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Laufberichte

Nach „Waterloo“ rechts…

14.10.07

Brüssel, 14. Okotber 2007 – 08.00 Uhr, 12 Grad – wolkenloser Himmel

Mit der Metro zum Start.

 


Gut, dass wir die Fahrtroute gestern schon einmal absolviert haben. Wir wissen ganz  unaufgeregt wann wir wo sind, und auch die durchgängig zweisprachige Beschilderung (Flämisch und Französisch) kann uns nicht mehr irritieren.
Wir erreichen um 09.30h den Startbereich im Parc du Cinquantenaire / Jubelpark, über dem bereits das übliche „Marathon-Odeur“ schwebt, jene Duftmischung von Kräutersalben und Dixitoiletten…

 

Keine Musik, nüchterne, sachliche Atmosphäre.

 


Kein Countdown-runterzählen… gespannte Ruhe vor dem Start…Drei Hubschrauber der Belgischen TV-Stationen kreisen über uns, machen einen Höllenlärm. Pünktlich um 09.00Uhr fällt der Startschuss. Auf geht’s!


Die ersten 2 km verlaufen leicht abfallend durch den Parc du Cinquantenaire / Jubelpark und dann steigt die Strecke über die Rue de la Loi auf den nächsten 6 Kilometern sofort wieder an. Das Quartier Europeen mit seinen imposanten Kolossen aus Stahl und Glas ist wie ausgestorben. Heftiger Wind in den Häuserschluchten. Kühl. Gut, dass ich meinen Plastiksack noch nicht abgestreift habe. Am Belgischen Parlament biegen wir links ab und laufen auf das Palais des Justice zu… weiter aufwärts…“Laufe niemals gegen– sondern immer mit der Steigung“…


Bei km 4 fragt ein junger Ire aus Dublin mich, wie viele Meilen wir denn jetzt hätten. Er schnappt beängstigend nach Luft. 2 km später, wir haben die Avenue Louise geschafft und auch zwei Autobahntunnel hinab- und wieder hinauf,  steigt der Ire aus…Was hatte er noch erzählt? Er hatte gestern Abend in Dublin noch kräftig vorgefeiert…


Wir verlassen den Innenstadtbereich, drehen eine Runde durch den Bois de la Cambre und erreichen in der Avenue F. Roosevelt die 10km-Matte. Und die erste Rotkreuz-Station.


Einige Läufer, die vor 2 km zur Pipipause links in den Wald  weggetreten waren erkenne ich nun plötzlich vor mir. Haben die ihre Runde durch den Wald von La Cambre mit parallelem Streckenverlauf ein wenig abgekürzt? Eine Kontrollmatte am Wendepunkt gab es hier jedenfalls nicht…


Wir laufen zwischen km 12 und 16 auf leicht abfallender Strecke in einem großen Bogen durch Brüsseler Vororte und überqueren bei Oudergem die Autobahn A4. Welliges Profil.


Was steht da auf dem Schild? Nach „Waterloo“ rechts…


Nix da! Geradeaus geht’s weiter. Für die meisten. Aber in Sichtweite des Schildes „Waterloo“ erleben einige Mitläufer ihr persönliches Waterloo und steigen aus…


In Woluwe Saint-Pierre geht’s rechts ab auf die Avenue de Tervuren.  Diese Straße führt aus Brüssel raus und steigt über ca. 3 km ständig an. Nur ätzend! Irgendwo im Wald taucht die 21,097 Km-Marke auf und die rote Matte summst unter den Tritten der Läufer….


Was wir jetzt bergan geschafft haben – dürfen wir gleich wieder abwärts laufen. Es geht durch Tervuren, wo tatsächlich ein paar Leute stehen und uns anfeuern. Tut gut…

 


20 Minuten später sehe ich das Africa Museum, ein Bau der wirklich an das Schloss von Versailles erinnert. Steht da im riesigen Park Van Tervuren, der in einer rd. 6km-Schleife durchlaufen wird. Langweilige Strecke…immer gerade aus…und es endet nicht…und es kommt kein Wendepunkt… und es will nicht enden…


Ich habe mich an eine Gruppe von Niederländern und Belgiern gehängt. Ein Pole läuft kilometerweit neben mir, aber außer „Gin Dobre“ ist nix mit Kommunikation…


Endlich ist die Runde durch den menschenleeren Park geschafft und km 30 erreicht.


Au weija, jetzt geht’s wieder bergauf. Denn wir müssen ja wieder über den Waldbuckel, der Tervuren und Brüssel voneinander trennt.

 


3 km aufwärts, 3 km abwärts – wir sind wieder in am Stadtrand. Ruhig atmen, Pulskontrolle, alles ok. Km 36 erreicht…


Vor mir höre ich jetzt immer öfter die Sirenen von Feuerwehr und Sanitätsdiensten heulen… und ab dem Parc de Woluwe ist mir zum Heulen. Gut, dass ich diese Straße gestern mit dem Auto hochgefahren bin, die Strecke wieder erkenne und abschätzen kann, wann Schluss ist. Denn dieses Steigungsstück über 2,5 km beißt noch mal ganz böse -  und fordert Tribut. Innerhalb 300 Meter sehe ich 2 Läufer die an Infusionen hängen und notärztlich betreut werden… das schockiert…


Die Veranstalter scheinen ihren Parcours „gut zu kennen“. Jedenfalls stehen hier alle paar Hundert Meter Rotkreuz Stationen…


Bei km 37 entschließe ich mich – mit Blick auf meine Pulsuhr – auf der endlos ansteigenden Straße ein paar Hundert Meter zu gehen. Ich will mir diesen Marathon nicht auf den letzten Kilometern kaputt machen, sage mir immer wieder „ziehe es ruhig durch, halte DEIN Tempo, mach DEIN Ding, orientiere dich nicht an anderen Läufern. Behalte Deinen Puls im Auge.“


Km 39 wird erreicht, die Steigung hat endlich ein Ende. Wir sind wieder im Parc du Cinquantenaire, durchlaufen den Triumphbogen und aus dem Lautsprecher schreit uns eine Stimme auf flämisch, französisch und englisch zu, wir hätten jetzt bloß noch 3 km bergab zu laufen.


Von wegen: Die Rue de la Loi – wir kennen sie vom Hinweg – zieht sich bis zum Warrande-Park hinauf. Und das spürt man/frau mit 41 km in den Beinen ganz, ganz heftig.

 

Einen Motivationsschub geben uns jetzt Finisher, die uns in ihre silbernen Wärmefolien gewickelt entgegen kommen und aufmuntert „Courage, Courage!“ zurufen.


Allez! Jetzt noch einmal beißen und nicht locker lassen… und vorsichtig sein: Denn als auch der letzte Straßenbuckel überwunden ist geht es richtig steil abwärts, über Kopfsteinpflaster und durch eine schmale 90Grad Kurve. Jetzt sind es noch 100 Meter über einen ausgerollten „Oranje“-Teppich unter dem das Kopfsteinpflaster tückisch buckelt…dann ist es geschafft: Zieleinlauf auf dem Grand Place/Grote Markt von Brüssel.

 

Die 3 Podestplätze werden von 3 Kenianern eingenommen:


KIPTOO YEGO Jonathan gewinnt in 02:12:16 knapp vor KEIYO Josphat (02:12:19) und SHADRACK Maru (02:13:39)


Kuriosum am Rande: KEIYO Josphat hatte den Sieg eigentlich schon in der Tasche und wurde auf den letzten 100 Metern auf dem Oranje-Teppich von seinem Landsmann „geschluckt“. Als KEIYO den Teppich erreichte, glaubte er, dies sei die Zielmatte der Zeiterfassung…und beendete seinen Zielsprint. Als er seinen Irrtum bemerkte, war sein Landsmann an ihm vorbei gezogen.

 

Starter:  1512
Finisher:  1476

 

Verpflegung: Wasser, Iso-Getränke, Bananen, Schwämme alle 5 km
Problem: Getränke in Plastikflaschen – Vorsicht an/nach den Verpflegungsstellen. Trittste da drauf, kullerste mit den Flaschen weg…

 

Strecke:  Nur wenige km führen an Attraktionen (Sightseeing) vorbei, dann wird’s einsam. Wenig Zuschauer, hauptsächlich Angehörige (?), wenig  „Stimmung“ an der Strecke.


Einzigartig aber ist der Zieleinlauf auf den Grand Place/Grote Markt.

 

Fazit: Profilierte Strecke, die in einer großen Runde und mit „viel Kopf“ gelaufen werden muss. Meiner Meinung nach nicht geeignet für „Bestzeiten“-Absichten.
Marathoneinsteiger: Finger weg!

 

Informationen: ING Brüssel Marathon
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