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Laufberichte

Auf neuen Wegen zu neuem Erfolg

14.10.12

Viel Zeit zum Staunen bleibt nicht, denn noch vor dem Kunsthaus setzen wir über die Erzherzog-Johann-Brücke schon wieder auf die andere Flussseite über und kehren zurück in den Bezirk der   Inneren Stadt. Hunderte von Vorhängeschlössern mit Initialen, Namen und kleinen Botschaften schmücken als Liebessymbole die Maschen der Brückenbrüstung. Ob die Liebe tatsächlich so haltbar ist wie die Schlösser, die sie beschwören? 

Über die schmale Murgasse werden wir nun geradewegs ins Herz der weitgehend als Fußgängerzone gestalteten Altstadt geleitet, direkt bis zum Hauptplatz, dem historischen Stadtmittelpunkt. Alte Giebelhäuser und das markante klassizistische Rathaus rahmen den Platz mit dem Erzherzog-Johann-Brunnen im Zentrum. Ins Auge springt mir im Vorbeilaufen vor allem das Lueghaus, dessen von wild mäanderndem barockem Stuck verzierte Fassade auf mich wie versteinerter Efeu anmutet.   

Wir streifen den Hauptplatz leider nur am Rande und zweigen sogleich nach links in die Sackstraße ab, quasi das Gegenstück der auf der anderen Seite des Hauptplatzes einmündenden Herrenstraße. Zuschauertrauben entlang der Absperrgitter begleiten applaudierend und anfeuernd unseren Weg und lassen uns den Lauf durch die Altstadt wie einen Triumphzug erleben.  

Auch die Sackstraße punktet mit prächtigen Fassaden. Ins Auge fällt mir vor allem aber der dichte Birkenwald in den Auslagen des K&Ö ("Kastner & Öhler"), einem edlen Shoppingtempel, wie man ihn eher in einer der klassischen Weltmetropolen vermuten würde. Ein Besuch dieses mehrere Gebäudekomplexe füllenden und diese mit Glasbrücken überspringenden ältesten Grazer Kaufhauses ist unbedingt zu empfehlen, schon wegen des schicken Cafe Freiblick im 6.Stock mit Dachterrasse und "Skywalk" (!) -  ohne Zweifel einer der wunderbarsten Aussichtspunkte über das rote Dächermeer der Altstadt und hinüber zum nahen Schlossberg mit dem Uhrturm obendrauf. 

Apropos Schlossberg: Aus der Ferne ist er von überall sichtbar, aber in den schmalen Schluchten der Altstadtgassen ist er meist verborgen, so auch in der Sackstraße, die wir entlang traben. Das ändert sich kurzzeitig am Schlossbergplatz, von dem aus der sogenannte Kriegssteig über 260 Stufen in steilen Serpentinen auf das Gipfelplateau führt. Trotz der Mühsal: Der Weg ist ein Muss, wenn man den Berg erobern will, denn gerade hier wird man mit besonders schönen Blicken auf die Altstadt bis hin zu den umliegenden Bergen verwöhnt.

Sieben Jahrhunderte trug der Schlossberg eine der mächtigsten Festungen Europas. Ironie des Schicksals: Im Kampf erobert wurde die Festzung nie, selbst mehrmaligen Belagerungen durch die osmanischen Truppen im 15./16. Jh. hielt sie stand und auch das napoleonische Heer biss sich im 18. Jh. die Zähne aus. Gefallen ist sie erst 1809 im Vertragswege, um dann "friedlich" geschliffen zu werden. Das tat man dann leider so gründlich, dass heute nur mehr wenige Reste, vor allem der Uhrturm, an die einst stolze Festung erinnern. Als Grazer Wahrzeichen muss der Uhrturm mit virtuell übergezogenem Lauf-Leiberl auch für den Graz-Marathon als Markenzeichen herhalten. Heute ist der Schlossberg als Park angelegt und eine grüne Lunge im Herzen der Stadt.

Bei km 2 sind wir bereits wieder außerhalb der Altstadt. Wummernde Musik ist schon von Weitem von der Auffahrt zur Keplerbrücke zu vernehmen. Ein gigantisches aufgeblasenes quietschgelbes Gummiradio des Senders Antenne Steiermark lenkt den Blick auf sich. Truppen wirbelnder Cheerleader-Mädels und jede Menge Zuschauer lassen keinen Zweifel aufkommen: Hier ist Party angesagt. Mit Schwung rauschen wir vorbei. Aber nicht zum ersten und letzten Mal. Denn die Strecke ist so gelegt, dass wir diesen "Hot Spot" viermal passieren werden - auch dies eine der Neuerungen des diesjährigen Laufs.

Aber jetzt kehrt erst einmal Ruhe ein: akustisch wie optisch. Wir umrunden den steilen Schlossberg an seiner dichtbewaldeten West- und Nordflanke, um ihm dann bei km 2,5 im Sinne des Wortes den Rücken zuzukehren.

 

Geradewegs in den hohen Norden

 

Die folgenden 10 km sind sicher einer der Gründe, warum sich der Grazer Streckenkurs (zu Recht) mit dem Attribut "schnell" schmückt. Zunächst drehen wir noch eine Schleife durch ein hübsches Altbaugebiet. Dann geht es kilometerlang absolut flach nur noch in eine Richtung - geradeaus gen Norden.

Theodor-Körner-Straße - Grabenstraße - Weinzöttlstraße heißt die Achse, auf der wir uns fortbewegen. Über die Attraktivität gerade dieses Streckenstücks hatten sich schon im Vorfeld einige Läufer im Forum der Marathonhomepage mockiert. Und zugegebermaßen ist der Weg durch locker bebautes Gewerbegebiet mit ab und zu Alleegrün nicht unbedingt die Art von Highlight, die man sich auf einer Marathonstrecke wünscht. Andererseits: Es läuft sich angenehm und entspannt, man kommt richtig in Fahrt. Zusätzlich interessant wird das Ganze ab der Grabenstraße dadurch, dass man jetzt direkten Blickkontakt zu den auf der gegenüber liegenden Straßenseite vom Wendepunkt zurück kehrenden Läufern hat. Und so habe ich auch Gelegenheit, das Führungssextett der Kenianer, begleitet vom Beifall des Läuferfeldes, vorbei rauschen zu sehen. Danach kommt erwartungsgemäß erst einmal länger nichts, bis einzelne Verfolger hinterher tröpfeln und es dauert noch eine ganze Weile, bis sich das Tröpfeln allmählich zum Rieseln und zum Rauschen steigert.

Richtig spannend wird es ab der nur mehr zweispurigen Weinzöttlstraße, denn hier trennt die einander begegnenden, nun beidseitig kompakten Läuferschlangen kein befestigter Mittelstreifen mehr, sondern eine Kette roter Markierungskegel. Und die müssen sich von dem ein oder anderen übereifrig überholenden Läufer schon mal einen Kick gefallen lassen. Stürze oder Karambolagen bleiben aber zum Glück aus, alles ist im Fluss durch die im letzten Abschnitt üppig grüne Natur.  

Der Wendepunkt ist bei km 7,5 am Rande des Golfclubs Andritz eingerichtet. Auf dem Rückweg sehe ich nun all die Läufer, die (noch) hinter mir sind und darf beruhigt feststellen, dass mich noch nicht alle überholt haben. Bis km 10 verläuft der Kurs weiterhin gegenläufig, dann werden wir abweichend von der bisherigen Strecke, aber weiterhin geradeaus führend auf die Körösistraße begleitet. Wohngebiete mit mehrstöckigen Häusern, allmählich in niedrigere und ältere Bebauung übergehend, prägen die Umgebung. Am Horizont rückt im Gegenlicht der Sonne langsam der Schlossberg näher.  

Ein wahrer Menschenauflauf mit entsprechender Stimmung erwartet uns, schon wieder ganz nahe am Schlossberg, bei km 12. Nur eine schmale Passage wird den Durchlaufenden gelassen. Des Rätsels Lösung: Die erste Staffelübergabe der Staffelmarathonläufer steht an. Und da sich in diesem Jahr weit über 200 Staffeln mit je 4 Läufern angemeldet haben, ist der Druck groß, möglichst nahe an der Strecke zu stehen, um den Laufpartner frühzeitig im Gewühl auszumachen.   

Kurz darauf signalisiert uns erneut nahender Lärm: Wir sind zurück am Partyposten von Radio Antenne. Geleitet von den Cheerleader-Girls geben wir Gas und queren die Mur über die Keplerbrücke. 

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Informationen: Graz Marathon
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