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Laufberichte

Schwabacher Winter-Ultra (SWU)

23.01.13

Ein echter Winter (Trail) Ultra

 

Die Frage der Woche, „Wie wäre es mit einem echten Wintermarathon?“ auf unserer Webseite marathon4you.de habe ich umgehend beantwortet. „Ja, das wäre eine schöne Abwechslung“ habe ich angeklickt, denn die Aussage „Das ist selbstverständlich ein absolutes Muss“ stand nicht zur Auswahl.

Ja, ich brauche es. Das beste Mittel gegen Trübsal in der trüben Zeit ist das Laufen. Aber ich gebe zu, dass ich mich nur schwer dazu überwinden kann, lange Läufe alleine unter die Sohlen zu nehmen. Und zwischendurch sollten es schon ein paar Kilometer mehr sein als die Runde mit den Hunden misst. Am besten geht das mit Laufkumpels.

Schön, wenn man solche vor Ort hat. Seit man mich aus dem Lauftreff geworfen hat, bleiben mir nur noch Laufveranstaltungen, die mir dieses Erlebnis ermöglichen. Nur sind diese im Winter dünn gesät.

Gut, dass es anderen Laufbegeisterten ähnlich geht und es deshalb in dieser Jahreszeit immer mehr Einladungsläufe gibt. Dank der Vernetzung in den sozialen Medien gibt es immer wieder die Möglichkeit, an einem solchen Lauf teilnehmen zu dürfen. Das gilt sogar für mich, obwohl mein Lauftreff mich nach 15 Jahren nicht mehr tragbar fand und bei mir die Gefahr besteht, dass ich mich mit spitzer Feder zu Veranstaltungen äußere.

Gerhard Börner – bei den vernetzten Ultraläufern eine bekannte Größe – lud mich zur vierten Austragung des Schwabacher Winter Ultra ein, eine Chance, welche ich mir nicht entgehen lassen will. Nach Verletzungspause und entsprechendem Trainingsrückstand mute ich mir da eine ordentliche Nummer zu.

Der erste Prüfstein an diesem Tag hat aber nichts mit Laufen zu tun. Vor der Haustüre erstreckt sich eine Eisbahn, doch der Winterdienst hat die Straßen in aller Früh schon gesalzen. Vorsichtig mache ich mich auf den langen Weg. Die Radiomeldungen machen mich glauben, dass die Eisapokalypse angebrochen sei. Ich beschließe, einfach weiterzufahren und mich erst dann geschlagen zu geben, wenn die Autobahn nicht mehr salznass und eine Weiterfahrt zu riskant ist. Das Glück ist auf meiner Seite: langsam zwar, aber sicher, komme ich eine halbe Stunde vor Start mit meiner eisgepanzerten Kutsche beim Treffpunkt an.

Der Fitnessclub cityaktiv stellt als Sponsorenleistung die Umkleiden und Duschen zur Verfügung und schenkt mir noch einen richtig heißen, starken Kaffee aus. Gerhard hakt die Namen auf der Liste ab. Wir sind alle – und andere wären gerne auch dabei gewesen, mussten sich aber mit einem Platz auf der Warteliste begnügen. Jetzt noch schnell ein Gruppenfoto und dann ab die Post, denn erstens ist es 10.00 Uhr und zweitens gibt einer von Bernds Hunden mit seinem Heulen den Grad der Ungeduld lautstark bekannt. 

Ein paar Meter auf der Straße, über die A6 drüber und schon beginnt der Trail-Spaß südlich der kleinsten kreisfreien Stadt Bayerns. Im verschneiten Wald, dem Waldrand entlang und durch den kleinen Ort Obermainbach hindurch laufen wir uns, unsere Beine und die Mäuler langsam aber sicher warm. Es gibt schließlich auch viel zu erzählen, denn die großen Fixpunkte der Laufveranstaltungen, wo „man“ sich trifft, liegen schon eine Weile hinter uns und seither  haben einige noch interessante Erlebnisse mitgenommen, die es zu teilen gilt. Zudem ist nach der Saison vor der Saison. Trotzdem ziehe ich mir auch die Umgebung in vollen Zügen hinein und bewundere die schönen Häuser aus Sandsteinquadern beim Weiler Ungerthal.

Nach dem nächsten längeren Abschnitt im Wald kommen wir nach Kammerstein, wo im Dorf in einer freigeräumten Garage der erste Verpflegungsposten aufgestellt ist. Flüssig- und Festfutter in allen möglichen Geschmacksrichtungen und Darreichungsformen haben Gerhards Frau Margot und weitere gute Seelen da aufgebaut und niemand treibt zur Eile. Mir gefällt es. Auch, dass meine Unterschenkel bis jetzt klaglos dabei sind. Fürs Weiterlaufen montiere ich aber meine Yaktrax. Mit dem Bonus-Trainingseffekt im Schnee will ich es nicht übertreiben…

Wenn auf dem nächsten Teilstück mal ein paar Gebäude auftauchen, dann ist immer auch ein besonderes Schmuckstück dabei. Ein altes Sägegatter, die Marienkapelle in Bechhofen und dann natürlich die Burg Abenberg. Eine Besichtigung der Burg und der beiden darin untergebrachten Museen liegt nicht drin. Statt einer musealen Zeitreise durch Franken mache ich eine Fußreise durch verschneite fränkische Lande. Ich bin gewissermaßen daran, ultramäßig durch die Landschaft zu klöppeln – damit man mich morgen wieder als bekloppt bezeichnen kann, wenn ich darüber Auskunft gebe, wo und was für ein Sonntagspaziergang auf meinem Programm stand.

Zum Glück gibt es Leute mit anderer Betrachtungsweise unseres Tuns. Deshalb hat Margot an diesem Ort in einer Garage wieder die Marketender-Tische aufgebaut. Gemütlich zulangen und dabei nicht zu fest auskühlen, das ist die Devise.

Die Tage werden schon wieder länger, aber wir haben trotzdem nicht alle Zeit der Welt und hinken dem Zeitplan hintennach. Kein Problem, denn Gerhard kennt sich aus und kürzt mit uns eine Ecke ab.

Ganz brav laufe ich mit und gebe keinen Anlass, dass man mich aus dem Rudel werfen könnte. Das wäre auch fatal. Ich habe nämlich keinen blassen Schimmer mehr, wo wir sind und welche Richtung wir jetzt einschlagen. Der zwischenzeitliche Sonnenschein gehört auch der Vergangenheit an, womit ich nicht einmal mehr die Himmelsrichtung annähernd bestimmen könnte. Doch auch Ortskundige und mit den Segnungen der Raumfahrtechnik ausgestattete Trailer können in der verschneiten Landschaft Schwierigkeiten mit der Orientierung bekommen, und so kommen wir von der Strecke ab und mit vereinten Peilversuchen wieder darauf zurück und zum dritten Verpflegungsposten. Wo der ist, ist nicht schwierig zu erraten. Wer einen sonnengelben Cinquecento, ein offenes Garagentor und eine frenetisch zujubelnde Dame in roter Jacke sieht, kann sicher sein, dass er sich am richtigen Ort befindet.

So um die 34km stecken in den Beinen und trotz ordentlichen Ziehens im Wadenansatz lasse ich mich vom Angebot hier auszusteigen nicht verführen. Die Option, vom vierten und letzten VP aus den direkten Weg zum Ziel zu nehmen, klingt allerdings verlockend…

Die Kunst am Wegrand lasse ich mal Kunst sein und übe mich in der Kunst durchzuhalten. Nach dem obligatorischen Gruppenbild bei der (eigentlichen) Marathondistanz lässt Gerhard die Schnelleren mit gespeichertem GPS-Track auf der Originalstrecke weiterziehen, für die Weicheier und ganz Vernünftigen begradigt er einen Ausschlag der Streckenführung. Zwischendurch ist es mir nicht mehr ums Laufen, doch die Gruppe zieht – eigentlich ganz gemächlich – weiter und ich lasse mich mitziehen.  Ich laufe einfach mit und versuche mir vorzustellen, wie ich mit einer solchen Krise umgehen werde, wenn ich bei meinem nächsten „offiziellen“ Ultralauf alleine unterwegs bin. Gutes Training!

Nach einem besonders schönen Waldstück kommt als Überraschung die vierte Verpflegungsstelle, diesmal auf Börnerschem Grundstück. Meine Absicht, hier einen Abgang zu machen und direkt zum Fitnessstudio zurückzugehen, kann mir Gerhard ausreden. Er schickt die Unbremsbaren auf der Originalstrecke los und nimmt die anderen auf leicht abgekürzter Strecke mit hinein nach Schwabach. Da hätte ich wirklich etwas verpasst, wenn ich die schöne Altstadt der Goldschlägerstadt mit dem goldenen Rathausdach nicht gesehen hätte. Durch den Stadtpark setzen wir danach zum Finale zurück zum cityaktiv an.

Dass Max unter der Dusche an mich denkt, hat nur damit zu tun, dass er regelmäßiger Leser meiner Berichte ist und sich vorstellen kann, wie sehr ich die heiße Dusche genieße. Nicht minder genussvoll widmen wir uns nachher der Gemüselasagna, dem gemischten Salat und gut aufgewärmt dem bleifreien Weizen.

Seinen (angeblich) ersten Ultra hat Daniel Ortner an diesem Tag absolviert. Als Storemanager des North Face Flagship Stores in Nürnberg ist er mit einer ganzen Ladung Goodies angereist, welche Gerhard nun völlig willkürlich unter den Anwesenden verteilt, ohne damit einen Aufruhr zu verursachen. Versuche das mal bei Grundschülern. Gut, die haben auch sonst noch einiges zu lernen, zum Beispiel die Schwabacher Schrift…

Und ich sollte ein bisschen mehr trainieren, damit ich kommendes Jahr wieder mitlaufen kann. Und damit ich das auch darf, bedanke ich mich bei Margot, Gerhard und dem ganzen Team für den tollen Einsatz für uns Trail-Junkies nochmals ganz, ganz herzlich!

 

Informationen: Schwabacher Winter Ultra (SWU)
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