. Der Thermen Marathon von Bad Füssing wurde Klaus erster Bericht der online ging und Eberhardt Ostertag wurde neben Klaus zum ersten laufenden Autor. Fortan opfert Klaus jede freie Minute, kennt alle Anekdoten. Es folgen 2500 Laufberichte mit über 300 000 Bildern – bis jetzt. Es folgen gedruckte Jahresterminlisten, später ein halbjährlich erscheinendes Printmagazin, welches 2014 durch ein nunmehr jährlich erscheinendes Marathon Jahrbuch abgelöst wurde. Darüber hinaus ergänzen der Marathon4you Supercup, Trailrunning.de und Marathoncheck.de das Angebot. Nach nur 10 Jahren ist Marathon4you so etwas wie die Enzyklopädie der Marathonläufe geworden. Klaus steht neben seinem Team, ein verschmitztes Siegerlächeln ist nicht zu übersehen.

 

Bewegung nur auf Rezept

 

So friedlich, wie es sein Name nahelegt, geht es tatsächlich zu in Bad Füssing, trotz der fast drei Millionen Übernachtungen (übrigens mehr Nächtigungen als die Nordseeinseln verzeichnen). Wo kann man sich sonst so voll und ganz mit seinem Wohlbefinden befassen? Nichts lenkt bei diesem Gesundheits(kurz-)urlaub ab.

Es gibt keine Berge zu besteigen, keine (Meister-) Kirchen zu besichtigen. Die Spielbank verspricht ein Hauch Las Vegas; willkommene Abwechslung zu Kreuzworträtsel und Bingo. Das Bernstein- und das Bauernhaus-Museum im Kurpark sind „nice to have“, treiben einem aber auch nicht den Schweiß auf die Stirn. Das vermag schon eher ein Besuch im „Haslinger Hof“ oder im „Saunaparadies“ der Therme. Wem dort die Hitze zu Kopf steigt, schwimmt raus. 

In den Außenanlagen dampft es wie aus einem Waschkessel. Bad Füssing besuchen, heißt baden gehen. In keinem anderen Kurort wird mehr gebadet. Oder, besser gesagt, lässig herumgefläzt, denn mehr ist auch nicht erlaubt. Die Thermen sind kein Spaß-, Sport-, oder Freizeitbad. Das darf ich auch gleich erleben, als eine nicht zu überhörende laute und schroffe Stimme die Badefreude stört. „Schwimmen verboten!“, bellt ein Bademeister vom Beckenrand durch den Nebeldampf. Er erinnert mich an meine Kindheit, als ich ohne Badekappe ins Wasser wollte. Zwei Kurgäste, gerade in der Versuchung sich zu bewegen, stoppen ihre zaghaft ausgeführten Schwimmzüge im Strömungskanal. Es bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig, als sich im warmen Wasser treiben zu lassen. So liegt man also im Dämmerschlaf auf einer der vielen Luftsprudelliegen und wärmt sich bis zum Hals wie eine gestrandete Kegelrobbe auf der Düne vor Helgoland. 

Das Bad in einer Therme gehört zum Kuralltag – wie das Kännchen Kaffee und der Kurschatten. Bereits 400 vor Christus wurde in Pompeji gebadet und auch im Mittelalter. Auch damals schon sorgte ein Kurschatten für Heilungserfolge. Bad Füssing ist nicht so alt wie die klassischen Kurbäder. Weder Kaiser Franz Joseph noch die Kaiserin Elisabeth besuchten das Bad. Keine Gedenktafeln, die auf einen Besuch von Kaiser und König hinweisen. Keine Sommerfrische für die Monarchie. Man  muss wissen, dass Bad Füssing sich erst vor etwa 50 Jahren vom unscheinbaren Dorf mit gerade einmal sechs Bauernhöfen zu einem der bedeutendsten und übernachtungsstärksten Kurorte Europas entwickelte.


Frottiermantelverhüllte Badeschlappenschlürfer


In den wohlig warmen Räumen bedarf es nicht mehr als eines Bademantels oder eines Tuches um die Hüften. Ich bin keine Freundin von Kompressionskleidung, doch hier in der Kathedrale der Gesundheit würde so ein Ganzkörperkompressionsanzug so manchem schmeicheln. Weder wegen der Körperhygiene noch wegen irgendwelcher Heilmethoden waren die öffentlichen Badehäuser bei den Römern so begehrt. Gemeinschaftliches Baden war schlicht und einfach ein soziales Ereignis. Man traf sich zu Gesprächen und zum Freizeitvergnügen. Das ist auch heute noch so: Die sogenannte Markthalle in der Johannestherme ist prall gefüllt. Kaum ein Platz auf den Festzeltbänken bleibt frei. Auf den Tischen stehen Teller, vollgefüllt mit Nudeln (eine Tonne soll es an diesem Samstag sein, die über die Theke geht). Kennt ihr diese Alpträume, in denen man nackt inmitten von dick angezogenen Leuten durch die Gassen läuft? Hier sitzen die in weiße Frottiermäntel gehüllten Kurgäste einträchtig zwischen den immer hungrigen Sportlern.

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Informationen: Johannesbad Thermen-Marathon
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