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Laufberichte

Vielversprechend

16.06.12

Erstmals ausgetragen hatte der Ahrathon im nördlichen Rheinland-Pfalz zwar einen ausgesprochen regnerischen Start. Eine hervorragende Organisation und das wildromatische Ahrtal machten dieses Manko aber mehr als wett.

Genau genommen ist der Ahrathon eine Schnapsidee. Noch genauer genommen und sich an einem berühmten alten Werbespruch orientierend, entstammt die Idee sogar dem Geist des Weines. Bereits 2008 trafen sich Marc Linden, Michaela Wolf, Jamal Bouhlou und ein paar weitere Freizeitläufer mehr oder weniger zufällig auf dem überregional bekannten Weinfest im ansonsten beschaulichen Heimersheim an der Ahr.

Nachdem man gemeinsam das ein oder andere Gläschen verkostet hatte, kam wie aus dem Nichts die Frage: „Kennst Du eigentlich diesen verrückten Lauf in Frankreich, wo die Leute kostümiert einen Marathon laufen?“.  Ordentlich beschwingt durch die Atmosphäre des Weinfestes war dann der Entschluss, „sowas könnten wir hier im Ahrtal auch mal gut machen“, nicht mehr weit entfernt.

Wie das Leben manchmal so spielt, dauerte es dann aber noch einmal mehr als drei Jahre, bis die auf dem Weinfest geborene Idee von den Beteiligten tatkräftig in Angriff genommen werden konnte. Sicherlich nicht ungünstig war die Tatsache, dass die Einen zwischenzeitlich Inhaber eines Weinguts und der Andere Direktor des hiesigen Dorint-Hotels geworden waren.

Glücklicherweise hatte sich 2008 bei der Namenssuche für die geplante Veranstaltung in weinseliger Stimmung der Konsonant „M“ im Wort „Marathon“ in die Buchstabenfolge „Ah“ abgeschliffen, so dass der Name „Ahrathon“ schon feststand.

Relativ schnell wurde klar, dass zur Umsetzung der Idee Leute mit ins Boot mussten, die Erfahrung in der Organisation einer Laufveranstaltung hatten und auch in der Lage waren, die dicken Bretter zur bohren, welche Sportfunktionäre manchmal in petto haben. Mit dem TV06 Bad Neuenahr, dem TuS Ahrweiler und dem LT SV Westum standen nach entsprechenden Gesprächen dann die sportlichen Ausrichter Gewehr bei Fuß und haben, so viel schon mal vorweg, aus dem Stand heraus eine Meisterleistung hingelegt.

Für einen Landschaftlauf ist es sicherlich ungewöhnlich, dass der organisatorische Dreh- und Angelpunkt sich in und an einem Vier-Sterne-Hotel befindet und der Start aus einem kürzlich durch die Stadtväter renovierten und gepflegten Parkgelände, dem Dahliengarten, heraus erfolgt.

Jamal Bouhlou und sein Team vom Dorint stellen den Läufern fast das komplette Seminar- und Tagungszentrum zur Verfügung, was zur Folge hat, dass man bei Abholung der Startunterlagen und dem Abgeben der Kleiderbeutel nicht das übliche Turnhallenflair empfindet, sondern ganz ungewohnt mit den Laufschuhen im weichen Teppichboden versinkt. Im Gartengelände des Hotels, das nahtlos in den städtischen Dahliengarten übergeht, finden sich zahlreiche extra aufgebaute Attraktionen, die eventuell mitreisenden wanderunlustigen Begleitern - egal ob groß oder klein - problemlos über die Wartezeit helfen. Extrem hilfreich sind hierbei auch die Garnelenspieße mit Aioli oder die genialen Flammkuchen.

Auf der Allee unmittelbar am Ahrufer findet sich dann plangemäß um kurz vor 9:00 Uhr ein Häuflein von etwas über 50 Marathonis ein, um die ausgewählte Halbmarathonrunde anschließend zwei Mal zu durchlaufen. Eigentlich bin auch ich nicht unbedingt ein Freund von mehrfach zur durchlaufenden Rundkursen. In diesem besonderen Fall allerdings ergeben sich dadurch aber auch ganz klar besondere Möglichkeiten.

Zum einen weiß der Ortsunkundige aber sportlich ambitionierte Läufer nach der ersten Runde, was auf der zweiten Runde auf ihn zukommt. Darüber hinaus haben mitreisende Begleiter durchaus die Chance, die Laufstrecke einmal komplett abzuwandern, was nicht nur erlaubt, sondern von den Veranstaltern durchaus gewünscht ist.

Viel wichtiger ist aber bei dem angestrebten Charakter als Medoc-Pedant die taktische Möglichkeit, die erste Runde sportlich zu nehmen und auf der Zweiten zu schauen, was man auf der Ersten inklusive der angebotenen Weine alles verpasst hat. Denn zu sehen und zu probieren gibt es auf der Strecke durchweg nur vom Feinsten.

Zwölf Verpflegungspunkte bieten den Läufern unmittelbar an der Strecke neben Wasser, Iso, Riegeln und Bananen auch Weine unterschiedlicher Weingüter an, die alle eins gemeinsam haben: Sie sind ausgesprochen gut. Hier wird den Läufern keine billige Plörre hingestellt, sondern echte Qualität. Egal, ob es der 2011er Blanc de noir der Dagernova ist, der „Parat jemaat“ aus dem Hause Kurth, oder der Spätburgunder Weißherbst vom Weingut Lingen. Diese drei Weine und auch die Angebote der anderen Häuser verführen fast schon zwingend zu einem wesentlich längeren Verweilen an den Verpflegungspunkten.

Für diejenigen, die der Veranstaltung von vornherein einen eher etwas gemütlicheren Touch geben wollen, sind in unmittelbarer Nähe zu den Verpflegungspunkten etwas abgesetzt kleine Büdchen aufgebaut, in denen das jeweilige Weingut sich selbst präsentiert. Wehe dem, der dort auf den Geschmack kommen sollte und den Mann mit dem Hammer noch nicht betrunken gemacht hat.

Kurz nach dem Start schlängelt sich der hier noch meist asphaltierte Weg ahraufwärts an dem Stadtteil Bachem vorbei. Von dessen historischem Ortskern werden wir heute leider nichts zu sehen bekommen, was vielleicht auch ganz gut ist, sparen wir uns doch damit einige Höhenmeter. Davon gilt es eh noch genug zu bändigen. Laut Veranstalter sind es für die Marathonläufer 840 Höhenmeter, im Ziel wurden von den Teilnehmern sogar Werte zwischen 900 und 1.000 Höhenmetern gehandelt.

Da mein armer Garmin nur 706 Meter für die Gesamtdistanz ausgespuckt hat, wird er wohl in etwa zwei Wochen noch mal mit mir über die Rundstrecke müssen. Mal schauen was er sagen wird, wenn er nicht von Rotweinwolken verführt ist.

Kurz hinter dem ersten Verpflegungspunkt geht es dann nach knapp 4,5 Kilometern erstmals in die Vollen. Langsam ansteigend und zum Ende nach knapp anderthalb Kilometern immer steiler werdend, geht es hinter der Weinbaumanufaktur Walporzheim über den Weinbaulehrpfad hoch zum Rotweinwanderweg. Nach Durchlaufen der ersten Serpentine und der anschließenden Linkskurve hat man den optischen Eindruck, man könnte seinen Unterkiefer direkt vor sich auf die Steigung legen. Manno, sind die letzten 30 Meter steil. Ich kann jetzt nicht mehr unterscheiden, ob mein Gesicht vom Schweiß oder dem permanent fallenden Regen überströmt wird.

Auf der anderen Talseite, vielleicht einen knappen Kilometer Luftlinie entfernt, liegt der riesige Komplex des Klosters Calvarienberg unter mir. Seit einem heimgekehrten Kreuzritter angeblich um das Jahr 1440 herum topographische und geographische Gemeinsamkeiten zwischen Jerusalem und der Gegend um den heutigen Calvarienberg aufgefallen sind, hat der Berg seinen Namen weg. Glaubt man den Berichten ehemaliger Internatsschülerinnen, so gibt es auf dem C-Berg heute noch Zickenkriege, die den damaligen Kreuzzügen nur wenig nachstehen sollen.

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Informationen: Ahrathon
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