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Laufberichte

Der große Jubiläums-Marathon am Main

30.10.11
Autor: Klaus Duwe

Wer sich seine Startunterlagen auf der Marathonmall beim Messeturm bereits am Freitag holt, kann sich in aller Ruhe über die neuesten Produkte rund ums Laufen informieren, Schnäppchen machen und sich bei den sehr zahlreich vertretenen Marathonveranstaltern aus erster Hand die letzten Neuigkeiten holen. Am Samstag ist es spätestens am Nachmittag mit der Gemütlichkeit vorbei. Auf der Messe herrscht ein Treiben, wie sonst nur bei der IAA. Und wie bei der IAA laden blankpolierte und chromblitzende BMW’s zum Probesitzen ein.  Der neue Titelsponsor ist allgegenwärtig.

Rund 25.000 Läuferinnen und Läufer sind inklusive der Rahmenrennen beim 30. Frankfurt Marathon registriert, 15.000 alleine für den Marathon. Damit wird erstmals das Teilnehmerlimit erreicht und zwar vorzeitig! Der m4y-Marktplatz quillt über mit Suchanzeigen verzweifelter Läuferinnen und Läufer. Auf ebay werden Preise von über 260 Euro für einen Startplatz geboten. Eine richtige Hysterie scheint ausgebrochen zu sein.

Das war in Frankfurt nicht immer so. Deutschlands ältester Stadtmarathon dümpelte mehr schlecht als recht vor sich hin und rangierte hinter Berlin, Hamburg, Köln, München und dem Ruhrmarathon irgendwo im Mittelfeld. Der Orkan, der 2002 durch die Stadt wehte, als Jo Schindler erstmals mit der Organisation des Frankfurt Marathon betraut war, bekommt im Nachhinein Symbol-Charakter. Denn was seither mit dem Marathon in der Mainmetropole passierte, hätte als Buch Bestsellerpotential. Mein Titelvorschlag: „Wie aus einer grauen Maus ein strahlender Stern wird.“

Jo Schindler fasst sein Erfolgsrezept so zusammen: „Mir war klar, dass Frankfurt ein emotionales Highlight und ein Alleinstellungsmerkmal benötigt, um wieder zu alter Größe und Strahlkraft zurückzufinden. Das setzen wir mit dem Zieleinlauf in die Festhalle seit 2003 um. Des Weiteren stellen wir unsere Kundschaft in den Fokus unserer Überlegungen. Unsere Kunden sind die Läufer, die Partner und Sponsoren sowie die Stadt Frankfurt. Der Marathon muss für alle optimalen Nutzen bringen, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Kundenorientierung ist eine Binsenweisheit des modernen Managements.“

Gesagt ist sowas ja schnell. In Frankfurt spürt man aber, dass danach gelebt und gehandelt wird. Nirgendwo habe ich bisher eine Show wie die am Vortag in der Festhalle erlebt, die trotz aller Professionalität und Klasse immer noch ganz simpel „Nudel-Party“ heißt. Bei den vielen Interviews, Show-Acts und Informationen gerät das Carboloading fast zur Nebensache. Und dass das Ganze auch noch im Startgeld enthalten ist, ist schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr. 

„Wir feiern Jubiläum und Ihr bekommt das Geschenk.“ Nach diesem Motto bekommt jeder Teilnehmer seine Startnummer in einem schicken Rucksack überreicht. Auch kein schlechter Zug des Veranstalters, das Geld des Sponsors auf diese Weise anzulegen.

Aber das ist nur die eine Seite. Der Frankfurt Marathon ist ja als eine leistungssportliche Veranstaltung entstanden, die sich allerdings international kaum messen konnte. Als Herbert Steffny 1985 z. B. in Frankfurt in 2:12:12 Stunden gewann, lief zuvor der Portugiese Carlos Lopes in Rotterdam genau 5 Minuten schneller und damit Weltbestzeit.

Als unter Jo Schindler der in Berlin lange Jahre für die Topathleten zuständige Christoph Kopp die Verantwortung für die Eliteläufer übernahm, änderte sich das. Durch Boaz Kimaiyo wurde 2003 erstmals die 2:10 unterboten und 2007 setzte Wilfred Kigen mit 2:07:58 bei seinem dritten und letzten Sieg in Frankfurt neue Maßstäbe. Im gleichen Jahr hatte Haile Gebrselassie in Berlin den Weltrekord auf 2:04:26 verbessert.

In den Jahren 2009 und 2010 verbesserten die bis dahin kaum in Erscheinung getretenen Gilbert Kirwa (2:06:14) und Wilson Kipsang (2:04:57) die Streckenrekorde um jeweils über eine Minute und in die Nähe des Weltrekordes, der seit Berlin 2011 durch Patrick Makau bei  2:03:38 steht. Frankfurt ist in der Weltspitze angekommen und wird keineswegs belächelt, als für das Jubiläumsrennen eine Prämie in Höhe von 50.000 Euro für einen neuen Weltrekord ausgelobt wird. Es findet sich auch gleich ein Läufer, der das Unvorstellbare auszusprechen vermag. „Ja“, sagt Wilson Kipsang, „ich will in Frankfurt Weltrekord laufen.“

Es wird an der Strecke gebastelt, ein paar Kurven herausgenommen, Höhenmeter eliminiert und ein attraktives Elitefeld zusammengestellt. Denn eine One-Man-Show wie andernorts soll es in Frankfurt nicht geben.

Dass sich ganz nebenbei mit Günter Weidlinger, Christian Pflügl, Roman Weger und Andrea Mayr fast die gesamte Österreichische Marathonelite versammelt, spricht auch dafür, dass sich Frankfurt international einen Namen gemacht hat. Auch Deutschlands viel gescholtene Marathon-Asse wollen versuchen, die Olympianorm zu schaffen. Die 2:30 bei den Frauen kann Irina Mikitenko bereits nachweisen, Sabrina Mockenhaupt und Susanne Hahn werden heute folgen. 

Ganz nach dem Geschmack aller Beteiligten sind auch die äußeren Bedingungen. Ruhiges Herbstwetter ist angesagt. Dass es in der Nacht geregnet hat und die Straßen am Morgen noch etwas nass sind, kann den Rekordjägern allerdings ein paar Sekunden kosten.  Aber es ist fast windstill und das ist in der Bankenstadt nicht unwichtig, so sich in den Häuserschluchten ein laues Lüftchen schon mal zu kräftigem Gegenwind steigert.

Die Stimmung vor dem Messeturm ist super. Nervosität bei den Spitzenläufern, bei denen es um Rekorde, Qualifikationen und Moneten geht, und bei den vielen Rookies, die sich Frankfurt für ihren ersten Lauf über 42,195 km ausgewählt haben.

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Informationen: Mainova Frankfurt Marathon
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