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Laufberichte

Wegen Napoleon

26.02.12

Mir reicht’s! Nach einem Marathon mit durchgängig Schneefall und zweien mit sibirischen Temperaturen bin ich reif für die Insel.

Meine Kamera ist seit dem letzten Einsatz schockgefroren, vielleicht hilft ihr ja massive Sonneneinwirkung wieder auf die Beine. Ersatzgerät ist natürlich dabei. Aber wo ist’s möglich, wo kann man in Shorts laufen? Ja, gar nicht einmal so weit entfernt. Auf Malta! Dort herrscht im Sommer subtropisches, trockenes Mittelmeerklima und auch im Winter kann man es dort gut aushalten. Und dazu sind ist nur gut zwei Flugstunden von Deutschland.

Die maltesischen Inseln, dazu gehören Malta, Gozo und Comino, liegen sogar noch etwas unterhalb der Nordküste Afrikas. Etwa 90 Kilometer südlich von Sizilien, 350 Kilometer nördlich von Libyen und 300 Kilometer südöstlich von Tunesien. Das sollte doch eine Garantie für angenehme Februar-Temperaturen sein. Vor 13.000 Jahren wäre Malta sogar auf dem Landweg zu erreichen gewesen, denn während der Eiszeit gab es aufgrund des sinkenden Wasserspiegels noch eine Landbrücke nach Italien. Da der Archipel aber auf der Afrikanischen Kontinentalplatte liegt, gehört er geologisch auch zu Afrika.

Natürlich will ich bei meinem Kurzausflug nicht nur Frühlingsluft schnuppern und laufen, sondern mir auch etwas Kultur und Landschaft einverleiben. Da bin ich in Malta mit über 7000 Jahre Geschichte und vielen kulturellen Schätzen, von denen einige auch zum Weltkulturerbe zählen, genau an der richtigen Stelle. Nur wenige europäische Staaten können Tempel und Grabanlagen vorweisen, die aus der Jungsteinzeit stammen.

Ankunft Malta. Jaaaa. 17 Grad, blauer Himmel, genau wie ich es erhofft habe, hier ist Frühling. Ein bisschen Glück war zugegebenermaßen dabei, vorher hat’s 4 Tage immer wieder mal geregnet. Vom Airport weg wird’s sofort spannend. Ich bin zum ersten Mal auf der „falschen“ Seite unterwegs. Ja wirklich, zum ersten Mal in meinem Leben werde ich in einem Auto chauffiert im Linksverkehr. Mann, was bin ich froh, nicht selber am Steuer sitzen zu müssen. Ich glaube kaum, dass das lange gut gehen würde. Mein Hirnkastel ist nicht auf‘s Linksfahren programmiert. Aber warum fährt man hier eigentlich links? Wegen Napoleon!

1798 wurde die Insel vom kleinen „Bonaparte“ und seiner Streitmacht besetzt. Die waren eigentlich gerade mit 38.000 Mann auf den Weg nach Ägypten, mit Ziel, den Briten den Zugang nach Indien zu vermiesen. Napoleon’s Mannen wüteten auf Malta, schafften alle Privilegien der alteingesessenen Adelsfamilien ab, ließen tausende Sklaven frei und verjagten die Ritter. Respektlos wurden die Kirchen geplündert. Das wollten sich die Malteser nicht gefallen lassen und riefen die Engländer um Hilfe. Die kamen auch sofort und verjagten die Franzosen schnell wieder, da sie den strategischen Wert des kleinen Archipels erkannt hatten. 1814 wurde Malta als Kronkolonie annektiert. Seit 1964 ist man wieder unabhängig. 2004 trat man der Europäischen Union bei und seit 2008 wird hier auch mit dem Euro bezahlt. Die Euro-Münzen bekommt man zu Hause relativ selten zu Gesicht, so soll ich auch ein paar sammeln und mitbringen.

Mein erstes Linksfahr-Abenteuer überstehe ich unbeschadet. Auf meine erste Erkundungstour begebe ich mich aber lieber zu Fuß. Kumpel Jan ist auch auf der Insel und läuft ebenfalls am Sonntag, er hat bei einem Veranstalter eine ganze Woche gebucht. Sein Handy ist natürlich nicht empfangsbereit, so versuche ich es bei meinem Spaziergang, ihm vielleicht zufällig über den Weg zu laufen, da ich ungefähr weiß in welcher Gegend er untergebracht ist. Ich bin gerade dabei mich auf der Karte zu orientieren, schon schallt mir ein „Hallo Bernie“ entgegen und Janosch steht vor mir. Das ist in etwa so wie die berühmte Nadel im Heuhaufen zu finden. Es ist nämlich gar nicht so einfach, hier jemand mal zufällig zu treffen. Wer meint, Malta ist eine kleine überschaubare Insel mit ein paar Häusern und Touristenanlagen wird schnell eines Besseren belehrt. Nach Monaco und Singapur ist es das am dichtesten besiedelte Land der Welt. Über 400.000 Einwohner, verbunden mit der kleinen Fläche ergeben eine Bevölkerungsdichte, die mit 1.260 Personen pro Quadratkilometer auch noch höher ist als die in New York City. Und ob man es glaubt oder nicht: Malta ist das Land mit der dritthöchsten Autodichte Europas. Statistisch besitzt jeder Erwachsene ein Vehikel.


27th Malta Marathon


Eine halbe Stunde dauert die Fahrt vom Hafen von Sliema zum Startort in Mdina im Zentrum der Insel. Etwas ungewohnt ist die frühe Startzeit von 8 Uhr um diese Jahreszeit für mich schon, aber dafür geht auch die Sonne hier früher auf, so gleicht sich das wieder etwas aus. Halbmarathonläufer und Walker können etwas länger in der Kiste liegen bleiben, für sie ist der Start erst um 10 Uhr angesetzt.
Vor dem Start sollte man sich aber unbedingt etwas Zeit nehmen und durch das mittelalterliche Mdina schlendern. Am empfehlenswertesten ist der Besuch aber in den Abendstunden, wenn die Sonne bereits wieder untergegangen ist, denn dann kann man diese faszinierende Stadt mit ihren meist aus dem 17. Jahrhundert stammenden und allesamt hervorragend erhaltenen Gebäuden am besten entdecken. Stünden hie und da nicht ein paar Blechkarossen im Weg, könnte man sich glatt in eine andere Epoche zurückgesetzt fühlen. Aber vorsichtig, in den engen und verwinkelten Gassen ist Verlaufen kein großes Problem, nicht dass wegen meiner Empfehlung jetzt jemand den Startschuss verpasst.

Der Startplatz befindet sich unmittelbar vor dem barocken Stadttor. Fast 400 Marathonis haben sich zur 27. Auflage heute eingefunden und werden mit Blasmusik und Aufwärmgymnastik unterhalten. Letzteres würde auch durchaus nicht schaden, denn der kalte Wind lässt einem die Morgentemperaturen mit fast 10 Grad doch etwas frisch erscheinen. Aber das erledigt sich glücklicherweise auch bald, so dass ich mich von der wärmenden Schutzschicht befreien kann.
Die ersten beiden Kilometer führen leicht wellig durch das benachbarte Rabat. Am Ortsende beginnt ein vier Kilometer langes Gefälle herunter vom 185 m hohen Dingli-Plateau, das auch den höchsten Punkt von Malta darstellt. Wunderbar zum Einrollen. Rechts begleitet uns die traumhafte Silhouette von Mdina mit ihrer gewaltigen Festungsmauern. Der Name stammt von den Arabern und bedeutet: „von Mauern umgebende Stadt“.

Über die Felder und Steinmauern sind schon von Weitem die Flutlichtmasten des Ta' Qali-Stadions zu sehen, hier finden die meisten Fußballspiele von Malta statt. 17.000 Zuschauer fasst die Arena. Einmal konnte man hier unsere deutsche Elf gewaltig ärgern. 1979 trotzten die Malteser dem damaligen Team um Sepp Maier und Karl-Heinz Rummenigge ein 0:0 in der EM-Quali ab. Daran werden sich bestimmt noch einige erinnern. Wir laufen direkt auf den Eingangsbereich zu. Gerade als ich mich freue, durch das Stadion laufen zu dürfen, werden wir nach rechts gewunken.

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Informationen: Malta Marathon
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