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Laufberichte

Im Salzkammergut, da kann man gut . . .

 

Es gibt wieder Verpflegung. Am Ende der Labestelle stehen große Bottiche für die geleerten Becher. Wenig später kommen die Panoramaläufer auf unsere Strecke. 5,2km haben die zu laufen, sie haben den Bürglstein auf der Seeseite umrundet und sind nun gerade einmal 2km unterwegs. Sehr viele junge Starter sind darunter. Von deren Hektik lasse ich mich nicht anstecken. Wenn die im Ziel sind, habe ich noch 27km vor mir.

Kurz vor St. Wolfgang ein längerer Anstieg, mehrere 100m, bevor es rein und runter in den Ortskern geht. Ein Streckenposten raunt mir zu: „Marathonis rechts halten.“  Ich halte mich rechts und werde kurz vor der Ziellinie rausgefischt und durch enge Gassen geleitet. Dennoch komme ich bei der Ziellabe vorbei, ein Schluckerl Stiegl Alkohofrei kann ich nicht abschlagen.

Für mich beginnt nun der Wolfgangseelauf. Runter zum See, vorbei am Hotel Cortisen, an einem Pavillon am Seeufer gibt es eine Gedenktafel für Ralph Benatzky, ihm hat St. Wolfgang das Singspiel „Im Weißen Rößl“ zu verdanken. Viele der unzähligen Besucher kommen wohl deshalb hierher. Es wurde mehrfach verfilmt, die bekannteste Verfilmung stammt aus 1960 mit Peter Alexander, Gunther Philipp, Waltraud Haas…

Rechts an der Talstation der Schafbergbahn vorbei, mit max. 26% führt sie auf die Schafbergspitze (1.732m), bereits sein 120 Jahren. Einige der Loks stammen aus dieser Zeit. Heuer wollte ich eigentlich einmal raufwandern, irgendwie habe ich es  zeitlich nicht geschafft. Dann also 2014! Der Blick von da oben reicht über den Mondsee und weit nach Norden. Bei Schönwetter soll man von da oben 14 Seen sehen können, ich habe noch nicht nachgezählt. Heute wäre es wohl möglich.

Oberösterreich ist zu Ende, es beginnt Salzburg. Viele Sportwagen und Motorräder werden bei diesem Herbst später eingewintert, war bei der Herfahrt schon zu erkennen. Der orange Lotus vorm Hotel ein weiterer Beweis. Kurz vorm Falkenstein – das ist die 220m hohe Haifischflosse im Streckenprofil – gibt es noch eine Labe. Monika will Iso, Iso ist leider aus. Erst weniger steil, dann sehr steil geht es rauf, wir tauchen in den Wald ein. Wanderer mit Stöcken kommen uns entgegen und muntern uns auf.

Klippenspringen ist hier beliebt geworden, „Cliff Diving at the Wolfgangsee, 27m.“ Seitdem ist die Wasserrettung im Sommer viel besser beschäftigt.

In kurzen Abständen wachen Streckenposten über uns. Sie können jeden Streckenabschnitt einsehen. Meine vielen Berg-km heuer kommen mir jetzt zugute, es läuft. „Gar nicht mehr weit!“, wird uns versichert. Tatsächlich hat hier die Bergrettung Stellung bezogen, sie hat niemand zu verarzten. Wir sind auf dem Pilgerweg von St. Gilgen nach St. Wolfgang. Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, soll hier oft gewesen sein, haben er und seine Hannelore doch 30 Sommerurlaube in St. Gilgen verbracht.

Christoph und ich passieren die Falkensteinkirche, sie steht über der Höhle, in der der heilige Wolfgang fünf Jahre lang gelebt haben soll. Sie war einmal eine der wichtigsten Pilgerstätten in Europa. Wenig später werden wir mit einem wunderschönen Ausblick auf St. Gilgen und den See belohnt. Runter geht es noch steiler als rauf. Gut, dass der große Andrang heute schon vorbei ist, da muss ich auf keinen anderen mehr acht geben.

Mit Doris aus Wien komme ich ins Gespräch. Sie hat heute die ganze Familie in der Gegend verteilt. Der eine radelt auf die Postalm, die andere läuft 5,2km, der Rest ist auf den Schafberg gefahren. Eine super Sache, wenn das Wetter mitspielt. Und das tut es.

So kommen wir zur Halbmarathondistanz, wir sind wieder unten am See. Diese Höhenmeter runter haben mir gar nicht gut getan. Meine linke Wade schmerzt, ich mühe mich zur nächsten Labe in Fürberg, wo man schon mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt ist. Aber es ist noch alles da.

Ein wunderschöner Streckenabschnitt nun unmittelbar am Ufer nach St. Gilgen. Ein Bergrutsch hier hätte die Veranstaltung beinahe platzen lassen. Gerade noch rechtzeitig wurde ein neues Wegstück angelegt.

In St. Gilgen kann ich die Labestelle kaum erkennen, denn eine Gruppe asiatischer Besucher steht davor und knipst wie wild. Nicht die Läufer, sondern das hiesige Mozarthaus. Einer aber nimmt mich zur Kenntnis. Mit erhobenem Daumen feuert er mich an. „Marathon!“

Ja richtig, Marathon, aber jetzt tut es weh. Linke Wade und rechter Oberschenkel, es kann spät werden heute. Ich habe noch 17km vor mir. Zwar geht es mir nicht so mies wie in München, aber da hatte ich mir bereits einen Vorsprung heraus gelaufen gehabt.

Im Schatten des Zwölferhorns, hier führt von St. Gilgen eine Seilbahn rauf, ist es nun kühl. Dafür hat man einen schönen Blick auf den Falkenstein am gegenüber liegenden Ufer. Langsam werden die km weniger. Beim Gamsjaga gibt es wieder ausführlich zu essen und zu trinken, Monika und ich kommen wieder aus dem Schatten raus.

Ah, Wärme, noch 13km! Mit der Wärme erholen sich meine Muskeln, die Schmerzen haben nachgelassen. Dann könnte es ja doch noch was mit einem negativen Split werden. Schließlich sind die allermeisten der 417 Höhenmeter in der ersten Streckenhälfte. Wir verlassen den die Straße begleitenden Weg und gelangen wieder in einen Wald. Schnurgerade verläuft die Strecke hier. Ich kann wieder schmerzfrei traben.

Bei der Labe in Gschwendt bin ich schon wieder zu Scherzen aufgelegt. Noch 10km. Wenn ich die 65min addiere, die die Marathonis früher gestartet sind als die Seerundläufer, bin ich seit 3Std und 37min auf der Strecke. Flach geht es weiter, auf einem ehemaligen Eisenbahndamm durch das Bliklingmoos.

"Zwischen Salzburg und Bad Ischl fährt a liebe kleine Eisenbahn" – heißt das Lied. Diese besungene Schmalspurbahn war von 1893 bis 1957 in Betrieb. St. Wolfgang war mittels Dampfschifflinie damit verbunden.

Blick auf St. Wolfgang und das oberhalb gelegenen Schafberghotel. Fotografen lauern uns auf, es geht durch eine Birkenallee. Wenn ich mich mit dem Tempo zurück halte, machen meine Beine keine Probleme.

In Strobl sind es noch gut 5km. Peter Wundsam, Lauftechnikexperte, macht hier den Moderator und hält mir ein Mikrofon unter die Nase. Wie denn die letzten 36km so gewesen wären. Zäh, aber das ist mein 3. Marathon im Oktober und da darf das sein.
Ich beende bald das Gespräch, schließlich habe ich noch ein Ziel: den zweiten – viel leichteren - Teil schneller zu absolvieren als den ersten Halbmarathon. Und es wird knapp werden, soviel ist klar.

Ich laufe weiter. Am Ortsende überquere ich die Ischl, die hier den Wolfgangsee verlässt. Eine Dame der Streckensicherung muss aufpassen, dass sie keinen Sonnenbrand bekommt, vorsichtshalber hat sie die Sonnenbrillen ausgepackt. Friedlich weidende Kühe bimmeln vor sich hin. Richtig warm ist es hier. Kinder, vielleicht 4 - 5 Jahre jung, laufen mir entgegen. Im Gegensatz zu mir haben die Buben noch überschüssige Kräfte.

Ich laufe den Bürglstein entlang, die Strecke verläuft nach links. Ich komme wieder nach Oberösterreich, mein „Hoamatland“ empfängt mich mit kühlem Schatten und schöner Landschaft. Hin und wieder überhole ich sogar Teilnehmer des 27km-Laufs. Bald bin ich an der Stelle, an der ich heute schon einmal war. Die letzte Labe 3km vor dem Ziel, alles ist noch ausreichend verfügbar. Der Straße entlang geht es nun nach St. Wolfgang, hier herrscht mittlerweile viel Verkehr. Vorzugsweise von den Abreisenden der diversen Laufveranstaltungen. Und es scheint auch noch Leute zu geben, die den Schafberg rauf wollen, es ist ja erst 14 Uhr.

Noch zwei km, an einer Pferdeweide vorbei dann an einem Campingplatz – hier darf man sich nach dem Lauf duschen. Wieder dieser längere Anstieg rauf in den Ort, noch 1km. Noch mal geht es rauf, bis bei „noch 500m“ die Strecke kippt und ich runter laufen kann, vorbei am beflaggten Hotel Peter.

Finisher mit umgehängten Medaillen kommen mir entgegen, ein paar davon feuern mich  an. Dann geht es steil runter zur Kirche, scharfe Rechtskurve und nach 3Std 41min bin ich im Ziel. Zeigt die Uhr an, ehrlich! Das ist aber die Zeit der Wolfgangseeläufer, wir Marathonis sind aber, wie gesagt, 65min früher gestartet.

Bei der Ziellabe treffe ich Dorfi wieder und den Bergdoktor mit Gemahlinnen, ein Stiegl Bier mit Drehzahl kann ich auch ergattern, zusätzlich zum Gatorade. Bei dem herrlichen Wetter hat man keine Eile im Ziel, der Kleiderbeutel ist auch nicht weit.

Ich habe im Gästehaus Sonnenwinkel übernachtet und darf mich dort noch duschen, bevor ich die Heimreise antrete. Besonderer Service: beim Auschecken händigt mir der Herr des Hauses meine Finisher-Urkunde aus. Der negative Split ist sich gerade noch ausgegangen.

Jetzt schnell erholen, nächste Woche will ich mein Marathon-Quartett im Oktober komplettieren. Ob ich nächstes Jahr wiederkomme? Wenn ich fit bin, ja, gut möglich! Heute war es jedenfalls fantastisch.

 

Ergebnisse

 

27KM
Herren:
1. Hosea Tuei (KEN) 1:28:42
2. Elisha-Kiprotich (KEN) 1:28:54
3. Hirum-Mwangi Wandangi (KEN) 1:29:22
5. und bester Österreicher Robert Gruber (AUT) 1:35:38

Damen:
1. Chelangat Sang (KEN) 1:47:21
2. Jepkurui Biwott (KEN) 1:49:05
3. Hellen Kimutai (AUT) 1:52:45
6. und beste Österreicherin Monika Winkler (AUT) 2:02:28

Marathon
Herren
1. Andreas Pfandlbauer (Team Hervis Bad Ischl) 2:50:10
2. Robert Stoiber (AUT, Union Rohrbach/Berg) 2:58:48
3. Thomas Heißl (AUT) 3:02:13

Damen
1. Michaela Habring (AUT) 3:33:44
2. Lisa Magler (AUT) 3:39:08
3. Christine Schuller (AUT) 3:41:12

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Informationen: Wolfgangseelauf
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