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Laufberichte

Spaß, Glück und Jubel hoch drei

15.01.11
Autor: Klaus Duwe

Leipzig ist eine Läuferstadt, man sieht’s. Überall in dem beliebten Park wird gejoggt. Wieder frage ich mich, ob diese Gelegenheits- und Freizeitläufer für die Sportausrüster nicht doch interessanter sind, als die verrückten Kilometerfresser. Besonders die Mädels sind modisch gekleidet, Shirt und Mütze passen zur Hose und sogar die Schuhe sind farblich darauf abgestimmt. Dagegen wünscht man sich den Dress manches Marathonis in die Altkleidersammlung, wäre man sich nur sicher, dass er nicht von dort stammt. Nicht aufregen, Freunde, ein bisschen Lästern tut doch jeder.

Und wenn ich schon dabei bin: Ohne Ohrstöpsel geht auch nichts mehr. Meist weist ein weißes Kabel darauf hin, dass man sich auch sonst was gönnt. Und glaube ja nicht, der Läufer führt ein Selbstgespräch. Er gibt gerade per Mobilfunk und Bluetooth-Mikro seiner Frau Bescheid, dass heute lauter Verrückte im Park unterwegs sind und er sein Training abbrechen muss. Sie soll das Essen in die Mikrowelle geben, in 4:42 Minuten sei er zu Hause.

Ist das herrlich. Gleich sind wir wieder bei der Galopprennbahn, die wegen ihrer Holztribüne  und der schönen Lage mit Chantilly in Paris verglichen wird. Das erste Rennen fand 1867 hier statt. Der Imbiss auf dem Parkplatz ist eine permanente Einrichtung, der Musiker dagegen exklusiv für den Wintermarathon tätig. Auf die Idee, sich mit Saxophon, Elektroorgel und Trommel fünf Stunden in die Pampa zu stellen, kommt man natürlich nur dann, wenn man einen Bezug hat zu dem, was heute hier abgeht. Und den hat Wolfgang Wittig. Weit mehr als 100 Marathon- und Ultraläufe hat er erfolgreich absolviert. Arbeiten tut der musikalische Läufer in der Uni. Der Professor und zweifache Doktor lehrt unter anderem Mathematik und Informatik und ist in diversen Prüfungskommissionen.

Angelika läuft ein gutes Stück vor uns und bespricht mit Sabine vom Konkurrenz-Team wahrscheinlich irgendwelche Frauenthemen. Derweil halten Eberhard und ich die zwei anderen Wunderweiber mit einer Diskussion über Sport im Alter davon ab, Sabine zu folgen. Es klappt. 

Auch ganz ohne Ehrgeiz ist es nämlich nicht so, dass wir dieses Jahr wieder unbedingt Letzter werden wollen. Auf unsere Vorbereitung können wir dabei nicht vertrauen. Der Trainingszustand ist bei uns drei etwa gleich schlecht und beim Übergewicht hat Eberhard in den letzten Wochen mit mir gleichgezogen. Das größere Starterfeld sollte uns aber eine bessere Platzierung ermöglichen. Ansonsten muss es die Taktik richten.

Dass Leipzig eine Läuferstadt ist, habe ich schon gesagt. Aber habt Ihr gewusst, dass hier der erste Marathon auf Deutschem Boden ausgetragen wurde? 1897, ein Jahr nach dem ersten Marathonlauf anlässlich der der Olympischen Spiele in Athen, gingen morgens um 6.00 Uhr am Neuen Gasthof in Paunsdorf 18 Läufer auf eine 40 km lange Wendepunktstrecke. Ein Jahr später wurde der Lauf offiziell von den „Sportbrüdern Leipzig“ ausgeschrieben und am 3. Juli auf gleicher Strecke ausgetragen. Danach verschwand der Marathon in der Versenkung. Erst in den 30er Jahren fanden wieder Läufe statt, meist zu besonderen Anlässen, z. B. 1938 als Gedächtnislauf „125 Jahre Völkerschlacht“. In den 50er Jahren wurden im Wechsel mit Berlin die DDR-Meisterschaften ausgetragen. Seit 1977 findet der Leipzig Marathon regelmäßig statt.

Wie ich jetzt darauf komme? 2007 bin ich in Leipzig den Marathon gelaufen und habe Frank Gottert kennengelernt. Er und sein Bruder Steffen sind wahre Lauflegenden. In dem Buch „Marathon-Mekka Leipzig“ hat Frank Anekdoten und Histörchen aus 100 Jahren Leipziger Marathongeschichte aufgeschrieben. Und dieser Frank Gottert steht jetzt hier an der Strecke und feuert die Läufer an. Bei der nächsten Runde schließt er sich uns zu einer „Inspektionsrunde“ an. Nicht für lange, denn der ehemalige 2:21-Läufer ist auch heute noch super gut drauf.

Es sind jede Menge Helferinnen und Helfer im Einsatz, die die Strecke sichern und die Marathonis einweisen. Kaum eine Begegnung oder Überrundung erfolgt kommentarlos. Ich muss es wieder loswerden: Solche Rennen auf kleiner Runde sind äußerst unterhaltsam und kurzweilig.  Eberhard muss mich natürlich daran erinnern, wie lange ich mich strikt verweigert habe. Als ich dann vor 5 Jahren zum ersten Mal in Kevelaer meine Runden drehte, war ich so begeistert, dass ich ein paar Wochen später in Rodgau Runde für Runde gleich einen Ultra abspulte. Gerade auch für Anfänger sind solche Rennen ideal.

Wieder sind 5 km gelaufen, Bernd Sehmisch stellt die Aktiven unermüdlich vor. Die Verpflegungsstelle ist üppig bestückt. Warmer Tee, Wasser, Iso, Haferschleim, Gebäck und Obst sind im Angebot. Und dann sind da ja noch die hübschen Red Bull-Girls, die Dir mit einem Du-bist-der-Größte-Lächeln einen einschenken.

„I feel good!“  könnte ich in den Wald brüllen. Jedenfalls bis zur vierten Runde. Auch die  fünfte läuft noch ganz gut, obwohl manche Wegabschnitte jetzt etwas schlechter zu laufen sind. Vor allem bei km 3  bin ich froh, dass ich die roten Schuhe anhabe. Die werde ich wohl leicht finden, wenn ich sie im Matsch verliere.

Derweil ist das Rennen entschieden. 2:46:49 Stunden werden für das schnellste Team (Ronnys Aufnahmeprüfung) gestoppt, gut sieben Minuten länger ist das Team vom LSV Lok Arnstadt unterwegs. Eine gute Nachricht hat ein Streckenposten für uns. Außer den Wunderweibern soll noch ein anderes Team hinter uns sein. Und vor uns entdeckt Angelika eine Mannschaft, deren weibliches Mitglied erheblich schwächelt. „Leichte Beute“, denkt Eberhard laut. „Wenn der wüsste“, so mein Gedanke angesichts meiner schwindenden Kraftreserven. Als wir zur Galoppbahn kommen fragt der Musiker: „Die wievielte Rund habt ihr?“ „Die sechste!“ „Ach du lieber Gott“, so wird sein Gedanke sein. Die kleine Steigung hinauf zur Brücke über das Elsterflutbett schaffe ich nicht mehr im Laufschritt. Platt, platter, am plattesten. So würde ich den Zustand unseres Teams bezeichnen.

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