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Laufberichte

Great Wall Marathon

05.09.09

Ein Marathonlauf im Reich der Mitte

Erst schrillt der Wecker und einige Minuten später schellt das Telefon – der am Vortagbestellte Weckanruf. Allerdings sind die meisten von uns ohnehin schon wach, denn heute ist ja der Tag, an dem der Marathonlauf auf der Chinesischen Mauer statt finden soll.

Als ich mich so um 4:45 im Frühstücksraum einfinde, gehöre ich fast  zu den Letzten.  An die 50 Personen sitzen hier und nehmen noch ein Frühstück zu sich, bevor es auf die ca. zweistündige Busfahrt zum Startplatz auf der  Chinesischen  Mauer geht.  Alle sind Teilnehmer einer Laufreise. Der Marathon ist eingebettet in ein 14-tägiges Besuchsprogramm in und um Peking mit zwei Ausflügen nach Xian und Shanghai. Der Veranstalter Studiosus Reisen mit Wichart Hölscher als Organisator und Reiseleiter führt diese Reise bereits zum 13. Male durch. Entsprechend gut und routiniert ist auch die Organisation.

Für die aus den verschiedensten Ländern angereisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer stehen überall deutsch-  bzw. englischsprachige Reiseführer bereit. In unserer Gruppe sind diesmal neben vielen Deutschen auch Italiener, Schweizer, Österreicher, Niederländer und Amerikaner mit dabei.

Nach dem Frühstück setzen sich unsere beiden Busse pünktlich um 5:30 in Bewegung.  Der Mauerlauf findet ca. 120 km nordöstlich von Peking in der Provinz Hebei statt. Die Laufstrecke befindet sich auf dem Mauerabschnitt Jinshanling im Berggebiet des Kreises Luanping.  Ab 1570 wurde hier während der Ming-Dynastie mit dem Bau der Mauer begonnen.

Die Laufstrecke gleicht im Prinzip einen am Boden liegenden Y, in der Mitte befindet sich die zentrale Versorgungsstelle, wo es alles gibt, was das Läuferherz begehrt. Wasser, Isotonische Getränke, Coca Cola, Bananen, verschiedene Sorten Obst etc. . An den jeweiligen Enden befinden sich die Kontrollpunkte eins bis drei.  Hier gibt es ebenfalls div. Getränke und Obst. Außerdem wird hier protokolliert, ob auch wirklich jeder bis zum jeweiligen Wendepunkt gelaufen ist.

Viermal muss das Y abgelaufen werden, wobei der Start und das Ziel knapp 100 m voneinander entfernt liegen. Nur so erreicht man dann die 42,195 km, d.h. stimmt nicht ganz. Die eigentliche Laufstrecke ist ca. 38 km lang, aber auf Grund internationaler Vereinbarungen kann bei Extremläufen die Höhe der Treppenstufen mit als Länge gewertet werden.

Mittlerweile haben wir den Parkplatz beim Mauerabschnitt Jinshanling erreicht.  Wir nehmen unsere Rucksäcke bzw. Sporttaschen und begeben uns auf den ca. 10minütigen Weg zum Start. Der Startplatz befindet sich unmittelbar vor einem Wachturm, in dem wir uns auch umziehen können.

Wichart Hölscher, der Organisationsleiter dieses Laufes, ist schon seit Stunden vor Ort und hat mit vielen Einheimischen bzw. Hotelmitarbeitern Erstaunliches geleistet. Überall hängen Fahnen der verschiedenen Nationen. Riesige Banderolen mit den entsprechenden Schriftzügen zum 13. Internationalen Marathonlauf auf der großen Chinesischen Mauer hängen in deutscher Sprache quer an den Außenmauern der Wachtürme. Hinweisschilder zu den Umkleideräumen, WC' s etc., alles ist da . Damit hat wohl keiner gerechnet. Alles aus Deutschland mitgebracht und ganz früh morgens in Position gebracht.

Da wir noch reichlich Zeit bis zum Start haben, bietet sich ein kleiner Probelauf an. Schnell stellt sich heraus, dass die Treppenstufen auf der Mauer wesentlich schwieriger zu laufen sind, als die Trainingstreppen daheim. Die Stufen hier haben vielfach unterschiedliche Höhen und Auftrittbreiten,  stolpern und vertreten sind angesagt.

So langsam rückt der Start näher und die ersten Läufer sammeln sich im Startbereich. Erst jetzt fällt mir auf, dass auch viele Chinesinnen und Chinesen mit am Start stehen. Insgesamt starten  diesmal 91 Läuferinnen und Läufer, allerdings in drei verschiedenen Disziplinen. Am Marathon nehmen 49 Personen teil, am Halbmarathon 19 und die 10 km Strecke wollen 23 Läuferinnen und Läufer absolvieren. Es ist möglich, während des Wettkampfes auf eine kürzere Distanz zu wechseln, allerdings wird man dann dort in der Ergebnisliste erst hinter dem  regulären Letztplatzierten gewertet.

Nach letzten guten Wünschen und diversen Ermahnungen vorsichtig zu laufen, wird der Start freigegeben. Allerdings nicht mit einer Pistole, sondern durch Rückwärtszählen von Zehn auf Null und Schwenken einer Fahne. Und los geht’s . Schon nach den ersten Metern geht es steil treppauf . . . und ich bin ganz gespannt, wie die Toppläufer wohl das Treppenproblem meistern.

Viele machen es so, dass sie die Treppen nicht laufen, sondern schnell hochgehen. Wird die Strecke flacher, wird auf Laufen umgestellt. Eine Kombination, der ich mich anschließe und von Kilometer zu Kilometer perfektioniere. Ganz anders allerdings die Treppab - Passagen. Sie gehören mit Sicherheit zu den schwierigeren  und kräftezehrenden Abschnitten, vor allem  an den besonders steilen Stellen . Und davon hat die Chinesische Mauer viele . . .

Nach dem Start geht es erst mal ca. 500 m steil bergauf, bevor man die zentrale Versorgungsstelle erreicht. Hier beginnt der eigentliche Rundkurs. Das nächste Ziel ist nun der in ca. 3,2 km entfernt liegende Kontrollpunkt 1.  Allerdings geht es gleich wieder richtig steil treppauf und hoch oben in der Ferne sieht man schon den ersten Wachturm stehen.

Wenn man den Turm erreicht hat, folgt ein Abschnitt,  auf dem  es zwar immer hoch und runter geht, aber es ist immerhin möglich ist, längere Strecken durchgehend zu laufen. Einen Laufrhythmus gibt es auf der Chinesischen Mauer aber nicht, weil man durch den ständigen Wechsel des Untergrundes bzw. der Steilheit der Laufstrecke permanent sein Tempo anpassen muss.  Auch bei den vermeintlich leichten Strecken muss immer mit Hindernissen gerechnet werden, wie z.B. mit quer zur Strecke angebrachten Ziegelrinnen  zur Ableitung des Regenwassers.

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