Wenn man als Schweizer Marathonveranstalter in Zeiten wie diesen einen Teilnehmerrekord vermelden kann, hat man nicht viel falsch gemacht.
Dabei hatte der Zermatt Marathon überhaupt keinen guten Start. Zu organisatorischen Mängeln kamen bei der Premiere noch winterliche Witterungsverhältnisse. Einziger Lichtblick war das Ziel auf dem Gornergrat, von dem alle Finisher schwärmten. Und genau diese Attraktion, der höchste Zieleinlauf in Europa, wurde bei der zweiten Auflage aus Sicherheits- und logistischen Gründen gestrichen und auf Riffelberg ins Ziel gelaufen. Proteste und rückläufige Teilnehmerzahlen waren die Folge.
Gegen die Wünsche und Vorstellungen seiner Zielgruppe kann sich kein Event behaupten. Das wissen die Schweizer, denen man alles nachsagen kann, aber nicht, dass sie ihr Geschäft nicht verstehen. Das gilt auch für die, die im tiefsten Tal der Schweiz das Sagen haben. Die hatten eine geniale Idee: Sie beließen es beim Marathonziel auf Riffelberg und lancierten einen weiteren Wettbewerb, den Ultra Marathon mit 45,595 km mit Ziel auf dem Gornergrat (3089 m). Die Teilnehmerzahl ist auf 700 Läuferinnen und Läufer limitiert, was auch bei schwierigen Witterungsbedingungen die Organisatoren vor keine unlösbaren Aufgaben stellt.
Vollends rund wird das Angebot durch die 2er Staffeln und den Halbmarathon, der ab Zermatt auf der Marathonstrecke verläuft, was in diesem Jahr 2600 Teilnehmer aus 52 Ländern (Rekord!) honorieren. Bestimmt tragen dazu auch die Berglauf-Weltmeisterschaften über die Langdistanz bei, die im Rahmen des Zermatt Marathon ausgetragen werden. Wenn es dessen überhaupt noch bedurfte: Das ist nun endgültig der Ritterschlag für die inzwischen nicht nur fehlerfreie, sondern beispielhafte Organisation und die für Strecke, die alleine schon wegen des Matterhorns zu den schönsten gehört, die man sich vorstellen kann. Der Jungfrau Marathon, nach wie vor das Maß der Dinge, ist in Sichtweite, denn auch in Bezug auf das Rahmenprogramm hat der Zermatt Marathon mächtig aufgeholt.
Bereits vor dem Rennen erlebt man auf dem Bahnhofsplatz in Zermatt den ersten Höhepunkt, dieses Jahr noch getoppt mit dem Einmarsch der an der WM teilnehmenden Nationen. Das Publikum erlebt die internationale Berglaufelite hautnah, genießt vorzügliche Pasta und nicht zuletzt Schweizer Guggemusiker, deren Spielfreude Zuschauer, Sportler und Touris gleichermaßen ansteckt. Läuferinnen und Läufer dürfen sich freuen, denn morgen auf Sunegga, Riffelalp und Riffelberg gibt es reichliche Zugaben dieser schrägen Musik.
Die Hitze macht am Samstag das Rennen mit über 2000 (Marathon) bzw. 2500 Höhenmetern (Ultra) nicht einfacher. Ab Zermatt (1616 m) wird es aufgrund der Höhe temperaturmäßig zwar erträglicher, dafür beginnt mit dem Aufstieg nach Sunegga der Bergmarathon nun aber erst so richtig. Zusätzlich eingerichtete Getränkestellen sorgen für Erfrischung. Es kommt zu keinen ernsthaften Zwischenfällen.
Trotzdem, sowohl Elite- als auch Hobbyläufer kommen mit den Bedingungen ganz unterschiedlich zurecht. Als Außenstehender würde man den Ostafrikanern bei Hitze ja gewisse Vorteile unterstellen. Aber weit gefehlt. Das Trio aus Kenia, allen voran Titelverteidiger und Jungfrau-Sieger Paul Michieka (wird 7.), bleibt auf der Strecke. Sieger und Berglauf-Weltmeister wird der Italiener Tommaso Vaccina.
Eine ganz herausragende Leistung gibt es beim Marathon den Frauen. Dass die Schweizerin Martina Strähl gewinnt, war zwar nicht unbedingt vorhersehbar, aber im Hinblick auf etliche gute Resultate in den letzten Jahren nicht die ganz große Überraschung. Die Sensation ist eher die Art und Weise, wie sie das Rennen dominiert. Mit einer Endzeit von 3:21.38,4 schlägt sie die Vorjahressiegerin Aline Camboulives und verbessert den Streckenrekord von Daniela Gassmann-Bahr (wurde diesmal 5.) um über 7 ½ Minuten.
Nichts ist schöner bei einem großen Championat als der Sieg des nationalen Heros. Oder der eines Italieners. Denn wie die ihre Nationalhymne singen, ist einmalig und hier am Matterhorn genauso, als hätte Ferrari einen Grand Prix oder die Azzurri die WM gewonnen.
Der Gornergrat Zermatt Marathon 2015 war ein Lauffest erster Güte und ich bin sicher, im nächsten Jahr macht man auch ohne Meisterschaft bei der Qualität keine Abstriche. Im Gegenteil. Als aufmerksamer Beobachter entgeht einem nicht, dass es den Organisatoren gelingt, das Event jedes Jahr weiter zu entwickeln und zu verbessern. Also dann:
Uf wiederluege am 2. Juli 2016
Marathon - zugleich Berglauf-WM/Langdistanz
Männer
1. Vaccina Tommaso, Italien 3:01.51,5
2. Wacker Andy, Vereinigte Staaten von Amerika 3:03.51,2
3. Puppi Francesco, Italien 3:04.14,8
Frauen
1. Strähl Martina, Schweiz 3:21.38,4
2. Camboulives Aline, F-St Jorioz 3:29.45,8
3. Bertone Catherine, Italien 3:33.56,6
904 Finisher
Ultramarathon
Männer
1. Perreten Helmut, Unterseen 4:03.55,4
2. Wyss Roman, Niederbipp 4:12.17,8
3. Feuz Patrick, Lenk im Simmental 4:13.24,0
Frauen
1. Gudem Hilde, N-Oslo 4:52.36,0
2. Hegner Simone, Bern 4:58.25,2
3. Ogi Helene, Kandersteg 5:02.00,7
558 Finisher