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Laufberichte

Der Jubiläumslauf rund um den Wolfgangsee

16.10.11
Autor: Klaus Duwe

Auf dem asphaltierten Uferweg ist trotz leichter Steigung gut laufen.  Von vielen Bootshäusern reichen Anlegestege in den See. Kein Boot ist zu sehen. Ganz still ist es, auch der See zeigt keine Bewegung. Keiner spricht. Man schaut auf Wälder und Berge, die sich im See spiegeln und hält manchmal sein Gesicht genussvoll in die wärmende Sonne. Welch ein Tag.

Ab km 11/26 wird es etwas lebhafter.  Wir laufen parallel zur B 158, der Wolfgangsee-Bundesstraße, die aber trotz des traumhaften Wetters kaum befahren ist. Im Sommer ist das ganz anders. Aber jetzt sind Urlauber eher selten und nach dem Lauf um den Wolfgangsee ist die Saison endgültig zu Ende. Bis zu den beliebten Advents- und Weihnachtsmärkten schließen dann viele Hotels.

Wir entfernen uns jetzt etwas vom See, was die Sache nicht weniger spannend macht. Hinter den noch leuchtend grünen Wiesen sieht man auf kleine Orte und einzelne Bauernhöfe und auf der anderen Seite kommt man beim Blick auf Bleckwand (1541 m) und Sparber (1502 m)  immer wieder ins Schwärmen.  Es ist so schön, dass ich fast erschrecke, als ich an der Brücke über den Zinkenbach das Schild entdecke: „Noch 11 km“.  Man bekommt an diesem Tag nicht genug.

Wo der Zinkenbach in den Wolfgangsee fließt, hat sich ein Schwemmkegel gebildet, von dem aus es ans andere Ufer nur 200 m sind.  114 m ist der auf 538 m Höhe liegende See maximal tief. Im Sommer werden 24 Grad Wassertemperatur gemessen, was den Wolfgangsee zu einem der beliebtesten Badeseen im Salzkammergut macht.

Wir erreichen Gschwendt, einen kleinen Ort, der schon zu Strobl gehört. Zeitgleich mit unserem lauf wurde hier der 10km-Uferlauf gestartet. Nach ein paar 100 Metern weist uns ein Schild darauf hin, wir befinden uns jetzt auf dem Damm der ehemaligen Salzkammergut-Lokalbahn, auch Ischler Bahn genannt. Sie verband Bad Ischl und die Ferienorte im Salzkammergut mit Salzburg. Für den Kaiser gab es einen speziellen Salonwagen. Das erste Teilstück von Bad Ischl nach  Strobl wurde 1890 eröffnet, drei Jahre später war die Strecke durchgängig befahrbar. 1957 wurde der Betrieb eingestellt.

„Noch 9 Km“ wird uns drohend angezeigt. Über Wiesen und verschilfte Flächen schauen wir auf den See und erkennen unschwer am anderen Ufer am Fuß des Schafberg St. Wolfgang und das direkt am See liegende legendäre Hotel „Zum weißen Rössl“.  Seit über 500 Jahren gibt es den Beherbergungsbetrieb schon, seit fast 100 Jahren ist er im Familienbesitz. Ein Glücksfall für das Haus und die ganze Region war, als Ralph Benatzky es als Kulisse für sein Singspiel auserwählte. Ich bin sicher, irgendwann diesen Winter läuft auf irgendeinem Kanal die 99. Wiederholung der Verfilmung aus dem Jahr 1960 mit Peter Alexander als liebeskranken Oberkellner Leopold. Sein „Im Salzkammergut, da man gut lustig sein“  ist fast zum geflügelten Wort geworden. 

Drei unvergleichlich schöne Kilometer durch Wiesen, Schilf, kleine Wäldchen und eine herbstlich bunte Birkenallee liegen hinter uns, als wir Strobl (km 21/36) erreichen. Zusammen mit St. Gilgen und St. Wolfgang gehört Strobl zur Wolfgangsee Tourismus Gesellschaft (WTG), die für die Veranstaltung verantwortlich zeichnet. Den Namen des Ferienortes muss man unbedingt erklären.  Strobl nannte man einen „struwweligen“ Mann.  Und im 14. Jahrhundert, als der Wolfgangsee noch der Abersee war, lebte hier so einer, der Friedrich Stroblo nämlich. Ihm gehörte zunächst nur ein kleiner Fischteich. Tüchtig muss die Familie gewesen sein, denn 160 Jahre später werden die Strobl’s als Besitzer von Liegenschaften geführt, die den Kern der gesamten Ansiedlung ausmachten. Man nannte sie ganz einfach Strobl, was 1593 erstmals auch dokumentiert wurde.  Das Wappen von Strobl zeigt  logischerweise ein unverkennbar schlecht frisiertes Mannsbild. 

Gleich vor der Pfarrkirche St. Sigismund hat Peter Wundsam seinen Info-Point aufgebaut. In Österreichs Laufszene ist er bekannt wie ein bunter Hund. Aber was heißt hier „wie“, er ist einer. Was der schon alles gemacht hat! Läuferisch ragen sein 12 Staatsmeistertitel heraus und die Qualifikation zu vier Europameisterschaften. Dass er wegen anderer Prioritäten seine Marathonzeit nicht unter 2:20 drückte, wurmt ihn noch heute. In der ewigen nationalen Bestenliste des Wolfgangseelaufes wird er übrigens heute von Markus Hohenwarter wegen ein paar Sekunden auf Platz 7 verdrängt. 

Der Wolfgangsee hat nur einen Abfluss und das ist die Ischler Ache beim Bürglstein. Diese 741 m hohe Erhebung müssen wir rechts umrunden, die in Strobl gestarteten Teilnehmer des Panoramalaufes (5,2 km) laufen auf dem schmalen Holzsteg links herum die wesentlich attraktivere Strecke, die aber nur eine begrenzte Läuferzahl verkraftet.

Man könnte ja sagen, man hat genug gesehen und  tut jetzt was für eine akzeptable Zeit. Aber ausgerechnet jetzt steigt die Strecke etwas an. Gleich liefern aber wieder herrliche Blicke über den See genügend Alibis für eine Foto- und Gehpause.  Zwei Kilometer vor dem Ziel kann man sich noch einmal erfrischen. Damit man nicht gar so fertig ausschaut, wenn man gleich vor großem Publikum hinunter auf den Markt spurtet, zwischen Weißem und Schwarzem Rössl und vor der Wallfahrtskirche die letzte Kurve kriegt und ins Ziel rennt.

Nach dem Engadiner Sommerlauf ist das mein zweiter U 42. Wieder 27 km, wieder in paradiesischer Landschaft mit Bergen und Seen, wieder bei traumhaftem Wetter. Wenn euch demnächst jemand erklärt, beim Lauf um den Wolfgangsee muss man  mal dabei gewesen sein, glaubt es. Es ist so. Jetzt, wo man sogar einen Marathon laufen kann (nicht muss!), erst recht.

Ich bin schon geduscht und bearbeite gerade die ersten Bilder, da wird über Lautsprecher der letzte Marathonläufer angekündigt. Schon seit einer halben Stunde versucht der Sprecher mit Appellen und Anekdoten, die Leute bei der Stange zu halten.  Eine Geschichte geht so: Man wartete wie jedes Jahr auf den Letzten, um ihn genau wie die Ersten zu feiern. Da kommt eine Gruppe Musiker vorbei, die auf dem Weg zu einer Hochzeit sind, um dort aufzuspielen. Der Moderator hält sie auf und erzählt ihnen den Fall. Die packen ihre Instrumente aus und hauen dermaßen auf die Pauke, dass das weder die Zuschauer noch der Läufer jemals vergessen.

Ich renne auf den Balkon und schaue auf die Strecke. Nicht abgekämpft oder auf dem Zahnfleisch kommt der Erich aus Wien daher, sondern quitschvergnügt, aber humpelnd. Er ist verletzt und hat sich trotzdem durchgebissen. Das gibt Sympathiepunkte und spornt die vielen Zuschauer zu noch mehr Applaus an. Dankbar verneigt er sich und genießt die tolle Atmosphäre.  Glück für ihn, dass ich gekniffen habe. Ich hätte ihm heute den Triumph streitig gemacht.

 

Siegerinnen und Sieger

 

Marathon

Männer

1 Kröhn Niklas AUT 2:49:21
2 Pfandlbauer Andreas AUT 2:50:33
3 Stoiber Robert AUT 2:58:39

Frauen

1 Heiml Alexandra AUT 3:41:49
2 Schuller Christine AUT 3:48:02
3 Knollhuber Ingrid GER 3:51:28 

197 Finisher

 

27 km

Männer

1  Tuei Hosea KEN   1:29:46
2  Koilegei Jonathan KEN   1:31:19
3  Hohenwarter Markus AUT   1:32:34 

Frauen

1  Vilisova Tatjana UKR   1:46:47
2  Reiner Sabine AUT  1:47:11
3  Churanova Radka CZE  1:51:12 

1417 Finisher

 

Impressionen

 

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Informationen: Wolfgangseelauf
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