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Laufberichte

Münchner Maßarbeit

 

Wer d'Überschrift lesn tuat, der kannt aufn Gedankn kumma, da Anton is immer no aufm Oktoberfescht. Aber so issas net. Beim Marathonrenner is der schnelle Reporter. Und wei in Minga die Deitschn Moastaehrn vergem wern, hat er si do eischreibm lassn. Wias eam da geht und ob a do a Mass oder des richtige Maß gfunden hot, do kinnts des nachlesn. Griasts eich aus Minga.

Aber jetzt wieder in Schriftdeutsch, sonst versteht mich außer den boarischen Landsleuten keiner.


 
Vor dem Lauf

 

Nach 2006 und 2012 werden die Deutschen Meistertitel wieder in München herausgelaufen. Da ich immer predige, dass auch Marathonvielfresser nur zwei- bis drei Mal auf dieser Distanz richtig Gas geben sollen, fällt meine Wahl meist auf die Meisterschaftstermine. Und im heurigen Herbst ist eben München an der Reihe.

Für den Marathon kann ich einige Vereinskollegen animieren. Petra Mayr wird auch die Deutsche laufen. Unser Italiener Filippo Aceto wird auf seinem zweiten Start auf dieser Distanz versuchen, eine neue Bestzeit aufzustellen, wenn nicht zu früh der Ferrari in ihm wieder durchgeht. Weitere Kollegen sind Stefan Heckl und Georg Eller. Und unser Übungsleiter Siggi Stachel hat eine starke Marathonstaffel aufgeboten und versucht mich schon vorher den Mut zu nehmen: „Wir werden bei Kilometer 28 von hinten kommen, dich überrollen und nass machen“. Wissen muss man, dass die Staffeln um 10.20 Uhr starten, also 20 Minuten nach dem ersten Startblock, wo auch alle Meisterschaftsteilnehmer starten werden. Mutlos macht er mich damit nicht, eher sorgt er für Motivation im Sinne: „Wenn ihr später kommt, wart ihr zu langsam unterwegs.“

Bilder gibt es natürlich von meinem Meisterschaftslauf keine, dafür wird Andreas Bettingen verpflichtet, der zwar noch nicht laufen, aber immerhin per Fahrrad einiges Material einsammeln will. Die Anfahrt nach München ist problemlos, auch wenn die Gradzahlen sehr dürftig mit drei, vier Grad daherkommen. Und vor München regnet es auch noch. Kurz nach acht Uhr biegen wir vom Mittleren Ring auf die Olympiaharfe ein.
Der Parkplatz kostet 4 Euro. Mit Startnummer oder Meldebestätigung kann man aber im Bereich der Münchener Verkehrsverbundes den ÖPNV kostenlos benutzen.

Rund 500 Meldungen zur Deutschen sind eingegangen, eine Zahl, die bestimmt noch steigerungsfähig ist. Ist es wirklich so, dass die Voraussetzungen einer Vereinszugehörigkeit und der Besitz eines Startpasses Dinge sind, die kaum ein Läufer erfüllt? Oder liegt der Grund einer ausbaufähigen Teilnehmerzahl ganz woanders? 2006 gingen zur Meisterschaft hier noch über 1000 Läufer an den Start.

In der EventArena erhalten wir unsere Unterlagen in Sekundenschnelle, unten am Hauptausgang werden die Starttüten mit einigen Gaben (u.a. Nudeln, Nüsse etc.) abgegeben. Unten am Eingang findet ein gemeinsamer Fototermin mit den Vereinsfreunden statt und dann trennen sich unsere Wege. Die Kleidersäcke werden unter dem Olympiadach in unmittelbarer Nähe zum Stadion abgegeben. Die Entfernung zu den Parkplätzen und vom Zielgelände sind kurz. Wesentlich mehr Zeit braucht man für den Fußmarsch zum Startgelände an der Ackermannstraße, rund 15 Minuten. Bei Kilometerschild 41 erhalten wir von einem Moderator eine wichtige Info: „Noch 23 Minuten bis zum Start. Wer sich noch einlaufen muss.“ Und dann leiser übers Mikro: „So a Schmarrn, i hab des nie braucht!“

15 Minuten vor dem Start bin am Abzweig zur Ackermannstraße und muss mich noch einige Minuten durchkämpfen, ehe ich im Block A einchecke. Überwacht wird das nicht, man geht davon aus, dass jeder weiß, wohin er nach seinem Leistungsstand gehört. In diesen Block sollen neben den DM-Teilnehmern auch alle mit einer Zielzeit von unter 3.30 Stunden. Die Zeitläufer (ab 3.00 im 15 Minuten-Abstand angeboten) kommen erst kurz vor dem Startschuss von der Seite in den Block. Ich sehe voller Schreck, dass der 3.15er-Pacer gut 50 Meter vor mir zum stehen kommt. Ein paar Meter versuche ich mich noch vorzudrängeln, gebe es dann entnervt auf. Mit dem fränkischen Querläufer Jochen Brosig komme ich kurz zum Reden. Er will in Richtung drei Stunden laufen, also werde ich mich für ein paar Minuten in seinen Windschatten hängen.

 

Der Start

 

In unserer Ratscherei kommt dann ein Böllerschuss, das Startsignal für den Marathon. Es dauern noch unendliche Sekunden, bis wir ins Gehen, dann ins Traben wechseln. Und dann überlaufe ich die Zeitmatten. Hoffentlich wirkt sich mein Platz so weit hinten drin im Block in der Endabrechnung nicht negativ aus. Mein Zeitläufer ist geschätzte 100 Meter voraus, wenn es reicht. Mit seinem Ballon kann ich wenigstens den Abstand einschätzen.

Fast zu eng ist es auf den ersten zwei Kilometern auf der Elisabethstraße. An einer Baustelle geht es kurzzeitig noch gedrängter daher. Immer wieder muss ich bei meinem Überholmanövern ausschwenken, damit ich weiter voran komme. Einige Mitläufer halten den Verkehr auf, die gehören eigentlich weiter nach hinten. Nicht nur ich werde ausgebremst.

Wesentlich mehr Platz finden wir ab Kilometer drei auf der Ludwigstraße. Auf der Höhe des Siegestores sehe ich nach einer langen Kolonne der Führungsfahrzeuge das Spitzenfeld. Zwischen zehn und fünfzehn Männer, so schätze ich. Es schaut aus, dass es da ein taktisches Rennen um den Sieg geben wird. Die führende Frau wird dagegen von einigen Männern begleitet.

Bei Kilometer vier dreht der Kurs, wir laufen nun stadtauswärts einen guten Kilometer. Auf der anderen Seite sehe ich zuerst Filippo und Petra, die zusammen laufen wollen, und dann später Stefan. Sambastimmung verbreitet die Band via Jante. Wir kommen zwei Mal in den Genuss der treibenden Trommel, die Band hat ihren Platz direkt vor dem Siegestor. Ein wenig aufpassen müssen wir auf den Untergrund, denn teilweise sind die Spurrillen noch voller Regenwasser. Nasse Füße könnte ich jetzt gar nicht brauchen.

 

Englischer Garten

 

Bevor wir in den Englischen Garten laufen, passieren wir den Wechselpunkt der Staffeln in der Biedersteiner Straße. Da ist noch kein Wechselfieber ausgebrochen, denn die Staffeln sind ja erst vor etwa zehn Minuten gestartet. Die Ablösen warten schon in ihrem Wechselbereichen. Dann sehe ich den Georg vor mir, der scheint weit vorne im Feld gestanden zu sein. Er prüft seinen Verpflegungsgürtel und hat kurz wohl kurz zuvor einen vollen Gelbeutel verloren. Ich sah nämlich etwas am Boden herumpurzeln. „Jetzt muss ich neu planen, wann ich die Dinger brauche,“ sagt er und schickt mich weiter.

Eine Brücke bringt uns dann endgültig in den Englischen Garten, dem Freizeitparadies der Münchner, das vor rund 200 Jahre von einem Amerikaner erschaffen wurde. Die Sonne strahlt vom makellos blauen Himmel. Wenige Spaziergänger und Radfahrer sind unterwegs.

Die Münchner Bläserbubensorgen an einer Ecke mit ihrer lauten Blasmusik für einen musikalischen Höhepunkt. Außerdem sind da nicht nur Buam, sondern auch Madln am Spuin.

Fast am nördlichsten Punkt des Englischen Gartens, am Aumeister, ändert sich unsere Laufrichtung, es geht nach Süden. Viel Aktion ist jetzt nicht, keine Sonnenanbeter, keine Nackerte, nix. Kurzzeitig hören wir die Bläserbuben noch auf der anderen Seite der Lichtung.

Kilometer 14, an der Unterführung des Isarrings können wir eine V-Stelle benützen. Die sind etwa alle fünf Kilometer aufgebaut. Wasser und Isogetränke als Flüssiges und Bananen und Gel als feste Nahrung warten auf die Abnehmer. Später wird noch warmer Tee und auch alkoholfreies Bier abgegeben. Verhungern und verdursten braucht da keiner. Und aufgrund der heutigen kühlen Witterung braucht man auch nicht wie ein Kamel zu saufen.

Kurz danach sorgt die Band Confusion mit ihrem Sound aus dem Bereich Jazz und Funk für Unterhaltung. Wir verlassen die grüne Lunge Münchens. Bis jetzt geht es mir außerordentlich gut, ich kann den Abstand zum Pacer weiterhin verringern. Einen Lauffreund aus der Nähe von Kelheim, den Franz Stümpfle, kann ich überholen. Der steht aber gerne vorne im Startfeld, hatte somit einen kleinen Vorsprung.

 

Der Münchner Osten

 

Auf der Max-Joseph-Brücke überqueren wir die Isar. Auf der folgenden Montgelasstraße stellen sich knapp 20 Höhenmeter uns entgegen. Ich halte mein Tempo und kann so auf den Pacer aufschließen und den Tross auch hinter mir lassen.

Weh tut mir mein Herz, als ich an einer privaten Tankstelle vorbeilaufen muss: Da wird Bier, Weizen, Gummibärchen und Lebkuchen abgegeben. Ich sehe keinen zugreifen. Mit einer Kamera in der Hand wäre ich eingekehrt, sicher. So werden die Betreiber momentan in der Arbeitslosenstatistik geführt.

Eher weniger Zuschauer sind auf der Strecke durch die Wohngebiete Bogenhausen, Oberföhring und Berg am Laim zu sehen. An den U- und S-Bahnhöfen halten sich typischerweise eher mehr Begleiter der Sportler auf und feuern uns an. Für Auflockerung sorgt die „SonntagsMusi aus München“ mit ihrer bayerischen Tanzelmusik.

Doch dann kommen wir in Richtung der Halbmarathonmarke. Die Stimmung nimmt zu. Die Staffeln werden hier ein weiteres Mal wechseln. Die ersten drei, vier Staffeln haben mich bereits überholt, jedoch von meinen Vereinsfreunden ist noch nichts zu sehen und zu hören. Für mich auch ein Vorteil, dass die sich durch das Pulk hindurch kämpfen müssen und da auch wertvolle Zeit verlieren. Ich werde da die ersten beiden Josef Lang und Dirk Schröder befragen, wo es denn gelegen hat.

Roland Balzer moderiert hier am Startpunkt der Halbmarathonis fachkundig und kündigt auch die meisten an, die die Hand heben zum Gruß so wie ich, oder die sonst für ihn interessant sind. Um 14.00 Uhr wird hier der Halbmarathon gestartet. Damit ist man jetzt eine Stunde nach hinten gerückt. Die Spitze wird jetzt nicht mehr in das Schlussfeld des Marathonpulkes geraten.

Eher langweilig ist mir der Teil zwischen dem S-Bahnhof Berg am Laim und dem Ostbahnhof. Ich kann gut im Feld mit schwimmen, habe also den richtigen Speed drauf. Letztes Jahr ging es mir beim Isarring dreckig, denn da saß ich einige Minuten festgenagelt auf dem Sitz der Dixi-Box, ihr wisst, was mir geschehen ist.

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