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Laufberichte

Wegen Napoleon

26.02.12

Ein schwerer Abschnitt befindet sich zwischen km 16 und 20. Beim Blick auf das Höhenprofil fallen einem die Steigungen kaum auf, bläst einem aber dazu noch der Wind kräftig entgegen, wird die Sache schon bedeutend schweißtreibender. Aber alles ist noch im Rahmen und gut laufend zu bewältigen und reicht noch nicht, um eine Geheinlage zu rechtfertigen. Wer der schnellsten Linie folgen will, sollte den Kopf des Öfteren auf die gelbe Linie am Boden richten. Sie ist zwar dünn, aber trotzdem nicht zu übersehen, so gibt es keine Orientierungsprobleme.

Vor mir wechseln meine Mitstreiter relativ oft die Straßenseite, was mich immer etwas unsicher macht, da ich den Linksverkehr noch nicht so verinnerlicht habe und nicht immer genau weiß, aus welcher Richtung mir jetzt Fahrzeuge entgegen kommen könnten. Dem Verkehr sollte man nämlich schon einen besonderen Augenmerk schenken und gut beobachten. Wir bewegen uns an etlichen Streckenabschnitten direkt neben oder mitunter auch zwischen den Autos. Nur an Kreuzungen stehen Polizisten und halten, wenn nötig, die Fahrer zurück. Das mag jetzt vielleicht nicht jedermanns Sache sein, aber man kann sich schon damit arrangieren. Man muss ja wegen uns nicht den Inselverkehr zum Erliegen bringen.

Direkt am 21-er Kilometerschild fällt mein Blick auf eine riesige runde Kuppel. Die Rotunde von Mosta hat eine der größten freitragenden Kuppeln der Welt vorzuweisen, hinter der des Petersdoms und der Kathedrale von Florenz. Zum Inventar gehört auch die Kopie einer 200 kg schweren deutschen Fliegerbombe, die im April 1942 das Kirchendach durchschlug aber nicht explodierte. Dass damals niemand von den 302 Menschen, die sich gerade dort aufhielten, verletzt wurde, wird heute als Wunder angesehen.

Zum zweiten Mal durchqueren wir bei km 23 den Gemüsemarkt, diesmal in entgegen gesetzter Richtung. Ich kann aber auch einen Wagen mit allen möglichen Waschmitteln und diverse Flohmarktstände ausmachen, aber vielleicht sieht das für mich auch nur so aus, da möchte ich mich nicht zwingend festlegen. Beim Passieren eines Imbisswagens steigt mir sofort der leckere Duft der mit Datteln gefüllten und mit Anis gewürzten Teigtaschen in die Nase. Imqaret nennt sich diese Süßspeise und gehört zu den traditionellen Gerichten Maltas. Ich habe leider keine Euros einstecken, sonst hätte ich mich jetzt schon damit anfreunden können. Aber ich hab mir schon am Vorabend welche munden lassen und kann es verschmerzen. Solltet ihr unbedingt einmal kosten.

Beim Lauf selber wird nichts Essbares angeboten, abgesehen von der Station bei km 35 – dort gibt es  Orangen. Dies sollte man vorab zur Kenntnis nehmen. Es gibt ja durchaus auch Läufer, die „ohne“ nicht auskommen. Verdursten braucht auf der Strecke aber niemand, 8 Wasserstationen sorgen für den nötigen Ausgleich. Serviert wird dort ausschließlich Wasser und zwar in Plastikflaschen, so dass man sie auch einige Zeit mit sich führen kann. Dazu kommen noch zwei separate Isostationen.

Nach dem Marktplatz ist auch ein erneuter Durchlauf der großen Sportanlage mit den Stadien an der Reihe. Beim zweiten Besuch werden wir aber von hinten in das Areal geleitet. Zwischen km 7 und 30 absolvieren wir einen Streckenbereich unterhalb des Dingli-Plateaus und Mdina in unterschiedlichen Schleifen und Runden. So kommt es, dass diverse Segmente und Straßen zweimal passiert werden. Der Streckenabschnitt ist auch ziemlich wellig.

Kennt ihr Strelitzien? Ganz bestimmt, sie sehen aus wie der Kopf eines Paradiesvogels in leuchtend-orange. Bei uns sind sie im Blumenladen nur für teures Geld zu haben, hier wachsen sie entlang der Laufstrecke. Sie gehört zur Familie der Bananengewächse und stammt aus dem südlichen Afrika. Ihren Namen erhielten sie zu Ehren von Prinzessin Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, der Ehefrau des englischen König Georg III.

Ab km 28 rollt es wieder konstant leicht abwärts. Mir gefällt dieses leichte Gefälle außerordentlich und meine Beine laufen auch noch gut. Sehr schön finde ich auch die nachfolgende Passage durch enge Kleinstadtgassen. Die arabischen Einflüsse der Architektur verleiten mich zu einigen Fotostopps. „Straight ahead“ und relativ unspektakulär führt die Strecke weiter auf einer abgesperrten Fahrbahn bis nach Floriana, einer Vorstadt von Valetta. Langweilig wird es aber nicht. Erstens hat man immer wieder einen schönen Überblick über das Häusermeer und die Landschaft und zweitens sind zwischendrin auch einige Steigungen zu bewältigen.

Am barocken Stadttor „Porte des Bombes“ von Floriana werden wir nach links geleitet. Entlang der alten mächtigen Befestigungsanlage geht es wieder kräftig abwärts bis zum Marsamxett Harbour, einem Naturhafen von Valletta. Er bietet Platz für 700 Yachten. Am Lazzaretto Creek ist der Übergang nach Manoel Island. Bis 1723 diente das darauf befindliche Hospital dem Malteserorden als Isolier- und Quarantäne-Station. Lepra, Pest und Cholera waren seinerzeit auf den ankommenden Schiffen weit verbreitet. Zum Schutz dieses Hafenbereiches wurde auf der mitten im Hafen gelegenen Insel Fort Manoel errichtet.

Ganze 5 Kilometer dürfen wir direkt an der Wasserkante entlang laufen und wunderbare Ausblicke genießen. Der Zielbereich liegt auch direkt an der Uferpromenade von Sliema. Auf den letzten Metern hat sich doch noch eine richtige Menschenmenge versammelt und feuert mich beim Schlussspurt an. Stolze 200 Gramm wiegt die Medaille, die ich umgehängt bekomme. Nach Gewicht nimmt sie damit den ersten Platz in meiner Sammlung ein.

Wer das im Februar in unseren Breiten übliche kalte Schmuddelwetter gegen laue Frühlingstemperaturen tauschen und in herrlicher Landschaft und exotisch anmutendem Ambiente einen entspannten Marathon laufen und dazu eine interessante Geschichte und Kultur kennenlernen will, ist auf Malta bestens aufgehoben.

  

 

 

 

Die Marathonsieger

 

Männer

1 MOHAMMED HAJJY 2:19:04
2 KABBOURI ABDELEKRIM 2:25:38
3 JONATHAN BALZAN 2:32:27
4 DENNIS MEHLFELD - Deutschland 2:33:13

Frauen

1 CARMEN HILI 3:03:16
2 MICHELLE VELLA WOOD 3:18:50
3 RITA GALEA 3:19:11


368 Finisher

12
 
 

Informationen: Malta Marathon
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