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Laufberichte

Faszination Südsteiermark

 

Die klimatisch begünstigte hügelige Landschaft der Südsteiermark mit den vielen Weinbergen gilt als kulinarisches Paradies. In den unzähligen Buschenschenken bekommt der Gast die für die Region typischen Schmankerl serviert, die für Gaumenfreude sorgen. Auch unter den Sportlern gibt es viele, die deshalb seit Jahren am Welschmarathon oder einem der Teilbewerbe teilnehmen und es sich richtig gut gehen lassen.

Ich stehe auch auf die steirische Hausmannskost, daher nehme ich mir in einem empfehlenswerten Gasthof in Schwanberg nahe dem Zielort Wies ein Zimmer. Als ich am späten Nachmittag am Vortag anreise, wird im Ort gerade der Maibaum aufgestellt. Die Menschen schauen am Rathausplatz aufmerksam zu, wie sich die Helfer emsig bemühen, mit langen Stangen unter Ausnutzung der Hebelwirkung die 20 m lange entrindete Fichte, in deren nasses Holz kunstvoll Schnitzereien eingearbeitet wurden, in eine senkrechte Position zu bekommen. Geschichten um den Maibaum gibt es viele. Bei uns zu Hause in Oberkärnten war es früher Brauch, dass kernige Burschen danach trachteten, den Maibaum in der Nachbargemeinde bei Nacht zu entwenden oder umzuschneiden.

Gegen 16 Uhr fahre ich in die ca. 15 km entfernte Marktgemeinde Leutschach, ein Zentrum des Hopfen- und Weinanbaus der Südsteiermark, wo im Kniely Haus bis 21 Uhr die Startnummern ausgeben werden.  In den 38 Euro ist ein Funktionsshirt, ein Bon für die Pastaparty inklusive ein Getränk nach freier Wahl, der Shuttletransfer in den Startort Ehrenhausen, die Option, den Massagedienst vor und nach dem Marathon zu beanspruchen, enthalten. Alle Finisher erhalten eine Medaille (aus Holz) und finden in der Schule in Wies 50m vom Ziel auch eine Duschgelegenheit vor.

Zunächst entscheide ich mich für eine Portion Spaghetti und einen Gspritzten, hole mir dann gegen Aufpreis von 5 Euro noch einen großen Teller Kaiserschmarrn mit  Zwetschkenröster, der in einem großen Gefäß in beliebiger Menge bereitsteht. Es herrscht Volksfeststimmung, die „Schülchaleitn‘ Musi“ und die „Oldies live“ spielen auf. Ein Kinderlauf ist angesetzt, ganze Familien sind anwesend. Ich treffe auch Werner, der sich schon sichtlich auf den morgigen ziemlich anspruchsvollen WelschLauf mit 1443 Höhenmetern freut.

Letztes Jahr war ich erstmals auch dabei, die Strecke führte von Wies nach Ehrenhausen, eine Gemeinde mit ca. 1000 Einwohnern, die als das Tor zur Südsteirischen Weinstraße bezeichnet wird. Leider hat sich eine kleine Nachhutgruppe, der ich mich angeschlossen hatte, verirrt.  Der Umweg betrug vielleicht zwei bis drei  Kilometer.

Heuer verläuft der Marathon in die umgekehrte Richtung. Es geht von Ehrenhaus in die ca. 4000 Einwohner zählende Marktgemeinde Wies, von wo aus am Renntag um 8 Uhr die Shuttlebusse in den Startort abfahren. Ein Läufer sagte mir letztes Jahr, dass seiner Meinung nach die Strecke von Ehrenhaus  nach Wies wegen der viele Anstiege schwieriger zu laufen sei. Für mich ist das nicht unbedeutend, denn ich habe nach Thurmansbang im bayerischen Wald am 18. und Linz am 19. April im heurigen Jahr meinen zweiten Doublepack – nach dem Welschmarathon ist am Sonntag  Salzburg eingeplant. Außerdem bin ich wegen einer Knochenabsplitterung und einer überdehnten Sehne im Bereich des linken Knöchels stark gehandicapt: Jedes rechts abschüssige Terrain führt zu Schmerzen  und Schwellungen im linken Fuß. Die konsultierten Orthopäden empfehlen Dauerschonung, ein chirurgischer Eingriff, bei dem ein Gelenk verplattet werden würde, bringe  vielleicht nicht den erhofften Erfolg.  Jedenfalls kann ich nur mehr behutsam laufen, dementsprechend langsam sind meine Finisherzeiten heuer.

Der erste Shuttlebus geht pünktlich um 8 Uhr ab. Gegen 8 Uhr 40 erreichen wir den Startort Ehrenhausen.  Bis zum Start um 10 Uhr ist genügend Zeit, um z.B. durch den Ort zu spazieren und die renovierten Häuser anzusehen. Die bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Ehrenhausen sind die Pfarr- und Wallfahrtskirche „Schmerzhafte Mutter Maria“, erbaut im Rokokostil in den Jahren 1752-1755, das Schloss Ehrenhausen aus dem 16. Jahrhundert, das  auf einem Hügel oberhalb des Ortes liegt, das zwischen 1609 mit Unterbrechungen bis zirka 1693 erbaute Mausoleum Ehrenhausen – es zählt zu den Hauptwerken manieristischer Architektur in Österreich sowie das Georgi Schloss aus dem 19. Jahrhundert, auf der gegenüberliegenden Seite vom Schloss Ehrenhausen. Auch der 365 km lange Murradweg führt durch den Ort.

Als besonderes Service besteht neben der Nachmeldemöglichkeit auch die Abholung der Startunterlagen am Renntag . Ich treffe neben Werner auch Ernst, der heute seinen 198. Marathon (neben einem Dutzend Ultras)  sozusagen in der Heimat  bestreiten wird und in der österreichischen Marathonsammlerstatistik derzeit an 4. Stelle liegt. Ernst ist seit Jahresbeginn schon einen Marathon in Tasmanien, Neuseeland und Kalifornien gelaufen und zählt zu den Globetrottern in Sachen Marathonsport.

Einheimische Läufer, die das Wetter in der Region kennen, sagen einen warmen Tag voraus – mit leichtem Regen ist erst gegen 15 Uhr zu rechnen. Mit meinen drei Lagen bin ich winterlich angezogen. Ich hole mir vom nahen Kaufhaus einen Plastiksack, in dem ich die überschüssige Windjacke und ein Singlet deponiere. Die Feuerwehrkleidertransport wird alle Säcke und Taschen  in der Schule im Zielort Wies auflegen.

Ich nutze die Gelegenheit und lasse mich von einer professionellen Masseurin vom Physikotherapiezentrum Leibnitz 20 Minuten durchkneten. Andere nehmen ein Gläschen Welschriesling mit etwas Wasser aufgespritzt zum Einstand und als Turbo für den bevorstehenden Marathon.

Als das Startsignal ertönt, vom Platzsprecher mit lauter Stimme begleitet, stehe ich an der Seite hinter der Absperrung und knipse. Nur mehr einige Läufer sind hinter mir, als ich das Rennen aufnehme. Es geht durch den Ort und bereits nach einen Kilometer steigt das Gelände  kontinuierlich an. Otto kommt nach, er ist heuer wieder blendend in Form – beim  LCC Frühlingsmarathon lief er 3:26.

Das Ortsende von Ehrenhausen ist erreicht. Links und rechts der Straße öffnet sich ein Panoramablick in die herrlich grüne Natur des Hügellandes. Der Frühling hier ist im Vergleich zum kühlen steirischen Mürztal, wo unser Wochenendhaus liegt, um gute vier Wochen voraus.  Die Saat auf den Feldern ist aufgegangen,  Bäume und Streicher blühen, in der Ferne erinnern in den Himmel strebende Zypressen an das niederösterreichische Carnuntum und an manche Gegenden in der Toskana. Der Weinbau in der Region geht zwar auf die Kelten zurück, doch die Römer haben ihn weiter kultiviert.

Wenige Meter vor mir laufen einige mit einem roten Shirt mit der Aufschrift 12stundenlauf.at, die haben sicher mehr Ausdauer als ich. Ich blicke zurück - eine Handvoll Läufer ist noch hinter mir, vielleicht kamen welche auch etwas zu spät zum Start.

Es geht durch die kleine Gemeinde Berghausen, die wie viele andere Ortschaften im Zuge der steirischen Gemeindestrukturreform mit  Ehrenhausen, Ratsch an der Weinstraße und Retznei zusammengeschlossen wurde. Vor dem Gemeindeamt Berghausen applaudiert eine kleine Gruppe von Zuschauern, eine Frau läutet mit einer überdimensionierten Kuhglocke. Schon nach knapp drei Kilometern ist eine Labe aufgebaut, die den am Boden liegenden Bechern nach zu schließen schon viele vor mir beansprucht haben.

Die Uhr zeigt 34 Minuten an, als 5 km zurückgelegt sind. Die nachdrängende, aus der Gruppe der 12-Stunden.at-Läufer zurückgefallene Kollegin kommt näher.  Sobald ich etwas Tempo zulege, vergrößert sich der Abstand wieder. 500 m weiter zurück  sind noch drei Mitstreiter zu erkennen, die es gemächlich angehen. 

Wir befinden uns dicht an der slowenischen Grenze, die auf einer Länge von 1,8 km parallel mit der Straße verläuft. Eine Abzweigung führt nach Spielfeld, Mitglied im Naturpark Südsteirisches Weinland, ein weiteres beliebtes Urlaubs- und Ausflugsziel der Region. Die Landschaft links der Straße  auf slowenischem Staatsgebiet gleicht der österreichischen Seite: Grüne Hügel, Weingärten soweit das Auge reicht, Mischwälder, Obstgärten und im Herbst die Kürbisfelder. Dazwischen eingebettet die Buschenschenken und Wirtshäuser. Und auch vereinzelte Bauernhöfe mit primär agrarwirtschaftlicher Ausrichtung.

Ich nähere mich bei der Labe einer Läuferin, der die Höhenmeter sichtlich zugesetzt haben. Bisher habe ich erst zwei Mitstreiter überholt, ein paar werden noch dazukommen. Wenige hundert Meter vor mir kämpft sich ein Kollege im grünen Shirt die Anhöhe hinauf. Viel fehlt nicht mehr, dann werde ich ihn eingeholt haben. Doch er kann sich etwas absetzen, als es wieder flacher  wird.

Nahe der 7 Km-Anzeige  beim Weingut Rebenhof steht gleich eine kleine Läufergruppe, darunter auch Conny,  und unterhält sich bei einem Gläschen mit zwei Frauen, die eine Art private Labestelle eingerichtet haben. Ich bleibe aber nicht stehen, sondern bin dem Kollegen in grün dicht auf den Fersen.

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Informationen: Welschlauf Südsteiermark
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