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Laufberichte

42 km Mai(n)sonne

 

Marathonlaufen in Würzburg? Betrachtet man die Topographie der Unterfrankenmetropole, tief ins Maintal eingebettet, stellt sich die durchaus berechtigte Frage, wie man hier 42,2 km unterbringen kann, ohne die Läufer allzusehr mit Höhenmetern zu malträtieren. Man kann.

Den Veranstaltern ist es gelungen, einen Zweirundenkus zu konzipieren, bei dem man nicht nur all die Sightseeing-Spots der Stadt sehen, sondern durchaus auch schnelle Zeiten erzielen kann. Nicht zufällig ist der Würzburger Marathon der größte des Frankenlandes und zweitgrößte Bayerns. Wobei Zweiteres den typischen Franken wohl weniger interessieren wird, ist sein Verhältnis zu Bayern ein eher ambivalentes. Als Franken sehen sie sich und nichts anderes, zu einer Zwangsehe mit den Bayern verdonnert, da sind sie eigen.  

Eine optimale Infrastruktur für all die Nebengeräusche, die mit so einem Marathon verbunden sind, bietet in Würzburg das zentral am Main gelegene Congress-Centrum (CCW). Hier bekommen wir die Startunterlagen, können auf einer Messe lauftechnisch aufrüsten, hier sind am Lauftag die Gepäckabgabe und ein Physio-Center, und nur ein paar Schritte weiter auch Start und Ziel. Was fehlt da noch? Die Pasta-Party natürlich. Und für die muss man lediglich nach nebenan gehen, um im Maritim Hotel in gepflegtem Businessambiente zu dinieren. 

 

Start beim CCW

 

Die Startaufstellung für die in diesem Jahr etwa 2.500 gemeinsam startenden Voll- und Halbmarathonläufer ist gleich hinter dem CCW. Die Startgerade in den schmalen Gassen entpuppt sich alles andere als gerade. In einer Doppel-S-Kurve windet sie sich gen Innenstadt, sodass man den Läuferlindwurm in seiner ganzen Länge gar nicht überschauen kann. Musik liegt in der Luft, die Sonne lacht den Prognosen zum Trotz vom Himmel.

Eine marathonisch angehauchte ökumenische Kurzandacht erinnert daran, dass heute nicht nur ein marathonischer, sondern auch ein kirchlicher Festtag (Pfingstsonntag) ist. Lautstark lassen die Toten Hosen kurz vor dem Start "Tage wie diese" durch die Gassen erschallen, sodass die Stimmung richtig hochkocht, als es um 9 Uhr mit einem lauten Knall heißt: Leinen los, die Läufer erobern die Stadt. Losgelassen werden die Läufer allerdings nur blockweise, drei Stück an der Zahl im Abstand von jeweils fünf Minuten, um die Eroberung ein wenig zu entzerren. 

 

Kreuz und quer durch Zellerau

 

Der erste halbe Kilometer führt uns stadtauswärts, geradewegs den sich gar nicht so fern an den  Hängen emporziehenden Weinbergen entgegen. Über die Brücke der Deutschen Einheit, die jüngste der Würzburger Brücken, haben wir erstmals Gelegenheit den Main zu queren. Durch die den Brückenaufbau tragenden Trossen eröffnet sich uns ein herrlicher weiter Blick auf die von saftigem Grün umrahmten, trägen Fluten des die Stadt so prägenden Flusses sowie die Türme der Altstadt und den Burgberg am Horizont. 

Hard Rock von den Crash Kidz erwartet uns am jenseitigen Ufer. Die Jungs hätten mehr als solch eine rastlose "Laufkundschaft" wie uns verdient. Kreuz und quer werden wir nun sechs  Kilometer weit durch die Zellerau gescheucht. Wirklich prickelnd sind diese Kilometer durch das von Gewerbe und Wohnblocks gepägte Viertel nicht. Aber noch läuft es sich entspannt, auch wenn uns die vom Himmel brennende Sonne schon mächig einheizt. Einen optischen Kontrapunkt setzt das in parkähnlicher Landschaft einbettete Zisterzienserkloster Himmelpforten.

Bei km 6,5 sind wir wieder an der Brücke der Deutschen Einheit. Die Crash Kidz lassen es immer noch krachen. Die Brücke queren wir jedoch nicht erneut, sondern begleiten ab hier den Main stromaufwärts. Vorbei geht es zunächst am Talavera, dem großen Volksfestplatz Würzburgs, im Alltag wie auch heute allerdings weniger romantisch als zentrumsnaher Kfz-Großparkplatz genutzt.

 

Main rauf, Main unter

 

Wir tauchen unter der Friedensbrücke hindurch und werden entlang der Flusspromenade sodann mit einem sehr viel schöneren Ausblick belohnt. Langsam gleitet die Altstadt am jenseitigen Ufer vorüber. Die Silhouette mit ihren vielen Türmen und Kuppeln weckt bei mir Erinnerungen an Prag.  

Bei km 7,5 erreichen wir die Alte Mainbrücke. Sie ist "die" Brücke Würzburgs: ihre älteste, beeindruckendste, stimmungsvollste, mit wundervollem Blick auf die Altstadt mit den Türmen von Rathaus und Dom in der einen und auf die Festung Marienburg in der anderen Richtung. Drei Jahrhunderte, vom 15. bis ins 18. Jh., wurde an dem wuchtigen, achtbögigen Bau gewerkelt. Ja, das liebe Geld sorgte schon damals für Verzögerungen. Bis 1886 war sie gar die einzige Brücke Würzburgs.

Ihre Querung, vorbei an einer Legion Stein gewordener Heiliger, war ohne Zweifel ein prägendes Streckenhighlight. Zumindest bis zum letzten Jahr. Denn aus streckenkonzeptionellen Gründen müssen wir heuer darauf verzichten und uns mit einem Blick am Brückenzugang begnügen. Und der währt, grob geschätzt, keine drei Sekunden und ist von uns freudig empfangenden Zuschauertrauben verstellt. Ein Erinnerungsfoto zu machen – keine Chance. 

Ein wenig enttäuscht bin ich schon. Die folgenden schönen Kilometer entschädigen jedoch. Zumindest ein wenig. Als wesentliche Neuerung der diesjährigen Streckenführung bleiben wir am westlichen Mainufer und folgen dem Flussverlauf weitere drei Kilometer gen Süden. Am Fuße des Burgbergs führt uns der Kurs entlang. Steil zieht sich der rebenbewachsene Hang empor und erinnert daran, dass in und um Würzburg einige der bekanntesten fränkische Rebengewächse gedeihen. Hoch darüber thront die Festung Marienberg mit ihren auch heute noch mächtigen Bastionen und Wehrtürmen und den schlossartigen Aufbauten ganz oben drauf. Über viele Jahrhunderte wurde sie um- und ausgebaut, ihre ältesten Teile datieren aus dem Jahre 704. Belagert wurde sie oft, erobert aber nie. Und auch wir bekommen heute keine Gelegenheit dazu.

Grün und ruhig wird es jenseits der Ludwigsbrücke. Schnurgerade führt ein lauschiger Weg dahin, höchst angenehm von schattenspendenden Bäumen überwölbt. Auch wenn wir dem Verlauf des Mains folgen: Zu sehen bekommen wir ihn fast nie. Nichtsdestotrotz ist gerade dieses Streckenstück ein echter Laufgenuss. Unter der Konrad-Adenauer-Brücke hindurch führt uns ein kurzer Abstecher in den Stadtteil Heidingsfeld. Allzu viel zu sehen bekommen wir nicht. Der futuristisch-silbrige Neubauklotz eines Möbelhauses (die mit dem komischen roten Stuhl ....) hinterlässt den wohl nachhaltigsten Eindruck, ehe wir bei km 12 über genannte Brücke den Main queren dürfen.   

Zurück gen Innenstadt geht es nun wieder, zunächst durch ein herrliches Stücklein Dschungel, dann entlang der Uferstraße durch Sanderau. Anders als noch im Vorjahr steht der Abstecher ins Nachbarviertel Frauenland nicht mehr auf dem Streckenplan. Schön ist der Blick hinüber ans andere Mainufer, vor allem auf Höhe der Ludwigsbrücke bei km 15.

Auf dem bewaldeten Nikolausberg sehe ich die bekannteste Wallfahrtskapelle Würzburgs, das sogenannte Käppele, thronen. Der zwiebelhaubenbekrönte Bau ist eines der vielen kulturhistorischen Monumente Würzburgs, die der Baumeister Baltahsar Neumann im 18. Jahrhundert der Nachwelt hinterlassen hat. Nur durch ein kleines Tal getrennt erhebt sich daneben ungleich wuchtiger und trutziger der Burgberg, gerade aus der Distanz ein wundervolles Bild.

Am Horizont rückt ein anderes Wahrzeichen der Stadt zunehmend in unser Blickfeld: Die Alte Mainbrücke - mal wieder. Doch auf Tuchfühlung kommen wir erneut nicht – mal wieder. Denn Bei km 15,5 heißt es Abschied zu nehmen vom Fluss, zumindest für die nächsten vier Kilometer. Der optisch wie akustisch beeindruckendste Teil unseres Streckenkurses liegt vor uns: Eine verzweigte Schleife durch die Altstadt. 

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Informationen: WVV Marathon Würzburg
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